Aber ich möchte und muss Ihnen recht geben: Lebensmittelsicherheit ist ein wichtiges Dauerthema. Die Menschen wollen sichere Lebensmittel und haben ein Recht darauf.
Aber tatsächlich ist die Frage zu stellen, ob wir nur mit noch mehr Kontrolleuren ans Ziel kommen oder ob wir nicht auch mit einem effizienteren Einsatz der Verwaltung Schritt für Schritt vorwärtskommen und – darauf gehe ich gleich ein – insgesamt mit einem Maßnahmenpaket, das alles mit einschließt.
Zunächst zum Zehnpunkteprogramm und seiner Weiterentwicklung. Wir als Land Baden-Württemberg nehmen die Aufgabe der Lebensmittelüberwachung, die uns übertragen ist, ernst. Das Zehnpunkteprogramm des BMELV war daher auch die richtige Reaktion auf die Gammelfleischskandale 2005.
Mittlerweile sind es 23 Punkte. Wir müssen uns stetig weiterentwickeln. Darum sind wir auch in Baden-Württemberg bemüht und sind dabei erfolgreich. Das reicht von einem verbesserten Informationsfluss zwischen den zuständigen Stellen bis hin zu einem nationalen Frühwarnsystem und ausgeweiteten Meldepflichten.
Ich darf ein ausdrückliches Lob an Sie, Herr Minister Hauk, aussprechen. Sie haben als Vorsitzender der Verbraucherministerkonferenz wichtige Impulse hierfür gesetzt. Vielen Dank!
Frau Kipfer, dass Sie ebenfalls dieses Lob und diese Anerkennung ausgesprochen haben, erfreut mich sehr, denn Sie haben ja davon gesprochen, es seien Hausaufgaben gemacht worden.
Auch beim Strafmaß, meine Damen und Herren, muss man konsequenter vorgehen, denn Geschäfte auf Kosten der Lebensmittelsicherheit sind Geschäfte auf Kosten der Gesundheit der Menschen. Wir sind weiterhin dran – das hat man z. B. im vergangenen Oktober beschlossen –, aktiv Schlupflöcher beim Handel mit überlagertem Fleisch zu schließen.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Lebensmittelsicherheit darf nichts unter den Tisch gekehrt werden. Deshalb stehen wir von der CDU-Landtagsfraktion auch weiterhin hinter dem Vorstoß, für mehr Transparenz zu sorgen. Wer bewusst durch verdorbene Lebensmittel die Gesundheit der Menschen gefährdet, sollte dies nicht unter dem Deckmäntelchen des Datenschutzes tun dürfen. So etwas muss bekannt und öffentlich gemacht werden. Das ist verwerfliche Schindluderei, und die gehört an den Pranger gestellt.
Meine Damen und Herren, 2006 sind in Baden-Württemberg insgesamt fast 100 000 Kontrollen in Betrieben und bei Lebensmitteltransporten durchgeführt worden. 28 % aller Lebensmittelbetriebe inklusive der landwirtschaftlichen Betriebe in unserem Land wurden kontrolliert. Die Kontrollen zeigen Wirkung. Das lässt sich schon allein am Beispiel der Paprika aufzeigen. Ende 2006 wurden erhöhte Insektizidrückstände in spanischen Paprika festgestellt. Das europäische Schnellwarnsystem hat mit Unterstützung von Baden-Württemberg schnell reagiert.
Besonders wichtig ist die Zusammenarbeit der Lebensmittelüberwachung mit den Justizbehörden. Gerade in der Öffentlichkeit wird das Ergebnis der Tätigkeit unserer Justizbehörden mit großem Interesse verfolgt. Unsere Polizei leistet hier ebenfalls eine gute und erfolgreiche Arbeit.
