Dabei wird aber nicht berücksichtigt, dass es natürlich Abwesenheiten durch Mutterschaft, durch Krankheit oder durch Schwerpunkteinsätze in anderen Bereichen gibt. Deshalb kann man sagen, dass angesichts der dünnen Personaldecke bei der Polizei die Sollstärke eigentlich nirgends gesichert ist.
Man lebt unter dauerndem Mangel, und man lebt eigentlich in der Verwaltung des Mangels in den Revieren in BadenWürttemberg.
Wie man angesichts einer solch dünnen Personaldecke zum Ergebnis kommen kann, dass man noch einmal tausend Stellen abbauen könne, müssen Sie heute hier erklären. Das ist ein unmöglicher Vorgang. Wenn man das einmal übersetzt, bedeutet dies, dass allein in der Landeshauptstadt in diesem Jahr über 150 Stellen abzubauen sind. Das heißt, jeden zweiten Tag gibt es einen Polizisten weniger in der Landeshauptstadt. Dass da der Oberbürgermeister von Stuttgart auf die Barrikaden geht, ist völlig klar. Sie müssen erklären, wie Sie eigentlich dazu kommen, noch einmal auf weitere tausend Mitarbeiter bei der Polizei verzichten zu können, wenn Sie selbst davon ausgehen, dass wir eine äußerst angespannte Personalsituation bei der Polizei haben.
Sie müssen übrigens auch erklären, ob es stimmt, was OB Schuster in einem Interview mit der „Stuttgarter Zeitung“ geäußert hat. Darin berichtet er, er habe den Innenminister intensiv darum gebeten, noch einmal zu überdenken, ob es der
Der Innenminister steht diesem Gedanken aufgeschlossen gegenüber, aber es gibt Beschlüsse der Landesregierung.
Entweder geht es Ihnen so wie Herrn Noll, dass Sie in irgendeine Mithaftung genommen werden, oder Sie haben tatsächlich die Meinung, dass man tausend Stellen abbauen kann. Dann heute also raus mit der Botschaft, womit wir zu rechnen haben!
Der zweite Grund, weshalb wir diesen Antrag auf die Tagesordnung gesetzt haben, ist eine Situation, die uns Sorgen macht: Ich glaube, noch nie war in Baden-Württemberg das Verhältnis zwischen der Polizei und der Landesregierung so kaputt wie derzeit. Ich war beim Neujahrsempfang der Gewerkschaft der Polizei und habe mir das angeguckt. Es war nicht nur mein Eindruck, Herr Minister, dass es nicht nur eine Distanz gibt, sondern dass sich da feindliche Kräfte gegenüberstehen, dass man sich nicht zuhört und sich nichts zu sagen hat und dass Sie Ihr Grußwort dazu benutzt haben, um einen Rundumschlag zu machen. Das zeigt ja schon, dass das Verhältnis wirklich im Argen liegt. Das ist überhaupt nicht mit dem in Übereinstimmung zu bringen, was der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung angekündigt hat. Ich zitiere:
Wir bieten der Polizei einen „Pakt für ein sicheres Baden-Württemberg“ an.... Die Polizei als „Freund und Helfer“ wird in der Landesregierung einen Freund und Helfer finden!
Also, das ist ja nun so weit von der Situation in Baden-Würt temberg entfernt wie der Mond von der Erde. Das ist ein Versprechen, das in keiner Weise erfüllt ist. Wenn der Ministerpräsident anwesend wäre, würde ich sagen, er solle darauf hinwirken, dass sich das Verhältnis zwischen Landesregierung und Polizei wenigstens normalisiert. Denn wenn man be obachtet hat, wie allein der Umstand, dass die Polizei mit neuen Uniformen ausgestattet wird, zu einem Konflikt führt, muss man sagen, dass das Verhältnis
Deshalb geht es uns um zwei Dinge: Wir wollen klare Verhältnisse. Die Situation ist so, dass es keinen weiteren Abbau bei der Polizei geben darf. Das muss aufhören. Zweitens muss das Verhältnis zur Polizei zwingend in Ordnung gebracht werden. Die Polizei muss sich darauf verlassen können, dass die Landesregierung und der zuständige Innenminister hinter ihr stehen – und nicht gegen sie.
Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Schmiedel, auf den allerersten Blick ist Ihr Antrag ja fast ein bisschen ansprechend, aber nur auf den allerersten Blick. In Wahrheit ist er leider undifferenziert, und er kommt auch zum falschen Zeitpunkt.
