Was das Bild des Landes Baden-Württemberg anlangt, das Sie gezeichnet haben, Herr Kollege Prewo, habe ich mich schon gefragt: Sind wir jetzt im 21. Jahrhundert in Baden-Württemberg, oder sind wir irgendwo mitten im Dreißigjährigen Krieg und hören einen Grabgesang von Andreas Gryphius?
Sie zeichnen ein Bild des Landes Baden-Württemberg, das mit der Realität nichts zu tun hat, das aber das Bild eines Landes sein könnte –
bei dem, was Sie im Moment auf Bundesebene vorbereiten –, in dem Kurt Beck Bundeskanzler und Lafontaine Wirtschaftsminister ist.
Warum haben wir dann vier von neun Spitzenuniversitäten der Exzellenzinitiative in Baden-Württemberg,
wenn es so düster aussieht? Diese Frage muss man sich schon einmal stellen. Ich räume aber ein – das habe ich vorhin schon gemacht –, dass wir diese Probleme im Mittelstand haben. Wir sind das Land der Tüftler und Denker. Es gibt viele Patente und viele Erfindungen. Aber gemäß einer Kienbaum-Studie werden leider nur 0,6 % dieser Inventionen, dieser Erfindungen auch zu Innovationen. Warum ist das so? Weil gerade bei den kleinen und mittleren Betrieben die Verbindung zur Forschung fehlt. Da müssen wir – das ist in der Tat richtig – bei den wirtschaftsnahen Forschungsinstituten nacharbeiten. Da müssen wir auch mehr Geld in die Hand nehmen. Das müssen wir finanzieren. Die entsprechenden Vorschläge dazu habe ich schon in der ersten Runde gemacht.
(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Gewartet, ja! – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Verzweifelt? – Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Sind Sie so verzweifelt, dass Sie auf die Opposition warten?)
Ich habe einen hervorragenden Vorschlag gehört – Herr Dr. Prewo, das will ich ausdrücklich sagen –, nämlich dass tüchtige Ingenieure, tüchtige Naturwissenschaftler, tüchtige Techniker, die für unser Land auch in Zukunft wichtig sind, stärker in ein Schaufenster gestellt werden müssen, um ihnen Ehre anzutun. Das finde ich einen hervorragenden Vorschlag. Den will ich auch gern aufnehmen. Ansonsten, wenn es um Vorschläge geht, was die Technologiepolitik des Landes Baden-Württemberg angeht: von dieser Opposition absolute Fehl anzeige!
Wenn Sie sagen, unsere Innovationspolitik sei richtungslos, dann will ich Ihnen entgegnen, dass es kein anderes Land gibt, das von Anfang an die Richtung so klar festgelegt hat. Das kann man in zwei Sätzen ausdrücken: Erstens: Wir machen Forschung, denn Forschung ist Umwandlung von Geld in Wissen. Zweitens: Wir machen Innovation, denn Innovation ist Umwandlung von Wissen in Geld.
Dieser Dreiklang – Forschung, um Wissen zu generieren, und aus Wissen wieder Geld, das heißt Produkte zu machen – ist die Grundlage für die Innovationspolitik des Landes BadenWürttemberg. Dieses magische Dreieck wird in Baden-Würt temberg stärker und konsequenter vorangetrieben. Nur aus diesem Grunde ist es ja auch vorstellbar, dass die Erfolge dieser Innovationspolitik vorhanden sind.
Zwei Dinge sind dafür notwendig – da nenne ich Ihnen noch einige Gründe, weshalb ich auch dankbar bin, dass diese Debatte stattfindet –: Wir brauchen erstens für dieses magische Dreieck – der Wissenschaftsminister ist jetzt da – eine starke Hochschullandschaft, eine Forschungslandschaft. Diese haben wir zweifellos in Baden-Württemberg. Wir sind das mit Abstand hochschulreichste Land in Deutschland. Wir sind nicht an Einwohnerzahl das größte Land; da ist NordrheinWestfalen noch größer. Aber wir sind trotzdem das hochschulreichste Land in Deutschland mit einer wunderbar gegliederten Struktur: Universitäten, Fachhochschulen, Berufsakademien – in dieser Form nirgendwo anders erkennbar. Wir werden dies auch in der Zukunft fortsetzen. „Hochschulpakt 2020“ und „Hochschule 2012“ sind die beiden Stichworte, die gewissermaßen die Qualitätsproduzenten, die Qualitätsratgeber für diese Entwicklung sind.
Es ist schon zu Recht auf die Exzellenzuniversitäten hingewiesen worden. Meine Damen und Herren, wo leben wir denn eigentlich? Wenn wir jetzt offiziell bestätigt bekommen, dass von unseren neun Universitäten vier zu den besten in der Bun
desrepublik Deutschland gehören, und Sie sich dann hinstellen und sagen: „Das ist alles Käse“, dann ist das eigentlich ein Anschlag auf das Land Baden-Württemberg.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es! Alles schlechtreden!)
