wenn Ihnen gestandene Unternehmer aus Baden-Württemberg ins Stammbuch schreiben, dass Ihnen der Mut fehlt, dass Sie falsche Wege gehen und dass Sie für Neues aufgeschlossen sein müssen, dann müssten Sie sich dem doch stellen. Sie müssten die Argumente aufnehmen und sich mit den berechtigten Erwartungen derjenigen auseinandersetzen, die mit den Absolventen unseres Schulsystems weiterarbeiten sollen. Sie müssen sie ernst nehmen. Statt sich auf einen ernsthaften Dialog über notwendige Veränderungen einzulassen, gefällt sich insbesondere der Ministerpräsident unseres Landes in bildungspolitischen Ankündigungen, die sich allesamt binnen kurzer Zeit als reine Luftnummern entpuppen.
(Beifall bei der SPD – Abg. Ursula Haußmann SPD: Wie immer! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Luftnum- mer, gut!)
Oettinger wird zur Finanzierung von Mittagessen in Schulen und Kindertagesstätten am 26. Oktober 2007 in der „Badi schen Zeitung“ zitiert:
Was folgt? Nichts. Zwei Monate später – „Stuttgarter Zeitung“ vom Dezember 2007 –: Oettinger hält ein Landesprogramm nicht für zielführend.
Wir werden gemeinsam mit den Kommunen die Jugendsozialarbeit an allen Schularten, vor allem aber an den Hauptschulen, stärken.
Eine Wiederaufnahme der Landesförderung für die Jugendsozialarbeit an Schulen als eigenständiges Förderprogramm ist nicht vorgesehen.
Es bleibt Aufgabe des Landes, zur Vorbereitung auf die Schule ein verpflichtendes drittes Kindergartenjahr einzuführen. Dies ist der Einstieg in die Beitragsfreiheit des ganzen Kindergartens, damit verbunden der Pflichtbesuch dieser Bildungseinrichtung.
(Zurufe von der SPD: Nichts! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Die Fraktion ist aber folgsam, Herr Fraktionsvorsitzender!)
Die CDU lehnt im Dezember 2007 einen Antrag der SPD zur Einführung des beitragsfreien Kindergartens ab.
Meine Damen und Herren, ich rede jetzt gar nicht vom „Standard-Oetti“, von der Schuluniform, in die er sich verliebt hat, seit er sich in der Burschenschaft als adretter Kadett gefiel.
Aber was sollen Eltern von folgender Aussage des Ministerpräsidenten, des Chefs einer Landesregierung, halten? Nach Ansicht des Stuttgarter Regierungschefs Günther Oettinger sollten die Schulglocken eine halbe oder eine ganze Stunde später zum Unterricht läuten. Dadurch gäbe es einen stärkeren Zusammenhalt. Auch sei ein gemeinsames Frühstück wieder möglich. Was folgt?
(Zurufe von der SPD: Nichts! – Heiterkeit – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das ist eine geschlos- sene Fraktion! Ein tolles Vermächtnis haben Sie er- halten! – Abg. Volker Schebesta CDU: Das ist die neue Fraktionsbindung! – Gegenruf der Abg. Ute Vogt SPD: Nur kein Neid!)
Meine Damen und Herren, wer so mit den Erwartungen von Eltern, von Lehrern, von Schülern und von Schulträgern spielt, der verspielt jede Glaubwürdigkeit, und dies bei einem Thema, das für die Bildungszukunft unseres Landes elementar ist.
Seitdem, Herr Ministerpräsident, habe ich Sie in vielen Veranstaltungen, beim Einzelhandelsverband, zuletzt bei der Tagung von Südwestmetall, zu diesem Thema reden hören. Ihre Standardformulierung ist:
Warum weisen Sie Ihren Mitarbeiter, Macho Rau, nicht an, endlich die Ganztagsschule als Regelschule ins Schulgesetz aufzunehmen?
Das ist Ihre Beliebigkeit, Ihre Unverbindlichkeit, Ihre Flatterhaftigkeit. Ich frage: Wer soll Ihnen nach all den verlogenen Ankündigungen noch glauben? Ihr bildungspolitisches Markenzeichen ist: Versprochen – gebrochen!
Während also die Landesregierung Schnellschusspolitik und Flickschusterei betreibt, ohne Konzept als Getriebene reagiert, an Symptomen kuriert, anstatt den Problemen auf den Grund zu gehen, handeln andere. Denn letztlich suchen sich die Probleme auch ihre Lösungen. Diejenigen, die handeln, das sind die Städte und Gemeinden unseres Landes. Denn eines, meine Damen und Herren, ist völlig klar: Das Beharren auf dem dreigliedrigen Schulsystem wird im ländlichen Raum zu einem Ausbluten des schulischen Angebots führen.
Wenn aus einem Dorf der Bäcker, der Metzger und die Schule weggehen, dann ziehen dort keine Familien mehr hin.
(Abg. Volker Schebesta CDU: Die SPD ist dort schon lange weg! – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die war nie dort!)
Dies ist ein wirkliches Zitat von Ministerpräsident Oettinger. Dann handeln Sie doch danach, Herr Oettinger! Daraus muss man doch schulpolitische Konsequenzen ziehen.
Wer bei weiterhin rückläufigen Schülerzahlen die Schule am Ort halten will, der darf die wenigen Schüler nicht länger auf drei weiterführende Schulen verteilen, sondern muss sie länger gemeinsam lernen lassen. Das ist der einzige Weg, die Schule im ländlichen Bereich zu halten.
Gegen eine längere gemeinsame Lernzeit gibt es gerade aus Sicht der Kinder nichts, aber auch gar nichts einzuwenden. Dies gilt vor allem aus Sicht der benachteiligten sowie aus Sicht der begabten Kinder.
Die pädagogische Arbeit muss nur so ausgestaltet werden, dass alle Schülerinnen und Schüler gemäß ihren Talenten und Begabungen gefördert werden können, die Schwächeren genauso wie die Leistungsstarken.