Protokoll der Sitzung vom 03.04.2008

Nur weil ich diese Existenzsorgen hier thematisiert habe, bin ich als Tabaklobbyist diffamiert worden.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das war Ihre eigene Fraktion!)

Ja, eben.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Eben!)

Liebe Frau Mielich, Sie haben gesagt, der Wirtschaftsminister beziehe sich auf irgendwelche Aussagen des DEHOGA. Ich habe die neueste Aussage des DEHOGA vom 7. März 2008. Dort steht zum Thema Einraumbetriebe: 77,7 % der Einraumbetriebe geben an, dass sie schon jetzt negative Auswirkungen haben, und zwar dauerhafte Auswirkungen und nicht nur eine Delle. 74 % der Einraumbetriebe geben an, dass ihre langfristige Prognose negativ ist.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Jetzt hören Sie einmal zu! – Zwei Drittel der Betriebe mit einer langfristig negativen Prognose sehen sich sogar in ihrer Existenz gefährdet, und zwar nicht kurz nach Inkrafttreten,

sondern nach einem guten Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Das hat doch offensichtlich Herrn Schmiedel dazu gebracht, diese Frage der Existenzsicherung gegenüber der Frage, ob wir damit den Nichtraucherschutz durchlöchern, abzuwägen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Es ist doch legitim, darüber nachzudenken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

(Zuruf: Man könnte meinen, Sie wären bei der SPD! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

lassen Sie uns doch hier nicht immer darüber diskutieren, dass wir die bösen Tabaklobbyisten und bösen Raucher und, und, und seien.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Wer hat denn das Ge- setz eingebracht? – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Ste- hen Sie zu dem Gesetz oder nicht? – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Lassen Sie uns doch auch einmal über die grundsätzliche Frage nachdenken, die sich hier stellt. Dazu darf ich Ihnen einfach noch einmal die Zeitung mit den großen Lettern zeigen. Eine da oben wird sich besonders freuen.

(Der Redner hält die Kopie eines Ausschnitts der „Bild“-Zeitung hoch. – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was ist das? – Ah-Rufe – Abg. Claus Schmiedel SPD: Teufel! – Abg. Andreas Hoffmann CDU: Das war er am 1. April! – Abg. Claus Schmiedel SPD: 1. April! Teufel! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Teufel! – Zu- rufe: Das war ein Aprilscherz!)

Ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Sie koalieren mit Herrn Oettinger und nicht mit Herrn Teufel!)

Das höre ich zunehmend auch von Menschen, die grundsätzlich gegen das Rauchen und grundsätzlich für den Nichtraucherschutz sind, wie ich auch.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ach! – Unruhe – Zu- rufe: Pst!)

Herr Teufel sagt:

Mir geht diese radikale Einschränkung des Rauchens zu weit.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Oi!)

Man kann doch nicht alles verbieten!

(Beifall bei der FDP/DVP – Zurufe: Ja!)

Und ich frage mich, was die nächste Station ist – denn es hört nämlich nicht auf mit den ganzen Verboten!

(Beifall bei der FDP/DVP – Oh-Rufe von der SPD)

Es ist doch die gesellschaftliche Frage, ob wir – selbstverständlich aus guten Gründen – künftig auch die Abgabe von fetthaltigen Speisen in Gastronomiebetrieben verbieten wollen.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Abg. Claus Schmie- del SPD zu Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das war doch sein Gesetz! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist doch Ihr Gesetz!)

Wir fangen doch schon mit dieser immer weiter reichenden Regulierungswut und dem Hineinregieren in die persönlichen Verhältnisse der Menschen an.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Reinhold Gall: Hier geht es um Gesundheitsschutz! – Zuruf des Abg. Jür- gen Walter GRÜNE – Unruhe)

Ja, es geht um die Gesundheit,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ja!)

und die ist gewahrt mit dem, was wir gemacht haben.

(Anhaltende Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Aber ein bisschen sollte man schon auch noch die Eigenverantwortung der Menschen in diesem Land respektieren.

(Zuruf von der SPD)

Ich glaube, wir hätten einen guten Kompromiss.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Sie sind doch an der Regierung! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Sie sind doch an der Regierung! – Anhaltende Unruhe)

Zu der Frage, wie wir uns das weitere Vorgehen vorstellen, sage ich gern noch etwas in der zweiten Runde.

(Abg. Gunter Kaufmann SPD: Sehr gut! – Beifall bei der FDP/DVP – Zurufe von der SPD und den Grünen – Anhaltende Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich darf darum bitten, dass Ruhe herrscht. Man kann den Redner sonst fast nicht verstehen. Nicht nur die Kolleginnen und Kollegen hier, sondern auch die Anwesenden auf der Zuhörertribüne sollen die Debatte mitverfolgen können. Deshalb möchte ich Sie bitten, die Gespräche weitgehend einzustellen.

Ich darf jetzt das Wort der Ministerin für Arbeit und Soziales, Frau Dr. Stolz, erteilen.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Danach kommt der Wirtschaftsminister! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jetzt kommt Sachlichkeit in die Diskussion! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Kommt der „DEHOGA- Minister“ auch noch?)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat keine Veranlassung und hat auch kein Interesse daran, das Landesnichtraucherschutzgesetz als bedeutsamen Schritt zu einem verbesserten Gesundheitsschutz zu verändern.

(Beifall bei der CDU und den Grünen – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Sehr gut!)

Dieses Gesetz hat keine kurze Laufzeit. Wir haben vor acht Monaten als erstes Bundesland dieses Gesundheitsschutzgesetz verabschiedet. Es war ein schwieriger Weg. Es gab natürlich eine Diskussion über alle Möglichkeiten. Ich bin davon überzeugt, dass wir eine praktikable Lösung gefunden haben – keine radikale Lösung, sondern eine praktikable Lösung –, die den Gesundheitsschutz der Bevölkerung vornan stellt:

(Unruhe)

Gesundheitsschutz in dem Sinn, dass die Freiheit des Einzelnen dort eingeschränkt wird, wo die Gesundheit des anderen gefährdet ist. Dass wir einen Schutz der Bevölkerung vor dem Passivrauch brauchen, ist mittlerweile unumstritten.