(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut! Erneut zur Sache gesprochen! – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Das ist die erste Rede, in der Sie nicht über Hühner geredet haben!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Verbraucherinformationsgesetz des Bundes, das am 1. Mai, also morgen, in Kraft tritt, ist ein guter Schritt in Richtung Information für die Verbraucher, auch wenn wir uns manches ausführlicher und weitgehender gewünscht hätten – Herr Minister Hauk hat hierzu gerade einige kritische Anmerkungen gemacht.
Doch diese Diskussion steht jetzt hier und heute nicht an. Heute geht es um ein Ausführungsgesetz des Landes zu diesem
Bundesgesetz. Es geht um eine entsprechende landesrechtliche Regelung, die einen einheitlichen Vollzug sicherstellt, und es geht um eine Verbesserung des Verwaltungsverfahrens. Darauf möchte ich jetzt nicht näher eingehen. Minister Hauk hat das im Detail erläutert.
Unserer Fraktion kommt es bei diesem Ausführungsgesetz vor allem darauf an, das Verwaltungsverfahren schlank und effizient zu gestalten und die Gebühren moderat und möglichst einheitlich zu halten. Denn klar ist: Der Zugang zu Informationen muss jedem Bürger möglich sein. Außerdem ist für uns wichtig, dass wir nach zwei Jahren eine Überprüfung machen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, mit dem Verbraucherinformationsgesetz ist ein Paradigmenwechsel eingetreten. Grundpfeiler einer demokratischen Gesellschaft ist die Informationsfreiheit des Bürgers. Das Gesetz ist kein Meilenstein, Herr Minister, aber dennoch eine Umkehrung dessen, was wir bisher hatten. Bisher mussten wir immer begründen, warum wir etwas wissen wollten. Jetzt können wir etwas wissen wollen, ohne dass wir das begründen müssen oder selbst betroffen sein müssen.
Das Verbraucherinformationsgesetz tritt morgen in Kraft. Es kann aber für die Bürger hierzulande nicht wirksam werden, weil wir den Entwurf eines Ausführungsgesetzes erst heute zur Beratung auf den Tisch bekommen. Das steht so im Bundesgesetz oder sogar in Ihrem eigenen Gesetzentwurf. Die Voraussetzung möchte ich zitieren:
Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 VIG gegenüber Kommunalbehörden nur dann einen Anspruch auf Verbraucherinformation, wenn der Landesgesetzgeber den Gemeinden und den Gemeindeverbänden die Aufgaben nach dem Verbraucherinformationsgesetz übertragen hat.
Diesem Zweck soll das geplante Ausführungsgesetz wohl dienen. Wir werden es vermutlich aber erst im Juni 2008 verabschieden. Wenn es also bereits im Mai zu einem Lebensmittelskandal kommen sollte – was ich nicht hoffe –, dann würden die Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg ins Leere laufen.
Frau Kollegin Kipfer, ist Ihnen bekannt, dass die unteren Verwaltungsbehörden in Baden-Würt temberg keine Kommunalbehörden sind, sondern im Regelfall staatliche untere Verwaltungsbehörden in Gestalt der Landratsämter?
Dann frage ich mich, warum das hier in dem Entwurf so drinsteht, Herr Minister. Denn auch die Kommunalbehörden sind nach diesem Gesetz auskunftsbefugt. Diese können dann aber zunächst wohl keine Auskunft geben, wenn ich die Logik richtig verstehe.
Aus meiner Sicht kommt der Gesetzentwurf aber nicht nur verspätet, sondern ist auch außerordentlich dünn geraten. Wir werden das im Ausschuss weiter behandeln.
Der zentrale Punkt ist, denke ich, die Gebührenfrage. Der Zugang zu Informationen bei Verstößen gegen das Lebensmittelrecht ist gebührenfrei. Davon steht in diesem Gesetzentwurf nichts. Aber ich nehme an, dass das Bundesgesetz in die Köpfen derjenigen, die auskunftspflichtig sind, Eingang gefunden hat. Alle anderen Informationen sind gebührenbewehrt. Hier gibt es dann einen sehr weiten Spielraum. In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es zu § 5:
Diese Regelung ist Ausfluss des Äquivalenzprinzips des Gebührenrechts, wonach Aufwand und Ertrag für den Bürger in einem angemessenen Verhältnis zu stehen haben.
Das soll wohl heißen: Je bedeutsamer der Gehalt einer Information ist, umso teurer wird es für den Bürger, der sich informieren will.
Wenn man nach dem Äquivalenzprinzip vorgeht, dann heißt das, der Aufwand muss in Relation zu dem berechnet werden, wofür er angefallen ist. Da gibt es auch einen weiten Spielraum; das wissen wir aus anderen gebührenrechtlichen Fragen. Mit Posten wie Kopien, Telefonaten, Schreiben, E-Mails, Zeitaufwand usw. kann man ganz erheblich steuern. Da würde mich interessieren, Herr Minister, wie Sie erreichen wollen, dass das tatsächlich so eingegrenzt wird, dass es die Bürger nicht von ihrem Informationsinteresse abrücken lässt.
