Warum ist es denn bitte so, dass G 8 im einen Fall gelingen kann – und es gelingt zum größten Teil – und in einem anderen Fall nicht?
Hierzu kann ich klar sagen: Kein Problem mit G 8 hat, wer die politischen Vorgaben umgesetzt hat, wer z. B. die Stofffülle aus G 9 gemäß Erlass erheblich entlastet hat und vernünftig in Kerncurriculum und Schulcurriculum umgesetzt hat und wer die Eltern in alle Entscheidungen mit einbezogen hat, wie es in § 47 Abs. 5 des Schulgesetzes ausdrücklich vorgeschrieben ist – ich zitiere –:
Folgende Angelegenheiten werden in der Schulkonferenz beraten und bedürfen ihres Einverständnisses …
Da heißt es konkret: Es kann ohne Einverständnis der Eltern keine Kontingentstundentafel verabschiedet und im Rahmen des Bildungsplans kein schuleigenes Curriculum entwickelt worden sein – um dies einmal in aller Klarheit zu sagen. Das ist ausdrücklich so vorgesehen.
Ich sage noch einmal: Wer dies so gemacht hat, wer die Elternschaft in diese Entscheidungen einbezogen hat, wer Hausaufgaben entlang der vorhin von mir zitierten geltenden Vorschriften gibt, wer die verringerte Zahl der Klassenarbeiten sinnvoll über das Jahr verteilt, wer mit den Diagnose- und Vergleichsarbeiten verantwortlich umgeht und wer sich an die Vorgabe von 32 Wochenstunden für die Jahrgangsstufen 5 und 6 hält, der hat keine gravierenden Probleme mit G 8.
Aus diesem Grund danke ich namens unserer Fraktion allen Gymnasialkollegien, die – und das war notwendig – diese Vorgaben in unzähligen Fachkonferenzen und Teilkonferenzen erfolgreich umgesetzt und damit auf einen guten Weg gebracht haben. Wir sind damals, als wir den Kollegien die Deputatserhöhung auf 25 Stunden zugemutet haben, sogar so weit gegangen, dass in den ersten beiden Jahren nach Einführung dieser Deputatserhöhung der Mehrgewinn aus den Deputaten zur Umgestaltung von G 8 zur Verfügung gestellt worden ist. So konnten wir auch ein klein wenig für Entlastung sorgen.
Fazit: Es ist mitnichten richtig, dass G 8 schlecht laufe. Vielmehr stellen wir fest, dass es zu 85 % gut läuft, und wir ha
ben dort, wo es nicht gut läuft, berechtigte Fragen. Ich bin der tiefen Überzeugung, dass sich die Verantwortlichen dort nicht an die politischen Vorgaben gehalten haben. Es liegt an uns, dies zukünftig einzufordern.
Noch ein Wort zu dem, was ich zu Beginn gesagt habe: Ich habe ganz bewusst das Wort „Verstaatlichung“ gebraucht, um Ihnen zu verdeutlichen, welchen Wert wir der Erziehungsarbeit in der Familie heute noch beimessen. Wir sind – es sei noch einmal gesagt – für individuelle Förderung. Jedes einzelne Kind, das nicht zurechtkommt, hat ein Anrecht auf angemessene Förderung. Wir sind aber nicht der Meinung, dass diejenigen, die mit der Schule überhaupt kein Problem haben, in der Schule über die Unterrichtszeit hinaus betreut werden müssen. Da müssen wir differenzieren. Dies gehört auch dazu. Alles andere ist für mich zutiefst ideologisch geprägt.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nur noch zwei Anmerkungen machen.
Frau Rastätter, ich habe höchstpersönlich schon Schulversuche unterstützt und war damit auch erfolgreich. Ich werde das in Zukunft weiterhin tun, wenn denn solche in dem Sinne, den ich Ihnen vorhin geschildert habe, an mich herangetragen werden.
Ich möchte die Gunst der Stunde nutzen und noch einen Appell loswerden. Wir haben durch das, was Herr Rau auf den Weg gebracht hat, die Bandbreite der Möglichkeiten der Haupt schulen deutlich ausgeweitet und verändert. Unser Antrag zur Hauptschule enthält auch eine ganze Reihe von Vorschlägen, die diese Möglichkeiten nochmals erweitern. Ich bin sicher, dass das Ministerium auch diese Vorschläge einer wohlwollenden Prüfung unterziehen wird. Einige werden ja schon angepackt.
