Protokoll der Sitzung vom 18.12.2007

ein Drittel durch die Kommunen und ein Drittel durch den Bund.

(Abg. Ute Vogt SPD: Stehen dazu alle oder nur Sie?)

Nachdem wir gehört haben, dass dies alles erst 2009 beginnt und der Bund ab 2009 bezahlt, verstehe ich überhaupt nicht, weshalb Sie hier immer darauf herumhacken, dass wir nicht ab 2008 höhere Fördersätze vorsehen. Was wir für 2008 beschlossen haben, steht im Zusammenhang mit dem schon vereinbarten Ausbau, und da sind die 10 % enthalten, und zwar ungedeckelt. Der Ausbau kann also entsprechend dem beschlossenen Haushalt wie vorgesehen durchgeführt werden.

Ab 2009 wird der Bund Zuschüsse zu den Betriebskosten zahlen, wobei diese Mittel jährlich steigen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Und das Land?)

Genauso verhandeln wir gerade darüber, inwiefern das Land ab 2009 möglicherweise in eine Mitfinanzierung eintritt.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: 17 %! Ist das ein Drit- tel?)

Jetzt muss man ehrlicherweise sagen: Da rechnet jeder zunächst einmal zu seinen Gunsten. Das ist ja gar nicht illegitim. Ich sage: Die Drittelförderung des Bundes schließt das, was im Tagesbetreuungsausbaugesetz schon festgeschrieben ist, ein. Das ist unstrittig. Deswegen dürfen Sie uns doch nicht vorwerfen, dass wir uns, wenn wir von einer Drittelfinanzierung reden, exakt an dem Drittel orientieren, das der Bund künftig zusätzlich gewährt – nämlich für alles, was über das TAG-Niveau hinausgeht. Wir sind uns doch hoffentlich alle einig, dass dies eine faire Drittelfinanzierung wäre. Wir stehen – egal, mit welchen Prozentzahlen Sie dann wieder herumjonglieren – zu dieser Aussage.

Jetzt lassen Sie mich trotzdem noch ganz kurz etwas zu den zwei angesprochenen Themen sagen.

Bezüglich einer Kindergartenpflicht bin ich ebenfalls der Meinung – auch das habe ich hier schon mehrfach gesagt –: Angesichts dessen, dass 96 % aller betreffenden Kinder im letzten Kindergartenjahr einen Kindergarten besuchen, müsste nicht wegen der fehlenden 4 % auch der gesamte Rest mit Pflichten überzogen werden – mit allen finanziellen Konsequenzen. Auch darüber werden wir aber gern noch einmal mit den Kommunen diskutieren.

Abschließend noch einmal zum Betreuungsgeld: Das ist nicht zwischen uns und den Kommunen zu verhandeln, aber da bin ich dezidiert der Meinung, die in Teilen hier schon angeklungen ist: Wir müssen völlig unabhängig davon, wie die Kinder erzogen werden, ob in der Familie, bei der Tagesmutter oder wie auch immer, das Existenzminimum für die Familien mit Kindern im Steuer- und Transferrecht,

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

das heißt in Freibeträgen plus entsprechend angepasstem Kindergeld für alle, sichern. Denn nur dann gibt es echte Wahlfreiheit. Das ist Aufgabe des Bundes.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Wir dürfen überhaupt keine Sondertatbestände schaffen.

Ich darf schon einmal daran erinnern, dass natürlich diejenigen Eltern, die ihr Kind in eine Kinderbetreuungseinrichtung

geben – davon gehen wir bei der ganzen Berechnung der Nettokosten aus –, nicht nur die Prämie nicht bekommen würden, sondern im Schnitt 20 % selbst bezahlen. Das heißt, der Unterschied zwischen denen, die eine Prämie in Anspruch nehmen würden, und denen, die ihr Kind sehr wohl erziehen und dabei auch die Hilfe einer außerfamiliären Einrichtung in Anspruch nehmen, potenziert sich.

