Stefan Mappus
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Herr Präsident, ich nehme die Wahl an und freue mich sehr über das Vertrauen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will nicht in die inhaltliche Debatte einsteigen, weil man zugegebenermaßen unterschiedlicher Meinung sein kann, ob es Aufgabe eines Staates ist, über den Erwerb illegal beschaffter Daten entsprechend vorzugehen.
Aber ich will auf zwei Punkte hinweisen. Erstens: Es war heute Morgen mit dem Präsidenten des Landtags von BadenWürttemberg vereinbart – auch im Beisein des Kollegen Dr. Rülke –, dass diese Abstimmung so nicht stattfindet.
Ich sage es nochmals: Es war heute Morgen – ich sage Ihnen auch gleich, warum –
mit dem Präsidenten des Landtags von Baden-Württemberg vereinbart,
dass diese Abstimmung deshalb so nicht stattfindet...
... – Herr Kollege Schmiedel, ich weise nur darauf hin; ich habe Zeit –,
dass diese Abstimmung deshalb so nicht stattfindet, weil sie nicht zulässig ist.
Aber, mit Verlaub, der Präsident des Landtags von BadenWürttemberg hat im Gegensatz zu Ihnen sehr wohl die Möglichkeit, dies zu entscheiden.
Ich lege nur einen gewissen Wert darauf, dass die Landtagsverwaltung – die Verwaltung, der Präsident und seine Vizepräsidenten – in Zukunft zumindest in der Lage ist, in der gleichen Vorgehensweise voranzuschreiten. Ich glaube, das ist gegenüber dem Parlament die logische Konsequenz.
Der Präsident des Landtags von Baden-Württemberg ist Chef der Verwaltung. So einfach ist das.
Zweitens – um das auch klar zu sagen –: Wenn dieser Antrag zulässig ist, dann gibt es in Zukunft nichts mehr, was nicht zulässig ist.
Denn wenn die Devise lautet, dass man in Zukunft über alles abstimmen kann, ganz gleich, ob man zuständig ist oder nicht,
dann gibt es nichts mehr, was in diesem Landtag nicht zulässig ist. Das hielte ich für falsch. Deshalb fordere ich Sie auf, auch wenn Sie mit Blick auf die letzten Tage glauben, Blut geleckt zu haben: Missbrauchen Sie Haushaltsdebatten nicht für irgendwelche Schauanträge, die mit der Aufgabe des Landtags von Baden-Württemberg nichts zu tun haben.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt nichts drum herumzureden: Wir befinden uns nach wie vor in der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise aller Zeiten mit Zahlen, mit Folgewirkungen, die wir alle und die auch alle Experten bis vor einem Jahr oder bis vor zwei Jahren noch für völlig undenkbar gehalten hätten.
Ich bin immer ein Anhänger der These, dass man eine Situation sauber analysieren muss, und zwar auch dann, wenn die Folgewirkungen unangenehm sind. Ich meine aber auch, dass man – übrigens gerade mit Blick auf die Wirtschaft; wir wissen ja spätestens seit Ludwig Erhard, dass 50 % der Wirtschaftspolitik aus Psychologie bestehen – auf keinen Fall den Fehler machen darf, die Krise noch drastischer darzustellen
und alles noch schlimmer zu machen, als es ohnehin schon ist, meine Damen und Herren.
Es sprechen zunehmend viele Anzeichen dafür, dass in der akuten Konjunkturkrise mit ihren historischen und globalen Umsatz- und Nachfrageeinbrüchen zumindest das Tal durchschritten und damit das Schlimmste überstanden ist.
Das neue Jahr, meine Damen und Herren, lässt auf neues Wachstum hoffen. Wie Sie heute den Medien entnehmen können, wird die Bundesregierung ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr von etwas über 1 % auf 1,5 % korrigieren. Auch wenn die Lage in vielen Branchen und Unternehmen noch immer angespannt ist, drehen sich doch in immer mehr Bereichen der Wirtschaft die Vorzeichen wieder von Minus nach Plus.
Der lang erwartete Silberstreif am Horizont wird zumindest deutlicher, und er wird kräftiger. Zahlreiche Unternehmen baden-württembergischer Schlüsselindustrien, z. B. die ZF in Friedrichshafen, erwarten schon für 2010 wieder schwarze Zahlen.
Die Zahlen der Auftragseingänge steigen. Der Welthandel und vor allem der Export – besonders wichtig für Baden-Würt temberg – ziehen wieder deutlich an, und die Wachstumsprognosen werden nach oben korrigiert.
Der Landesverband der Industrie rechnet sogar damit – nachzulesen in den „Stuttgarter Nachrichten“ vom 8. Dezember 2009 –, dass sich die Geschäfte der baden-württembergischen Industrieunternehmen in diesem Jahr bereits deutlich besser entwickeln werden als im Durchschnitt in der Bundesrepublik.
Meine Damen und Herren, es wird sich zeigen: Genau so, wie Baden-Württemberg mit seiner starken Export-, Investitionsgüter- und Hightechwirtschaft besonders hart und außergewöhnlich von der weltweiten Wirtschaftskrise betroffen war, genau so werden wir von der jetzt einsetzenden Belebung auch wieder schneller als andere nach oben getragen. Davon bin ich zutiefst überzeugt.
Auch wenn es quer durch die Republik nicht wenige gibt, die es im Zweifel gern anders hätten: Baden-Württemberg wird auch nach dieser Krise nicht Opfer, sondern Gestalter und nach meiner Überzeugung auch Gewinner des Strukturwandels sein. Unsere Unternehmen – da können wir sicher sein – haben in allen Branchen die Zukunftsmärkte fest im Blick. Sie engagieren sich mit großem Einsatz dort, wo Wertschöpfung und Wachstumschancen der nächsten Jahre und Jahrzehnte liegen. Und sie sind Weltspitze, wenn es um die Entwicklung und Optimierung neuer technologischer Trends und Möglichkeiten geht; z. B. setzt der weltgrößte Automobilzulieferer Bosch längst massiv auf ein zusätzliches Standbein im Bereich der Solartechnik.
Vieles andere in anderen Bereichen lässt sich dabei genauso gut an.
Auf diesem Weg in die Zukunft, meine Damen und Herren, hat unsere Wirtschaft die volle Unterstützung der Landespo
litik. Die Besserwisserei und vor allem die Schulmeisterlichkeit von manchen in der Opposition in Baden-Württemberg, wie sie immer wieder erlebt werden kann, kann niemand brauchen,
der in Zeiten von Krisen und Veränderungen Verantwortung für Jobs und für Umsätze trägt.