Man kann aus meiner Sicht an diesem Gesetz keine besondere Verbraucherfreundlichkeit ablesen. Im Übrigen, Herr Minister, haben Sie im Bundesrat bei der Beratung des VIG durchaus sehr kritische Anträge gestellt, die ebenfalls nicht
besonders verbraucherfreundlich waren. Ich werde das in der zweiten Lesung ausführlicher beschreiben.
Wir bedauern, dass Sie nicht die Gelegenheit ergriffen haben, ein generelles Informationsfreiheitsgesetz in Baden-Württemberg einzuführen. Die Grünen haben dazu einen Vorschlag eingebracht, den wir demnächst beraten werden. Dies würde deutlich machen, dass Sie den Informationsanspruch der Verbraucher tatsächlich ernst nehmen und dass dieser nicht nur auf die einzelnen Tatbestände des Lebensmittel- und Futtermittelrechts beschränkt bleibt, sondern dass man ein generelles Informationsrecht den Behörden gegenüber auch in Baden-Württemberg hat, wie es dass schon in vielen anderen Bundesländern gibt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung hat den Entwurf eines Ausführungsgesetzes zum Verbraucher informationsgesetz dem Landtag für den heutigen Tag zur Ers ten Beratung vorgelegt. Am 30. April sollen wir über ein Gesetz diskutieren, welches am 1. Mai, also bereits am morgigen Tag, von zahlreichen Verbrauchern benötigt werden würde, um die ohnehin bescheidenen Informationsrechte aus dem Verbraucherinformationsgesetz in Anspruch nehmen zu können.
Sollen wir daraus die Maßgabe lesen: Mund halten und beschließen unter Vermeidung jeglicher Diskussion, oder wie ist diese zeitliche Abfolge einzustufen? Zudem lässt sich bereits jetzt ersehen, dass aufgrund der knappen Zeitplanung die zuständigen Informationsstellen tatsächlich eine Übergangszeit brauchen werden, bis die Ausführungsvorschriften auch praktisch umgesetzt werden können.
Wer mit den Regelungen zu Hartz IV in der Einführungsphase befasst war, weiß, was es für die Arbeit der Behörden bedeutet, wenn die Ausführungshinweise erst nach Inkrafttreten eines Gesetzes bei den Behörden ankommen. Zeitverzögerungen und Chaos sind die üblichen Folgen solcher knappen zeitlichen Abläufe.
Aber nun zu den inhaltlichen Fragen des heute zu beratenden Gesetzentwurfs. Natürlich ist ein Ausführungsgesetz im direkten Zusammenhang mit dem Hauptgesetz, in dem Fall also dem Verbraucherinformationsgesetz, zu sehen. Was dort verbockt wurde, lässt sich im Ausführungsgesetz kaum besser machen. Dass es bezüglich des Informationszugangs ganz wesentliche Schwächen im Gesetz gibt, wurde bundesweit bereits ausführlich debattiert.
Ein Verfahren, das sich über Wochen und Monate hinzieht und in dem zahlreiche Schlupflöcher unter dem Deckmantel not
wendiger Interessenabwägungen eingebaut sind, wird nach unseren Befürchtungen den schnellen und umfassenden Verbraucherschutz nicht stärken. Hier sind Sie, sehr verehrter Herr Minister Hauk, gefordert, sich auf Bundesebene weiterhin und mit viel mehr Kraft als bisher für die notwendigen Verbesserungen einzusetzen. Es genügt nicht, bei jeder Möglichkeit, die sich bietet, auf die vormalige Verbraucherschutzministerin Frau Künast hinzuweisen, wenn man selbst als Verbraucherschutzminister, als Vorsitzender der Verbraucherschutzministerkonferenz nicht in der Lage ist, es besser zu machen, sondern ein Gesetz, das weit hinter dem Entwurf meiner Kollegin Künast zurückbleibt und letztendlich eine Mogelpackung darstellt, mitbeschließt.
Zu der Mängelliste des Verbraucherinformationsgesetzes tritt – und hier ist die Landesgesetzgebung gefragt – die Frage der zu erhebenden Gebühren hinzu, die – Frau Kollegin Kipfer hat es bereits angesprochen – völlig intransparent und für den Verbraucher nicht abschätzbar geregelt sind. Die Kopplung der Verfahrensgebühren an anfallende Verwaltungskosten ohne jede Deckelung und ohne die Möglichkeit der vorherigen Festlegung wird große Teile der interessierten Verbraucher abschrecken und davon abhalten, ihre Rechte geltend zu machen. Hier muss dringend eine Transparenz geschaffen werden, die dem Verbraucher die Möglichkeit gibt, ohne Hemmnisse bezüglich der finanziellen Erfordernisse sein Informationsrecht einzufordern.
Die Missbrauchsregelungen und Bündelungsmöglichkeiten an anderer Stelle des Gesetzes reichen völlig aus, um die Verhältnismäßigkeit beim Mehraufwand und bei der zusätzlichen Arbeit für die Verwaltung und den Kostenanfall für die öffentliche Hand zu wahren. Es bedarf nicht der zusätzlichen Überwälzung aller finanziellen Belastungen auf den anfragenden Verbraucher. Das haben auch die Stellungnahmen der angehörten Verbände und Behörden gezeigt. Deshalb wird es hierzu in der Zweiten Beratung einen Änderungsantrag von uns geben.