Uns liegt eine wertvolle Analyse über alle staatlichen Ebenen hinweg vor. Ich lege besonderen Wert auf die Feststellung, dass der Bundestag mit dem Thema „Kulturhoheit der Länder“ auch in der Enquetekommission sensibel umgegangen ist. Ich will dies in dem kurzen Schlagwort zusammenfassen: Es wird empfohlen und nicht befohlen. Das Befehlen hätten wir uns in diesem Punkt sicher auch verbeten. Insofern handelt es sich also um einen wertvollen Beitrag.
Welche Erkenntnisse können wir jetzt für die Kulturlandschaft in Baden-Württemberg ziehen? Zunächst einmal – das wundert niemanden –: Auch die kulturelle Landschaft BadenWürttembergs ist vielfältiger, zukunftsorientierter und qualitätsvoller als anderswo. Das sage ich speziell auch vor dem Hintergrund knapperer Haushaltsmittel.
Meine Damen und Herren, es ist hier jetzt weder die Zeit noch der Ort, auf alles einzugehen, was auf diesen mehr als 500 Seiten zusammengetragen wurde. Wir werden uns, lieber Herr
Kollege Walter, bestimmt auch im Ausschuss sukzessive des einen oder anderen Themas vertieft annehmen. Lassen Sie mich aber exemplarisch auf einige Punkte eingehen.
Zunächst einmal möchte die Enquetekommission, dass die Vernetzung unterschiedlicher kultureller Einrichtungen verstärkt wird. Hier haben wir in Baden-Württemberg bereits mehr als den ersten und den zweiten Schritt getan. Museen, Bibliotheken, Hochschulen und andere Einrichtungen bei uns sind bereits gut vernetzt. Auch die Sammlungsbestände – um ein Beispiel zu nennen – können durch die Digitalisierung, die bei uns bereits seit dem Jahr 2001 vorangetrieben wird, miteinander verschaltet werden. Das ist ein großes Plus.
Kultur in die Fläche zu tragen ist ein weiteres großes Anliegen. Auch hier können wir sagen: In Baden-Württemberg gibt es nicht nur einige Leuchttürme der Kultur. Vielmehr wird die Kultur im Land – ganz egal, wohin Sie kommen – hochgehalten, geschätzt und gelebt.
Dabei gilt ein besonderer Dank den Kommunen, die immerhin 57 % der Ausgaben für die Kultur schultern. Daran sehen wir, dass sich alle Ebenen in Baden-Württemberg der Kultur verschrieben haben.
Die Schaffung internationaler Netzwerke ist auch ein wichtiger Punkt der Enquetekommission. Hier können wir z. B. auf Einrichtungen wie die Akademie Schloss Solitude zurückgreifen, durch die in den vergangenen Jahrzehnten mehr als 1 400 Stipendiaten gegangen sind. Sie werden auf diesem Globus – egal, wo – bei jeder bedeutenden Kultureinrichtung mit ziemlicher Sicherheit einen Stipendiaten der Akademie Schloss Solitude finden, der sich auch an die gute Zeit hier in Stuttgart und in Baden-Württemberg erinnern wird. Diese Netzwerke sind wertvoll und sind Baden-Württemberg auch bei der Mitwirkung im globalen Kulturgeschehen hilfreich.
Der Soziokultur wollen wir auch immer größeren Raum zugestehen. Sie wissen, dass wir die soziokulturellen Zentren über den laufenden Doppelhaushalt noch deutlich besser fördern als in der Vergangenheit. Ich denke, dass auch hier weitere Schritte möglich sein werden.
Beratungsstellen für Private und Kulturschaffende, für Sammler, Museen, Vereine: Alles ist in Baden-Württemberg vorhanden und kann auf der Empfehlungsliste der Enquetekommission sozusagen abgehakt werden.
Interessant ist auch, dass die Enquetekommission dazu auffordert, staatlichen Einrichtungen im Kulturbereich die Möglichkeit zu geben, in neue Rechtsformen überzugehen. Wir hatten ja eine interessante Diskussion zum Thema Landesbetriebe. Ich fühle mich durchaus darin bestärkt, diesen Weg weiter zu beschreiten. Es hätte nicht unbedingt noch einer Bestärkung bedurft, aber wenn der Bundestag diesen Weg über alle Fraktionen hinweg für den richtigen hält, dann sollten wir hier durchaus noch forscher voranschreiten.