Keine Sorge; nicht nervös werden, Herr Kollege Schmiedel. Sie werden noch mehr Daten und Fakten von mir erfahren, als Ihnen recht sein wird.
Ich bin überzeugt, meine Damen und Herren: Mit unserer weltweit konkurrenzlosen Forschungslandschaft, mit unseren Exzellenzuniversitäten und mit unserer unvergleichlichen Patentdichte können wir Vertrauen – das entscheidende Merkmal für die Wirtschaft – in die Zukunft Baden-Württembergs haben.
Meine Damen und Herren, Krisen begegnet man mit Innovationen und mit Ideen und nicht mit Schlechtrederei. So sieht es aus.
Gleichzeitig erweist sich – Herr Kollege Schmiedel, bis zur Bundestagswahl waren wir uns da wenigstens noch einig –, dass die aktive Konjunkturpolitik in Deutschland wirkt. Mit unserem Landesinfrastrukturprogramm und mit den massiv ausgeweiteten Landesbürgschaften haben wir vielen Unternehmen im Tiefpunkt der Krise wertvolle Überbrückungshilfe geleistet. Wir haben die Fördergelder aus den Konjunkturprogrammen – ich glaube, dies bestreitet niemand – besonders schnell, besonders effektiv und vor allem flächendeckend eingesetzt.
Reden Sie mit den Kommunalpolitikern in Baden-Württemberg. Da gibt es nicht immer in allem Übereinstimmung. Aber ich habe noch keinen getroffen, der bestritten hat, dass sie selbst überrascht waren, wie schnell, wie effizient und wie unkompliziert diese Konjunkturprogramme umgesetzt werden. Und diese Programme wirken in Baden-Württemberg, meine Damen und Herren.
Zusammen mit den Steuerbeschlüssen des Bundes – inklusive den Beschlüssen der Großen Koalition, Herr Kollege Schmiedel, an die ich mich noch gut erinnern kann –
und der verbesserten Kurzarbeiterregelung ist damit in Baden-Württemberg, wie ich finde, ein starkes Strategiebündel des politischen Krisenmanagements entstanden, das viel zur Sicherung von ökonomischer Substanz und Beschäftigung im Land beigetragen hat.
Meine Damen und Herren, es gibt entscheidende Indikatoren, an denen Sie dies ablesen können. Jeder einzelne Arbeitslose ist ein Arbeitsloser zu viel. Ich bin der Überzeugung, dass es neben der persönlichen Gesundheit kaum etwas gibt, was eine Familie mehr belastet als die Geißel der Arbeitslosigkeit mit allen negativen Konsequenzen.
Aber wenn Sie an einem Punkt sehen können, dass unsere Programme wirken, dann an folgendem: Der Rückgang der Wirtschaftsleistung in Baden-Württemberg im letzten Jahr liegt bei rund 8 % – bis vor Kurzem eine unvorstellbare Zahl! Sie liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Trotzdem hat sich im Krisenjahr 2009 – Gott sei Dank – die Zahl der Erwerbstätigen in Baden-Württemberg nur um 0,5 % verringert. Meine Damen und Herren, wo in der Wirtschaftsgeschichte dieser Welt gab es einen solch katastrophalen Einbruch, bei dem der Beschäftigungsstand trotzdem – aufgrund guter Politik, guter Konjunkturprogramme – so weit wie möglich, wie gerade geschildert, gehalten werden konnte? Wo gab es das? Ich glaube, das ist ein guter Beleg dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Im Maschinenbau, meine Damen und Herren, hatten wir im letzten Jahr in Baden-Württemberg im Durchschnitt einen Rückgang der Produktion um 30 %, und es sind „nur“ 4 % der Arbeitsplätze weggefallen. Die Jugendarbeitslosigkeit in Baden-Württemberg ist im Jahr 2009 – in der zweiten Hälfte – sogar wieder deutlich zurückgegangen. In der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise aller Zeiten ist die Jugendarbeitslosigkeit in diesem Bundesland zurückgegangen, meine Damen und Herren. Wenn das kein Signal für gute Politik ist, dann weiß ich nicht mehr, was die Politik noch tun soll.
Wir nehmen alle Prognosen sehr ernst, dass das große Aufräumen nach der Krise in diesem Jahr gerade auch bei uns noch Jobs kosten kann. Umso mehr können wir dankbar dafür sein, dass sich unser Arbeitsmarkt trotz dieser beispiellosen Krisenentwicklung bisher auffallend robust und stabil gezeigt hat.
Meine Damen und Herren, ich will ausdrücklich auch darauf hinweisen, dass dies vor allem auch ein großes Verdienst der Tarifpartner ist. Man kann manchmal trefflich über Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter streiten, über die Art und Weise, was sie tun, wie sie es tun und anderes mehr. Aber ich glaube, man muss an einem solchen Tag auch einmal Dank an beide Adressen dafür sagen, wie unglaublich besonnen und weit weg von irgendwelcher Ideologie die Tarifpartner im letzten Jahr, in dieser Krise auch in Verbindung mit der Politik ver
trauensvoll gemeinsam gearbeitet haben. Ich glaube, das war eine tolle Leistung. Auch das muss an einem solchen Tag einmal gesagt werden, meine Damen und Herren.
Herr Kollege Schmiedel, von der SPD haben wir immer wieder gehört, die Politik im Land tue zu wenig für Wirtschaft und Mittelstand.
Der Kollege Schmiedel hat dann die grandiose Vorstellung eines Baden-Württemberg-Fonds entwickelt, die er inzwischen bei jeder Gelegenheit anpreist wie sauer Bier,
was er wahrscheinlich auch heute wieder tun wird. Sie haben dabei wahrscheinlich übersehen, dass es schon seit längerer Zeit den Mittelstandsfonds der L-Bank gibt – übrigens kräftig nachgefragt, gut operierend, wie ich finde, auch messbar sehr gut operierend.
Ich will, Herr Schmiedel, zur Abwechslung einmal gar nicht all das, was Sie gesagt haben, selbst bewerten, sondern ich will einfach einmal andere sagen lassen, was sie von Ihren Vorschlägen halten.
Der Hauptgeschäftsführer der IHK Region Stuttgart, Andreas Richter, hat sich in der „Stuttgarter Zeitung“ vom 22. Oktober des letzten Jahres zu den SPD-Konzepten folgendermaßen zitieren lassen:
Wir sehen keinen Sinn darin, weitere Programme aufzulegen und noch mehr staatliche Förderung zu geben.
