Protokoll der Sitzung vom 28.02.2008

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich stelle fest: Im Landtag ist Sport inzwischen fest in Frauenhand.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Jawohl!)

Aber das muss ja so schlecht nicht sein.

Die SPD, Frau Kollegin Queitsch, hat in der Begründung ihres Antrags eine interessante Formulierung, die mich doch ein bisschen stutzig gemacht hat. Da steht, Sie wollten wissen, „inwieweit die sportliche Ertüchtigung durch die Landesregierung sichergestellt“ wird. Wir haben vorhin von anderen Sicherheitsfragen gehört. Aber zur Sicherstellung der sportlichen Ertüchtigung hätten wir einiges zu tun, und ich wage doch zu bezweifeln, dass das Staatsaufgabe ist.

Den zweiten Teil Ihrer Frage, die Unterstützung der sportlichen Ertüchtigung, sehen wir sehr wohl auch so wie Sie. Darauf werde ich mich dann auch beim Rest meiner Rede konzentrieren.

Für mich war die wichtigste Erkenntnis aus der Stellungnahme der Landesregierung: Sport ist in Baden-Württemberg im

wahrsten Sinne des Wortes eine Volksbewegung. Darauf können wir alle stolz sein. Ich möchte insbesondere den Dank unserer FDP/DVP-Fraktion und von mir persönlich an alle aussprechen, die sich hier auch ehrenamtlich engagieren und viel Zeit, viel Kraft, viel Energie investieren zugunsten ihrer Mitbürger, vor allem unserer Kinder und Jugendlichen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Vereine und privatwirtschaftliche Angebote stehen da inzwischen in einem durchaus gesunden Wettbewerb. Daraus ergibt sich auch die Verpflichtung zur regelmäßigen Aus- und Weiterbildung. Mein Respekt und unsere Anerkennung gilt hier den Sportbünden für die Organisation und für die Durchführung. Das Land unterstützt dies finanziell durchaus erheblich, und das ist auch richtig so.

Die für die Aus- und Weiterbildung aufgeführten Fachberei che zeigen die Breite der inzwischen im Sport notwendigen Kenntnisse. Oft wird ja unterstellt, das sei wie beim Latein: Da müsse man sein Leben lang nichts dazulernen. Gerade das Gegenteil ist der Fall. Ich glaube, bei der pädagogischen Tätigkeit im Sport ist eigentlich am meisten Weiterbildung gefordert, weil sich im physiologischen Bereich und im Sport so viele neue Erkenntnisse ergeben, die man beachten muss, dass man da wirklich sehr stetig daranbleiben muss, wenn man die Gesundheit nicht gefährden, sondern fördern will.

(Beifall des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Genau!)

Es gehört zum Ziel der sportlichen Ausbildung, dass man zum einen sportlich Tätige anleitet. Aber ganz wichtig ist auch die Unterstützung der sportlichen, persönlichen und sozialen Entwicklung. Das sind nämlich Funktionen, die beim Sport wichtig sind. Dazu zählt auch – das fand ich in der Stellungnahme zu dem Antrag ganz interessant – das Fördern von Selbstständigkeit und Teilhabe jedes Einzelnen, in der Tat.

Dass Sport mit und für Kinder und Jugendliche besonders im Fokus steht, ist aus unserer Sicht der richtige Schwerpunkt. Es ist gut und muss immer wieder erwähnt werden, dass der Sport eine besondere Funktion bei der Integration von Migrantinnen und Migranten hat. Aber ich bin auch froh, dass wir das nicht gesondert zahlenmäßig verfolgen, sondern dass das wirklich in die sonstigen Tätigkeiten integriert ist.

(Abg. Margot Queitsch SPD: Das zahlt ja der Bund!)

Dass da viele Maßnahmen stattfinden und dass sich der Bund und das Land da komplementär engagieren, ist eine wichtige Sache.

Mir ist nur aufgefallen: Das alles sind Maßnahmen und Projekte zur Bewegungsförderung. Meine Damen und Herren, Sport ist weit mehr als Bewegung. Sport hat soziale Elemente. Im Sport ist der Leistungsgedanke durchaus wichtig, übrigens selbst im Seniorensport, was viele gar nicht wahrhaben wollen. Und wichtig ist auch die Übernahme von Verantwortung.

Das Problem ist erkannt. Es gibt viele Projekte. Es gibt erhöhte Anrechnungsstunden dafür. Es gibt wissenschaftliche Begleitungen. Ich finde es gut, dass unsere Erzieherinnen und Erzieher inzwischen einen obligatorischen Bestandteil Bewe

gungsförderung in ihrer Ausbildung haben. Meine Forderung wäre, dass wir bei der Ausbildung aller Grundschullehrer den Sport viel stärker gewichten. Es kann eigentlich nicht sein, dass das nur Bestandteil der Sportlehrerausbildung ist, sondern der Sport gehört bei der Ausbildung aller Grundschullehrer dazu, genauso wie übrigens auch die Musik. Die Qualifizierungsmaßnahmen am LIS sind dazu ein erster Schritt.