In der Kulturwirtschaft – auch eines Ihrer Themen, lieber Herr Kollege Walter – wird noch Anpassungsbedarf bei den Förderinstrumenten gesehen. Hier ist dann ausnahmsweise einmal nicht das Wissenschaftsministerium, sondern das Wirtschaftsministerium in kulturellen Fragen zuständig und ge
fragt. Ich bin mir sicher, dass in dieser Hinsicht in den nächs ten Monaten durch unsere Unterstützung noch etwas in Bewegung gerät.
Zum Schluss zu dem für mich wichtigsten Punkt, der kulturellen Bildung. Diesem Thema räumt die Arbeit des Landeskunstbeirats breiten Raum ein. Die Arbeiten des Landeskunstbeirats werden gegen Jahresende abgeschlossen sein. Herr Staatssekretär Dr. Birk hat bereits angekündigt, auf der Basis dieser Ergebnisse die Kunstkonzeption des Landes fortschreiben zu wollen. Wir unterstützen das ausdrücklich und wollen der kulturellen Bildung weiteren Raum geben.
Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ohne Kunst und Kultur sind keine Diskussionen über Werte oder über Persönlichkeitsentwicklung möglich. Um an die Debatte von heute Morgen anzuknüpfen: Auch die Integration ist wichtiger Bestandteil der Kulturarbeit – Bildung selbstverständlich ebenfalls.
Hier erlaube ich mir jetzt einmal eine kleine kritische Bemerkung zum Thema Bildungsdebatte. Was wir hier im Haus unter dem Etikett „Bildungsdebatte“ betreiben, sind fast reine Schulstrukturdebatten. Meine Damen und Herren, wir sollten wirklich auch einmal von der Kultur her kommend echte Bildungsdebatten führen. Denn Bildung – dieses Zitat gefällt mir besonders gut – ist das, was übrig bleibt, wenn wir alles vergessen, was wir gelernt haben. Daran sollten wir vielleicht auch einmal denken, wenn wir immer wieder das Wort Bildungsdebatte im Mund führen, eigentlich aber nur über Schulstrukturen reden.
Abschließend, meine Damen und Herren: So wichtig es ist, mit Kunst und Kultur andere Themenfelder zu bereichern: Kunst und Kultur haben auch einen Wert für sich. Kunst und Kultur sind nicht nur Steigbügelhalter für andere wichtige Bereiche. In diesem Sinne sollten wir den Bericht der Enquetekommission nutzen, um im brechtschen Sinne den Kreis der Kenner zu erweitern.
Entschuldigung, selbstverständlich, Frau Kollegin. Das Wort erhält Frau Abg. Berroth für die Fraktion der FDP/DVP.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Jetzt kommt etwas ganz Banales: zwei Seelen – ein Gedanke. Wir haben in der Tat unabhängig voneinander die gleiche Idee entwickelt, dass man das Rad nicht neu erfinden sollte. Total erschrocken bin ich, als ich dann ge
Aber ich habe mich dann darauf verlassen: Wer mich kennt, weiß: Wenn ich abschreiben wollte, würde ich das intelligent tun und etwas verändern, aber es nicht einfach unverändert übernehmen.
Zusammenfassend: Dank und Anerkennung an die Kollegen aus dem Deutschen Bundestag, die eine Riesenarbeit geleistet und auch für uns eine Menge Vorlagen geliefert haben. Es lohnt sich, sich damit zu beschäftigen. Gewissermaßen sind sie auch ein Gradmesser, an dem man auch einmal den eigenen Stand ablesen kann. Bei vielem, das man sich anschaut, kann man sagen: „Hurra! Baden-Württemberg hat das schon!“ An anderen Stellen entdeckt man auch Ideen aus anderen Ländern, die man aufgreifen könnte. Ich glaube, es steht uns wirklich gut an, das Kulturland Deutschland, das Kulturland Baden-Württemberg einmal auf den Prüfstand zu stellen und weiterzuentwickeln.