Ein Vertreter der Wirtschaft, lieber Herr Schmiedel,
müsste ja geradezu begeistert sein von Ihren Vorschlägen, wenn sie etwas taugen würden.
Es ist übrigens ein Beispiel dafür, wie weit es mit der SPD gekommen ist, wenn Sie das Selbstverwaltungsorgan der Wirtschaft in Baden-Württemberg so heruntermachen, Herr Schmie del. Das ist sehr bezeichnend!
Aber nachdem mit dieser Reaktion zu rechnen war und Herr Richter erfreulicherweise nicht der Einzige ist, dem das Herz überquoll, kann ich Ihnen auch noch andere Zitate bringen.
Ulrich Hermani, VDMA-Landesgeschäftsführer – –
Es freut ihn sicherlich, wenn Sie ihn als Beamten deklassieren; machen Sie ruhig weiter so.
Ich verspreche Ihnen, Herr Schmiedel:
Ich war noch nie so hinterher, ein Protokoll landesweit so schnell zu verschicken, wie das heute nach den freundlichen Aussagen, die Sie über die baden-württembergische Wirtschaft machen, der Fall sein wird.
Ich komme noch länger auf den Haushalt zu sprechen, als Ihnen recht sein wird.
Nein, ich habe noch 18 Minuten Zeit.
Ulrich Hermani – als VDMA-Landesgeschäftsführer spricht er gewissermaßen für die Hauptbetroffenen der Krise – hält die Programme zur Liquiditätssicherung und Investitionsförderung im Land ausdrücklich für ausreichend: Es werde allen Unternehmen geholfen, die erst nach Beginn der Finanzkrise in Schwierigkeiten gekommen sind. Ich zitiere:
Ich muss das Land ausdrücklich in Schutz nehmen.
So Hermani wörtlich.
Lieber Herr Schmiedel, Ihre Wirtschaftspolitik ist ein Ladenhüter, der in Ihrem politischen Schaufenster liegen bleibt und verstaubt und den kein Mensch in diesem Land will. Das ist der Punkt.
Ich frage mich übrigens ganz nebenbei, wie Sie Ihre Pläne umfassender Wirtschaftsbeihilfen
jemals verwirklichen wollen. Denn ich kann ständig lesen, dass Sie jetzt der Vorreiter der Sparer in Baden-Württemberg und derjenige seien, der endlich den Haushalt sanieren will – so, wie Sie es von 1992 bis 1996 auch immer sehr erfolgreich
gefordert haben. Gleichzeitig verlangen Sie ständig neue Konjunkturprogramme. Die Grünen, Ihr potenzieller Koalitionspartner
sagen wir einmal: Ihr gewünschter potenzieller Koalitionspartner –,
haben in dieser Situation noch nicht einmal die lebensrettende und alternativlose Bürgschaft für die Heidelberger Druckmaschinen AG mitgetragen, liebe Freunde.
Insofern wundert es nicht weiter, wenn die „Schwäbische Zeitung“ in ihrer Ausgabe vom 22. September des letzten Jahres ebenso klar wie richtig urteilt – ich zitiere –:
Den wirtschaftspolitischen Ideen der SPD fehlt schlicht und ergreifend die Substanz.
Wo diese Zeitung recht hat, hat sie recht, meine Damen und Herren.
Jetzt, Herr Gall, wie von Ihnen gewünscht, zum Haushalt.
Der Doppelhaushalt 2010/2011 ist ohne Zweifel ein Haushalt des Krisenmanagements.
Alle wesentlichen Kennzahlen verdeutlichen dies. Die Steuereinnahmen werden im Jahr 2010 aller Voraussicht nach konjunkturbedingt um 16 % unter den Isteinnahmen von 2008 liegen.
Das sind 5 Milliarden €. Niemand – keine politische Kraft, kein Finanzminister – kann dies einfach durch Einsparungen im Landeshaushalt ausgleichen. Wer etwas anderes behauptet, sagt schlicht und ergreifend die Unwahrheit, meine Damen und Herren.
Ich vernehme in den letzten Tagen erstaunt, wer alles welche Sparvorschläge macht.
Ich schlage eigentlich immer vor, Sparvorschläge zu machen, bevor ein Haushalt aufgestellt wird. Jedenfalls habe ich das einmal so gelernt. Solche Vorschläge erst danach zu machen
in der sicheren Gewissheit, dass man es nicht mehr ändern kann –, um an der einen oder anderen Stelle angeblich noch zu glänzen – sofern dadurch Glanz entsteht –, ist auch nicht besonders seriös. Das kann ich nur so sagen.
Aber selbst wenn man jetzt massiv einsparte,
wäre dies doch ökonomisch nicht sinnvoll. Wenn wir in Deutschland aus der Wirtschaftsgeschichte der letzten 100 Jahre eines hätten lernen müssen, dann ist die wichtigste Lehre aus der großen Depression in den Dreißigerjahren, dass man eine Krise verschärft, wenn man in der Krise spart, meine Damen und Herren.
Deshalb sage ich: Natürlich hätten wir die Nettonull gern auch für die nächsten Jahre fortgeschrieben. Das ist und bleibt das Markenzeichen der Landesregierung von Günther Oettinger.
Der Kurs der CDU wird sein, so schnell wie möglich zur schwarzen Null zurückzukommen. Aber wir können doch nicht in einem Jahr Konjunkturpakete schnüren und deren Wirkung im Jahr darauf mit rigider Sparpolitik wieder kaputt machen. Das wäre keine vernünftige Politik, meine Damen und Herren.
Aber auch in einer solchen Situation darf man, glaube ich, in aller Bescheidenheit einmal die Haushaltszahlen im Vergleich zu denen aus anderen Ländern in Deutschland einordnen, um daraus auch Folgerungen zu ziehen. Ich will nichts schönreden. Die Situation in den Jahren 2010 und 2011 ist schlecht. Aber schauen wir doch einfach einmal, wie es bei anderen aussieht, um es zumindest richtig einordnen zu können. Wie nutzen denn andere in dieser Republik diese Krise?
Meine Damen und Herren, das rot-grün regierte Bremen bezahlt in diesem Jahr ein Viertel – 25 % – seines Haushalts mit Schulden, und das trotz Länderfinanzausgleichs.
Im Vergleich zu anderen Ländern nehmen wir pro Kopf weit weniger neue Kredite auf als z. B. Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz.
