Protokoll der Sitzung vom 28.11.2007

Herr Kollege Schmiedel,

(Abg. Norbert Zeller SPD: Hat der zwei Anzüge?)

ist Ihnen nicht bekannt, dass ererbtes Vermögen in der Regel investiert und nicht im Spielkasino verspielt wird und dass es selbst dann, wenn es im Spielkasino verspielt wird, wiederum dem Steuerzahler oder dem Staat zugute kommt?

(Lachen bei der SPD)

Ist Ihnen bekannt, dass die FDP nicht an irgendetwas herummäkelt, sondern nur konstruktive Kritik übt?

(Unruhe)

Mir ist vieles bekannt, aber man lernt bei der FDP täglich dazu.

(Heiterkeit bei der SPD – Abg. Dr. Friedrich Bullin- ger FDP/DVP: Das können Sie auch brauchen!)

Vor allem habe ich dazugelernt, dass Ihr Einfluss in dieser Regierung an diesem Punkt offensichtlich nicht so stark ist. Denn das, was der Finanzminister gesagt hat, hat er für die Landesregierung gesagt, an der Sie selbst beteiligt sind, und das war so eine Art Nachhilfestunde für Sie.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth für eine sehr kurze Redezeit.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Um es gleich zu sagen: Die SWR-Meldung von heute Morgen war eine Ente. Dort wurde nämlich erzählt, wir hätten die Debatte beantragt, weil wir durch die Erbschaftsteuer Mehreinnahmen wollten. Das Gegenteil ist der Fall. Uns geht es um eine vernünftige Regelung, die das Überleben von Familienbetrieben und den Erhalt von mittelständischem Vermögen in Baden-Württemberg ermöglicht.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Sehr gut!)

Herr Schmiedel, Sie haben gesagt, das Handwerk sei zufrieden. Das Handwerk war mit dem damaligen Planungsstand zufrieden. Inzwischen hat sich schon einiges geändert.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wieder verschlech- tert!)

Es wird noch einiges „verschlimmbessert“.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Die Eckpunkte stehen! Was hat sich denn verändert? Sagen Sie einmal, was sich bei den Eckpunkten verändert hat!)

Das sehen wir kommen. Am Schluss wird zusammengezählt, und ob dann die, die Sie aufgeführt haben, noch zufrieden sind, ist ein ganz anderes Thema.

Auch Herr Würth wird bis in 20 Jahren kein Problem haben. Er hat eine gute Lösung gewählt, wie sie schon vor fast einem Jahrhundert auch Robert Bosch gewählt hat. Dass dieser Betrieb mit der Stiftung sehr solide zum Nutzen von BadenWürttemberg erhalten wurde, das ist, glaube ich, auch kein Thema.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das ist aber kein Modell für jeden Handwerker!)

Aber generell zur Erbschaft- und Schenkungsteuer: Die Si tuation bei uns im Land ist einfach anders als die in den anderen Ländern. Wir haben weit mehr kleine und mittlere, aber auch große Familienbetriebe im Ländle als anderswo. Diese sichern – das wissen wir auch alle – die Solidität und die Kons tanz unserer Wirtschaft und Gesellschaft. Wir haben viele sparsame Familien, die deshalb auch mehr vererben als z. B. Familien im Rheinland, wo man eben eher auch einmal Geld ausgibt und frühzeitig unter die Leute bringt. Und wir haben teurere Immobilien hier im Land. Es geht eben nicht um die Villa im Tessin. Da hat sich wieder gezeigt, dass es doch ein Neidthema bei Ihnen ist. Nein, es geht um die ganz normale Immobilie, die einfach in Baden-Württemberg unverhältnismäßig viel teurer ist als in vielen anderen Ländern.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Deshalb sind doch die Freibeträ- ge so hoch! – Gegenruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Die sind aber überall gleich!)

Ich danke ganz ausdrücklich unserem Finanzminister Gerhard Stratthaus für seine sachliche und klare Darstellung der Situation und etliche konstruktive Vorschläge, für die ich ihm gutes Gelingen bei der Umsetzung wünsche.

(Der Rednerin wird das Ende ihrer Redezeit ange- zeigt.)

Es kann nicht sein, dass ich meine Redezeit schon verbraucht habe; denn fünf Minuten habe ich allemal.

Zum Problem der Weiterführung von Betrieben: Wir brauchen in der Tat für die Definition von Weiterführung eine sehr flexible Regelung. Es darf nicht sein, dass einem Betrieb, der etwa durch die Markt- oder auch nur durch die Branchenent

wicklung in schwieriges Fahrwasser gerät und zur Anpassung gezwungen ist, um zu überleben, dann durch eine Erbschaftsteuernachzahlung auch noch der Garaus gemacht wird.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Vollends gekippt wird, und dann schlu- cken ihn die Großen! Die Großen bedienen sich!)

Dann sind die Arbeitsplätze wirklich weg oder zu einer ungeliebten Heuschrecke verlagert.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Genau!)

In keiner Weise bedacht ist bisher auch das Problem der weichenden Erben. Gerade Unternehmerfamilien haben in der Regel mehr Kinder als nur eines. Was passiert denn da, wenn dann diejenigen, die den Betrieb weiterführen, ihre Geschwis ter auszahlen müssen? Das geschieht dann zu dem vollen Steuersatz und dem vollen Wert. Das ist alles noch nicht geklärt.

Wir haben dieses Thema heute auf die Tagesordnung setzen lassen, weil seine Behandlung gerade für Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger notwendig ist.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Herr Drexler, Sie haben gesagt, Erben bekämen das leistungsfrei.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Drexler ist gar nicht im Saal!)

Ich habe da eine andere Sichtweise. Ich weiß aus meiner Familie und aus vielen anderen Familien, dass die Generationensolidarität eine wesentliche Rolle spielt,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

dass Kinder für Eltern verantwortlich sind und nicht nur umgekehrt und dass deswegen sehr wohl auch Leistungen zum Erhalt des Erbes erbracht werden,

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Innerhalb der Ge- samtfamilie!)

gerade auch in Familienbetrieben, wo die Kinder mitarbeiten, auch wenn ihnen der Betrieb noch nicht gehört, wo sie oft die wesentliche Substanz des Betriebs erarbeitet haben, für den sie dann später Erbschaftsteuer bezahlen sollen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Genau! Das ist der Punkt!)

Das kann es nicht sein.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Sie fragen auch an: Woher soll denn das Geld bei einem Wegfall der Erbschaftsteuer kommen? Ich kann es Ihnen sagen. Wenn wir das Geld bei den Menschen belassen, dann können sie es ausgeben.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aber doch keine hal- be Milliarde!)

Dann erzielen wir Umsatzsteuereinnahmen, dann wird inves tiert, dann kann das Geld im Land bleiben.

Es wurde schon die empfohlene Adoptionslösung angesprochen. Erben wird dadurch zwar für Kinder billiger, aber bei Kinderlosen wird es problematisch und dramatisch. Ich kümmere mich z. B. auch um eine kinderlose Tante. Da gelte ich dann als entfernte Verwandte.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Frau Berroth, was wollen Sie denn? – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Frau Berroth, was wollen Sie damit sagen?)

Die Sätze, die für solche Erben dann in den Steuerklassen II und III angesetzt werden, sind ganz enorm.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Frau Berroth, was wollen Sie?)

Die sind unangemessen, denn da haben sie schon heute einen Freibetrag von nur 5 000 €. Wenn Sie das durch die Erhöhung des Wertes noch weiter verschärfen wollen, dann machen Sie kaputt, was in Familien erarbeitet wurde. Das lassen wir nicht zu.