Mir war es in der Tat, als wir diesen Antrag entwickelt hatten, auch wichtig, einmal abzuprüfen, inwieweit sich denn der Bund da bei uns eingemischt hat. Denn die Kulturhoheit der Länder ist uns sehr wichtig. Wir hatten das allerdings unseren Kollegen im Bundestag – vor allem dem Kollegen Otto – auch sehr frühzeitig übermittelt, und ich glaube, er hat das Seine dazu beigetragen, dass der Bund da vorsichtig vorgegangen ist.
Wir haben ja kürzlich schon im Ausschuss darüber gesprochen, wie wir mit dem, was diese Enquetekommission vorgelegt hat, weiter umgehen. Dabei ist klar geworden: Wir werden das stufenweise abarbeiten. Einen Teil haben wir schon vorher erledigt und auch schon hier besprochen, nämlich beispielsweise den Bereich Museen, und zwar erst kürzlich und ganz intensiv. Auch einen Teil der Theater haben wir beackert, nämlich die kleinen und die freien Theater. Im Moment ist eine fraktionsübergreifende Gruppe daran, sich mit der Soziokultur zu beschäftigen, die auch in Baden-Württemberg außerordentlich vielseitig ist.
Kollege Palm, das Thema der Vernetzung, das Sie angesprochen haben, ist uns auch außerordentlich wichtig. Da gibt es nun eine ganze Reihe anderer Organisationen in Baden-Würt temberg, nicht nur die auch von mir sehr hoch geschätzte Akademie Schloss Solitude, sondern z. B. auch die Internationale Bachakademie, die wirklich auch weltweit ganz stark vernetzt ist. Wenn Sie in China sagen, Sie seien im Kuratorium der Bachakademie, dann leuchten da die Augen auf. Es ist schon ein besonderes Erlebnis, wenn man sieht, inwieweit unsere Kultur und auch das, was in Baden-Württemberg – übrigens auch mit sehr viel Ehrenamt und persönlicher Beteiligung und Engagement von Stiftern und Spendern – geschaffen wird, Beachtung findet. Bei Stiftern und Spendern fällt mir als Nächstes die Kunststiftung Baden-Württemberg ein.
Gerade die zwei Einrichtungen, die ich jetzt erwähnt habe, sind auch ein Beispiel für eine ganz andere Art der Vernetzung, nämlich nicht nur die Vernetzung der Künstler untereinander, sondern eine Vernetzung der Kunst und der Künstler einerseits mit den ganz normalen Bürgerinnen und Bürgern
unseres Landes andererseits. Es freut mich immer wieder sehr, wenn ich dort bin und sehe, wie sich Menschen, denen man das manchmal gar nicht so zutraut, an bestimmten Punkten gerade für Kunst und Kultur enorm engagieren. Ich glaube, das ist auch eine Stärke von uns in Baden-Württemberg.
Wie gehen wir im Landtag weiter vor? Wir wollen Spezialthemen weiter bearbeiten. Ich habe mir einmal ein paar angeschaut und überlegt, was man da tun könnte.
Zum einen könnte man einmal untersuchen, welchem Wandel eigentlich Kulturberufe hier in Baden-Württemberg unterliegen. Es gibt in Baden-Württemberg, glaube ich, z. B. derzeit nur noch einen Geigenbauer. Es könnte also spannend sein, sich das einmal anzuschauen.
Eine weitere Aufgabe, die sicherlich auch verstärkt auf uns zukommt, ist das Thema Provenienzforschung in Bezug auf Kunstgegenstände, die in öffentlichen Museen sind, bei denen man aber nicht genau weiß, wem sie früher einmal gehört haben und ob sie auf ordentlichem Weg in das Museum gekommen sind oder es sich vielleicht um Raubkunst handelt.
Etwas, was mir ganz aktuell sehr am Herzen liegt und bei dem ich schon glaube, dass es sich lohnt, wenn wir uns damit befassen, ist das Thema Künstlersozialversicherung. Die Kultur enquetekommission des Bundestags hat sehr deutlich darauf hingewiesen, wie wichtig dieses Instrument ist. Aber wenn ich mir anschaue, wie es umgesetzt wird, dann sehe ich darin ein Muster an Überbürokratie. Jeder kleine Betrieb muss, wenn er einen Grafiker beauftragt, Beiträge zur Künstlersozialversicherung zahlen. Das ist aus meiner Sicht eigentlich nicht sinnvoll.
