Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu dem Hafensicherheitsgesetz haben Sie bereits viel Richtiges gehört. Lassen Sie mich deshalb aus der Sicht unserer Fraktion die Bedeutung des Gesetzes unterstreichen.
Vor einigen Monaten ist es dem Verfassungsschutz von Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit der Polizei gelungen, eine Bande von islamistischen Terroristen auszuheben. Diese hatten u. a. Flüssigkeiten für die Herstellung von Bomben in Garagen gebunkert. Wissen Sie, wie viele Tonnen bombenfähiger Flüssigkeiten in eine Garage passen?
Können Sie sich vorstellen, wie viel Sprengkraft der Inhalt eines einzigen Containers zu entfalten vermag? Wenn man sich dann vorstellt, wie viele Container auf einem Schiff Platz haben, können Sie sich die Sprengkraft vorstellen. Wenn Sie sich dann die Berge beschlagnahmter Schmuggelware in den Seehäfen Europas vor Augen führen – in Mannheim ist es eher wenig –, können Sie sich eine ungefähre Vorstellung davon
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist richtig und wichtig, dass auf Flughäfen ein immenser Kontrollaufwand betrieben wird. Niemand will die Gefährlichkeit von Nagelfeilen kleinreden. Wichtig ist auch, dass wir bei der Einreise von Menschen auf die Koffer achten, deren mögliche Sprengkraft nicht zu unterschätzen ist, und dass die Pkws kontrolliert werden. Autobomben kennt man überall auf der Welt. Aber von der Menge der Ladung her verdient der Schiffsverkehr oberste Priorität. Es bedarf ja gar keiner Schiffsladung an explosiven Stoffen. Einige gut versteckte Kanister bombenfähigen Materials sind ja schon genug.
Der Internationalen Schifffahrtsorganisation ist deshalb mit Nachdruck dafür zu danken, dass sie ihrem Abkommen zum Schutz menschlichen Lebens auf See ein Kapitel über besondere Maßnahmen zur Erhöhung der Gefahrenabwehr in der Schifffahrt hinzugefügt hat. Die Schifffahrt ist international; der Terrorismus ist international, und seine Bekämpfung kann nur international erfolgen. Es ist dankenswert, dass die EU, die Bundesregierung und nun auch die Landesregierung von Baden-Württemberg mit dem Hafensicherheitsgesetz einen wichtigen Baustein in der Terrorismusabwehr schaffen.
Als Liberale begrüßen wir selbstverständlich, dass die Pflicht zur Aufstellung von Gefahrenabwehrplänen nicht auf die Hafenbetreiber abgewälzt wurde – obwohl der Hafen Mannheim solche Pläne schon freiwillig aufgestellt hat –, sondern dass die öffentliche Hand sich in der Pflicht sieht. Ein Problem besteht aber darin, dass die Kosten trotzdem auf die Häfen abgewälzt werden können. So ganz ist das Prinzip „Wer bestellt, bezahlt“ da nicht verwirklicht.
Zuständig für die Hafensicherheit ist das Regierungspräsidium Freiburg. Karlsruhe läge etwas näher an Mannheim als Freiburg. Vielleicht sollten wir im Gesetzgebungsverfahren die Reisekosten den eventuellen Umzugskosten gegenüberstellen. Wasserstraßen gibt es eher im Norden des Landes als im Süden.
Wir sind froh und glücklich, dass dieses Gesetz Häfen und Hafenanlagen, in denen im internationalen Seeverkehr – Kollege Gall hat es ja noch einmal ausdrücklich hervorgehoben – eingesetzte Schiffe verkehren, schützt. Aber was ist mit den Schiffen, die nicht im Hafen Mannheim anlegen und nicht im internationalen Seeverkehr fahren? Werden einige Kisten bombenfähiger Flüssigkeiten dadurch weniger gefährlich, dass der Container, in dem sie sich befinden, von einem Seeschiff in einem Seehafen auf ein Binnenschiff umgeladen wird?
