Protokoll der Sitzung vom 28.11.2007

Die sind unangemessen, denn da haben sie schon heute einen Freibetrag von nur 5 000 €. Wenn Sie das durch die Erhöhung des Wertes noch weiter verschärfen wollen, dann machen Sie kaputt, was in Familien erarbeitet wurde. Das lassen wir nicht zu.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Wolf- gang Drexler SPD: Überhaupt nichts wird kaputt ge- macht! – Glocke des Präsidenten)

Frau Abg. Berroth, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Drexler?

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ist der wie- der da?)

Bitte sehr.

Ich war schon immer da. Sie bekommen mich auch nicht los.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das will ich auch nicht!)

Frau Berroth, wollen Sie damit sagen, dass Sie eine halbe Milliarde – um die geht es in Baden-Württemberg, manchmal mehr, manchmal weniger – mit einer anderen Steuer für unser Land erzielen können, wenn Sie keine Erbschaftsteuer erheben? Das haben Sie nämlich gerade gesagt. Es geht um eine halbe Milliarde – plus 100 oder 150 Millionen €, je nachdem –, und der Betrag steigt. Mich würde einmal interessieren, wie Sie dieses Geld erzielen wollen.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Herr Kollege Drexler, ich habe es nicht durchgerechnet. Aber ich weiß, dass die Steigerung des Bruttosozialprodukts, die mit solchen Werten möglich ist, sehr wohl wieder im Steuersäckel ankommt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Wenn wir den Bürgern mehr Geld belassen, brauchen wir auch nicht so viel umzuverteilen. Ihnen geht es doch nur wieder um das Einkassieren von Geldern, die Sie mit „gütiger Hand“ wieder ausgeben können.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: So ist es!)

Noch einmal: Wenn es nur um höhere Einnahmen ginge,

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Was ist jetzt eigentlich Ihr Vorschlag, Frau Berroth?)

wäre das eigentlich noch das geringere Problem. Wir könnten diese Mittel an die Kommunen weitergeben, und diese könn ten damit die Grundsteuer senken. Dies würde sogar wieder die gleichen Leute treffen, die durch die vorgesehenen Erbschaftsteuerregelungen benachteiligt würden.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Genau!)

Aber der Länderfinanzausgleich würde der angesprochenen Lösung den Garaus machen. Diese ist in doppeltem Maß ungerecht: Sie führt erstens zu einem höheren Steuerbetrag, und zweitens bleiben die dadurch erzielten Mittel nicht einmal im Land. Nach einer Schätzung des Bundesministeriums der Finanzen vom Oktober dieses Jahres blieben uns im Land, wenn wir Mehreinnahmen in Höhe von 1 Million € hätten und sich bei den anderen Ländern keine Veränderung ergeben würde, gerade noch 372 000 €. Das müssen Sie sich einmal vorstellen.

Es wurde schon gesagt: Das Bundesverfassungsgericht weist ausdrücklich darauf hin, dass es nur um die einheitliche Bewertung geht, dass aber eine politisch gewollte Differenzierung bei Freibeträgen und Steuersätzen sehr wohl erfolgen kann.

Deshalb: Wenn die Erbschaftsteuer schon nicht abgeschafft werden kann – eine Abschaffung wäre uns in der Tat am liebs ten –, dann kann nur eine Übertragung der Gesetzgebungskompetenz auf die Länder eine adäquate und gerechte Lösung bringen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ja, okay!)

Dann könnten wir Freibeträge individuell festlegen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ja!)

Dann könnten wir Steuersätze so festlegen, dass es in Deutschland eine gerechte Erbschaftsbesteuerung gibt. Mir geht es wirklich um dieses Wort.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Bei dem einheitlichen Satz, den Sie angesprochen haben – 500 000 € –, müssen Sie wissen, dass Sie dafür in Stuttgart gerade einmal eine Zweizimmerwohnung bekommen. In Niedersachsen können Sie dafür drei oder vier Häuser erwerben oder vererben.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es!)

In den neuen Bundesländern gibt es Immobilien, die überhaupt keinen messbaren Wert haben. Da fiele dann gar keine Steuer an. Es ist ganz einfach: In Baden-Württemberg aber soll die Steuer, wenn das Objekt selbst bewohnt ist, mit Geld bezahlt werden, das man eventuell gar nicht hat.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Abg. Berroth – –

Ich bin sofort fertig. – Denn solange Sie die Wohnung nicht verkaufen, haben Sie ja kein Geld in der Hand. Das heißt, wenn Sie sie halten wollen, müssen Sie einen Kredit aufnehmen, um die Erbschaftsteuer zu bezahlen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist doch steuer- frei! – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD – Ge- genruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Was darüber hinausgeht. Es gibt in der Tat Einfamilienhäuser in der Region Stuttgart, die über diesem Freibetrag liegen. Wenn Sie weiterhin darin wohnen wollen, müssen Sie einen Kredit aufnehmen.

Wir fordern Herrn Ministerpräsident Oettinger, Herrn Finanzminister Stratthaus, aber auch die Herren Drexler und Kretschmann auf...

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD – Gegenruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP – Glocke des Prä- sidenten)

Frau Abg. Berroth, ich darf Sie jetzt bitten, zum Ende zu kommen.

… – ich bin beim letzten Satz, Herr Präsident –, im Interesse aller Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger in der Föderalismuskommission II den FDP-Vertreter Ernst Burgbacher zu unterstützen. Die Erbschaftsteuer gehört in Länderhand.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich weiß jetzt wirklich nicht, was die FDP will.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Dann haben Sie nicht zugehört! – Weitere Zurufe von der FDP/DVP, u. a. Abg. Dr. Friedrich Bullinger: Hätten Sie aufge- passt!)

Ich habe genau aufgepasst. Sie haben hier eine Fundamentalkritik an der Erbschaftsteuer mit Einzelkritik vermischt. Sie sei als Substanzsteuer schlecht und überflüssig.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Richtig! – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Ihr Kollege Hahn, der hessische FDP-Fraktionsvorsitzende, fordert ihre Abschaffung als Neidsteuer. Jetzt sind hier solche Töne auch gefallen. Sie wollen doch nicht im Ernst eine Steuer, die Sie abschaffen wollen, auf die Länder übertragen.

(Zurufe von der FDP/DVP, u. a. Abg. Michael Theu rer: Doch! – Gegenruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

FDP-Beschluss: Man soll diese Steuer auf die Länder übertragen. Aber andere im Bund sagen, man soll sie abschaffen. Dann betreiben Sie hier jetzt eine Mäkelkritik an dem Refe

rentenentwurf. Die Sätze sind Ihnen alle zu hoch. Was wollen Sie dann? Wollen Sie die Erbschaftsteuer abschaffen? Wollen Sie die Zuständigkeit für eine abgeschaffte Steuer auf die Länder übertragen? Irgendwie nicht. Also Sie wollen sie doch irgendwie behalten.

(Zurufe von der FDP/DVP)

Dann wollen Sie offensichtlich eine Steuer mit einem hohen Erhebungsaufwand weiter senken, sonst macht es ja gar keinen Sinn. Was für einen Sinn soll es also machen, eine Steuer, die bei einem Aufkommen von 4 Milliarden € bundesweit mit diesen hohen Erhebungskosten schon jetzt problematisch ist, überhaupt beizubehalten?

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Schaffen Sie sie halt ab!)

Deswegen sagen wir, wir müssen sie verdoppeln.