Protokoll der Sitzung vom 25.06.2008

(Abg. Dr. Rainer Prewo SPD: So ist es! Sehr beschei- den ausgedrückt!)

An der Spitze der Statistik – darüber werden Sie sich riesig freuen, Herr Dr. Prewo – liegen Berlin und Hamburg. Dort wäre man froh, man hätte eine niedrige Arbeitslosigkeit.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Genau! Russische Nachtklubbesitzer!)

Diese urbanen Zentren weisen eine stärkere Konzentration von Dienstleistungsunternehmen auf. Eher industriell geprägte Länder wie Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen haben dagegen einen höheren Anteil von abhängig Beschäftigten.

(Abg. Dr. Rainer Prewo SPD: Das ist doch gut so!)

Viele Menschen ziehen zurzeit eine gut bezahlte abhängige Beschäftigung einer selbstständigen Tätigkeit vor.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Die Suche vieler Unternehmen nach hoch qualifizierten Arbeitskräften senkt andererseits die Motivation zur Existenzgründung.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Aber das muss auch nichts Schlechtes sein. Es führt mich gleich zu der grundsätzlichen Frage, meine Damen und Her ren: Wie viele Gründerinnen und Gründer braucht ein Land eigentlich? Verschiedene aktuelle Studien sind sich dabei einig: Die Selbstständigenquote kann grundsätzlich nicht als Maßstab für wirtschaftliche Prosperität herangezogen werden.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Genau! – Abg. Hei- derose Berroth FDP/DVP: Im Gegenteil!)

Die Selbstständigenquote in den USA, also im Land der unbegrenzten unternehmerischen Möglichkeiten, liegt aktuell bei 6,8 %, die in Baden-Württemberg immerhin bei 10,1 %.

Was unternimmt das Wirtschaftsministerium, damit in unserem Land auch zukünftig nachhaltige Existenzgründungen entstehen? Mit Unterstützung von mehr als 1 500 Kooperationspartnern im Land hat sich in den letzten Jahren ein breites Informations-, Qualifizierungs-, Beratungs- und Finanzierungs angebot entwickelt.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Sehr gut!)

Da nimmt Baden-Württemberg im bundesweiten und im europäischen Vergleich der Gründungsinitiativen einen der vordersten Plätze ein. Die ifex des Wirtschaftsministeriums wurde im Dezember 2006 von der EU zur besten regionalen Gründungsinitiative in Europa gewählt. Aber das haben Sie von den Grünen anscheinend nicht gemerkt, denn sonst hätten Sie wohl nicht diesen Antrag gestellt.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ein entscheidender Faktor für nachhaltige Existenzgründun gen ist außerdem eine starke Förderbank. Im Jahr 2007 haben so viele Unternehmen wie noch nie auf das Angebot der L-Bank zurückgegriffen. Über 2,1 Milliarden € an zinsgünstigen Krediten wurden zur Förderung von Existenzgründern und mittelständischen Unternehmen vergeben. Gegenüber dem Jahr 2006 sind das rund 30 % mehr. Die L-Bank hat damit Inves titionen in Höhe von mehr als 3,3 Milliarden € begleitet.

Meine Damen und Herren, Sie alle wissen: Junge Unternehmen scheitern oft in den ersten Jahren nach einer Gründung. Im Anschluss an die kostenlose Erstberatung bei den Industrie- und Handelskammern oder den Handwerkskammern ist deshalb eine intensive Betreuung während der Gründungsphase von besonderer Bedeutung. Daher werden die Beratungs angebote der Wirtschaftsorganisationen auch im Jahr 2008 vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg mit rund 1,8 Millionen € gefördert.

Doch nichts ist so gut, als dass es nicht noch verbessert werden könnte.

(Zuruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

Zum einen wurde das Angebot der Kammern vor Ort verbessert. Mit ihrem umfassenden Gründerservice halten die baden-württembergischen IHKs und Handwerkskammern bereits wesentliche Bausteine einer zentralen, regionalen Anlaufstelle – der sogenannten Startercenter – vor.

Zum anderen führt eine neue Arbeitsteilung zwischen dem Bund und den Bundesländern dazu, dass sich das Land mit seiner Beratungsförderung schwerpunktmäßig auf die sogenannte Vorgründungsphase konzentriert.

Außerdem werden wir unsere Angebote für Gründerinnen und Gründer zukünftig noch stärker im ländlichen Raum vorstellen. Im Kabinettsausschuss „Ländlicher Raum“ wurde die Einrichtung der interministeriellen Arbeitsgruppe „Existenzgründung und Unternehmensnachfolge“ beschlossen. Aufgabe dieser Arbeitsgruppe ist es, Konzepte und Maßnahmen zu entwickeln, die gezielt Gründerinnen und Gründer sowie Betriebsübernehmerinnen und Betriebsübernehmer im ländlichen Raum ansprechen. In diesem Jahr setzt die Arbeitsgruppe die se Vereinbarung mit insgesamt 15 Veranstaltungen im ländlichen Raum um.