Ist ein Container mit Sprengstoff in einem seegängigen Schiff im Hafen Mannheim wirklich sehr viel gefährlicher als ein Container mit Sprengstoff in einem nicht seegängigen Schiff in den Häfen von Karlsruhe oder Stuttgart? Wir wollen hoffen, dass auch die anderen Häfen, Güterbahnhöfe und die vielen Hundert ausländischen Lkws auf unseren Autobahnen und Bundesstraßen bei der Bekämpfung des Terrorismus ähnlich
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wir haben etwas gelernt! – Abg. Katrin Altpeter SPD: Und jetzt spielen wir eine Runde „Schiffe versenken“!)
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Es ist vorgeschlagen, den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den Innenausschuss zu überweisen. Sie stimmen diesem Vorschlag zu. – Es ist so beschlossen.
(Abg. Ute Vogt SPD: Deshalb mussten wir jetzt eine Aussprache anberaumen? – Gegenruf des Abg. Rein- hold Gall SPD: Wenn es doch interessant ist! – Ge- genruf der Abg. Ute Vogt SPD: Wer von uns hat denn dazu gesprochen? – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Ich! – Vereinzelt Heiterkeit)
Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Staatsministeriums – Aktualität der Berichterstattung von Fußballbundesligaspielen sichern – Drucksache 14/1653
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung des Antrags fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Herr Kollege, die Spiele der Landtagsmannschaft werden zum Glück nicht live im Fernsehen übertragen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mit ei nem Zitat des früheren Trainers des FC Liverpool, Bill Shankly, beginnen – auch deswegen, weil ich bei der Stellungnahme zu dem Antrag und auch angesichts von Kommentaren spe ziell von der rechten Seite des Hauses den Eindruck habe, dass man diese Debatte vielleicht nicht ganz ernst nimmt. Bill Shankly hat einmal gesagt:
Einige Leute denken, Fußball sei eine Sache auf Leben und Tod. Ich mag diese Haltung nicht. Es ist viel ernster als dies.
Deswegen sollten wir uns schon ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen, ob zukünftig ein Großteil unserer Bevölkerung von der Fußballbundesligaberichterstattung ausgeschlos
sen wird. Wird es das nur noch im Pay-TV geben, wie wir es jetzt schon bei der Champions League erleben? Dies bitte ich vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Spiele der Fußballbundesliga in dieser Republik zu den wichtigsten Ereignissen der Woche gehören – oft eher als Landtagsdebatten, ob uns das recht ist oder nicht.
Fußball, meine Damen und Herren, ist Volkssport Nummer 1. Zwölf Millionen Menschen besuchen jedes Jahr die Stadien der Bundesligavereine. Das ist übrigens Europarekord und wahrscheinlich auch Weltrekord. In keinem anderen Land wird Fußball so viel live angeschaut wie in Deutschland.
Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben wir bisher, sofern Bundesligaspiele ausgetragen werden, wöchentlich die Sendung „Sportschau“. Die Qualität ist wesentlich höher als zuvor bei der Sendung „ran“. Die fünf bis sechs Millionen Zuschauer, die die Sendung Woche für Woche anschauen, stimmen mit den Füßen ab. Es handelt sich um eine Kultsendung.
Weil Fußball ein wichtiges Ereignis und Volkssport Nummer 1 ist, meine Damen und Herren, handelt es sich nach Überzeugung der Fraktion GRÜNE um eine Aufgabe der Grundversorgung. In den Rundfunkstaatsverträgen ist definiert, dass die Grundversorgung im frei empfangbaren Fernsehen gewährleistet sein muss.
Die Berichterstattung muss, meine Damen und Herren, auch zeitnah gewährleistet sein und darf nicht erst zwei oder drei Tage später kommen. Ich möchte an den Versuch von SAT.1 aus dem Jahr 2001 erinnern: Damals sollte die Bundesligaberichterstattung auf 20:15 Uhr verlegt werden – wohlgemerkt im frei empfangbaren Fernsehen. Schon das hat quasi zu einem Aufstand geführt. Die Sponsoren haben sich zurückgezogen, und schon nach wenigen Wochen war dieses Modell gestorben.