Bayern hat für die beiden nächsten Jahre noch eine große Möglichkeit, Rücklagen aufzulösen. Wenn Sie mit Vertretern aus Bayern reden, erfahren Sie ganz genau, dass dort unmittelbar danach das Unheil im Zweifel noch sehr viel stärker kommt, als es bei uns derzeit der Fall ist.
Interessanterweise, meine Damen und Herren, entspricht unsere geplante Nettokreditaufnahme im Haushaltsjahr 2010 fast auf den Euro genau dem Betrag, den wir zuletzt in den Länderfinanzausgleich eingezahlt haben. Mit anderen Worten: Wenn alle so gut wirtschaften und haushalten würden wie wir,
hätten wir selbst in der größten Krise aller Zeiten eine Null in der Bilanz stehen, was Gewinn oder Verlust angeht.
Meine Damen und Herren, damit sind wir bei einem Thema, bei dem ich fest entschlossen bin, es nicht einfach weiterlaufen zu lassen. Es ist doch schon eine bemerkenswerte Erscheinungsform des deutschen Umverteilungsföderalismus, dass sich Länder wie Berlin und Rheinland-Pfalz den Luxus gebührenfreier Hochschulen, kostenloser Kindergärten
und vieles andere mehr leisten, während wir aus Baden-Würt temberg das Ganze bezahlen. Das darf so nicht weitergehen.
Dieses System bestraft Sparsamkeit und Erfolg. Es schwächt die Starken, bis sie am Ende selbst schwach sind, und vor allem prämiert es defizitäre Strukturen. Ich glaube, gerade unter dem Druck dieser Krise sollten wir gemeinsam mit Bayern am Ende der Krise nicht zur Tagesordnung übergehen, sondern dieses System noch einmal – wenn nötig, auch juristisch – hinterfragen. Ich gebe mich nicht damit zufrieden, dass der Länderfinanzausgleich im Jahr 2018 ausläuft, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Wir haben schon jetzt nur drei Zahlerländer bei 13 Nehmerländern. Das wird im Jahr 2018 nicht viel anders sein. Ich wage einmal die Prognose, dass es auch dann von den Mehrheiten her nicht ganz einfach werden wird, ein System zu finden, das uns weniger abverlangt und das weniger Geld aus Baden-Württemberg abzieht.
Ein weiterer Punkt ist: Ich war, bin und bleibe der Überzeugung, dass die Steuerpolitik ein wichtiges Instrument des Krisenmanagements ist. Meine Damen und Herren, das Wachstumsbeschleunigungsgesetz hat die Unternehmensbesteuerung und die Erbschaftsteuer richtigerweise um ihre krisenverschärfenden Elemente bereinigt.
Dass dieses Gesetz unter dem Strich gelungen ist, dafür gab es in der letzten Woche einen absolut unverdächtigen Zeugen. Sogar der energiepolitische Sprecher der SPD-Fraktion – wohlgemerkt: in Baden-Württemberg – hat anhand seines eigenen Unternehmens – nachzulesen in der „Stuttgarter Zei
tung“ vom 15. Januar dieses Jahres – begeistert bescheinigt, dass das Wachstumsbeschleunigungsgesetz endlich Dinge auf den Weg gebracht hat, die in der Großen Koalition mit der SPD so nicht möglich waren.
Meine Damen und Herren, gerade Baden-Württemberg lebt von seinen vielen Tausend mittelständischen Unternehmen. Deshalb will ich ein Beispiel dafür nennen, warum es richtig war, das Wachstumsbeschleunigungsgesetz auf den Weg zu bringen.
Wir können es uns nicht länger leisten, dass wir die Unternehmen in der Krise durch eine Substanzbesteuerung zusätzlich belasten. Genauso wenig können wir es uns leisten, dass ein Firmenerbe demnächst Erbschaftsteuer nachzahlen muss, wenn er gleichzeitig kurzarbeiten lässt, um die Arbeitsplätze im Unternehmen zu sichern. Genau das hätte die alte Rechtslage nämlich bewirkt.
Deshalb hat das Wachstumsbeschleunigungsgesetz nichts mit Steuergeschenken zu tun.
Übrigens, meine Damen und Herren, finde ich den Begriff „Steuergeschenk“ schon relativ merkwürdig.
Ich habe unter einem Geschenk immer verstanden – aber vielleicht ist das bei der SPD in der Zwischenzeit anders geworden –, dass man etwas, was einem bisher nicht gehörte, praktisch übereignet bekommt. Nur: Dem Steuerzahler gehört das Geld, das er an Steuern zahlt.
Wirklich allen Ernstes zu sagen, es sei ein Geschenk, wenn man etwas, was einem gehört, nicht hergeben muss, ist schon eine bemerkenswerte Philosophie, meine Damen und Herren.
Es ist das, was Praktiker und Experten uns unisono immer geraten haben, damit der keimende Aufschwung nicht vom Steuerparagrafendschungel überwuchert wird, damit neue Spielräume für Investitionen entstehen, damit Planungssicherheit für unternehmerische Entscheidungen herrscht.
Meine Damen und Herren, damit auch Sozialdemokraten in diesem Haus verstehen können, was ich meine,
zitiere ich einmal einen großen SPD-Wirtschaftspolitiker.
Nein, den gibt es nicht mehr. Aber es gab ihn immerhin.
Ich zitiere:
... unser Heil liegt darin, über Steuersenkung, Investitionserleichterung und Kostensenkung den Umstellungsprozess in unserer Wirtschaft zu fördern und die Unternehmer in eine Situation hineinzubringen, bei der sie wieder Mut fassen.
Dann sollten sie wieder erfolgreich arbeiten können. Meine Damen und Herren, besser kann man es eigentlich nicht ausdrücken. Das Bemerkenswerte ist: Dieses Zitat kommt von einem der – zugegebenermaßen – besten Wirtschaftsminister, die die Bundesrepublik Deutschland hatte,
nämlich von dem – das gab es damals in der SPD – noch mit Sachverstand ausgestatteten großen Karl Schiller, meine Damen und Herren.
Das war SPD-Philosophie.
So ist es, Kollege Rülke. Er war damals schon so verzweifelt, dass er auch aus der SPD ausgetreten ist. Auch da war er seiner Zeit offensichtlich voraus, meine Damen und Herren.
Diese Einsicht ist, wie ich finde, aktueller denn je. Ich kann den Kolleginnen und Kollegen von der SPD deshalb nur empfehlen: Lesen Sie öfter einmal nach, was kluge Leute in Ihrer Partei einstmals gedacht haben. Es lohnt sich.