Es ist in der Tat so, dass sich die Situation bezüglich Räumen und Lehrkräften gegenüber vor zehn Jahren glücklicherweise wesentlich verbessert hat. Durchschnittlich ist der Pflichtunterricht abgedeckt. Wir wissen aber, dass es örtlich Engpässe gibt und dass es ein spezielles Problem bei den Berufsschulen gibt. Da haben Sie recht. Dabei muss man aber auch bedenken: Gerade in diesem Alter gibt es viele junge Leute, die neben der Schule noch in Vereinen aktiv sind. Bei denjenigen, die das nicht sind, liegt sowieso der Hase im Pfeffer. Wenn man die nicht in früherer Jugend für den Sport gewinnen konnte, dann kriegt man sie in der Berufsschule auch nicht mehr dazu. Dann hocken sie das irgendwie ab.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das ist schlecht!)

Ich bin schon für regelmäßigen Sportunterricht, aber zum Teil ist da schon auch die Frage, was man da wirklich noch bewegen kann. Da muss in der Tat im früheren Lebensalter schon etwas geschehen.

Der Sportstättenbau ist wichtig für den Breiten- und den Leistungssport. Ich habe einmal ausgerechnet, wie hoch die durchschnittliche Förderung ist. Das sind nämlich recht interessante Zahlen, die da für 2003 bis 2007 angegeben sind. In den einzelnen Sportbünden sind das immerhin zwischen 833 € und 965 € pro Verein bzw. zwischen 2,60 € und 3,26 € pro Mitglied. Das, denke ich, ist eigentlich eine schöne Zahl. Es ist in der Tat wichtig, dass wir die Sportstätten regelmäßig erneuern, modernisieren und auch auf neue Anforderungen vorbereiten.

(Der Rednerin wird das Ende ihrer Redezeit ange- zeigt.)

Ich fasse zusammen. – Wir haben einen Förderstau. Aber man muss wissen: Eine ähnliche Situation gibt es durchaus auch in anderen Bereichen. Ich habe ausgerechnet: Es sind im Durchschnitt vier Jahre. Ich finde es allerdings gut, dass bei den Vergabeverfahren nun wirklich alle Beteiligten mit in die Entscheidung einbezogen sind, wer zuvörderst bedient wird, und dass es damit auch eine gerechte Verteilung gibt.

Frau Abg. Berroth – –

Ich kann Ihnen zum Abschluss nur sagen: Aus unserem parteiinternen Austausch mit den anderen sportpolitischen Sprechern stelle ich fest, dass die Situation in Baden-Württemberg so ist, dass wir von den meisten anderen sehr beneidet werden. Insofern arbeiten wir daran, dass das so bleibt. Wir wissen um diese Aufgabe. Aber ich glaube, beklagen müssen wir uns nicht.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport erteile ich Herrn Staatssekretär Wacker das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als erste Männerstimme in dieser Debatte ist es mir dennoch ein Anliegen, einer Frau zu danken, nämlich Frau Kollegin Berroth, die zum Schluss einen ganz wichtigen Satz gesagt hat. Sie hat gesagt, dass uns viele um das Sportland Baden-Württemberg beneiden, weil wir insgesamt eine sehr gute Sportstruktur in Baden-Württemberg haben, beginnend beim Ehrenamt über die schulische Bildung bis hin zur professionellen Sportförderung. Deswegen möchte ich gerade in diesem Zusammenhang, weil es von einigen Rednern angezweifelt wurde, gern versuchen, es allgemein zu skizzieren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ich denke, die große gesellschaftspolitische Bedeutung des Sports ist unumstritten. Sie ist aber auch daran erkennbar, dass in Baden-Württemberg in über 11 300 Sportvereinen rund 370 000 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer tätig sind.

Dieser hohe Stellenwert hat auch zu dem Solidarpakt Sport geführt, den wir zu Beginn dieser Legislaturperiode mit den Verbänden des Sports abgeschlossen haben, der mit einem finanziellen Volumen von 65 Millionen € bis zum Jahre 2010 Gültigkeit hat. Kernelement dieses Solidarpakts Sport ist die Planungssicherheit für den Sport. Die Tatsache, dass trotz des hohen Ziels der Haushaltskonsolidierung, das wir uns bis zum Ende dieser Legislaturperiode vorgenommen haben, im Bereich des Sports nicht eingespart wird, untermauert den hohen Stellenwert des Sports für die Landesregierung. Deswegen bin ich in diesem Zusammenhang auch den Regierungsfraktionen dankbar, dass sie diesen finanziellen Kurs mittragen, um die Bedeutung des Sports zu unterstreichen.

(Beifall des Abg. Gundolf Fleischer CDU)

Der kommunale Sportstättenbau ist angesprochen worden. Diesen haben wir seit 2006 projektorientiert umgestaltet. Wir haben – da bin ich dem Haus insgesamt dankbar – in der letzten Legislaturperiode verschiedene Beschlüsse im Schulausschuss und im Landtag gefällt, wonach wir gegen den Willen der kommunalen Landesverbände die Projektförderung wieder eingeführt haben mit dem Ziel, eigene Prioritäten zu setzen.