Da die Deutsche Fußball Liga nun ausgerechnet mit Herrn Kirch, der die Bundesliga schon einmal in ihre schwerste finanzielle Krise geführt hat, wieder einen neuen Deal abgeschlossen und ihm auf Jahre hinaus die Rechte gegeben hat, besteht die Gefahr, dass es künftig keine zeitnahe Berichterstattung über Spiele der Fußballbundesliga mehr gibt.
Diese Gefahr wird in der gesamten Bundesrepublik gesehen. Weil wir Angst hatten, dass es eine ähnliche Entwicklung auch bei anderen großen Ereignissen geben könnte, z. B. bei Olympischen Spielen, Fußballeuropameisterschaften und Fußballweltmeisterschaften, haben wir im Landtag von Baden-Würt temberg in den Neunzigerjahren beschlossen und in den Rundfunkstaatsvertrag aufgenommen, dass herausragende sportliche Ereignisse auch zukünftig der gesamten Bevölkerung im frei empfangbaren Fernsehen zur Verfügung gestellt werden müssen.
Wenn wir anerkennen, dass – so sage ich einmal – ein Spiel der Champions League durchaus mit einem gesamten Bundesligaspieltag vergleichbar ist, dann muss uns das eben auch genauso wichtig sein. Das heißt: Um zu verhindern, dass die Bevölkerung zukünftig ausgeschlossen wird, müssen wir den
Rundfunkstaatsvertrag auch in dieser Frage entsprechend ändern und nur etwas tun, was wir in Bezug auf andere Ereignisse bereits getan haben. Es ist also nicht so, dass wir sagen würden, wir hätten eine neue Idee und blähten den Staatsvertrag auf, sondern wir machen nur etwas Analoges zu etwas, was es bereits gibt. Da die Bundesliga heute so populär ist wie noch nie – ich habe den Kultstatus, den sie mittlerweile genießt, schon angesprochen –, sind wir auch hier gefordert, eine gesellschaftliche Gesamtverantwortung zu übernehmen, die offensichtlich viele – auch in der Deutschen Fußball Liga – nicht mehr haben wollen.
Wenn es jetzt beispielsweise so wäre, dass auch die Bundesligaspieltage noch weiter auseinandergezogen würden, dass es abends ein Livespiel gäbe und die anderen Spiele nachmittags stattfänden, damit auch die Chinesen und die Japaner zuschauen könnten – all diese Pläne schwirren ja offensichtlich in den Köpfen herum; in England gibt es das zum Teil bereits schon in der Realität –,
dann würden auch ein Stück Fankultur und ein Stück der Kultur, die wir in unserem Land aufgebaut haben, zusammenbrechen. Da sind wir schlichtweg gefordert.
In Frankreich, meine Damen und Herren, hat ein privater PayTV-Sender die Rechte erworben und hatte vor, ebenfalls keine zeitnahe Berichterstattung mehr zuzulassen.
Da geht es natürlich um große Summen, Frau Kollegin Kipfer. Das ist uns ja klar. Aber um die ging es ja auch bisher schon.
In Frankreich gab es dann praktisch einen Aufstand der Betroffenen, der Fußballfans. Dort wurde das Ganze noch einmal verhindert. Es gibt jetzt wenigstens scheibchenweise noch eine Art aktuelle Berichterstattung. Es ist aber nicht sicher, dass es in Deutschland nicht ähnlich wäre.
Wenn man sieht, welche wichtige Funktion Fußball und der Sport insgesamt – Fußball ist die wichtigste Sportart – haben, beispielsweise für die Integration, wenn man sieht, dass Jugendliche beim Fußballspielen Teamgeist entwickeln, dass sie in einem Mannschaftssport auch Egoismen hintanstellen, wenn man all dies sieht und wenn man weiß, welche wichtige Vorbildfunktion gerade Fußballspieler auf die Jugendlichen haben, wäre es doch fatal – –