Ich bitte schon sehr darum, da nicht zu differenzieren und zu meinen, Eltern, die ihre Kinder nicht ganztags in der eigenen Familie erziehen, erzögen ihre Kinder nicht. Das ist für mich wirklich die Grundlage jeglichen Wahlrechts, und es ist, glaube ich, gerade in der bildungspolitischen Debatte, in der Debatte, die wir die ganze Zeit führen, immer auch auf diese konkreten Auswirkungen hin abzuklopfen, ob wir nicht möglicherweise Fehlanreize setzen. Zusätzlich müssen wir natürlich die Finanzierbarkeit insgesamt ein Stück weit im Auge behalten.

Noch einmal: Es geht um eine klare Aufgabentrennung. Es darf keine Sondertatbestände geben. Vielmehr hat der Bund dafür zu sorgen, dass unabhängig von der Art der Erziehung in jeder Familie das Existenzminimum ihrer Kinder gesichert ist. Dann haben Land und Kommunen zusammen die Aufgabe, massiv in die Infrastruktur zu investieren, damit wir nicht nur im Sinne eines Lippenbekenntnisses von Wahlfreiheit reden, sondern tatsächlich Strukturen schaffen, die das Existenzminimum absichern und andererseits unseren Familien, unseren Kindern und unseren Jugendlichen wirklich die Perspektive geben, die sie brauchen, um einen guten Start ins Kinderleben zu haben.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Mappus.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal zur Theorie des entgangenen Gewinns, lieber Herr Kretschmann. Wir sind der Überzeugung, dass das Betreuungsgeld ein Akt von Symbolik ist, und zwar vor allem mit Blick auf einen gewissen gerechten Ausgleich. Er dient nicht, wie Sie es gesagt haben, quasi dazu, dass man eine andere Leistung nicht in Anspruch nimmt. Das wäre falsch; da gebe ich Ihnen recht. Er dient dafür, dass man – und ich meine das nicht materiell – im Zweifel auf eine ganze Menge verzichtet, um daheim wertvollste Erziehungsarbeit zu leisten. Wenn diese Menschen eine kleine Anerkennung bekommen, dann hat das nichts mit entgangenem Gewinn zu tun, sondern dann hat das etwas mit Gerechtigkeit zu tun. Deshalb sind wir der Überzeugung, dass das Betreuungsgeld richtig ist. So einfach ist das.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/ DVP)

Zweitens: Liebe Frau Vogt, dass ausgerechnet Sie versuchen, mit dem Argument mangelnder Harmonie bei der CDU jetzt wieder das gleiche Spiel zu treiben, das Sie seit jeher treiben, finde ich, mit Verlaub, ein bisschen mutig. Sie versuchen, seit ich Fraktionsvorsitzender bin, einen Dissens zwischen mir und dem Ministerpräsidenten zu konstruieren.

(Lachen der Abg. Ute Vogt SPD)

Günther Oettinger hat mir erzählt: Als er Fraktionsvorsitzender war, hat man das Gleiche im Verhältnis zwischen ihm und Erwin Teufel versucht.

(Abg. Hans-Martin Haller SPD: War doch auch so! – Weitere Zurufe von der SPD)

Erwin Teufel hat mir erzählt, das Gleiche habe man mit ihm und Lothar Späth gemacht. Wahrscheinlich hat man das immer so gemacht.

Jetzt will ich Ihnen einen kleinen empirischen Beweis dafür liefern, dass die Nummer nicht so ganz läuft. Sie versuchen das jetzt seit 30 Jahren, aber in der gleichen Zeit sind Sie in der Zustimmung des Wählers in diesem Land von 35 % auf derzeit 19 % abgesunken. Ich würde mir wirklich einmal ein erfolgreicheres Modell von Politik aussuchen, wenn ich Sie wäre. Das kann ich bei dieser Gelegenheit nur sagen.

(Beifall bei der CDU – Lachen der Abg. Ute Vogt SPD)

Jetzt zum Thema Kommunen: Ich weiß ja nicht, wie Sie, wenn Sie privat irgendetwas machen, verhandeln. Das wird wahrscheinlich Ihr Geheimnis bleiben. Ich hoffe nur, Sie verhandeln da nicht so, wie Sie es hier von uns fordern.

