Protokoll der Sitzung vom 27.02.2008

Wer hat das gesagt? Zeller, Mentrup, Noll, Mappus oder Rau?

(Zurufe von den Grünen: Rastätter! – Zuruf von der CDU: Schmiedel! – Unruhe)

Es könnte auch von der Kollegin Rastätter stammen. Es stammt aber von Herrn Rau.

(Oh-Rufe von der CDU – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/ DVP: Bravo, Herr Rau! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Richtig! Da hat er recht! Dazu braucht man keine Einheitsschule!)

Zum Konzept für einen gemeinsamen Unterricht für Haupt- und Realschüler in den Klassen 5 und 6 – wörtliches Zitat –:

„Die pädagogische Zusammenarbeit soll so ausgestaltet werden, dass alle Schülerinnen und Schüler gemäß ihren Talenten und Begabungen gefördert werden können, die Schwächeren genauso wie die Leistungsstarken“, betonte Rau.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU, der Grünen und der FDP/DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja! Da hat er recht! Aber dazu braucht man keine Einheitsschule! – Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Dazu sage ich nur, Herr Rau: Es geht doch! Mit dieser Konzeption, fünfte und sechste Klassen aus Hauptschulen und Realschulen gemeinsam zu unterrichten und dadurch alle Schülerinnen und Schüler gemäß ihren Fähigkeiten und Begabungen individuell zu fördern, sind Sie doch auf unsere Linie eingeschwenkt.

(Lachen bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Sie bestätigen damit, dass bessere Ergebnisse in heterogenen Gruppen möglich sind, weil die Schwächeren von den Leis tungsstärkeren profitieren, ohne dass diese dadurch geschwächt werden – im Gegenteil.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

Damit entlarven Sie, Herr Rau, Ihre Propaganda von der Einheitsschule als billig. Denn was nach Ihren eigenen Worten in den Klassen 5 und 6 möglich ist, nämlich eine bessere Förderung durch gemeinsamen Unterricht von Schwächeren und Leistungsstarken, das ist doch in der sechsten, siebten und achten Klasse ganz genauso möglich und in der neunten und zehnten Klasse auch. Warum also nicht?

Deshalb fordern wir Sie auf: Rüsten Sie ab! Kommen Sie heraus aus Ihrer Wagenburg! Sie haben doch schon kapituliert. Halbherzige Rückzugsgefechte bringen jetzt nichts mehr.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Ergreifen Sie, Herr Kultusminister, die ausgestreckte Hand des Städtetags, der Ihnen und uns seine Partnerschaft anbietet, um die Schulentwicklung aus der ideologischen Diskussion herauszuführen

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Da führen Sie sie doch die ganzen Zeit hinein! Sie ideologisieren doch!)

in die kommunale Wirklichkeit. Denn nicht nur der ländliche Raum braucht neue Antworten, auch die größeren Städte brau

chen bessere Bildungsergebnisse, damit die sozialen Probleme dort nicht größer, sondern kleiner werden.

Meine Damen und Herren, der Präsident des Städtetags Baden-Württemberg, Ivo Gönner

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Guter Mann!)

ein guter Mann –,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Aber zu schade, um für die SPD zu kandidieren! – Abg. Thomas Blenke CDU: Die einzige Lichtfigur der SPD!)

sagt: „Wir wollen realistische Schulkonzepte entwickeln.“ Auf die Frage des Redakteurs, wie diese Konzepte aussehen sollen, antwortet Ivo Gönner:

Wir brauchen längere gemeinsame Erziehungs-, Bildungs- und Lernzeiten. Wir brauchen verpflichtende Ganztagsangebote.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Aha! Zwangsganz- tagsschule! Da haben wir es!)

