Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen! Der Landesbeauftragte für den Datenschutz, Herr Zimmermann, hat mit diesem Achtundzwanzigsten Tätigkeitsbericht erneut eine engagierte und kompe
tente Zusammenfassung des Datenschutzgeschehens im öffentlichen Bereich vorgelegt. Dafür und für die geleistete Arbeit möchte ich Ihnen, Herr Zimmermann, und allen Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlich danken.
Dieser Tätigkeitsbericht ist aus Sicht der Landesregierung schon deshalb erfreulich, weil die Zahl der vom Landesbeauftragten beanstandeten Datenschutzverstöße weiter abgenommen hat. Das ist ein Beleg dafür, dass der Datenschutz im Land – ich sage es ganz moderat – im Großen und Ganzen beachtet wird.
Ich möchte auch hervorheben, dass der Landesbeauftragte das Landesamt für Verfassungsschutz und das Landeskriminalamt für ihre technischen und organisatorischen Maßnahmen zu Recht gelobt hat – Herr Kollege Kluck hat es eben schon angedeutet. Es geht um Maßnahmen, die zum Schutz der in der Antiterrordatei gespeicherten Daten getroffen wurden. Auch materiell findet der Landesbeauftragte hier kaum Anlass zur Kritik.
Wer, meine Damen und Herren, den Tätigkeitsbericht und die Stellungnahme der Landesregierung nebeneinanderlegt, der wird ein hohes Maß an Übereinstimmung zwischen dem Landesbeauftragten und der Landesregierung feststellen. Das gilt selbst im heiklen und sensiblen Sicherheitsbereich. Viele Forderungen des Landesbeauftragten wurden oder werden übernommen bzw. den Forderungen wird Rechnung getragen.
Einige wenige Beispiele: Das Landeskriminalamt hat die Arbeitsdatei „Politisch motivierte Kriminalität“ bereits aufgrund früherer Berichte des Landesbeauftragten einer umfassenden Überprüfung unterzogen, und es hat die Zahl der gespeicherten Datensätze deutlich reduziert, nämlich halbiert. Die Kategorie „Andere Personen“, der Datensätze zugeordnet wurden, wurde von 24 000 auf 400 Einträge verringert. Allein daran können Sie sehen, dass wir diese Hinweise durchaus ernst nehmen.
Ich füge hinzu: Das Landeskriminalamt wird die Ausführungen des Landesbeauftragten in seinem jüngsten Tätigkeitsbericht zum Anlass nehmen, die Arbeitsdatei auf gleich gelagerte Fälle wie die im Bericht geschilderten durchzusehen. Sie wird sorgfältig überprüft und ebenfalls bereinigt. Diese Zusage steht. Korrekturen an der Ausschreibungspraxis der Polizeidienststellen zur verdeckten Registrierung nach dem Schengener Durchführungsübereinkommen haben ebenso zu Datenlöschungen geführt wie die Durchsicht – weil es eben erwähnt wurde – der DNA-Analysedatei auf die Fälle, in denen Anlass für die DNA-Analyse wiederholte leichtere Straftaten waren.
Meine Damen und Herren, schon aus Eigeninteresse hat die Polizei umfangreiche Maßnahmen getroffen, um zukünftig zu verhindern, dass vertrauliche Informationen zur Terrorbekämpfung durch einen Computermausklick eines Sachbearbeiters in falsche Hände geraten.