Ja, dazu komme ich jetzt. Keine Sorge, ich komme jetzt zu dem Teil des Haushalts, der Ihnen, Herr Gall, noch mehr wehtut, als es bisher der Fall war.
Meine Damen und Herren, einer der Punkte, die wir in der Großen Koalition beschlossen haben, die die Menschen in diesem Land entlasten und die im Jahr 2010 vom Volumen her am stärksten wirken, ist die Abschaffung der kalten Progression bzw. der Einstieg in die Abschaffung der kalten Progression.
Herr Kollege Schmiedel, dies haben wir gemeinsam beschlossen.
Anfang des letzten Jahres haben Sie bei diesem Thema noch die großen sozialdemokratischen Tugenden gepriesen, dass die weniger Wohlhabenden endlich wieder mehr Geld im Geldbeutel haben.
Nun, nachdem Sie in Berlin abgewählt wurden, ist das alles für Sie plötzlich Teufelszeug. Jetzt ist die kalte Progression ein Instrument, das die Länderhaushalte marode macht, das den Reichen mit Steuergeschenken – das ist Blödsinn, wenn man Steuerpolitik kennt – das Geld vor die Füße wirft. Von alldem wollen Sie jetzt nichts mehr wissen.
Ich kann nur sagen: Dieses Wachstumsbeschleunigungsgesetz und die Regelungen, die zuvor verabschiedet worden sind, die die Wirtschaftsakteure in diesem Land entlasten, damit sie wieder stärker konsumieren und investieren können, damit sie die Konjunktur wieder in Schwung bringen –
was jetzt auch greift –, sind richtig. Hören Sie endlich auf, alles schlechtzureden,
vor allem das, was Sie selbst vor Kurzem noch mit beschlossen haben, meine Damen und Herren.
Ich habe übrigens kein Problem damit – im Gegenteil: ich finde es gut –, wenn man Einsparvorschläge macht.
Man sollte schon einmal genau hinschauen, wen Sie treffen. Ich bin der Überzeugung, dass man bei der Steuerpolitik immer genau hinschauen muss, wen wir entlasten wollen. Ich bleibe dabei: Die Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen in Deutschland müssen entlastet werden. Den ersten Schritt haben wir getan.
Der zweite Schritt geht im Moment nicht. Aber er ist für die nahe Zukunft wünschenswert. Aber genauso, wie wir diese Steuerentlastungen aus Überzeugung gemacht haben, sollte man hinschauen, wen man trifft, wenn man die Vorschläge
macht, die manche in diesem Land, schwerpunktmäßig von der Opposition, ständig vorbringen.
Meine Damen und Herren, ich bin sehr dafür, den Personalhaushalt zu durchkämmen. Ich sage Ihnen – anschließend an das, was ich bereits gesagt habe, nämlich dass man in der Krise nicht das Bremspedal treten kann – genauso vorher, dass man nach der Krise so das Bremspedal treten muss, wie es bisher wahrscheinlich noch nie der Fall war. Ich hoffe, dass Sie dann auch noch an Bord sind; das einmal ganz nebenbei.
Wenn Sie den Personalhaushalt in Baden-Württemberg anschauen und feststellen, dass 90 % der Kosten der Stellen bei der Polizei, bei den Lehrern, bei den Hochschulen, bei der Finanz- und der Justizverwaltung entstehen
und nur 10 % in allen anderen Bereichen, dann will ich von Ihnen Butter bei den Fischen, wenn es um die Frage geht, wo wir sparen sollen. Wollen Sie, dass wir an den Hochschulen sparen? Wollen Sie, dass wir an den Schulen sparen? Wollen Sie, dass wir bei der Polizei sparen?
Wollen Sie, dass wir in der Finanzverwaltung sparen? Wollen Sie, dass wir in den Gefängnissen Personal abziehen? Wenn Sie das wollen, dann sagen Sie es doch. Aber reden Sie nicht ständig einen Stuss heraus, indem Sie sagen, wir müssten endlich sparen, meine Damen und Herren.
Um eines klar zu sagen – das entspricht meiner persönlichen Meinung –: Ich bin bester Dinge, dass die große Mehrheit sogar aus Ihren Reihen, auch das tolle steuerpolitische Tandem Schmid/Schmiedel, meine Damen und Herren – – Was Sie abliefern, ist besonders bemerkenswert, Herr Schmid. Deshalb sollten Sie einmal ein bisschen zurückhaltend sein.
Sie haben noch nie einen substanziellen Vorschlag gemacht.
Außer blanker Polemik kommt von Ihnen nichts, auch in den letzten Tagen nicht.
Ich halte es für falsch, im Bereich der Bildungspolitik zu sparen.
Dass Sie aufgeregt sind, verstehe ich. Wenn ich die letzte Umfrage vom Dezember an Ihrer Stelle gelesen hätte, wäre ich das auch, Herr Schmid.
Meine Damen und Herren, wir sparen nicht bei der Bildung.
Wir schaffen 3 840 zusätzliche Lehrerstellen.
Wir sparen nicht bei der Polizei. Wir stellen 800 neue Anwärter pro Jahr zusätzlich ein.
Ich sage Ihnen auch – das ist meine persönliche Meinung, aber ich bin mir relativ sicher –, dass die große Mehrheit dieses Parlaments inklusive Teilen von Ihnen – jedenfalls im VierAugen-Gespräch – das genauso sieht –:
Ich bin nicht bereit, bei Kindern zu sparen, und ich bin nicht bereit, bei den Schwächsten zu sparen. Deshalb ist es aus meiner Sicht der Dinge beim Thema Lehrer und beim Thema Landeserziehungsgeld so richtig, wie wir es machen. Diese Bereiche sind nicht dazu geeignet, hier möglichst rasch Mittel zu kürzen.
Meine Damen und Herren, die Aufstellung des Doppelhaushalts 2010/2011
als Haushalt des Krisenmanagements war ohne Frage keine leichte Aufgabe. Sie war erst der Auftakt einer Reihe von großen politischen Herausforderungen, die in den kommenden Jahren auf uns zukommen werden. Sobald sich die Wirtschaft stabilisiert hat und die Krise überwunden ist,
müssen wir in der Tat auch in diesem Haushalt noch stärker an die Strukturen herangehen, als wir das bisher gemacht haben.
Aber genau deshalb zeigt auch in diesem Haushalt, auch in der mittelfristigen Politik, die Kurve der Neuverschuldung bereits im Jahr 2011 wieder deutlich nach unten. Wir werden alles daransetzen, die Tilgungsvorgaben der Landeshaushaltsordnung und die Anforderungen der Schuldenbremse pünktlich zu erfüllen,
was in Baden-Württemberg keine geringe Herausforderung ist.