Kontrolle ist wichtig, bietet aber keine Gewähr. Unsere Verbraucher erwarten zu Recht gesunde, qualitativ hochwertige und sichere Lebensmittel. Die Kontrolle muss deshalb auf zwei Füßen stehen. Einerseits geht es um die Eigenkontrolle der Lebensmittelunternehmen, zum anderen steht dem die amtliche Überwachung gegenüber, die in erster Linie von den Stadt- und Landkreisen geleistet wird.
Meine Damen und Herren, wir können zwar nicht jedes Schweinderl oder jede Kartoffel vom Hof und von der Aus
saat bis zum fertigen Schweineschnitzel mit Kartoffelsalat durch einen Kontrolleur begleiten lassen. Ich glaube, da stimmen Sie mir zu.
Das ist schlichtweg unmöglich. Aber die Kontrollkette reicht bei uns vom Acker bis zum Teller. Darauf können wir stolz sein.
Lassen Sie mich als Abgeordneter des ländlichen Raums an dieser Stelle eine Lanze für unsere landwirtschaftlichen Betriebe und für unser Metzgerhandwerk brechen. Sie sind seit Jahren längst auf höchstem Niveau, was die Lebensmittelsicherheit angeht. Hier wird mit großem Aufwand dokumentiert und kontrolliert.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss auch das Bewusstsein beim Verbraucher ansprechen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns kommt nichts näher als Essen und Trinken. Es ist unsere Pflicht, intensiv Bewusstseinsbildung beim Verbraucher zu fördern. Wir haben hervorragende Lebensmittel aus Baden-Württemberg. Den Verbrauchern müssen wir permanent und noch stärker vermitteln, welche Arbeit und welche Qualität in heimischen Produkten stecken. Viele Maßnahmen der Ernährungsbildung und Ernährungserziehung, aber auch des Marketings für heimische Produkte sind hier notwendig.
Wir brauchen die Nähe von Produkt und Kunden, verbunden mit herausragender Qualität. Auch das ist für mich ein Stück Lebensmittelsicherheit, das der Verbraucher durch sein Einkaufsverhalten selbst in der Hand hat.
Meine Damen und Herren, bekanntlich ist Vertrauen gut, Kontrolle aber besser. Wir als Verbraucher haben es in der Hand, durch unser Einkaufsverhalten das Wechselspiel zwischen Vertrauen und praktikabler und vernünftiger Kontrolle positiv zu beeinflussen.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Gute Rede! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Guter Mann!)
(Oh-Rufe – Abg. Karl Zimmermann CDU: Gute Re- de! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: „Hochver- ehrte“ hat er zu mir noch nie gesagt! – Zuruf von der CDU: Sehr verdächtig! – Weitere Zurufe)
Das habe ich von Ihnen gelernt. – Herr Hauk, noch gestern Abend haben Sie in Ihrem Grußwort zum Parlamentarischen Abend der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg festgestellt, wie wichtig uns die Verbraucher als Marktpartner seien und wie wichtig es deshalb sei, die Verbraucher zu schützen und zu informieren, um mündige Verbraucher zu haben, die
mit dem immer schwierigeren Markt und seinen Anforderungen korrekt umgehen könnten. Da konnte ich eigentlich jedes Wort nur unterstreichen.
Allerdings habe ich mir gleichzeitig Gedanken gemacht, was Sie in Ihrem einen Jahr als Vorsitzender der Verbraucherministerkonferenz bewirkt und erreicht haben. Es waren kleine Erfolge; sie wurden schon genannt.
Aber die große Linie war, ehrlich gesagt, nicht erkennbar. Ein Jahr lang haben Sie Forderungen an die EU und den Bund gestellt – so steht es zumindest in Ihrer Stellungnahme. Ein Jahr lang haben Sie fachliche Stellungnahmen abgegeben. Ein Jahr lang haben Sie an Besprechungen in Berlin und in Brüssel teilgenommen. Es war ein Jahr der Schönfärberei und manchmal auch – was das K 3 angeht – der Schwarzfärberei. Aber wirklich erreicht haben Sie wenig, muss ich konstatieren, vor allem wenn ich mir den Meilenstein anschaue, der am Schluss steht: ein Verbraucherinformationsgesetz, das eigentlich nichts anderes macht als Verbraucherinteressen zu vernebeln und die kriminelle Energie der im Lebensmittelbereich Tätigen zu schützen.