Dankbar aufgenommen wurden auch zahlreiche Hinweise des Landesbeauftragten für den Datenschutz im Bereich Technik und Organisation. Das gilt insbesondere für dessen Ausfüh
Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt will ich aber auch nicht verschweigen, dass es bei aller Übereinstimmung auch deutliche Meinungsunterschiede zwischen dem Landesbeauftragten und der Landesregierung gibt. In der Einleitung des Tätigkeitsberichts kritisiert der Landesbeauftragte vereinfacht ausgedrückt eine permanente Ausweitung der Sicherheitsmaßnahmen zulasten der Freiheit. Diese Einschätzung teile ich nicht. Die Sicherheitsbehörden müssen rechtlich, aber auch technisch in der Lage sein, effektiv gegen Kriminelle und Terroristen vorzugehen, und zwar auch dann, wenn die Gegenseite sozusagen modernste Technik einsetzt. Die technische Entwicklung darf nicht dazu führen, dass rechts- oder gar verfolgungsfreie Räume entstehen. Viele der bereits getroffenen und diskutierten gesetzgeberischen Maßnahmen waren bzw. sind notwendig, um der realer gewordenen Gefahr zu begegnen.
Wir können uns das Entstehen von Ermittlungsdefiziten nicht leisten. Auch dadurch wäre die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit gefährdet.
Einige konkrete Sätze dazu: Die vom Landesbeauftragten erneut kritisierte Antiterrordatei ist für eine erfolgreiche Bekämpfung gerade des Terrorismus unverzichtbar. Worum geht es denn im Kern? Es geht darum, dem international vernetzten Terrorismus mit ebenfalls untereinander vernetzten Sicherheitsbehörden entgegenzutreten. Dies erfordert die Optimierung der Auswertung der vorhandenen Informationen. Die Einbeziehung der Erkenntnisse der Nachrichtendienste ist in diesem Punkt schlichtweg unerlässlich. Der internationale Terrorismus ist geprägt durch höchste Konspiration, und eine wirksame Bekämpfung ist ohne Einbeziehung des terroris tischen Umfelds und der Unterstützerszene nicht erfolgversprechend. Der Staat darf auch nicht tatenlos zusehen, wenn sich beispielsweise das Internet in der Weise entwickelt, dass Straftäter sich dort der strafrechtlichen Verfolgung schlichtweg entziehen können.
In den letzten Jahren haben Telekommunikationsunternehmen – darauf will ich ausdrücklich hinweisen – aus unterschiedlichen Gründen immer weniger Verkehrsdaten für eigene Zwecke gespeichert. So weit, so gut. Aber dies hat dazu geführt, dass Auskunftsansprüche der Sicherheitsbehörden zunehmend ins Leere laufen. Die sogenannte Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten soll den Sicherheitsbehörden daher keinen Zugriff auf Verkehrsdaten unter erleichterten Voraussetzungen verschaffen, sondern soll sicherstellen, dass die bereits bestehenden Befugnisse nicht mangels nicht mehr vorhandener Daten letztlich ins Leere laufen. Das ist der Zweck.
Die heutige Kryptotechnik ist leicht verfügbar, kostengünstig und in vielen Fällen so leistungsstark, dass die Daten von den Sicherheitsbehörden nicht entschlüsselt werden können. Damit laufen klassische Ermittlungsmethoden schlichtweg ins Leere. Verfolgungsfreie Räume könnten nur verhindert werden, Herr Kollege Kluck, wenn die Sicherheitsbehörden die Möglichkeit haben, auf die ermittlungsrelevanten Daten zuzugreifen, bevor diese verschlüsselt werden, oder zumindest nach der Entschlüsselung beim Empfänger. Ich will dieses
Thema heute nicht noch einmal aufwerfen, sondern nur erwähnen, dass die Generalbundesanwältin Harms heute in den „BNN“ erneut genau dieses Instrument gefordert hat. Das Bundesverfassungsgericht hat klare Regeln dazu aufgestellt, und deswegen werden wir in aller Ruhe und Sachlichkeit schauen, wie dieses Thema weiter behandelt wird.
Das führt nicht zu einem Streit in der Regierungskoalition; das will ich eindeutig sagen. Der Kollege Kluck pflegt hier ein sehr prononciertes Wort; das akzeptiere ich so. Wir verabschieden die Novellierung unseres Polizeigesetzes wie vorgesehen, und dann können wir über alles andere noch in Ruhe reden.
