Protokoll der Sitzung vom 29.11.2007

Sie werden sehen: Beim Flughafen kriegen Sie dazu keine alternativen Möglichkeiten.

Im Übrigen, Herr Döpper, muss ich schon sagen: So, wie Sie durch Ihren Wahlkreis laufen

(Abg. Jörg Döpper CDU: Das wissen Sie doch nicht!)

ich höre es doch, und ich lese, was in der Zeitung steht –,

(Lachen bei der CDU – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/ DVP: Sein Kreisverband war dagegen!)

muss ich Ihnen sagen: Wenn Sie nicht dabei sind, dann stimmen in der CDU-Fraktion noch weniger gegen einen Flughafenausbau.

(Abg. Jörg Döpper CDU: Sie wissen doch nicht, wo- gegen und wofür ich bin!)

Sie sagen es doch.

(Abg. Jörg Döpper CDU: Reden wir so?)

Nein, ich höre es von den Landwirten, dass ihr auch dagegen seid.

(Lachen bei der CDU – Zurufe, u. a. Abg. Stefan Mappus CDU: Das ist gerade ein ziemlicher Blind- flug, was Sie da veranstalten!)

Ich sage nur: Wir kommen nachher noch einmal auf das zweite Gutachten.

(Zurufe von der CDU, u. a. des Abg. Dr. Dietrich Birk)

Wenn Sie dafür sind, Herr Birk, wollen Sie halt die Filder kaputt machen. Das können Sie ja sagen.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Das ist doch nur eine Feststellung!)

Dann sagen Sie es doch, dass Sie für die zweite Start- und Landebahn sind. Dann haben wir es. Dann können wir uns auseinandersetzen. Aber wegzutauchen und ein weiteres Gutachten zu fordern wird Ihnen bei der Beurteilung der Belas tung nicht weiterhelfen. Vielleicht brauchen Sie noch Zeit. Dann können Sie sagen, Sie brauchen noch Zeit, um sich mit der FDP/DVP zu einigen. Das ist ein Argument. Sie dürfen aber doch nicht weitere Steuergelder für etwas ausgeben, was die Entscheidung überhaupt nicht beeinflussen wird.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Dr. Diet- rich Birk CDU: Das würde Ihnen so passen!)

Das Wort erhält der Herr Ministerpräsident.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Aufforderung des Kollegen Kretschmann, hier zu führen, und der Antrag der SPD, heute zu entscheiden, sind der Anlass, dass ich mich kurz zu Wort melde.

Zunächst, Kollege Drexler: Ihre beiden starken Wortmeldungen heute Morgen zeigen Ihre Einstellung: „Egal, wer unter mir Fraktionschef wird, ich bin der starke Mann.“

(Heiterkeit bei der CDU – Oh-Rufe von der SPD – Abg. Ursula Haußmann SPD: Ihnen fällt auch nichts Besseres ein!)

Es fällt schon auf, wie Ihre Dominanz hier den Landtag zu beherrschen versucht, nachdem es in Ihrer Fraktion vielleicht nicht gelingt.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Beunruhigt Sie das? – Abg. Claus Schmiedel SPD: Ich dachte, Sie wollten bei dem Thema ernst sein!)

Der Flughafen Stuttgart ist ein wichtiger Bestandteil unserer Infrastruktur, ein Garant für Arbeitsplätze, sozialen Wohlstand und für die Wirtschaft, von der Großindustrie bis zum kleinen Mittelstand. Es geht zuallererst um einen Faktor der Wirtschaftsförderung. Das heißt, der Flughafen wurde in den letzten Jahrzehnten entsprechend dem Bedarf von Arbeitswelt, Bevölkerung und Wirtschaft ausgebaut.

Nun sehen wir einen klassischen Gegensatz zwischen Ökonomie und Ökologie. In vielen Fragen kann man Ökologie und Ökonomie aussöhnen oder gar miteinander vereinbaren. Aber Flughafenentwicklung hat immer auch mit Landverbrauch, Lärmbelastung und Luftbelastung zu tun. Deswegen nehme ich die Angelegenheit sehr ernst.

Der damalige Aufsichtsrat der Flughafen Stuttgart GmbH hat am 5. April 2006 einer Gutachtensvergabe zugestimmt. Dieses Gutachten hatte einen Auftrag und hat einen Inhalt, der von

der Geschäftsführung des Flughafens vorgegeben war. Dies halte ich für legitim. Ich glaube, es ist die Aufgabe eines Geschäftsführers, in dessen Dienstvertrag steht, den Unternehmenserfolg zu sichern und zu entwickeln, über die Entwicklung des Fluggeschäfts in Deutschland, den Bedarf und die Chancen am Standort Stuttgart nicht nur am Schreibtisch nachzudenken, sondern dazu auch externen Sachverstand ein zuholen.