Wir bekräftigen gerade unter dem Eindruck der Krise unser Ziel, dass die öffentliche Hand in normalen Jahren mit dem Geld auskommen muss, das sie einnimmt. Übrigens kann ich nur sagen: Ich kenne in der Geschichte der Bundesrepublik kein SPD-regiertes Land, das das geschafft hat.
Ich kenne aber drei unionsregierte Länder, die das in den letzten Jahren gemacht haben. Darunter ist auch Baden-Württemberg, meine Damen und Herren.
Wir werden alles dafür tun, dass wir schnellstmöglich wieder zur Nullneuverschuldung zurückkommen. Deshalb hat der Doppelhaushalt 2010/2011
das richtige und für die Krisensituation angemessene Gleichgewicht von aktiver Krisenbekämpfung und Ausgabebegrenzung. Wir investieren damit in Bildung, in Innovation, in Infrastruktur, in neues Wachstum. Das sind unsere Ziele für Baden-Württemberg auf seinem Weg aus der Krise.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde es gut, wenn wir im Landesparlament über Steuerpolitik diskutieren, im demokratisch guten Sinn streiten. Ich habe auch kein Problem damit, Herr Schmiedel, wenn Sie die Beschlüsse von Schwarz-Gelb in Berlin massiv angreifen. Ich habe nur ein Problem damit,
wenn Sie die Beschlüsse mit Argumenten kritisieren, die all das beiseitewischen, was Sie selbst in den letzten Jahren immer vertreten haben.
Beleuchten wir einmal die letzten elf Jahre in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, um einfach einmal aufzuzeigen, was bisher Ihre Linie war. Alles, was ich jetzt schildere, erfolgte in den meisten Fällen mit Zustimmung der CDU im Bundesrat. Sonst hätten Sie es bekanntermaßen auch nicht durchbekommen.
Der Finanzminister hat es gerade geschildert: Am Ende der Regierung Kohl lag der Spitzensteuersatz bei 52 %; am Ende der Regierung von Gerhard Schröder lag er knapp zehn Prozentpunkte tiefer. Nach Ihrer Philosophie hätte das doch nie passieren dürfen,
weil Sie heute die ganze Zeit argumentiert haben, es würden immer die Besserverdienenden bevorteilt, Schwarz-Gelb sorge nur dafür, dass die Armen immer weniger haben und die Gutverdienenden immer mehr. Sie, Rot-Grün, haben mit Zustimmung der CDU – ich halte das auch noch heute für richtig – das Steuerniveau abgesenkt. Aber nachdem es in der gesamten Regierungszeit von Rot-Grün nie eine schuldenfreie Zeit gab, haben Sie das immer auf Pump gemacht.
Sie haben immer das gemacht, was Sie uns jetzt vorwerfen.
Jetzt beleuchten wir einmal Schwarz-Rot. Vielleicht fällt Ihnen das ein bisschen leichter, zumal es auch nicht allzu weit weg liegt. Was wird denn den Bürger am stärksten entlasten, und vor allem, was wird für den Staat am teuersten? 10 Milliarden € kostet allein die Anrechenbarkeit von Krankenversicherungsbeiträgen bei den Steuern. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, unter Schwarz-Rot beschlossen.
So weit, so gut.
Jetzt kommt aber der zweite Punkt. Da muss ich sagen: Ihre demenzähnliche Vergessenheitskampagne, die Sie da fahren, ist schon relativ bemerkenswert. Anfang dieses Jahres haben CDU und SPD gemeinsam den Einstieg in die Abschaffung der kalten Progression gemacht. Das war nicht Schwarz-Gelb; das waren Sie, und das waren wir. Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass das mehr denn je richtig war, weil diejenigen in diesem Land, die wenig haben, entlastet werden müssen, meine Damen und Herren. Untere und mittlere Einkommen müssen steuerlich entlastet werden. Das war der Sinn der Abschaffung der kalten Progression.
Das haben Sie mit uns gemeinsam beschlossen. Das kostet allein im nächsten Jahr 6 Milliarden €.
Übrigens waren wir uns in der Großen Koalition immer einig, dass wir das fortsetzen wollen. Das macht ja auch Sinn.
Nur einen Teil der kalten Progression abzuschaffen ist nicht so wahnsinnig sinnvoll. Wir waren uns immer einig, dass die nächste Stufe auch kommt – mit Ihrer Zustimmung. Übrigens war auch das in der Großen Koalition schuldenfinanziert. Sie hatten nie ein Problem damit.
Ich kann nur sagen: Ich stehe zu dem, was vor einem halben Jahr beschlossen wurde, zumal wir auch vor einem halben Jahr wussten, wie die Finanzsituation aussieht, und zumal das, was vor einem halben Jahr richtig war, jetzt doch nicht einfach falsch sein kann, nur weil Sie in Berlin aus der Regierung geflogen sind. Das gibt es doch gar nicht. Wir führen diesen Kurs weiter. Nur finde ich erstaunlich, dass Sie jetzt all das kritisieren, was Sie vor Kurzem noch selbst mitbeschlossen haben.
Ich will Ihrem Gedächtnis noch ein bisschen weiterhelfen. Sie haben vorhin gesagt, da würden jetzt Steuergeschenke gemacht, aber z. B. für die Kinder von Hartz-IV-Empfängern werde nichts gemacht. Ich kann nur sagen: Auch in der Gro ßen Koalition – auch das scheinen Sie vergessen zu haben – haben wir mit Wirkung zum 1. Juli dieses Jahres, von Ihnen noch mitbeschlossen, die Sätze für Hartz IV in genau diesem Bereich erhöht. Ein Vierteljahr später stellen Sie sich hierher, haben offensichtlich schon vergessen, was Sie selbst mitbeschlossen haben, und sagen: Ihr macht da nichts.
Ich kann nur sagen:
Gehen Sie einmal hinaus. Fragen Sie einmal denjenigen, der wenig verdient, ob er es gut oder schlecht findet, wenn die kalte Progression abgeschafft wird.
Fragen Sie einmal den Handwerker, ob er es gut oder schlecht findet, wenn die Zinsschranke verändert wird, damit er mehr in seinen Betrieb investieren kann. Fragen Sie einmal den kleinen Mittelständler, ob er es gut oder schlecht findet, dass er, wenn er in Zukunft den Betrieb an seinen Sohn oder an seine Tochter oder an wen auch immer weitergibt, nicht zunächst einmal einen Haufen Steuern zahlen muss, was das Unternehmen gefährdet, sondern dass er den Betrieb in Zukunft sorgenfrei übergeben kann. Ich will einmal sehen, ob derjenige, den Sie draußen fragen, das gut findet oder ob er das schlecht findet, meine Damen und Herren.
