Aber man weiß auch – das braucht man sich nur an den fünf Fingern abzuzählen –: Wenn Sie das machen, brauchen Sie eher mehr Stunden und nicht weniger.
Ich sage Ihnen: In Ihrer Schulpolitik stimmt nichts. Das ist nur noch ein haltloses „Herumgebossel“, wo der eine nicht weiß, was der andere gesagt hat, und wo nicht klar ist, wohin man eigentlich will.
Erstens: Ende der Benotung der Vergleichsarbeiten. Der Grund ist ganz einfach: Vergleichsarbeiten sind dann der heimliche Lehrplan, der aus den Bildungsplänen wieder Stoffpläne macht und eine Rückkehr zu dieser „Stoffhuberei“ bedeutet. Das ist genau der Punkt, warum die Reduktion der Stofffülle nicht funktioniert. Das ist die erste Sofortmaßnahme.
Zweitens: Die Reduzierung der Poolstunden von zwölf auf zehn wird rückgängig gemacht, und drei zusätzliche Schulstunden pro Klasse werden benötigt. Dann kann man mit den vorhandenen Lehrkräften eine qualifizierte Hausaufgabenbetreuung machen, und das ist notwendig.
Denn dass am Nachmittag nach Schulschluss der Ganztagsschule mit der schulischen Arbeit Schluss sein muss, darüber sind wir uns völlig einig.
Denn ansonsten können wir das Niveau nicht halten. Deswegen können wir den Vorschlag von Herrn Rau, den Fachunterricht zu reduzieren und dafür Hausaufgabenbetreuung zu machen, nicht umsetzen.
Diese Reduktion der Stunden lehnen wir rigoros ab. Im europäischen Vergleich sind wir Durchschnitt. Bei uns beträgt die durchschnittliche Zahl der Vollzeitstunden bis zum Abitur 9 500, in Frankreich 11 500. Das kann es also wohl nicht sein. Das ist also ein ganz falscher Weg, den Sie da gehen wollen. Davor können wir Sie nur warnen.
mit einem rhythmisierten Schulalltag. Natürlich gibt es dagegen Bedenken. Die Bedenken kommen doch daher: Wir sind ja alle einmal in die Schule gegangen. Wenn man sich vorstellt, dass der heutige Vormittagsunterricht noch um einen Nachmittagsunterricht erweitert wird, ist das natürlich eine grauenvolle Vorstellung.
Deswegen kann man das in der bisherigen Art nicht machen und braucht ein anderes Konzept von Unterrichten mit unterschiedlichen Phasen, von kognitivem Lernen bis hin zu manuellem Arbeiten. Das ist ja alles Aufgabe der Pädagogik.
Als wir diesen Vorschlag gemacht haben, hat Herr Mappus sofort von „Zwangsganztagsbeschulung“ gesprochen.
Ich sage Ihnen einmal, warum: Die Alternative sieht nämlich so aus, dass die Eltern auch in Zukunft 4 Milliarden € für Nachhilfeunterricht ausgeben.
Das heißt, die Kinder sitzen nicht im Nachmittagsunterricht der Schule, sondern sie sitzen im Nachmittagsnachhilfeunterricht. Ich bitte Sie – was soll daran denn besser sein? Nein, das ist schlecht! Denn das ist eine Verletzung des Auftrags der Verfassung,
Ebenso müssen wir es ablehnen, dass Sie durch dieses Konzept Millionen von Müttern zu Hilfslehrern der Nation machen. Das ist überhaupt nicht familienfreundlich, Herr Rau und Herr Oettinger; das ist familienfeindlich.
(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Zuruf des Abg. Ste- fan Mappus CDU)
Drücken Sie sich also nicht noch weiter um die Ganztagsschulreform. Wir brauchen langfristig diese Ganztagsschulen, allerdings nicht nur für die Gymnasien, sondern überhaupt. So kann es wirklich nicht weitergehen.
Wir fordern von Ihnen endlich eine klare Linie und ein durchdachtes Konzept. Hören Sie auf mit diesem hektischen Herumreparieren und den Hüftschüssen des Ministerpräsiden ten.
Wir brauchen natürlich auch die entsprechenden Ressourcen für diese Reform, beispielsweise 1 000 zusätzliche Lehrerdeputate für Ganztagsschulen; denn sonst ist das nicht ordentlich zu machen. Wir haben den Vorschlag gemacht, dies mit einem Bildungspakt gegenzufinanzieren.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Stefan Mappus CDU: Solche Reden kann man nur halten, wenn man nie an die Regierung kommt!)
Was ist denn eigentlich der Hauptgrund für die Einführung der Ganztagsschulen? Der Hauptgrund ist der Anspruch auf individuelle Förderung – d i e große Überschrift über der Bildungspolitik der Zukunft. Das wäre die Überschrift, die ge
nau dem Verfassungsgrundsatz, den ich Ihnen eben vorgetragen habe, gerecht wird. Die Begabung entfaltet sich ohne Rücksicht auf Herkunft und wirtschaftliche Lage eines Menschen –
nach dieser Maxime ist das öffentliche Schulwesen zu gestalten. Wir sehen es ja: Der Stress tritt nicht erst im G 8 auf, sondern bereits in der Grundschule, in den letzten Grundschulklassen, und zwar durch die verbindliche Grundschulempfehlung. Im Alter von zehn Jahren und jünger beginnt schon das Sortieren, und die entscheidende Weichenstellung für die jungen Menschen in der zukünftigen Wissensgesellschaft ist vorprogrammiert, obwohl eine solche Prognose über die weitere kognitive Entwicklung im Alter von zehn Jahren blanker Unfug ist. Das jedenfalls sagt uns die Wissenschaft.
Die Sortierung in höheres und niedrigeres Bildungswesen basiert auf Kategorien des 19. Jahrhunderts. Es gibt nun einmal nicht drei Begabungstypen. Wenn Sie uns das nicht glauben, dann lesen Sie einmal die entsprechenden Schriften der Handwerkskammern nach. Die können Ihnen sagen, was heute geht und was nicht; das steht in diesen Texten genau drin.
in drei Schulschubladen. Das, was Sie dort machen, meine Damen und Herren von der CDU, ist die Einheitsschule. Immer wieder kommt der Glaube zum Ausdruck, man müsse in homogenen Gruppen unterrichten,