Das Gutachten liegt seit wenigen Tagen vor. Wie die Regierung damit umgeht, ist dem Landtag und der Öffentlichkeit seit mindestens einem halben Jahr bekannt. Das Gutachten nehmen wir entgegen und werden darüber in aller Öffentlichkeit diskutieren. Dieses Gutachten enthält viele Fragen und viele Antworten. Aber es gibt dazu weiterführende Fragen, von denen Sie, Herr Kollege Drexler, einige erwähnt haben.

(Zuruf von der CDU: Genau!)

Ihre Wortmeldung hat, wenn überhaupt, nur einen einzigen wirklichen Sinn.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wie immer!)

Einen einzigen!

(Heiterkeit bei der CDU – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Bei Ihrer Rede bin ich mir noch nicht sicher, ob die einen Sinn hat! – Gegenruf des Abg. Jörg Döpper CDU: Ausreden lassen!)

Sie haben im Grunde genommen Fragen aufgeworfen, die nicht umfassend und nicht vollständig im Gutachten enthalten und beantwortet sind.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Welche?)

Das heißt, wir bereiten weiter gehende Fragestellungen vor.

Zweitens trägt dieses Gutachten immer einen gewissen Makel. Man spricht so oft von ergebnisorientierten Auftragsgutachten. Ich glaube, dass im Ergebnis die Entscheidung des Landtags von Baden-Württemberg, die Entscheidung des Gemeinderats der Stadt Stuttgart, aber auch die Gespräche mit den Anliegern und den betroffenen Gemeinden nicht allein auf der Grundlage eines vom Geschäftsführer vergebenen Gutachtens möglich sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Die Landesregierung ist bei diesem Thema ergebnisoffen. Und gehen Sie davon aus: Wir sitzen das Thema nicht aus. Die Entscheidung wird im nächsten Jahr getroffen. Das heißt, der Landtag und wohl auch der Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart werden im nächsten Jahr Gelegenheit bekommen, mit Ja, mit Nein oder mit Enthaltung zu entscheiden. Die Angelegenheit ist wichtig, sie ist sogar sehr wichtig, aber in keiner Weise eilbedürftig. In dieser Angelegenheit jetzt einfach zu entscheiden, damit man führt, Kollege Kretschmann, halte ich für überhaupt nicht sachgerecht.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wer die Geschichte von Flughäfen kennt, der weiß, dass der Ausbau immer einer gründlichen sachlichen, rechtlichen, fi

nanziellen und dann auch parlamentarischen Beratung bedarf. Dies war in Stuttgart in den letzten Jahrzehnten so, auch beim letzten Flughafenausbau, bei dem wir gemeinsam mit dem Kollegen Birzele, dem Kollegen Spöri und anderen verantwortlich waren. Dies ist auch in Frankfurt so. Deswegen glaube ich, dass auch in Stuttgart die jetzige Entwicklung gründlich vorbereitet, fair und offen gestaltet, die Auseinandersetzung dialogorientiert geführt und dann – erst dann, aber dann wirklich – demokratisch entschieden werden muss.

Ich nehme ernst, wenn wir in diesen Tagen lesen, dass Industrie und Handel, die Kammern und die Verbände der Wirtschaft die Position vertreten, dass der Ausbau des Flughafens, die Entwicklung der Kapazitäten, notwendig sei. Deswegen werde ich mit der Wirtschaft Gespräche führen und die Frage stellen: Ist der Ausbau nur wünschenswert, oder ist er notwendig? Wir haben große Unternehmenszentralen hier in der Region.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Was wünschen Sie? – Abg. Ursula Haußmann SPD: Was wollen Sie? – Zu- ruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

Zu wünschen haben wir bei diesem Thema gar nichts. Wünsche sind Weihnachtsangelegenheiten.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Was ist Ihre politische Vorgabe? – Abg. Claus Schmiedel SPD: Was wollen Sie?)

Hier geht es um Aufgaben, Kollege Schmid. Hier geht es um die Frage, wie man ordnungsgemäß eine Entscheidung vorbereitet, seine Wünsche verbirgt, seine Wahlkreisinteressen zurückstellt und dann entscheidet, was für Baden-Württemberg sinnvoll und notwendig ist.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Deswegen führen wir Gespräche mit allen, für die der Flughafen wichtig ist.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Was ist Ihre Vorstellung? – Abg. Alfred Winkler SPD: Gutachterdemokratie!)

Das sind erstens die Amerikaner. Zweitens sind das diejenigen, die als Geschäftsflieger hier unabhängig von Fluglinien auf Flüge angewiesen sind.