Die Vergangenheit hat gezeigt, meine Damen und Herren, dass die Sicherheitsbehörden auf die Situation reagieren müssen und zum Schutz von Anschlagszielen auch gezielte Maßnahmen ergreifen müssen. Dazu zählt u. a. die Videoüberwachung. Der Entwurf des Gesetzes zur Änderung unseres Polizeigesetzes sieht eine behutsame Erweiterung der Video überwachung vor. Fragen Sie einmal nach, wie viele Kameras der Polizei in diesem Land stehen; dann wissen Sie, was ich unter „behutsam“ verstehe. Der Landesbeauftragte wird ausreichend Gelegenheit haben, zu dem Entwurf des Polizeigesetzes Stellung zu nehmen.
Auch den Zugriff auf Mautdaten halte ich zur Verbrechensbekämpfung eigentlich für notwendig. Der Tod eines Parkplatzwächters im November 2005 ist dafür das markanteste Beispiel.
Unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Landesbeauftragten und der Landesregierung bestehen auch in der Frage – der Kollege Walter hat es angesprochen; deswegen will ich diesen Punkt ganz kurz aufgreifen –, welche Daten bei Personen, die wegen einer politisch motivierten Straftat zu Recht in der Arbeitsdatei „Politisch motivierte Kriminalität“ erfasst sind, zugespeichert werden dürfen. Da vertrete ich ganz klar den Standpunkt, Herr Kollege Walter, dass auch legale Verhaltensweisen Anhaltspunkte für eine künftige Begehung von Straftaten bieten können und deswegen zugespeichert werden dürfen. In der Stellungnahme der Landesregierung sind hierfür Beispiele aufgeführt. Der Tierschützer wird – isoliert als Tierschützer – nicht in diese Datei aufgenommen, der Teilnehmer an einer friedlichen Demonstration auch nicht. Vielmehr geht es hier um Zusatzspeicherung von Daten, denen eine Straftat oder zumindest erhebliche Verdachtsmomente vorausgegangen sein müssen. Noch einmal: Der friedliche Tierschützer wird da – isoliert als Tierschützer – nicht aufgenommen.
Ich kann auch nicht der Kritik des Landesbeauftragten für den Datenschutz folgen, was die Auskunftspraxis des Landeskriminalamts im Staatsschutzbereich anbelangt. In diesem Bereich ist es nun einmal regelmäßig nicht möglich, bei einem Auskunftsersuchen eines Bürgers alle Karten auf den Tisch zu legen. Es ist ja schon klar, dass durch die Auskunftserteilung der Betreffende natürlich erfahren würde, dass er durch den Staatsschutz überwacht wird. Dies hätte in der Tat die Folge, dass Überwachungsmaßnahmen und Ermittlungsmaßnahmen völlig ins Leere laufen.
Lassen Sie mich zum Schluss auf einen Punkt zu sprechen kommen, den die Kollegin Vogt und auch der Kollege Walter – ich glaube, es waren fast alle meine Vorredner – angesprochen haben, nämlich die Frage der Zusammenlegung der Datenschutzaufsicht über den nicht öffentlichen mit der Datenschutzaufsicht über den öffentlichen Bereich.
Anlass dafür ist die Klage der EU-Kommission gegen Deutschland – der Kollege Föll hat dies zutreffend und umfassend ausgeführt; deswegen gehe ich nur in wenigen Sätzen darauf ein – wegen angeblicher Verletzung der EU-Datenschutzrichtlinie. Die Kommission ist der Auffassung, die Datenschutzaufsichtsbehörde für den privaten Bereich sei nicht, wie es die EU-Richtlinie verlangt, bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben völlig unabhängig. Die Klageerhebung ist nach Auffassung der Landesregierung aber kein Grund, die öffentliche und die private Datenschutzaufsicht in Baden-Württemberg jetzt zusammenzulegen. Die EU-Kommission hält die Rechtslage in allen 16 Bundesländern für europarechtswidrig, also auch die Rechtslage in denjenigen Ländern, in denen der Landesbeauftragte für den Datenschutz bereits jetzt für beide Bereiche zuständig ist; der Kollege Föll hat darauf hingewiesen. Die Bedenken der EU wären daher durch eine Zusammenlegung nicht ausgeräumt. Die Vorstellungen der Kommission gehen vielmehr deutlich über die derzeitigen Organisationsformen der Datenschutzaufsicht in den Bundesländern hinaus.