Jetzt kommt der eigentliche Knaller – vor allem bei der SPD, aber die Grünen sind auch nicht besser.
Zunächst kritisieren Sie, dass wir all das, was wir jetzt „Schlimmes“ machen, über Schulden finanzieren. Aber zwei Minuten später machen Sie Vorschläge für Ausgaben über ein paar Hundert Millionen Euro für das Land Baden-Württemberg.
Gern, sagen Sie das überall – ich finde das klasse –, damit die Leute wissen, dass das, was wir machen, auch von uns kommt. Kein Problem, Herr Schmiedel. Ich mache ohnehin gleich noch einen Vorschlag, wie Sie Ihre Popularität,
die offensichtlich auch in der SPD noch ein bisschen steigerungsfähig ist – das kann ich feststellen, wenn ich die Ergebnisse der einen oder anderen Mitgliederbefragung anschaue –, noch ein bisschen steigern können. Kein Problem. Da bin ich immer dabei.
Ich kann Ihnen nur sagen: Die Steuerbeschlüsse, die wir jetzt fassen, kosten das Land Baden-Württemberg pro Jahr anteilsmäßig weniger als 200 Millionen €. Aber das, was Sie in den letzten Tagen vorgeschlagen haben, kostet mehr als eine halbe Milliarde Euro, meine Damen und Herren. Was ist denn daran redlich?
Wer in der schwierigen Situation, in der sich diese Republik befindet, allen Ernstes bestreitet, dass Wachstumsimpulse, was das Land Baden-Württemberg angeht, sinnvoll und notwendig sind, dem kann ich wirklich nicht mehr helfen.
Ich mache Ihnen deshalb folgenden Vorschlag, lieber Herr Schmiedel, was das Thema DEHOGA und anderes angeht: Ich sorge dafür, dass Sie nächstes Jahr Hauptredner auf der DEHOGA-Tagung werden.
Ich sorge dafür; ich traue mir das zu. Ich sage Ihnen: Da sitze ich in der ersten Reihe – egal, wann es ist –, und danach diskutieren wir bei dem DEHOGA einmal darüber, ob die 285 000 sozialversicherungs- und steuerpflichtigen Mitarbeiter in dieser Branche es gut oder schlecht finden, wenn ihre Betriebe entlastet werden. Die Mitarbeiterzahl in diesem Bereich ist mittlerweile übrigens höher als die Zahl derer, die in der Automobilbranche in Baden-Württemberg tätig sind.
Ich will einmal sehen, wer von uns beiden die besseren Argumente hat, um für diese Beschäftigten etwas zu tun, um auch dort Wachstumsimpulse zu setzen und dafür zu sorgen, dass in dem schwierigen Wettbewerb gegenüber der Schweiz und gegenüber Frankreich etwas getan werden kann.
Deshalb kann ich nur sagen: Hören Sie endlich auf mit dieser Fundamentalopposition. Vor allem behaupten Sie wenigstens nicht das Gegenteil von dem, was Sie vor einem Vierteljahr noch vertreten haben.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind in der CDU-Fraktion der Überzeugung, dass heute ein sehr, sehr guter Tag für BadenWürttemberg ist.
Deshalb möchte ich bei dieser Gelegenheit zuallererst sehr herzlich Dank sagen. Ich danke dem Ministerpräsidenten und seiner Regierung dafür, dass man trotz aller Anfeindungen, trotz aller auch nicht so ganz sauberen Aktionen, die liefen – das wurde ja gerade vorgetragen –, die Kraft, die Stärke und die Konsequenz gehabt hat, dieses komplexe Projekt zum Ende bzw. zum Bau zu führen. Dafür vielen herzlichen Dank.
Ich danke unserem Koalitionspartner – wobei dieses Projekt bei uns nie zur Debatte stand –, und ich danke – auch wenn wir sonst ab und zu die Klingen kreuzen – ausdrücklich der SPD, stellvertretend Ihnen, Herr Kollege Schmiedel.
Jetzt sollten Sie von den Grünen einmal genau zuhören, ganz genau sogar.
Ich danke dem Kollegen Schmiedel deshalb, weil es für ihn und seine Fraktion im Zweifel angenehmer und einfacher gewesen wäre, das Ruder herumzureißen, dagegen zu sein, populistisch dagegen zu agitieren, so, wie es die Grünen gemacht haben.
Ich danke Ihnen ausdrücklich dafür, dass Sie dem nicht erlegen sind.
Wenn wir schon einmal bei den Grünen sind – es gibt ohne Frage auch Argumente gegen Stuttgart 21,
so, wie es bei vielen Projekten oder Themenfeldern unterschiedliche Ansichten geben kann –, dann fällt mir eines auf: Wenn es irgendwo, vor allem im Verkehrsbereich, ein großes Projekt gibt, über das die Diskussion noch gar nicht richtig ausgetragen ist, sind Sie, meine Damen und Herren, immer die Ersten, die sofort auf der Matte stehen und automatisch dagegen sind. Ich fordere Sie ausdrücklich auf, in Zukunft gerade auch bei verkehrswirksamen Großprojekten, auch wenn sie teuer sind – –
Ich meine jetzt nicht nur Stuttgart 21, ich meine z. B. das Thema „Untertunnelung in Karlsruhe“, ich meine – diese Debatte hatten wir vor zwei Wochen – das Thema Autobahnausbau, bei dem Sie, um es einmal sehr vorsichtig auszudrücken, auch eine eher vermeintlich populäre, aber nicht unbedingt sachliche Variante vorgetragen haben.
Ich fordere Sie ausdrücklich auf: Kehren Sie vor allem bei verkehrspolitischen Themen zu einer sachlichen Debatte zurück. Hören Sie auf, in diesem Parlament fundamental-oppositionell zu agitieren, meine Damen und Herren.
Jetzt zum Thema Verkehrspolitik: Wir waren uns – jedenfalls hatte ich dieses Gefühl, auch in meiner früheren Funktion im Ministerium für Umwelt und Verkehr – eigentlich immer darin einig, dass wir alles versuchen müssen, um moderne Verkehrsströme zu bündeln und so viel wie möglich – und zwar im Fern- und im Nahverkehr – auf die Schiene zu bekommen. Der Ministerpräsident hat das vorgetragen.
