Protokoll der Sitzung vom 19.12.2007

Das ist die rot-grüne Lebenslüge, und es ist vor allem die grüne Lebenslüge,

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Karl Zim- mermann CDU – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Hand aus der Tasche! – Abg. Thomas Knapp SPD: Sie sind jünger als ich, aber im Kopf viel älter! Das ist ge- danklich das Niveau meines Großvaters!)

zu glauben, man könne gleichzeitig aus der Kernenergie und aus der Kohlekraft aussteigen. Das wird nicht funktionieren. Das sage ich Ihnen, und das werden Sie eines Tages auch einsehen.

Deshalb gebe ich dem Kollegen Nemeth völlig recht: Die Kernenergie ist eine Brückentechnologie. Wir wollen nicht auf ewige Zeiten bei der Kernenergie bleiben. Aber wir wollen die Laufzeitverlängerung, weil wir sie brauchen, um die erneuerbaren Energien zu erforschen.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Das hätten Sie vor Jahren schon machen können!)

Wir brauchen auch die Erträge aus der Kernenergie, um die Erforschung und die Marktimplementierung der erneuerbaren Energien zu finanzieren.

Deshalb sage ich Ihnen schon am heutigen Tag: Diese Politik, die Sie betreiben, und diese rot-grünen Lebenslügen werden Sie als Rote und Grüne eines Tages auch noch beerdigen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Hans-Peter Wet- zel FDP/DVP: Wir kommen zur Beerdigung!)

Um zu einem versöhnlichen Schluss zu gelangen, darf auch ich Ihnen im Namen meiner Fraktion frohe Festtage wünschen, und ich hoffe, dass Sie unter dem Weihnachtsbaum von der Erkenntnis erleuchtet werden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Sie sind früh von einem Weihnachtsbaum angeschlagen worden! Sie hängen noch voll mit Nadeln! – Lachen bei Ab- geordneten der SPD)

Wenn der Kollege sich beruhigt hat, dann können wir in der Tagesordnung fortfahren.

Das Wort erteile ich Herrn Minister Pfister.

(Unruhe)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es einen Energiebericht gibt und dieser Energiebericht die Funktion haben soll, uns als Parlamentariern und als Entscheidungsträgern in den Ministerien Hinweise zu geben, wie eine Energiepolitik in Zukunft in etwa auszusehen hat, dann muss er so weit wie möglich aktuelle Zahlen beinhalten.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Jawohl! Das war unser Antrag!)

Ich nehme die Kritik ernst, dass dies bei einem Energiebericht des Jahres 2007, der auf das Jahr 2004 zurückgeht, nur sehr eingeschränkt der Fall sein kann.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Das kann man sa- gen!)

Deshalb ist klar: Das Ministerium wird dafür sorgen, dass wir in Zukunft zwar noch einen oder vielleicht auch zwei umfangreiche Energieberichte pro Legislaturperiode geliefert bekommen, aber – das verspreche ich und sage es zu – wir werden Ihnen, dem Wirtschaftsausschuss und dem Parlament, jedes Jahr die aktuellen Zahlen, die es auf dem Markt gibt, zur Verfügung stellen, sodass wir auf der Grundlage dieser aktuellen Zahlen Ziele entsprechend formulieren können. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt: Natürlich muss ein Energiebericht auch in die Zukunft weisen. Es sind – in aller Kürze – drei Ziele, um die es geht. Die stehen auch schon im Energiewirtschaftsgesetz. Das Erste ist, wir brauchen eine wirtschaftliche Energiepolitik. Da geht es auch um Preise, um Strompreise oder um Gaspreise. Jeder weiß, dass mit der Preisentwicklung weder die Wirtschaft noch der einzelne Bürger zufrieden sein können. Die Preise haben nach der Liberalisierung 1998 wieder deutlich angezogen. Dafür gibt es viele Gründe. Übrigens ist der Staat selbst einer der größten Preistreiber. Allein die letzte Mehrwertsteuererhöhung hat natürlich ordentlich ins Kontor gehauen.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Der Staat ist sicher einer der Preistreiber. Aber klar ist natürlich auch, dass die Politik verpflichtet ist, in einer Situation, in der man noch nicht von einem funktionierenden Markt sprechen kann, Instrumente zur Verfügung zu stellen, die es erlau

ben, einem möglichen Missbrauch bei der Preisgestaltung zu begegnen.

Ich glaube, dass das neue Kartellrecht, das dem Kampf gegen den Missbrauch dient und zum 1. Januar 2008 in Kraft tritt, Instrumente beinhaltet, die geeignet sind, solchen Entwicklungen zu begegnen. Warum? Bisher musste bei Preiserhöhungen immer die Kartellbehörde den Unternehmen nachweisen, wieso eine Preiserhöhung nicht gerechtfertigt war. In Zukunft wird die Beweislast umgekehrt. In Zukunft müssen die Unternehmen, die die Preise erhöhen wollen, der Kartellbehörde nachweisen, weshalb es zu dieser Erhöhung kommen soll – übrigens mit der Möglichkeit der Kartellbehörde, bei einem nicht genügenden Nachweis eine Preiserhöhung nicht zu gestatten, nicht zu akzeptieren.

Insofern glaube ich schon, dass da ein ziemlich scharfes Schwert entwickelt worden ist. Die baden-württembergische Landesregierung hat dies tatkräftig mit auf den Weg gebracht – via Bundesratsinitiativen, Abstimmungsverhalten im Bundesrat und vielem anderen mehr. Insofern glaube ich, dass wir jetzt ein Instrument haben, mit dem wir die Preisentwicklung stärker steuern können, als dies in der Vergangenheit der Fall war.

