Protokoll der Sitzung vom 28.11.2007

Vielen Dank.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schmiedel.

(Oh-Rufe von der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Der Kandidat! – Weitere Zurufe – Unruhe)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für den freundlichen Empfang.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der SPD)

Zunächst einmal gilt es festzuhalten, dass sich alle Landesregierungen – also auch die, an denen Sie beteiligt sind, inklusive dieser in Baden-Württemberg – zu Beginn der Debatte über die Reform der Erbschaftsteuer darauf verständigt haben, die Reform aufkommensneutral zu gestalten.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Aha! – Abg. Ursula Hauß- mann SPD: Hört, hört! – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Deshalb sollten Sie sich nicht so sehr künstlich erregen, dass es heute noch die Erbschaftsteuer gibt. Die eigene Regierung hat sich dafür eingesetzt.

Zweitens war man sich darüber einig: Das selbstgenutzte Eigenheim soll steuerfrei vererbt werden können.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Ist nicht wahr!)

Drittens wollte man den Betriebsübergang in Familienunternehmen erleichtern.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Das ist auch nicht wahr! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das ist ein gutes Vorhaben!)

Das war natürlich schwierig, ist aber gelungen. Das merken Sie an den Reaktionen auf das Ergebnis von Koch und Steinbrück. Das hat das Handwerk uneingeschränkt begrüßt, weil der Handwerksbetrieb in aller Regel völlig unbeschädigt an die nächste Generation weitergegeben werden kann. Größere Mittelständler wie Herr Mack

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

haben gesagt: „Ein guter Tag für Familienbetriebe“. Neulich habe ich den Landtag bei einer größeren Versammlung von Familienunternehmen vertreten.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Hoppla! – Abg. Wolf- gang Drexler SPD: Wo?)

Das war beim WBO, beim Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer. Da hat Herr Würth die Hauptrede gehalten. Er gehört ja eher zu Ihnen von der FDP.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Der ist dort Mitglied! – Gegenruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: „Ru- hendes“ Mitglied!)

Herr Würth hat über die Bedeutung der Familienunternehmen gesprochen, darüber, welche Probleme beim Übergang auftreten und wie er das bei sich mit seiner Familienstiftung und anderen Dingen geordnet hat – und zwar schon lange. In diesem Zusammenhang hat er gesagt, das, was Koch und Steinbrück als Ergebnis erzielt haben, sei gut, das sei eine große Tat.

(Abg. Ingo Rust SPD: Was? Die FDP gegen den Mit- telstand!)

Das sei eine große Tat, wenn es unverändert in die Gesetzgebung einfließen würde. Es ist so geschehen.

Das Handwerk ist dafür, mittelgroße Mittelständler, große Mittelständler wie Herr Würth sind dafür, nur die FDP

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Oje!)

und der DIHT, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, mäkeln herum.

Der DIHT macht gerade eine Umfrage unter seinen Mit gliedsunternehmen. Da schreibt Präsident Braun: „Wir haben schwerste Bedenken, dass diese Erbschaftsteuerreform den Mittelstand beschädigt. Was meinen Sie?“ Diese Umfrage kann man sich schenken. Es ist doch klar, was dabei herauskommt. Deshalb sollte man das Ergebnis auch nicht so ernst nehmen. Aber zwei Hauptbedenken will ich aufgreifen, da jetzt die Lobbyarbeit anfängt. Da sollte man möglichst alles tun, damit die Öffentlichkeit nicht verwirrt wird.

Die erste Hauptkritik des DIHT an der Regelung ist: Die Entlastung beim Übergang des betrieblichen Vermögens sehen wir schon, aber in der Kombination von betrieblichem Vermögen und Privatvermögen könnten Familienunternehmer doch stärker belastet werden.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Schmiedel, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Wenn ich den Gedanken zu Ende gebracht habe, ja.

An dieser Befürchtung ist tatsächlich etwas dran. Denn erfolgreiche Familienunternehmer haben natürlich mehr als einen Anzug im Schrank.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: So ist es! – Unru- he – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Der Anzug ist beim Erben im Übrigen steuerfrei!)

Jetzt frage ich Sie aber: Wenn man die kleinen Vermögen schonen will, wenn man der Oma ihr klein Häuschen schonen will, wenn man das betriebliche Vermögen schonen will, dann muss doch jemand blechen, dann muss doch natürlich die Villa im Tessin stärker belastet werden. Das ist doch klar.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt sage ich als Sozialdemokrat dazu: Wenn man die Vermögensentwicklung in Deutschland in den letzten Jahren anschaut, dann muss man sagen: Es ist nicht nur ein Nebenprodukt dieser Reform, sondern es ist ein notwendiges und erwünschtes Ergebnis dieser Reform, dass große private Vermögen stärker belastet werden.

(Beifall bei der SPD)

Die zweite Kritik – auf sie ist auch der Finanzminister eingegangen – lautet: „Die 15 Jahre Verpflichtung, das Vermögen zu halten, sind zu lang, das lässt sich nicht kalkulieren.“ Jetzt frage ich Sie: Weiß Herr Würth eigentlich, wo er im Jahr 2020 mit seinem Unternehmen stehen will, oder weiß er das nicht?

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wo er stehen will, weiß er, aber wo er stehen wird, weiß er nicht si- cher!)

Natürlich weiß er das! Die einzige Begründung für die Verschonung von betrieblichem Vermögen ist – darauf hat der Herr Finanzminister hingewiesen – das Allgemeinwohl, und es liegt im Allgemeinwohl, dass diese Familienbetriebe Familienbetriebe bleiben, und eine Generation hört nicht nach 15 Jahren auf.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Wir sind für die angesprochene Verpflichtung. Wir stehen hinter der Stärkung der Familienbetriebe, und zwar aus dem Grund, weil sie langfristig orientiert sind und sich nicht an kurzfristigen Kapitalinteressen orientieren, weil sie ihre Belegschaften nicht ausquetschen wie Zitronen, sondern in sie investieren.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Deshalb stützen wir sie, aber deshalb sollen es auch Familienbetriebe bleiben.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Deshalb, Herr Minister: Jetzt fängt die Lobbyarbeit an. Da bitten wir Sie, standhaft zu bleiben und nicht vor einzelnen Forderungen einzuknicken. Das Paket kann man nicht an einer Stelle aufschnüren, ohne es an anderer Stelle zu beschädigen.

(Beifall bei der SPD – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Schmiedel, gestatten Sie eine Nachfrage des Herrn Abg. Kluck?

(Heiterkeit)

Wir wollen, wenn im nächsten Jahr das Gesetz verabschiedet wird, zusammen mit dem Handwerk, mit Herrn Mack, mit Herrn Würth und allen Familienunternehmen sagen: Das ist ein großer Tag für Deutschland, ein großer Tag für BadenWürttemberg.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Schmiedel,