Es gibt in Deutschland exakt zwei Bundesländer – nur zwei! –, die die große Chance haben, an der Magistrale für Europa teilzunehmen, die in diesem Bereich, im Fernverkehr, eine einmalige Chance wahrnehmen können. Ich kann nicht nachvollziehen, warum Sie dagegen sind.
Ich könnte noch die Gegnerschaft zu Stuttgart 21 nachvollziehen. Aber nachdem Sie – obwohl Sie nach meinem Eindruck lange dafür waren – jetzt auch gegen die bisherige Konzeption der Schnellbahntrasse Stuttgart–Wendlingen–Ulm sind und dadurch diese einmalige Chance kaputt machen wollen, nachdem Sie gegen ein Projekt sind, für das wir Gelder von der Europäischen Union bekommen, das von Berlin unterstützt wird, ein Projekt, für das alle sind – Flughafen, die Region, die Stadt, das Land, der Bund, die Bahn –
und gegen das nur Sie sind, muss die Frage erlaubt sein, ob Sie damit nicht aus reiner Fundamentalopposition von den ursprünglich gemeinsamen Planungen für unsere Verkehrspolitik abgewichen sind, meine Damen und Herren.
Wenn Sie jetzt in einem Zwischenruf auf die Bevölkerung verweisen, darf ich sagen: Ich nehme alle Stimmen der Bevölkerung ernst. Aber aus 26 % Zustimmung bei den Kommunalwahlen automatisch darauf zu schließen, dass die große Mehrheit gegen das Projekt ist, diese Argumentation ist, mit Verlaub, sehr mutig, meine Damen und Herren.
Eines sage ich Ihnen – und das ist ganz gewiss –: Wir werden uns in den nächsten Jahren, auch bei der politischen Debatte in diesem Haus, auch auf die Frage konzentrieren: Wer macht in Berlin die Politik? Vor allem: Macht er in Berlin Politik für oder gegen Baden-Württemberg?
Ich habe nicht den Eindruck, dass wir in Baden-Württemberg darunter leiden, dass wir zu viel Geld aus Berlin bekommen. Ich habe eher den Eindruck, dass wir das Problem haben, dass sehr viel mehr Geld aus Baden-Württemberg in den Rest der Republik abfließt: Länderfinanzausgleich, Risikostrukturausgleich, Einkommensteuerausgleich, was weiß ich, was es alles gibt.
Wenn wir jetzt die Möglichkeit haben, in einem Bereich, in dem wir in der Tat einen gewissen Nachholbedarf haben – das ist der Bereich Infrastruktur/Verkehrspolitik –, Unterstützung von Berlin zu bekommen, und einer Ihrer vermeintlich führenden Köpfe dann nichts Besseres weiß, als in Berlin massiv dagegen zu schießen, dann müssen Sie den Menschen in Baden-Württemberg auch bei den nächsten Wahlen erklären, warum Sie als Grüne von Berlin aus Politik gegen BadenWürttemberg machen, meine Damen und Herren.
Ich kenne viele Städte in Deutschland, die sich alle Finger danach lecken würden, wenn sie zu Beginn des 21. Jahrhunderts die einmalige Chance hätten, weite Teile ihrer Innenstadt, die bisher ineffizient genutzt wurden, neu zu gestalten, modern zu gestalten, auf das 21. Jahrhundert vorzubereiten. Ich kann nur sagen: Dies ist eine großartige Chance.
Deswegen erwarte ich – und zwar jetzt gleich, Kollege Kretschmann – zumindest eine Erklärung dafür, wie Sie Stuttgart–Wendlingen–Ulm gestalten würden, wenn nicht so, wie wir das ansonsten in diesem Parlament vereinbart haben. Wenn Sie noch ein Fünkchen Glaubwürdigkeit
für sich in puncto Verkehrspolitik haben wollen, dann stellen Sie sich hierher und erklären Ihren Wechsel auch in diesem Bereich. Ansonsten sind Sie in verkehrspolitischen Debatten nicht mehr ernst zu nehmen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe Politik bisher eigentlich immer so verstanden, dass man, wenn man Probleme sieht, diese angeht und löst.
Es ist absehbar, dass wir bis zum Jahr 2025 auf den Straßen in Baden-Württemberg etwa 80 % mehr Lkw-Verkehr und mehr als 20 % mehr Pkw-Verkehr haben werden als heute. Bereits das sind Zahlen, die eigentlich jeden alarmieren müssten. Das Zweite ist, dass wir für über 2 Milliarden € – Tendenz deutlich steigend – planfestgestellte und rechtskräftige Verfahren sowie planfestgestellte und noch nicht rechtskräftig gewordene Verfahren haben. Wer diese beiden Zahlenblöcke betrachtet, kommt nicht umhin, zu sagen: Wir müssen uns mehr einfallen lassen als bisher.
Wenn man so weit übereinstimmt, kommt der nächste Entscheidungsblock. Es gibt genau zwei Möglichkeiten, das finanzpolitisch abzuarbeiten. Die eine Möglichkeit ist: Wir machen so weiter wie bisher – mit sehr bescheidenem Erfolg –; wir nehmen Geld aus dem normalen Haushalt. Wir brauchten dadurch zukünftig mehr Geld aus dem normalen Haushalt, was ich angesichts einer Nettoneuverschuldung von über 80 Milliarden € in diesem Jahr für eher schwierig halte. Die andere Möglichkeit ist: Wir machen uns Gedanken über alternative Finanzierungsmethoden, über etwas, was viele andere Länder schon machen, nämlich die Nutzungsfinanzierung.
Meine Damen und Herren, es gibt in Europa drei Staaten, die ihren Straßenbau noch so finanzieren wie wir. Das ist Albanien, das ist Finnland, und das ist Deutschland. Ich stelle jedem anheim, ob er weiter in dieser Liga spielen will oder ob er sich nicht lieber Gedanken darüber machen will, ob nicht alle anderen Länder mit Vignette oder zunehmend auch über eine Nutzerfinanzierung im Zweifel den besseren Weg gehen.
Ich plädiere für Letzteres, weil man eine ganze Menge an Punkten gleichzeitig lösen kann.
Herr Kretschmann, man kann mehr ökologische Momente mit hineinbringen. Man kann mit einer elektronischen Maut Verkehre steuern, z. B. zu unterschiedlichen Tageszeiten. Man kann über die Streckenfinanzierung ökologische Momente sehr viel stärker hineinbringen, als das bisher der Fall war.
Deshalb plädiere ich sehr dafür, dass wir uns darüber Gedanken machen.