Meine Damen und Herren, Sie alle wissen: Der Grundstein für unternehmerisches Wirken muss bereits in jungen Jahren gelegt werden. In enger Kooperation mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport verfolgt die ifex deshalb das Ziel, Schüler und Schülerinnen aller Schularten und Altersstufen für das Thema „Unternehmensgründung und berufliche Selbstständigkeit“ zu sensibilisieren. In den letzten Jahren sind so

vielversprechende Projekte wie z. B. Besuche von Unternehmerinnen und Unternehmern an Schulen entstanden

(Abg. Dr. Rainer Prewo SPD: Donnerwetter!)

sowie die Talentschmiede Baden-Württemberg, die das frühzeitige und systematische Entdecken von unternehmerischen Talenten fördert.

Herr Prewo, jetzt muss ich einen Punkt ansprechen, der Sie betrifft: Wir wollen ja mit Schulen über Modelle von Schüler- und Juniorenfirmen sprechen, die zum großen Teil auch am Markt agieren. Da muss ich Ihnen, Herr Prewo, sagen: Sie sind schlecht informiert.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Nicht nur heute! – Abg. Peter Hofelich SPD: Steht das im Manuskript?)

Denn die nächste Veranstaltung dazu findet in der nächsten Woche in Altensteig statt.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Ausgerechnet!)

In Altensteig sind natürlich auch die Schulen aus der Heimat von Herrn Prewo eingeladen. Komisch, dass er dies nicht weiß.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Unglaublich! Jetzt bricht seine ganze Argumentation zusammen! – Abg. Dr. Rainer Prewo SPD: Das ist aber etwas! Damit reißen wir es raus!)

Planspielwettbewerbe um unternehmerisches Denken und Handeln bei Schülerinnen und Schülern sollen gefördert werden, und sie werden von uns auch gefördert.

Meine Damen und Herren, gerade jetzt, wenn es der Wirtschaft gut geht, ist der Zeitpunkt eigentlich günstig, den Schritt in die unternehmerische Selbstständigkeit zu wagen. Diese Botschaft wollen wir in den nächsten Monaten gemeinsam mit unseren Partnern noch stärker ins Land tragen. Dazu bedarf es eines breiten Spektrums an verschiedenen Maßnahmen: von der Sensibilisierung breiter Bevölkerungskreise bis hin zur Vermittlung von Beteiligungskapital an wachstumsstarke Jungunternehmen, von der Unterstützung von Kleingründern bis hin zur intensiven Förderung von Hochtechnologieausgründungen aus der Forschung. Dabei muss für Baden-Württemberg immer der Leitsatz gelten: Qualität vor Quantität.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Rainer Prewo SPD: Auch für die Re- gierung!)

Dies verlangt unser Selbstverständnis als eine der führenden Wirtschaftsregionen in Europa und unsere soziale Verantwortung gegenüber denjenigen, die mit hohem personellen und oft auch finanziellen Einsatz den Schritt ins Unternehmertum wagen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Frau Abg. Sitzmann das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines ist gerade deutlich geworden: Wer sich als Gründer oder Gründerin auf CDU, FDP oder diese Landesregierung verlässt, ist tatsächlich verlassen. Das müssen wir hier feststellen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Oh-Rufe von der CDU und der FDP/DVP – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Jawohl! – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Es gibt ein mangelndes Problembewusstsein. Tatsachen, die durch mehrere Quellen belegt sind, u. a. vom Statistischen Landesamt Baden-Württemberg, wollen Sie einfach ignorieren. Sie haben auch keinen Ehrgeiz, irgendetwas im Land zu verbessern.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Das Einzige, was wir hierzu gehört haben, war eine Aufzählung des Kollegen Groh, der viele Firmen nannte, die sich gründen, erfreulicherweise Wachstum verzeichnen und Arbeitsplätze schaffen. Das könnten wir hier in diesem Haus sicherlich alle tun, und es ist gut, dass es diese Gründerinnen und Gründer gibt.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Danke! Es war gut, was Herr Groh gesagt hat!)

Aber dennoch gibt es auf Landesebene einiges zu tun. Bei Ihnen sollten schon die Alarmglocken läuten, wenn Sie merken, dass Baden-Württemberg in den Rankings immer weiter zurückfällt.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das ist doch der Basiseffekt! – Unruhe bei der CDU)

Klar ist, dass es um nachhaltige Existenzgründungen geht. Es geht darum, Perspektiven zu schaffen, damit sich Unternehmen längerfristig auf dem Markt halten können und wachsen können.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Das müssen die Un- ternehmer selbst machen!)

Was man dazu braucht, Frau Kollegin Fauser, ist gute Beratung,

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Weniger Bürokra- tie!)