Ich frage Sie noch einmal, meine Damen und Herren von der CDU: Was ist mit dem Subsidiaritätsprinzip im Schulbereich? Was ist da eigentlich los? Warum sind Sie auf einmal so staatsgläubig? Warum haben Sie so wenig Vertrauen in die Kommunen und in deren erwachtes Engagement? Wir haben es auf der „didacta“ gesehen: Die kommunalen Landesverbände haben dort eine Veranstaltung über das Schulwesen der Zukunft gemacht. 2 000 Menschen haben sie besucht. Daran sieht man doch: Die Kommunen sind aufgewacht und wollen unser Schulwesen mitgestalten. Warum gehen Sie nicht partnerschaftlich auf die Kommunen zu und reichen ihnen die Hand, sodass wir vor Ort die Schulen einrichten, die dort die richtigen sind?
Wo ist Ihr Mut? Wir können nicht alles von anderen Ländern übernehmen. Aber was wir übernehmen können, sind der Mut und die Weitsicht, mit denen dort gehandelt wird, die Ihnen völlig fehlen.
Herr Ministerpräsident Oettinger, wann hören Sie auf, einfach Luftballons steigen zu lassen? Wann bestimmen Sie die Richtlinien der Schulpolitik, die die kulturelle Vielfalt und den Reichtum unseres Landes im Auge hat? Wann setzen Sie Ihre Fähigkeit – nämlich Dialoge zu führen – endlich ein, um dieses Schulsystem zu öffnen?
(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Und nicht der schlechteste! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Der größten! – Zurufe von den Grünen)
Unsere heutige Botschaft an Sie lautet: Machen Sie auf! Machen Sie einfach die Fenster auf! Lassen Sie den frischen Wind der Gesellschaft
in Ihre schwarzen Reihen hinein! Lüften Sie einmal richtig durch! Haben Sie Mut, vertreten Sie klare Werte, stellen Sie Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt, und leiten Sie den überfälligen Mentalitätswechsel ein! Schulen dürfen keine „Sortierfabriken“ sein. Wir müssen sie zu Förderbändern für unsere Kinder und Jugendlichen machen.
(Anhaltender lebhafter Beifall bei den Grünen – Bei- fall bei der SPD – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Sehr gut! Prima!)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Was verstehen Schmiedel und Kretschmann von der Bildungspolitik?
(Zurufe von der CDU: Nichts! – Beifall der Abg. Dr. Birgit Arnold FDP/DVP – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Ach so! Deshalb darf der Mappus nicht reden! – Wei- tere Zurufe von der SPD)
Herr Schmiedel, Sie haben angekündigt, dass sich die CDU warm anziehen müsse. Trotz dieser Ankündigung und gerade wegen der Rede, die Sie heute Morgen gehalten haben, können wir den Mantel und den Schal auch in Zukunft weglassen, wenn wir hier ans Rednerpult treten. Das war bildungspolitisch nichts.
Wenn Sie hier eine bildungspolitische Debatte beantragen und dann ständig das Wort von der Modernität im Mund führen, wenn Sie uns dazu auffordern, die Fenster aufzumachen, dann aber im Klein-Klein der Debatte herumstochern
und die wichtigen Dinge, die sich in der Schule bewegen, nicht einmal mit einem Wort erwähnen – dass Sie darüber nicht diskutieren wollen, kann man ja so stehen lassen –, dann finde ich das sehr bedauerlich.
Sie haben überhaupt nichts dazu gesagt, was in der frühkindlichen Bildung notwendig ist, was wir auf den Weg bringen.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Das haben wir x-mal hier diskutiert! Wir müssen es nicht jedes Mal wiederho- len!)
Wir sagen es einfach noch einmal, weil wir den Eindruck haben, dass es bei Ihnen eben doch nicht so bekannt ist.
Ich verweise z. B. auf die Bildungsplanreform, auf Freiräume, die dadurch geschaffen worden sind, und auf Schulqualitätsentwicklung über einen Evaluationsprozess. All diese Dinge der modernen Schulentwicklung in unserem Land finden bei Ihnen in der Diskussion überhaupt nicht statt.
Sie machen den Begriff der Modernität nur an dem fest, was Sie an Schulstrukturveränderung wollen, was Sie als moderne Schulstruktur ansehen, und kommen mit Ladenhütern wie der sechsjährigen Grundschule oder Ihrer Einheitsschule.
Es bewegt sich für die Schülerinnen und Schüler, für die Kinder in Baden-Württemberg viel mehr dadurch, dass wir all die genannten Punkte vorangebracht haben und weiter voranbringen, als dadurch,
dass wir hier die immer gleichen Debatten führen. Wir haben hier wieder einen „Murmeltier-Tag“ erlebt, bei dem heute Morgen nur andere murmeln.
Frühkindliche Bildung, meine Damen und Herren, Sprachkompetenz schon vor Eintritt in die Schule war einer der Kernpunkte dessen, was wir im Rahmen der PISA-Diskussion
seit Vorlage der Zahlen zu Beginn dieses Jahrzehnts diskutieren. Wir haben mit dem Orientierungsplan eine gute Grundlage für die Arbeit im Kindergarten geschaffen. Wir befinden