(Lachen bei der SPD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das Parlament diskutiert nie zum falschen Zeitpunkt! Was ist denn das für eine Auffassung?)
Der Staat, das Land hat die Aufgabe, mit einer leistungsfähigen Polizei die Bürger zu schützen, Verbrechen vorzubeugen und die Kriminalität zu bekämpfen.
In Baden-Württemberg wird dies durch unsere Polizei, durch unsere Sicherheitsbehörden seit Jahrzehnten in hervorragender Weise erfüllt. Das muss man einfach einmal deutlich sagen.
Das zeigt sich in den jährlichen Statistiken über die Kriminalitätsbelastung, über die Aufklärungsquote und über die Qualität der Arbeit unserer Polizei. Auch die diesjährige Kriminalstatistik würde, wenn nicht neue Straftatbestände wie Stalking und dergleichen dazugekommen wären, darlegen, dass die Kriminalitätsbelastung bei uns leicht gesunken ist.
Meine Damen und Herren, jetzt zum Stellenabbau. Ich bitte darum, sich das doch einmal differenziert anzuschauen. Im Herbst 2003 wurde für alle Beamten des Landes Baden-Würt temberg, also nicht nur für die Polizei, die Wochenarbeitszeit um eine Stunde erhöht, und entsprechend dieser Erhöhung des Arbeitszeitvolumens werden Stellen eingespart – bei allen Beamten, auch bei der Polizei.
Anders als bei anderen Beamten fängt die Stelleneinsparung bei der Polizei aber erst in diesem Jahr an. Das sind, hochgerechnet auf die Personalstärke der Polizei, 610 Stellen. Das ist der erste Teil. Außerdem ist die Lebensmittelüberwachung keine polizeiliche Aufgabe mehr. Das machen jetzt die Landratsämter. Das sind 236 Stellen der Polizei, deren Aufgabe wegfällt. Hinzu kommen weitere 66 im EDV-Bereich, deren Aufgabe wegfällt. Das sind in der Summe 912 und nicht 1 000 Stellen im Vollzugsbereich.
Lassen Sie mich einfach ausreden! – Dann gibt es im Bereich des Nichtvollzugs, also der Angestellten und der Verwaltungsbeamten, die ursprüngliche Vorgabe, 800 Stellen einzusparen. Diese 800 Stellen entsprechen der Einsparvorgabe von 20 %, mit der die gesamte Verwaltung belegt ist.
Und jetzt sage ich Ihnen, warum Ihr Antrag zur Unzeit kommt. Erstens haben wir bereits beschlossen – das war eine Entscheidung des Ministerpräsidenten und des Innenministers –, die
Zweitens – und jetzt kommt der große Brocken, von dem Sie leider überhaupt nicht gesprochen haben – haben wir im Februar dieses Jahres, wenige Tage bevor Sie diesen Antrag eingebracht haben, beschlossen, mit einem Einstellungskorridor jährlich 800 Nachwuchseinstellungen bei der Polizei vorzuziehen, die eigentlich erst 2015, 2016 und später fällig werden. Wir werden in den kommenden Jahren in einem finanziellen Kraftakt sondergleichen knapp 1 300 zusätzliche Stellen vorzeitig ausbringen, die eigentlich erst in den Jahren ab 2015 hätten kommen sollen.
Sie haben recht, dass es jetzt eine Talsohle gibt. Ab diesem Jahr werden 800 Nachwuchskräfte – das sind 160 mehr, als notwendig wären – eingestellt. Die müssen erst ausgebildet werden. Daran können wir jetzt auch nichts ändern.
Sie würden sie vielleicht in zehn Tagen ausbilden. Aber die Ausbildung dauert. Wir wollen qualifizierte Polizisten.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sie kommen mit der Ausbildung zu spät! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Sie haben eine falsche Politik gemacht!)
Jetzt möchte ich Ihnen noch eines sagen: Das Innenministerium wird Vorschläge unterbreiten, wie die Talsohle abgemildert werden kann. Wir bestreiten ja gar nicht, dass es sich um eine Talsohle handelt.
Sie, Herr Kollege Schmiedel, haben heute ausnahmsweise ein Stichwort nicht genannt. Insofern bedanke ich mich eigentlich fast schon bei Ihnen. Herr Gall, der zu diesem Thema sonst immer spricht,
hat ein Totschlagargument, das lautet: Sicherheitspolitik nach Kassenlage. Dazu will ich jetzt einmal etwas sagen.