Ich denke, es ist an der Zeit, dass wir die Hauptschulbezirksgrenzen aufheben. Dies ist jetzt an der Zeit. Ich weiß, Herr Minister, dass Sie damit eigentlich gar kein Problem hätten.
Das Problem liegt vor allem darin, dass die kommunalen Landesverbände das aus planungstechnischen Gründen nicht so gern sehen. Aber ganz logisch ist das für mich nicht; denn ich meine, für die weiterführenden Schulen, bei denen man frei wählen kann – Realschule, Gymnasium –, müssen die kommunalen Landesverbände und die Kommunen ja auch ihre Planung vorhalten, obwohl es dort Wahlfreiheit gibt.
Ich sage das hier deshalb, weil ich – ich glaube, es war letzte Woche – in einer Abendveranstaltung diese Probleme hautnah in einer Schule am Bodensee mitbekommen habe, einer
Hauptschule, die dort eine ausgezeichnete Arbeit mit sehr positiven Ergebnissen macht. Die Schüler dieser Schule bekommen alle einen Ausbildungsplatz, oder sie besuchen nach ihrem Abschluss noch eine weiterführende Schule. Diese Schule könnte mehr Kinder aufnehmen, wenn sie nicht an die Hauptschulbezirksgrenzen gebunden wäre. Es ist sehr schade, dass wir durch diese Sperre die Entwicklungsmöglichkeiten unserer Hauptschulen einschränken.
Von neuen Modellen natürlich auch, aber vor allem der Hauptschulen. Das ist wirklich ein massives Hindernis für die Weiterentwicklung der Hauptschulen, wenn sie denn ein eigenes Profil und wenn sie Zulauf haben.
Deshalb als Schlusspunkt von unserer Seite in dieser Debatte: Bitte öffnen Sie die Hauptschulgrenzen für alle. Das heißt im Klartext: Schaffen Sie die Schulbezirksgrenzen auch für die Hauptschule ab.
(Beifall der Abg. Dr. Ulrich Noll und Monika Chef FDP/DVP – Abg. Norbert Zeller SPD: Sie haben im Schulausschuss dagegen gestimmt!)
Ihre Formulierung „Verstaatlichung der Kinder in der Gesamtschule“ hat mich veranlasst, hier noch einmal das Wort zu ergreifen.
Ja, von der Ganztagsschule. Sie haben die Ganztagsschule mit dem Begriff „Verstaatlichung der Kinder“ belegt.
Ich meine, da sieht man nun die ideologischen Blockaden knüppeldick. Es gibt nichts Familienfreundlicheres als eine Ganztagsschule.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das entscheiden die Familien selbst! Das entscheidet jede Familie für sich selbst! – Weitere Zurufe)
Das ist ja nicht nur den Entwicklungen in einer modernen Gesellschaft geschuldet, in der Frauen und mehr und mehr auch Männer Familie und Beruf vereinbaren wollen. Das sind sozusagen die tragenden Familienmodelle der Zukunft.
(Abg. Gundolf Fleischer CDU: Aber nicht für jeden! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Warum lassen Sie die Familien nicht selbst entscheiden?)
Ich habe es in meiner Rede schon dargelegt: Die Kinder, die nach einem vollgepfropften Vormittagsunterricht nach Hause entlassen werden, sind dort nicht schön im Familienkreis, sondern ein Großteil der Eltern, die sich das leisten können, schicken dann ihre Kinder nachmittags in den Nachhilfeunterricht.
Es ist zweitens einfach ideologische Verblendung, nicht als soziale Realität wahrzunehmen, dass immer mehr Nachhilfeunterricht stattfindet und dass dieser Trend zunimmt. Es grenzt doch schon an Verweigerung, diese Tatsachen nicht wahrzunehmen, Herr Röhm.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wer Hilfe braucht, kann in der Schule blei- ben!)
Drittens weiß jeder – und Sie als erfahrener Schulleiter wissen das doch mit Sicherheit auch –, dass Ihre Behauptung, die Hausaufgaben würden gemacht, ohne dass Eltern dabei involviert seien, doch eine völlige Illusion ist
(Beifall bei den Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist die Vorgabe! – Gegenruf der Abg. The- resia Bauer GRÜNE: Aber sie entspricht nicht der Realität!)
Nur dort, wo in den höheren Klassen Eltern ihren Kindern nicht mehr helfen können, z. B. in Mathematik, schickt man dann die Kinder in den Nachhilfeunterricht und bezahlt hierfür. Das ist die soziale Realität.