Die Bundesregierung hat diesen Vorstellungen in ihrer Klageerwiderung eine Absage erteilt. Maßgeblich dafür sind verfassungsrechtliche Gründe, aber auch der EU-rechtliche Subsidiaritätsgrundsatz, der einen Eingriff in die Organisationshoheit der EU-Staaten verbietet; darauf will ich schon noch einmal hinweisen. Die Innenminister haben auf ihrer Konferenz im Dezember 2007 ebenfalls diesen Standpunkt einhellig vertreten.
Meine Damen und Herren, nach alledem erscheint es der Landesregierung angezeigt, vor etwaigen organisatorischen Änderungen die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs abzuwarten, und dies umso mehr, als die Arbeit der Aufsichtsbehörde für den Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich bei den Beratungen ihres Vierten Tätigkeitsberichts im Landtag von allen Fraktionen anerkannt wurde. Dem Landesbeauftragten für den Datenschutz wird auch ohne die Aufgaben im privaten Bereich die Arbeit nicht ausgehen. Das will ich ausdrücklich betonen. Das machen auch die jüngsten Ereignisse deutlich.
Aber ich will, Herr Kollege Walter, noch zu der Problematik Lidl klar sagen, dass ich schlecht beraten wäre, schon jetzt, wo das Verfahren noch im Gange ist, eine öffentliche Bewertung vorzunehmen. Nur eines kann ich sagen: Prophylaktische datenschutzrechtliche Prüfungen bei Discountern oder sonst wem gibt es in keinem Bundesland. Das wäre schlichtweg überhaupt nicht zu leisten, und deswegen gibt es diese auch bei uns nicht.
Ja, klar. Aber jetzt bitte gemach, gemach! Sie werden hoffentlich davon ausgehen, dass der Sachverhalt umfassend und
gründlich geprüft und ausgewertet wird und dass dann die entsprechenden Folgerungen gezogen werden. Sie werden zu Recht davon ausgehen, dass ich hier und heute eine Bewertung dazu nicht vornehmen kann, will und darf.
Wir kommen jetzt zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der Beschlussempfehlung des Ständigen Ausschusses und der Anträge.
Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 14/2403, abstimmen. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist mehrheitlich abgelehnt.
Ich lasse nun über die Beschlussempfehlung des Ständigen Ausschusses, Drucksache 14/2366, abstimmen. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Meine Damen und Herren, wir sind mitten in der Abstimmung! – Danke schön. Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Das Erstere war die Mehrheit. Der Beschlussempfehlung ist mehrheitlich zugestimmt.
Wir kommen nun zum Antrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/1636. Abschnitt I dieses Antrags ist als Berichtsteil durch die Aussprache erledigt.
Über die Abschnitte II und III ist abzustimmen. Wer den Abschnitten II und III des Antrags Drucksache 14/1636 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Diese Abschnitte sind mehrheitlich abgelehnt.
Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Unterrichtsausfall an den beruflichen Schulen in BadenWürttemberg – Drucksache 14/2164
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu b fünf Minuten, für die Aussprache über a und b fünf Minuten je Fraktion, für das Schlusswort zu a fünf Minuten.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Klagen der Ausbildungsbetriebe im Land sind unüberhörbar. Die unbefriedigende Unterrichtsversorgung an den Berufsschulen ist schon landesweit ein Thema. Der Unterrichtsausfall geht dabei nicht nur zulasten der Auszubildenden, sondern er schadet auch dem