Meine Damen und Herren von der CDU, Herr Kultusminister: Wir steigen ein auf diese Linie. SPD und Grüne bieten Ihnen, Herr Ministerpräsident, und Ihnen, Herr Kultusminister, mit unserem gemeinsamen Antrag einen „new deal“, einen neuen Weg in der Bildungspolitik des Landes an.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Oh-Rufe von der CDU)

Lassen Sie uns jenseits aller ideologischen Scheuklappen diesen Bildungsaufbruch in den Städten und Gemeinden unseres Landes unterstützen. Lassen Sie uns entlang dieser zwei Leitplanken – längere gemeinsame Lernzeiten und verbindliche Ganztagsschulen – alle Initiativen vor Ort unterstützen.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Es ist doch schlichtweg unverständlich, wenn Gemeinden wie Meckenbeuren mit einem einstimmigen Gemeinderatsbeschluss eine Weiterentwicklung der Hauptschule mit der Realschule fordern – Meckenbeuren spricht sich für eine Verbundschule mit zweizügiger Realschule aus – und der Kultusminister antwortet:

Der Einrichtung einer Verbundschule mit einer Orientierungsstufe in den Klassen 5 und 6 kann ich aus den Ihnen bekannten Gründen nicht zustimmen.

(Oh-Rufe von der SPD – Zuruf von der SPD: Ty- pisch! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Wann war das? – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Alles neu! Alles aktuell!)

Oder zum Antrag auf Einrichtung einer sechsjährigen Grundschule in Heiligenberg:

Die dort angedachte Ausweitung der Grundschule auf die Jahrgangsstufen 5 und 6

so der Kultusminister –

ist für mich jedoch kein gangbarer Weg.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Alles Geschwätz!)

Herr Kultusminister, es ist jetzt eine Chance für Sie,

(Zuruf von der SPD: Die letzte aber! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Die allerletzte!)

die Initiativen aufzugreifen, sich zu öffnen, nicht als Verhinderer und Blockierer in die Schulgeschichte unseres Landes einzugehen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Es ist vor allem aber auch eine Chance für die Kinder und Jugendlichen unseres Landes, mit einem guten Fundament in die weitere berufliche Ausbildung oder in die akademische Bildung zu gehen. Und es ist vor allem, meine Damen und Herren, ein neuer Weg, der dem innovativen Anspruch, der dem Qualitätsanspruch, der der hohen Wirtschaftskraft unseres Landes und dem hohen Ansehen unseres Landes in der ganzen Welt entspricht. Nehmen Sie dieses Angebot an und lassen Sie uns gemeinsam neue Wege gehen für unsere Schulen, für unsere Kinder, für die Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Anlass dieser Debatte ist einer der berüchtigten Hüftschüsse von Ministerpräsident Oettinger – diesmal zum G 8 am „Politischen Aschermittwoch“. Anlass dieser Hüftschüsse war Kochs Niederlage in Hessen, die ja auch ihre Ursache darin hatte, dass die CDU in Hessen bildungspolitisch versagt hat. Das ist ganz typisch. Das ist die erste Ansage an die CDU: Sie hören nur noch auf Wahlergebnisse, nicht mehr auf Argumente.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Die ehemalige Kultusministerin Schavan hat gesagt: Wir haben im Bildungswesen weniger eine Qualitätskrise als eine Vertrauenskrise. Falsch!

(Abg. Stefan Mappus CDU: Nein! Richtig!)

Wir haben eine Vertrauenskrise, weil wir eine Qualitätskrise haben. Das ist richtig.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Dies liegt daran, dass sich die CDU weigert, unser Schulsys tem zu modernisieren – zum Schaden unserer Kinder und Jugendlichen, und das im sogenannten Kinderland Baden-Würt temberg. Das liegt an der Wagenburg- und Bunkermentalität, die sich in der CDU breitgemacht hat. Ihr grabt euch immer weiter in die Schützengräben hinein. Ab und zu kommt Oettinger hoch, ballert dann irgendeinen seiner berüchtigten Schüsse ab, aber sonst seht ihr gar nicht mehr, was in der Welt vorgeht.