Protokoll der Sitzung vom 25.06.2008

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, die Aktuelle Debatte unter Punkt 2 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD – Entlassung des Ministers für Kultus, Jugend und Sport Helmut Rau – Drucksache 14/2865

Meine Damen und Herren, nach § 56 unserer Geschäftsordnung bedarf ein solcher Antrag der Unterstützung durch ein Viertel der Mitglieder des Landtags; das sind 35 Abgeordnete. Der Antrag ist von den 38 Mitgliedern der Fraktion der SPD unterzeichnet, sodass die Zulässigkeit gegeben ist.

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung des Antrags fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Zur Begründung des Antrags erteile ich Herrn Abg. Schmiedel das Wort.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Jetzt kommt die Rede, die er vorhin schon gehalten hat!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Unser Antrag auf Entlassung des Kultusministers hat zu einer breiten gesellschaftlichen Diskussion in der Öffentlichkeit geführt.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU)

Egal, wie man zu dem Antrag auf Entlassung steht, die Diskussion hat gezeigt, dass es eine breite Unzufriedenheit mit dem Bildungsangebot in Baden-Württemberg gibt.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: So ist es!)

Diese Unzufriedenheit macht sich insbesondere an drei Punkten fest: Wir haben einen Bruch im Übergang von der schulischen in die berufliche Bildung,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Mentrup hat schon gesprochen! Der versteht viel mehr davon als Sie!)

wir haben einen Bruch im Übergang von der Grundschule in die weiterführenden Schulen, und wir haben Defizite in allen Schularten.

(Zuruf von der CDU: Stimmt gar nicht!)

Es wurde überwiegend kritisiert, dass insbesondere der Kultusminister nicht bereit sei, diese Schwächen überhaupt zur Kenntnis zu nehmen und darauf zu reagieren.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Winfried Kretsch- mann GRÜNE)

Herr Minister Rau, Sie haben vorhin bei Ihren Ausführungen wieder einmal gezeigt, dass es Ihnen wichtiger ist, wissenschaftliche Zitate, die man Ihnen aufbereitet,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Aufzeichnet!)

vorzutragen, anstatt mit den Betroffenen das Gespräch aufzunehmen.

(Zurufe der Abg. Karl-Wilhelm Röhm und Dr. Diet- rich Birk CDU)

Was hilft es denn, wenn Sie uns weismachen wollen, dass der Übergang von der schulischen Bildung in die berufliche Bildung bei uns ganz glatt sei und völlig stimme, wenn das Handwerk in Baden-Württemberg – nicht als Schnellschuss,

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

sondern als Ergebnis einer langen, intensiven Diskussion – sagt: „Das derzeitige gegliederte Schulsystem liefert uns nicht die richtigen Ergebnisse, wir brauchen eine neunjährige Gemeinschaftsschule“? Und Sie diffamieren das als ideologische Einheitsschule.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Bisher haben Sie zehn Jahre gefordert! Ist das die neue Variante? Jetzt sind Sie bei neun Jahren, bisher waren es zehn!)

Und warum setzen Sie sich nicht mit der Aussage des IHKPräsidenten Baumann auseinander, der sagt, das Schulsystem in Baden-Württemberg sei mangelhaft? Er sagt zwar, der Kultusminister sei nur zur Hälfte schuld, zur anderen Hälfte seien die Schulen selbst schuld. Wer aber ist für die Schulen verantwortlich? Er ist also zu 100 % schuld an den schlechten Ergebnissen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Lachen des Abg. Stefan Mappus CDU – Abg. Gundolf Fleischer CDU: Das glauben Sie selbst nicht!)

Dann gibt es noch Defizite an allen Schulen, die Sie überhaupt nicht erwähnen.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Ein großes Defizit ist der permanente Unterrichtsausfall. Wenn wir den Unterrichtsausfall am Gymnasium dazurechnen, dann müssen wir sagen: Wir haben kein G 8, sondern ein G 7.

(Heiterkeit bei der SPD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

Das sage nicht ich, sondern das sagt der Bürgermeister von Bad Krozingen, und der ist CDU-Mitglied.

(Beifall bei der SPD – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Schmiedel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Röhm?

Nein, ich muss mich jetzt mit Herrn Rau unterhalten.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die neunjährige Variante ist etwas ganz Neues! Wie sieht sie aus?)

Wir haben Probleme mit dem G 8. Die sind unbestritten. Das, was Sie jetzt als Qualitätsoffensive hier verkünden, ist ein Trostpflästerchen. Mich wundert es, dass sich der Ministerpräsident überhaupt auf diesen Etikettenschwindel eingelassen hat. Wir haben Probleme beim G 8. Da hat der Ministerpräsident reagiert, hat Hoffnungen geweckt, und jetzt kommt ein Programm, das darin besteht, Schüler zu Hilfslehrern zu machen, den Schulen ein paar Euro zu geben und zu sagen: Jetzt löst ihr die Probleme, bei denen wir nicht in der Lage waren, sie selbst zu lösen. Das ist ein unglaublicher Vorgang.

(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Karl-Wilhelm Röhm: Sie wollen doch immer, dass die Stärkeren den Schwä cheren helfen! So ein Quatsch! Jetzt zählt das nicht mehr! – Gegenrufe von der SPD, u. a.: Herr Röhm, seien Sie doch endlich einmal ruhig! – Lebhafte Un- ruhe)

Außerdem haben wir Probleme beim Übergang von der Grund schule in die weiterführenden Schulen. Herr Schebesta bestreitet, dass es eine gesellschaftliche Mehrheit gibt, die gegen das bestehende System ist, und dass man Änderungsbedarf hat.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das werden wir bei der nächsten Wahl sehen! – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Jetzt frage ich Sie, Herr Rau: Weshalb berufen Sie sich immer auf wissenschaftliche Lektüre und sprechen nicht mit denen, die Ihre Führungskräfte im Schulsystem sind?

Das „Offenburger Tagblatt“ hat in der Ortenau alle Grund- und Hauptschulrektoren befragt – alle! Das Ergebnis war: 92 % sagen, dass es falsch sei, die Kinder nach dem vierten Grundschuljahr aufzuteilen – 92 %!

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Alfred Winkler SPD: 92 % der CDU-Abgeordneten! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

Ich sehe Herrn Noll an, ich will ihn aber jetzt nicht zitieren.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Gott sei Dank! – Heiterkeit bei der CDU und der FDP/DVP)

In der FDP/DVP gibt es längst eine Bewegung, die dafür ist, ein längeres gemeinsames Lernen zu ermöglichen.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Städte und Gemeinden fordern Modelle, um angemessene kommunale Entwicklungen vorantreiben zu können. Sie sagen Njet! Sie sagen Njet, weil Sie in einer Schulideologie gefangen sind, die keine richtigen Antworten für die Zukunft liefert.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Stefan Mappus CDU zur SPD: Die Russen habt ihr! – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Deshalb, Herr Minister Rau, sind nicht nur wir der Überzeugung, dass es für eine bessere Entwicklung in Baden-Würt temberg unerlässlich ist, dass Sie das Ministeramt aufgeben.