Unabhängig davon muss die wichtigste Voraussetzung für akzeptable Energiepreise natürlich der Wettbewerb sein. Herr Untersteller, unser Kartellamt, das Wirtschaftsministerium, hat es immerhin geschafft, dass die Netzzugangskosten in den letzten Jahren um rund 17 % abgesenkt worden sind. Das heißt, der diskriminierungsfreie Zugang zu den Netzen für Dritte, Vierte, Fünfte und Sechste ist deutlich verbessert worden. Der diskriminierungsfreie Zugang zu den Netzen ist eine der wichtigen Voraussetzungen dafür, dass mehr Wettbewerber auf den Märkten erscheinen.

Insofern haben wir deutlich dafür gesorgt, dass zumindest im Strombereich – im Gasbereich sieht es noch nicht so gut aus – der Wettbewerb deutlich verbessert worden ist. Das ist die entscheidende Voraussetzung für zukünftige akzeptable Strompreisentwicklungen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aber das reicht nicht aus! – Abg. Franz Unter- steller GRÜNE: Der hessische Wirtschaftsminister hat das völlig anders gesehen! Bezeichnenderweise ein CDUler!)

Das Energiewirtschaftsgesetz nennt als zweiten Punkt Versorgungssicherheit. Was bedeutet dies?

(Abg. Thomas Knapp SPD: Die Sonne scheint jeden Tag! Der Wald wächst immer! Das Wasser fließt!)

Das bedeutet – um einmal eine Zahl zu nennen, damit Sie eine Vorstellung haben –, dass wir in den nächsten 20 Jahren in Baden-Württemberg wegen Sanierungen von fossil betriebenen Kraftwerken einerseits und dem Wegfall von Kernkraftwerken andererseits eine Lücke von rechnerisch 7 500 Megawatt haben.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

7 500 Megawatt, das entspricht dem 22-Fachen der Leistung des Kernkraftwerks Obrigheim – damit Sie einmal eine Vorstellung haben, um welche Größenordnung es geht.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Das können wir in Baden-Württemberg allein nicht ersetzen, ganz einfach!)

Wir müssen heute überlegen, wie wir diese Lücke schließen können.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Nicht in Baden- Württemberg! – Abg. Thomas Knapp SPD: Wollen Sie damit sagen, das wäre ein Klacks?)

In Baden-Württemberg fehlen 7 500 Megawatt in den nächs ten 20 Jahren; das kann ich Ihnen leicht nachweisen.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Ja, aber wir wer- den die Lücke nicht allein aus baden-württember- gischer Produktion schließen können!)

Wir müssen uns überlegen, was wir tun können, damit diese Versorgungslücke geschlossen wird. Ich glaube nicht, dass wir auf absehbare Zeit auf Kohlekraftwerke verzichten können. Deshalb sehe ich schon mit großer Sorge, dass in Saarbrücken, in anderen Teilen Deutschlands, aber auch in Baden-Würt temberg – etwa in Mannheim oder in Karlsruhe – enorme Proteste laut werden, wenn ein neues Kohlekraftwerk, und zwar ein modernes Kohlekraftwerk, errichtet werden soll.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Kraft-Wärme-Kopp- lung ist die entscheidende Frage!)

Das ist natürlich keine Lösung. Es ist keine Lösung, wenn man darauf hinweist, dass der Bund vielleicht im Jahr 2020 einen Anteil der regenerativen Energien von 30 % erreicht haben wird; wir haben uns einen Anteil von 20 % vorgenommen. Egal ob es jetzt 20 oder 30 % sind, die Frage ist immer: Wo kommt der Rest her?

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Es wäre erst einmal wichtig, 30 % zu haben!)

Der Kollege Dr. Rülke hat zu Recht darauf hingewiesen. Wo kommt der Rest her?

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Was ist mit Kraft- Wärme-Kopplung?)

Ich will doch versuchen, zu erreichen, dass der Übergang von der Kernenergie direkt auf die regenerativen Energien stattfindet, und, wenn es geht, nicht so stark über die Kohlenutzung. Energiegewinnung aus Kohle hat den großen Nachteil, dass sie klimaschutzpolitisch problematisch ist; das ist ja völlig unumstritten. Ich will für die nächsten 20, 30 Jahre also eine Energiepolitik erreichen, durch die der Übergang von der Kernenergie hin zur regenerativen Energie erleichtert wird und schneller vor sich gehen kann, als dies bisher der Fall war. Das kann natürlich schon dadurch geschehen, dass wir die Laufzeit der Kernkraftwerke von 2020 – da endet die Laufzeit für das letzte Kraftwerk – bis 2030/2032 verlängern.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Und dann?)

Dann müssten wir die Zusage haben, dass mindestens 50 % des Profits, der in diesem Zeitraum für die Kraftwerke entsteht,

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Dann besteuern Sie doch die Rückstellungen zur Stilllegung der Kern- kraftwerke, wenn Sie Geld brauchen!)

dazu verwendet wird, regenerative Energien noch wesentlich stärker zu puschen,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Und dann?)

was Forschungsprogramme angeht, was z. B. Markteinführungshilfen angeht und vieles andere mehr. Das kann dazu führen, dass nach dem Jahr 2030 der Übergang zu den regenerativen Energien

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Entweder stimmt es, oder es stimmt nicht!)