Dass Baden-Württemberg und kein anderes Land das Gründerland ist, muss doch eigentlich unser selbstverständliches Ziel und unser Maßstab sein.
Was aber steht in den Antworten und in den Vorlagen der Regierung? Nur mühsame Erklärungen, warum die Zahlen so schlecht sind. Das Ziel kommt überhaupt nicht mehr vor.
Der Haupttenor lautet, reiche oder wohlhabende Länder hätten meist weniger Gründer, dagegen gäbe es in MecklenburgVorpommern, Sachsen usw., wo die Not größer sei, mehr. Es geht aber um die Existenzgründungen mit Substanz. Und das, meine Damen und Herren, sagt die Stellungnahme der Regierung nach dem Motto „Das ist halt so“ oder nach dem Motto – noch schlimmer – „Existenzgründer haben wir nicht mehr nötig“. Aber die Länder, die uns in der Wirtschaftsleistung inzwischen überholt haben – z. B. Hessen und Bayern –, haben mehr Gründer als Baden-Württemberg. Auch in unserem eigenen Land stimmt die Gleichung nicht, dass wirtschaftlich starke Regionen weniger Gründungen hätten. Die bei uns wirtschaftlich erfolgreichsten Kreise Ulm, Stuttgart, Heilbronn, auch der Bodenseekreis,
Also bitte: Sie sollten nicht die schlechten Zahlen wegerklären wollen, Herr Kollege Groh; wir sollten vielmehr suchen, wie wir besser werden können.
Wie kommt es dann, dass sie als Brutstätten für Gründer immer schwächer werden? 2003 waren 18,2 % der Gründer Spin-offs von Hochschulen, 2006 waren es nur noch 12 %. Existenzgründungen hängen sehr stark von weichen bzw. gesellschaftlichen Faktoren ab. Das Umfeld muss stimmen. Es ist eine Frage der Mentalität, sich selbstständig zu machen, und Förderung ist natürlich auch nötig, aber nicht nur finanzielle Förderung.
Ich komme zunächst zur Förderung durch den Staat: Wir haben eine ganze Reihe von Berichten des Rechnungshofs mit eindeutigem Ergebnis: Die Förderung durch das Wirtschaftsministeriums ist praktisch wirkungslos. Das sagt der Rechnungshof.
Die Mittel sind schlecht platziert, und die Vergabe ist ganz intransparent. Für Gründer, besonders in der ersten Wachstums phase, fehlt auch ein einfacher Zugang zum Wagniskapital.
In Einzelfällen geht das, Herr Kollege Groh, aber im Gro ßen und Ganzen kümmert sich unsere Landesregierung darum nicht.
Zur Mentalität: Schauen wir die Schulen an: Sie ermuntern kaum zur Neugier. Das Selektionssystem mit der Aufteilung ab zehn Jahren entmutigt systematisch. Wir haben heute Morgen darüber diskutiert.
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Fragen Sie ein- mal die GEW! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Was für ein System?)
Die Schüler möchten gern forschen, und dort, wo „Jugend forscht“ angeboten wird, machen sie auch mit, aber die Gymnasien bei uns wecken zu wenig Neugier. Die beruflichen Gymnasien machen es übrigens eher; aber die werden bei uns künstlich knapp gehalten, und Schulträger – vom Kultusministerium ist jetzt niemand da –, die berufliche Gymnasien einrichten wollen, werden abgewiesen.
Wir brauchen eine Effizienzsteigerung bei Existenzgründun gen. Existenzgründer, die es schaffen, ein Unternehmen aufzubauen, gehören eigentlich zu den Helden unserer Zeit. Das müssten wir doch eigentlich genau wissen. Da könnte selbst eine Regierung glänzen.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wenn man die Steu- erpolitik der Bundesregierung sieht, dann hat man keine Lust mehr, sich darüber Gedanken zu machen!)
Wir müssen ein Umfeld für Tüftler schaffen, und zwar vom Kindergarten über die Schulen, über die beruflichen Schulzentren und die Jugendforschungszentren. Es gibt jetzt vier Jugendforschungszentren, aber das Kultusministerium lässt sie hängen. Unternehmen, Landkreise, Städte und Sparkassen fangen an, sie zu unterstützen. Das Kultusministerium tut so gut wie nichts.
(Beifall bei der SPD – Oh-Rufe von der CDU – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Und einer noch schwä- cheren Opposition!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist wirklich erstaunlich, was man am heutigen Tag in diesem Haus geboten bekommt. Heute Morgen – der Herr Ministerpräsident hat es erwähnt – wurde die Bildungspolitik schlechtgeredet. Man sagt: BadenWürttemberg ist ein gutes Land, die Wirtschaft ist in Ordnung, aber die Bildung ist eine Katastrophe.
Heute Nachmittag hören wir das Gegenteil: Die Wirtschaft ist eine Katastrophe, aber die Bildung ist ganz gut.
Wir haben hervorragende Universitäten, hat der Kollege Prewo gerade festgestellt. Wir erleben also heute einen richtigen Wunschzettel der Opposition. Immer das Thema, das gerade dran ist, ist eine Katastrophe.
Der Hammer, meine Damen und Herren, ist, dass ausgerechnet die Grünen dann über das Gründerland Baden-Württemberg reden.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Genau! – Abg. Peter Hofelich SPD: Endlich beim Thema angekom- men!)
Keiner Straße wird von grüner Seite zugestimmt. Heute Morgen haben wir bei der Debatte um den Stuttgarter Flughafen gehört: Die Grünen würden am liebsten jeglichen Luftverkehr verbieten,
(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Zurufe der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP und Brigitte Lösch GRÜNE)
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Dr. Noll hat sich doch auf die Schulter geklopft, dass er den Flugha- fenausbau verhindert hat! Er hat sich bei der FDP/ DVP bedankt! – Zurufe von der SPD und den Grü- nen)