Wenn man die frühere Pauschalierung zum Vergleich heranzieht, muss man einfach feststellen: Hätten wir das alte Finanzierungssystem aufrechterhalten, hätten sich die meisten Gemeinden im ländlichen Raum überhaupt keine Sportstättenbaufinanzierung leisten können.

(Abg. Gundolf Fleischer CDU: Sehr richtig! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Deshalb haben wir es ja auch geändert!)

Deswegen haben wir so, auch wenn wir „nur“ 12 Millionen € jährlich zur Verfügung haben, zumindest die Möglichkeit, eine ausgewogene Finanzierung anhand von objektiven Kriterien vorzunehmen. Insofern halten wir dieses System nach wie vor für sehr richtig, obwohl wir natürlich auch eine kritische Überprüfung vornehmen, was die Vereinfachung dieses Verfahrens betrifft. Allerdings liegt hierfür im Moment kein konkreter Verbesserungsvorschlag vor. Insofern sehen wir im Mo

ment auch keine Veranlassung, lieber Kollege Fleischer, daran etwas zu ändern.

(Abg. Gundolf Fleischer CDU: So ist es!)

Meine Damen und Herren, aus den Förderleistungen des Lan des wird u. a. die Aus- und Fortbildung von Übungsleiterinnen und Übungsleitern in Regie der drei Sportbünde finanziert. Jährlich finden etwa 1 600 Lizenzlehrgänge statt, die zu einer qualifizierten Ausbildung führen. Insgesamt gibt es in BadenWürttemberg im Sport rund 175 000 Übungsleiterinnen und Übungsleiter. Damit wir die hervorragenden Grundvoraussetzungen zur Durchführung qualifizierter Sportangebote in den Vereinen nutzen, hat sich der Sport zudem im Rahmen des Solidarpakts verpflichtet – hierbei ging es nicht nur um Finanzen, sondern eben auch um Inhalte –, Partnerschaften mit Kindertagesstätten und Schulen weiter auszubauen sowie den Nachwuchsleistungssport intensiv zu fördern.

Man muss hier einfach einige Fakten nennen. Die Kooperation von Ehrenamt und Schule ist angesprochen worden. Hier haben wir gerade im Bereich des Sports exzellente Daten vorzuweisen, nämlich dass von insgesamt 4 000 Kooperationen, die auf diesem Feld in Baden-Württemberg stattfinden, 700 im Bereich des Sports stattfinden, und dass wir im Rahmen des Jugendbegleiterprogramms auch eine deutliche Steigerung verspüren.

Ich darf erwähnen: Wir haben jetzt nahezu 800 Jugendbegleiterschulen, die an diesem Projekt mitwirken, Schulen, die nicht davon überzeugt werden mussten, sondern die sich freiwillig dazu bereit erklärt haben, an diesem Jugendbegleiterprogramm mitzuwirken. Von 7 000 Jugendbegleitern kommen fast 1 000 aus dem Bereich des Sports. Das ist, Frau Kollegin Queitsch, eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Insofern stelle ich einfach einmal fest: Die Bereitschaft seitens des Ehrenamts, sich für den Sport in der Schule zu engagieren, ist ausgezeichnet.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Sehr gut!)

Einen anderen Beleg kann ich diesen Zahlen nicht entnehmen.

Im Übrigen, glaube ich, muss man die Ehrenamtlichen nicht dazu zwingen, sondern es gibt eine freiwillige Bereitschaft, die man nicht hoch genug schätzen kann, unabhängig davon, ob sie aus dem organisierten Sport kommen oder ob es sich um Einzelpersonen handelt, die einen sportlichen Hintergrund haben und die bereit sind, ihren Beitrag zur Entwicklung der Ganztagsschule zu leisten.

Unmittelbar durch das Land werden ebenfalls verschiedene Maßnahmen zur Bewegungsförderung durchgeführt, ins besondere im Rahmen der Schulsportoffensive. Unser Haus führt in Zusammenarbeit mit der Sportselbstverwaltung und einer Vielzahl von Partnern nachhaltige Projekte durch, in deren Rahmen sich die Partner mit den ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten flankierend in eine sport- und bewegungsfreundliche Schule einbringen können.

Besonders herausgreifen möchte ich zwei Projekte. Eines davon ist das Projekt „Grundschule mit sport- und bewegungserzieherischem Schwerpunkt“. Wenn Sie in die Stellungnah

me zum Antrag der Fraktion der SPD hineinschauen, werden Sie eine interessante Zahl entdecken, Frau Haußmann.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Ja!)

Laut unserer Stellungnahme sind es über 400 Grundschulen gewesen, die sich an diesem Projekt beteiligen. Heute, ein knappes Jahr später, sind es bereits 560 Schulen, an denen wöchentlich mehr als 200 Minuten Sportunterricht erteilt wird. Auch da muss ich sagen, meine Damen und Herren: Wenn jemand meint, der Sport sei auf dem Rückzug, dann lebt er einfach auf dem falschen Planeten. Das Gegenteil ist der Fall. Der Sport ist gerade in der Grundschule auf dem Vormarsch.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)