Entscheidend ist, meine Damen und Herren: Wenn eine gute Hochschul- und Forschungsinfrastruktur dazu führt, dass wir Patentanmeldungen beim Deutschen Patentamt oder beim Europäischen Patentamt haben, und wenn das zur Folge hat, dass, auf die Einwohnerzahl bezogen, das Land Baden-Würt temberg nicht nur die höchste Anzahl von Patentanmeldungen in Deutschland hat
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die Umsetzung ist ent- scheidend! – Gegenruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/ DVP: Wenn ich keine Anmeldung habe, kann ich sie auch nicht umsetzen!)
sondern diese Zahl sogar dreimal so hoch ist wie in den USA oder auch in Japan, dann ist das für sich genommen ein Erfolg. Aber natürlich haben Sie recht, Herr Schmiedel: Allein die Anmeldung von Patenten bringt noch keine neue Wertschöpfung.
Es geht darum, dass diese Patente – was etwas über die Innovationskraft aussagt – natürlich auch umgesetzt werden müssen. Erst wenn sie umgesetzt werden, gibt das neue Wertschöpfung, gibt das letzten Endes auch neue Arbeitsplätze.
Genau das ist der zweite Grund, weshalb ich gesagt habe: Allein eine starke Hochschul- und Forschungslandschaft reicht nicht aus, um Marktführer in der Technologiepolitik zu sein. Wir brauchen zusätzlich gewissermaßen Brücken, um diese Grundlagenforschungsergebnisse in neue, marktfähige Produkte und Dienstleistungen umsetzen zu können.
Auch hier ist Baden-Württemberg gut aufgestellt. Das will ich überhaupt nicht in Abrede stellen. Sie kennen den Anteil von 4,2 %. Damit sind wir nun einmal Weltmarktführer. Sie wissen z. B., dass jeder vierte Arbeitsplatz, den die FraunhoferInstitute in Deutschland vergeben, in Baden-Württemberg angesiedelt ist. Sie wissen, dass im FuE-Bereich inzwischen jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland in Baden-Württemberg angesiedelt ist.
Das alles sind hervorragende Daten, die auch ganz eindeutig beweisen, dass wir da auf dem richtigen Weg sind. Wir brauchen uns da wirklich vor niemandem zu verstecken.
Nur, meine Damen und Herren, es nützt überhaupt nichts – Kollege Dr. Rülke hat das dankenswerterweise richtig gesagt –, wenn wir als Baden-Württemberger uns heute hier hinstellen und uns loben. Das ist zwar alles richtig, aber unsere Politik muss darauf abzielen, dass wir die Spitzenposition im Technologie- und Innovationsbereich nicht nur im Jahr 2008 haben. Vielmehr wollen wir auch noch in 20 Jahren die Nummer 1 sein. Das muss unser Ziel sein.
Wir können dieses Ziel erreichen, wenn wir genau diese Politik – von wegen „Richtungslosigkeit“! – fortsetzen. Sie war erfolgreich. Ich will Ihnen dies nur mit einer einzigen Zahl verdeutlichen. Sie stammt übrigens nicht von mir, sondern sie ist verbürgt,
durch wissenschaftliche Institute abgesichert. 6 % der Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland schaffen es innerhalb von zwei Jahren, zu einem völlig neuen Produkt oder zu einer völlig neuen Dienstleistung zu kommen. In BadenWürttemberg sind es aber 15 % der Unternehmen. Sie sehen allein an dieser Zahl, dass die Innovationskraft der badenwürttembergischen Unternehmen – bedingt durch die Infrastruktur, von der ich gesprochen habe – zweifellos stärker ist als die von Unternehmen anderswo.
Wenn Baden-Württemberg auch in der Zukunft noch diese Spitzenposition halten will, dann muss genau diese Innovationskraft der baden-württembergischen Wirtschaft erhalten bleiben. Ich will, dass diese auch noch in 20 Jahren vorhanden ist. Ich will, dass Baden-Württemberg auch in 20 Jahren noch die Nummer 1 in diesem Bereich ist.
Deshalb haben wir uns überlegt: Was müssen wir eigentlich tun? Welche Voraussetzungen müssen wir schaffen, damit wir dieses Ziel erreichen können?
Kollege Frankenberg ist anwesend. Er wird vielleicht noch etwas zum Thema Hochschulen sagen. Aber das ist im Augenblick nicht das entscheidende Thema. Mir geht es, wie Sie verstehen werden, um den Technologietransfer. Den Technologietransfer zu bewerkstelligen ist die Aufgabe des Wirtschaftsministers.