Protokoll der Sitzung vom 02.04.2008

Wenn man sieht, welche wichtige Funktion Fußball und der Sport insgesamt – Fußball ist die wichtigste Sportart – haben, beispielsweise für die Integration, wenn man sieht, dass Jugendliche beim Fußballspielen Teamgeist entwickeln, dass sie in einem Mannschaftssport auch Egoismen hintanstellen, wenn man all dies sieht und wenn man weiß, welche wichtige Vorbildfunktion gerade Fußballspieler auf die Jugendlichen haben, wäre es doch fatal – –

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Wie der Jarolim!)

Ja, klar. Es gibt auch negative Beispiele.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Sie polemisieren jetzt schon arg!)

Nein. Es gibt logischerweise auch negative Beispiele. Die gibt es auch in der Politik, Herr Kollege.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das glaube ich!)

Aber deswegen schaffen wir doch die Politik nicht ab.

Man kann erkennen, welchen positiven Einfluss Fußball und Sport allgemein auf Jugendliche haben, und zwar natürlich in der Breite. Um Sport in der Breite zu haben, sind eben immer die Vorbilder in der Spitze gefragt; das war in der Vergangenheit so und ist heute noch so, vielleicht noch stärker als jemals zuvor. Deswegen: Wenn Fußball im Nachtprogramm käme, würden insbesondere Jugendliche von dieser Berichterstattung ausgeschlossen werden. Wir haben bereits heute die negative Entwicklung, dass Länderspiele oder ChampionsLeague-Spiele ab 20:45 Uhr gezeigt werden und gerade Kinder und Jugendliche, die am nächsten Tag in die Schule müssen, von diesen Berichterstattungen im Grunde genommen ausgeschlossen sind.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Da kann man als Vater großzügig sein!)

Da kann man großzügig sein, auch als Rektor oder als Lehrer.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das auch!)

Also gut. Ich werde es weitergeben.

Deswegen, meine Damen und Herren, bitte ich Sie: Stimmen Sie unserem Antrag zu. Überlegen Sie sich genau, welche Verantwortung Sie für diesen Volkssport Nummer 1 in Deutschland haben. Es kann nicht sein, dass die Berichterstattung im Fernsehen über diesen Volkssport Nummer 1 zukünftig nur noch für einen kleinen Kreis zugänglich ist, der es sich leisten kann, monatlich soundso viel Geld für ein Abonnement bei einem Pay-TV-Sender zu bezahlen, dass also nur noch diese Leute das Recht haben, Fußball zu schauen. Das kann nicht im Sinne der Politik sein. Wir haben eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, und die übernehmen wir mit dem Antrag, der Ihnen heute vorliegt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Pauli das Wort.

Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Walter, ich kann Ihnen ernsthaft versichern: Für die CDU-Landtagsfraktion gehört eine angemessene Berichterstattung über Sportereignisse, insbesondere wenn sie internationale, nationale oder auch regionale Bedeutung haben, selbstverständlich zum Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Ich bin dankbar, dass Sie uns mit Ihrem Antrag heute die Gelegenheit geben, uns in der Umstellung zur neuen, digitalen Medienwelt, in der wir uns gerade befinden, auch mit dem Thema Grundversorgung ernsthaft auseinanderzusetzen. Allerdings betrifft der Antrag von Ihnen leider nur einen Teil dessen, über das wir uns unterhalten müssen.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Dann macht doch einen Änderungsantrag dazu!)

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat auch im digitalen Zeitalter eine herausragende Bedeutung als Medium im Prozess einer freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk leistet unstrittig einen zen

tralen Beitrag zur Erfüllung der demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse unserer Gesellschaft. Aber der öffentliche Mehrwert, der durch die öffentlich-rechtliche Säule unseres dualen Rundfunksystems geschaffen wird, den die Gebührenzahler ja auch finanzieren, liegt begründet in den qualitativen Alleinstellungsmerkmalen, die diese Angebote in Bereichen der Bildung, der Information, der Unterhaltung, der Kultur – hierzu gehört auch der Sport – und der regionalen Identität schaffen.

Diese Kategorien sind in ihrer Reichweite, z. B. mit Regelbeispielen, durchaus im Rundfunkstaatsvertrag zu präzisieren. Aber da ist der Fußballsport als die einzige Sportart, die Sie sicherlich zu Recht auch privilegieren wollen, nur ein Teil aspekt.

Ich möchte gerade auch beim Bereich Sport hinzufügen: Selbstverständlich – da sind wir auf einer Wellenlänge – hat der Spitzensport und auch seine Darstellung immer eine Vorbildfunktion. Er hat massive Auswirkungen auf den Breitensport. Gerade auch im ländlichen Raum wissen wir das zu schätzen. Aber bitte konzentrieren Sie sich nicht nur auf die Fußballbundesliga. Nebenbei bemerkt: Der DFB-Pokal ist manchmal auch spannend.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Ja!)

Bei uns im Land Baden-Württemberg gibt es Erstligavereine im Handball,

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Die kommen aber in der „Sportschau“ nicht vor!)

wir haben Erstligavereine im Volleyball, im Basketball,

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wasserball!)

im Wasserball und in vielen anderen spannenden Sportarten, die es wert sind, in stärkerem Maße im öffentlich-rechtlichen Medium dargestellt zu werden.