Ich kann nur sagen: Eine erfolgreiche Verhandlung führt man doch nicht dadurch, dass man zuallererst einmal sämtliche Karten offen auf den Tisch legt.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Man soll auch ein Er- gebnis erzielen!)

Vor allem, wenn es um das Geld des Steuerzahlers geht – da verhandeln manche, nebenbei bemerkt, viel großzügiger, als wenn es um das eigene Geld geht –,

(Zuruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD)

kann es doch nicht so falsch sein, zunächst einmal zu analysieren: Welche Maßnahmen kommen jetzt? Welche Maßnahmen stehen in den nächsten Jahren an? Was kosten diese Maßnahmen? Wie entwickeln sich die Kosten? Wie entwickelt sich die Nachfrage nach dem Ganzen? Wie können wir gemeinsam mit den Kommunen als Partner das Ganze so gestalten, dass die Kommunen damit in finanzpolitischer Hinsicht leben können, dass aber auch das Land in finanzpolitischer Hinsicht damit leben kann? Das ist verantwortungsvolles Handeln, meine Damen und Herren.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Was Sie machen, ist, dass Sie rausgehen auf jedes Heckenbeerenfest, Herr Kretschmann, und überall alles versprechen.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Das stammt vom Herrn Ministerpräsidenten!)

Zuerst versprechen Sie mehr Betreuung, natürlich am besten ohne Eigenanteil. Danach versprechen Sie die Bezuschussung des Mittagessens. Danach versprechen Sie den gebührenfreien Kindergarten. Ich weiß nicht, was Sie sonst noch alles versprechen. Ich kann nur sagen: Das alles kann man nur machen, wenn man sicher sein kann, dass man nie die Verant

wortung für die Umsetzung solcher Versprechen trägt. Dann kann man das machen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Katrin Altpeter SPD: Wer hat denn das angefangen mit der Beitragsfrei- heit?)

Wir tragen diese Verantwortung. Deshalb hat der Herr Minis terpräsident nicht nur die hundertprozentige, sondern die tausendprozentige Rückendeckung meiner Fraktion.

(Zurufe von der SPD)

Wir treffen über Milliardenbeträge, die sich über die Jahre aufsummieren, nicht innerhalb von zwei Stunden eine Abmachung. Vielmehr haben wir mit den kommunalen Landesverbänden in der letzten Woche verhandelt, und wir verhandeln diese Woche weiter. Sollte es notwendig sein – seitens der kommunalen Landesverbände oder seitens uns –, werden wir die Verhandlungen baldmöglichst zu Ende führen. Wenn es um Milliardenbeträge geht, dann kann das wohl so falsch nicht sein.

Dass in Baden-Württemberg die Kommunen immer auf das Land zählen können, können Sie allein daran sehen, dass Sie in der ganzen Bundesrepublik kein Land finden werden, das einen kommunalen Finanzausgleich wie das Land BadenWürttemberg hat. Das wird Ihnen jeder Vertreter der kommunalen Landesverbände bestätigen. Deshalb: Wir werden uns mit den Kommunen einigen. Wir werden ihnen helfen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Helfen? – Abg. Ma- rianne Wonnay SPD: War doch im Haushalt vorge- legt!)

Wir begreifen das Thema „Betreuung, Familie, Bildung“ – ich sehe das als unzertrennbaren Dreiklang – als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die der Bund wahrnimmt, die die Kommunen wahrnehmen und die das Land wahrnimmt – aber bitte mit Substanz, solide berechnet, seriös ausfinanziert und nicht im Hauruckverfahren als Weihnachtsgeschenk, so wie Sie das machen. Wir wollen dieses Land korrekt weiter voranbringen, und zwar mit den Kommunen und nicht gegen sie. Deshalb wäre ich dankbar, wenn die Opposition dazu mehr als nur Elefantengebrüll beitragen könnte, z. B. konkrete Zahlen. Dann könnten wir uns im Sinne des Ganzen einigen. Spätestens Anfang des kommenden Jahres werden wir gemeinsam mit den Kommunen einen Beschluss zum Wohle der Kinder im „Kinderland“ Baden-Württemberg finden und fassen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Prewo.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Jetzt bringt er das Geld mit!)