Der Verbraucherschutz wird damit nicht wirklich ernst genommen. Transparenz ist nicht gegeben; Ross und Reiter werden nicht genannt.
Zum Abschluss fahren Sie dann noch nach Dänemark, um zu schauen, wie denn die Dänen mit dem Verbraucherschutz umgehen. In Ihrem Reisegepäck haben Sie ein kleines BirkelSyndrom mitgenommen. Zurückgekommen sind Sie jedoch nicht einmal, wie ich es mir gewünscht hätte, mit einem kleinen Souvenir,
nämlich in Form eines Smileys. Damit werden in Dänemark Betriebe belohnt, wenn sie sich lebensmittelrechtlich überprüfen lassen haben. Auf diese Smileys bei uns warte ich schon lange, aber leider ist hier nichts passiert.
Sie bauen Ihre Verbraucherschutzpolitik auf zwei Säulen auf. Zum einen ist das die sogenannte Eigenkontrolle, nach dem Motto „Der Lebensmittelhandel hat ein eigenes Interesse daran, möglichst nicht in Verruf zu geraten“. Auf der anderen Seite stehen Ihre stichprobenartigen Schwerpunktkontrollen bei sogenannten Risikogruppen.
Wie Herr Dr. Jürgen Schütz – die Kollegin hat ihn auch schon zitiert – aber festgestellt hat, reichen 220 Kontrolleure landesweit halt nicht aus, vor allem nachdem die Aufgabenstellungen und die EU-Erfordernisse immer schwieriger werden. Dafür haben wir viel zu wenig qualifiziertes Personal. BadenWürttemberg liegt damit im Ländervergleich an vorletzter Stelle. Hier sind wir keineswegs spitze. Der Landesvorsitzende des Bundes der Technischen Beamten, Bernfried Glück, spricht sogar davon, dass die Aufgabenerledigung nur noch sehr begrenzt möglich sei und dass ein präventiver Verbraucherschutz, wie er von uns allen gefordert wird, definitiv nicht stattfindet.
Die Krönung ist natürlich, wenn man eine Anzeige liest, die der Rems-Murr-Kreis – mit 400 000 Einwohnern nicht gerade ein kleiner Kreis –
im Februar dieses Jahres in einer Lebensmittelzeitung aufgegeben hat. Er sucht nämlich einen Lebensmittelkontrolleur oder eine -kontrolleurin und wünscht dabei eine einsatzfreudige Person mit sicherem Auftreten und vielen anderen Attributen. Aber das Wichtigste – das zeigt, wie Sie es mit dem Verbraucherschutz in Baden-Württemberg halten und mit wie wenig Finanz- und Personalausstattung dieses Land zurechtkommen muss – scheint mir zu sein, dass die Bewerber bereit sein sollten, ihren eigenen Pkw für den dienstlichen Einsatz zur Verfügung zu stellen.
So etwas sind aus Ihrer Sicht vielleicht Kleinigkeiten. Das zeigt aber doch sehr deutlich, wo es hingeht.
Ein weiterer Grund – da können Sie noch so viele Kontrolleure einstellen – ist die von Ihnen mit unterstützte Intensivierung unserer Landwirtschaft und Massentierhaltung. Sie handeln immer noch nach dem Motto „Masse statt Klasse“.
Solange sich das nicht ändert, können Sie noch so viele Kontrolleure einstellen. Wir müssen in unserer ganzen Strukturförderung umdenken. Erst dann werden wir erreichen, dass kein Gammel mehr auf den Teller kommt, sondern Genuss.