Lieber Kollege Walter, Sie haben der Stellungnahme zu Ihrem Antrag entnehmen können, dass der Gesetzgeber unabhängig davon bereits 1991 das Recht der Kurzberichterstattung in den Rundfunkstaatsvertrag aufgenommen hat.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Wo ist das Recht frei- tagabends? – Gegenruf der Abg. Ute Vogt SPD: Glotzt nicht so viel Fernsehen! Geht lieber zum Fuß- ballplatz!)

Dazu wird sicherlich auch der Staatsminister noch einige Worte sagen. Sie haben der Stellungnahme sicherlich auch entnommen, dass stärkere Konkretisierungen auch verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen.

Ich denke, es ist richtig, dass wir uns ernsthaft mit dem Thema Grundversorgung auseinandersetzen. Das sollten wir aber nicht nur begrenzt auf dieses kleine Puzzleteil tun. Vielmehr müssen wir uns da auf größere Felder konzentrieren.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Dann macht doch einen Änderungsantrag, dann machen wir das zusammen!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Frau Abg. Queitsch das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die beiden vorangegangenen Beiträge haben gezeigt – –

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Frauenfußball gibt es auch!)

Herr Noll, Sie können davon ausgehen, dass ich das in meiner Rede auch noch ansprechen werde.

Zunächst möchte ich auf die Beiträge meiner beiden Vorredner eingehen. Da stellt sich die Situation wie so oft in Landtagsdebatten in diesem Hause dar: Wenn man genau zuhört, kann man feststellen, dass wir eigentlich in vielen Punkten übereinstimmen. Trotz alledem heben die einzelnen Redner das heraus, was uns trennt.

Wir als SPD-Fraktion werden dem Antrag der Grünen zustimmen, weil wir es als richtig empfinden, heute von dieser Stelle aus die Landesregierung aufzufordern, sich verstärkt dafür einzusetzen, dass die zeitnahe Berichterstattung über die Spiele der Fußballbundesliga auch in Zukunft gewährleistet ist.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut!)

Wenn wir uns die Einschaltquoten bei der „Sportschau“ anschauen,

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Sechs Millionen!)

können wir alle feststellen, dass die Berichterstattung über die Fußballbundesliga sehr stark im Interesse der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes liegt. Deswegen kann ich nicht verstehen, dass man das hier ad acta legt und lediglich darauf verweist, man müsste dann die anderen Sportarten auch noch aufnehmen. Selbstverständlich wünsche auch ich mir, dass in der öffentlich-rechtlichen Berichterstattung, z. B. in der „Sportschau“, mehr Platz beispielsweise für Frauenfußball, aber auch für die Bundesligen in anderen Sportarten ist. In Freiburg gibt es zehn Bundesligamannschaften in verschiedensten Sportarten. Ich bin Beiratsvorsitzende bei den „Eisvögeln“. Wir spielen seit Jahren im Damenbasketball in der ersten Liga. Es wäre schön, wenn darüber auch mehr Berichte kämen. Aber das allein reicht doch nicht, um zu sagen: Deswegen wollen wir heute hier keine Abstimmung darüber. Ich halte sie trotzdem für sehr wichtig.

Noch ein ganz wesentlicher Punkt, meine Damen und Herren: Schauen Sie sich doch wirklich einmal die Verankerung der „Sportschau“ in unseren Familien an. Die „Sportschau“ hat im Grunde genommen einen solchen Wert in unserem Familienleben, dass man einfach sagen muss: Da darf man nicht darüber diskutieren und nicht darüber nachdenken, diese eventuell nach hinten zu verschieben. Wenn Sie sehen, mit welcher Begeisterung Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene sich diesen Zeitpunkt der „Sportschau“ immer wieder genau vormerken und im Grunde genommen auch die Familien ihre Samstagsgestaltung teilweise danach richten oder sogar im Urlaub noch Wert auf die „Sportschau“ gelegt wird,

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Das ist doch un- strittig!)

dann erkennen Sie, denke ich, dass das auf jeden Fall etwas ist, was gewährleistet werden muss.

Ein weiterer Punkt ist natürlich auch: Wenn wir immer wieder beklagen, dass viele Kinder und Jugendliche zu häufig vorm Fernseher sitzen, wie man so allgemein sagt, dass sie zu sehr die Programme anschauen, die wir alle im Grunde genommen nicht unbedingt für sehenswert für Kinder und Jugendliche halten, wir aber jetzt unter Umständen gleichzeitig mithelfen, dass die Sendungen, die sie ganz gern anschauen, von den Zeitpunkten, zu denen sie bisher gesendet worden sind, nach hinten verschoben werden, dann, muss ich sagen, erweisen wir der Sorge, die bei uns sehr oft zum Ausdruck kommt, dass Kinder das Falsche schauen, einfach einen Bärendienst. Das kann es doch nicht gewesen sein.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut! – Abg. Gün- ther-Martin Pauli CDU: Das macht doch keiner!)

Daher fände ich es schön, wenn alle hier in diesem Haus heute diesen Antrag der Grünen unterstützten und die Landesregierung dementsprechend ersucht würde, jetzt wirklich verstärkt bei den Privaten darauf hinzuwirken, dass die bisherige zeitnahe Berichterstattung nicht weiter ausgedünnt wird. Das müsste in unser aller Interesse liegen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)