Es wäre des Schweißes der Edlen wert, da einen Weg zu suchen, wie man die Künstler für ihre Leistung, die gerade in Zeiten des Internets immer mehr gefährdet ist, sozial absichert Denn bei dem, was da alles an geistigem Eigentum geraubt wird – oft von Leuten, die sich gar nicht einmal darüber bewusst sind, dass sie einen Diebstahl begehen –, muss man sagen: Da gibt es viel zu tun. Die Organisation der Künstlersozialversicherung halte ich für sehr problematisch, weil sie auch dazu führt, dass gerade der kleine Handwerker, der kleine Gewerbetreibende auf Kunst eigentlich bloß noch eine Wut bekommt, und das möchte ich damit gerade nicht erreichen. Wir brauchen die Absicherung unserer Künstler, aber dafür sollten wir uns einen klügeren Weg einfallen lassen.
Als Allerletztes noch einmal: Es wäre wirklich sinnvoll, einmal zusammenfassend zu ermitteln, was es denn in der Kultur in Baden-Württemberg an bürgerschaftlichem Engagement gibt. Da gibt es sehr vieles. Da fallen einem jetzt gleich mehrere Beispiele ein: Galerievereine, Theatergruppen usw. Aber, meine Damen und Herren, auch der Gesangverein und der Musikverein gehören dazu. Das gilt es einmal deutlich darzustellen und zu verdeutlichen, dass jeder und jede an seinem bzw. ihrem Platz einen wichtigen Beitrag zur Kultur unseres Landes und dazu leistet, dass wir auch in 50 Jahren noch von guter Kultur in Baden-Württemberg sprechen können; das verdient unsere Wertschätzung. Auch hier sage ich deshalb meinen Dank an alle, die sich im Kulturbereich engagieren, sei es
professionell oder ehrenamtlich oder als Laie. Alles hat seinen Wert, alles gibt seinen Sinn, und zusammen wird eine gute Sache daraus.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Schlussbericht der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ umfasst 450 Handlungsempfehlungen für Bund, Länder und Kommunen. Es ist mir die Bemerkung wert, die auch Herr Palm schon gemacht hat, dass der Bericht in Berlin einstimmig – partei- und fraktionsübergreifend – verabschiedet wurde.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, darauf können und müssen wir in Baden-Württemberg aufbauen. Wir haben in den zurückliegenden Ausschusssitzungen über die daraus resultierenden Erkenntnisse und Schlüsse für die Kulturpolitik in Baden-Württemberg diskutiert. Die Landesregierung legte uns hierzu ihre Stellungnahmen vor, die durchweg deutlich machten, mit welch hoher Qualität, Buntheit und Vielfältigkeit sich unsere Kulturlandschaft in Baden-Württemberg darstellt. Das ist richtig, und darauf können wir mit Recht stolz sein. Vergessen wir aber nicht: Dieser Reichtum ist in weiten Teilen das Ergebnis der Bemühungen unserer Vorväter und -mütter, und dieser Reichtum verpflichtet. Gut sind wir und bleiben wir in Zukunft nur, wenn wir nicht stehen bleiben.
Die Kulturpolitik in unserem Land hat eine eminent wichtige Aufgabe. Kunst und Kultur sind nicht nur Basis unseres intellektuellen Potenzials, nicht nur Grundlage von Wissens- und Wertevermittlung, sondern auch eine immer notwendiger werdende Klammer im Prozess der immer noch fortschreitenden Individualisierung, eine integrierende, eine gemeinschaftsbildende Kraft und damit ein Weg, um die Bildung von Parallelgesellschaften zu verhindern. Sie haben das angesprochen, Herr Palm. Die Zentrifugalkräfte der sich entwickelnden Industrie- und Wissensgesellschaft sprengen nämlich unsere Gemeinwesen, wenn es nicht das Korrektiv einer offensiven und großzügigen Kulturpolitik gibt.
Aber statt hoffnungsvoller künstlerisch-kultureller Saat auch den notwendigen Nährstoff und das notwendige Wasser zu geben, werden den Kultureinrichtungen heute doch gedeckelte Haushalte verpasst – ich meine das auch bundesweit –, und die Zuwendung der Landesregierung zur Kultur und zu den Künsten beschränkt sich auf Anfragen, symbolisch aber auch auf Grußworte, die zwar deren zentrale Bedeutung herausheben, aber sie nicht wirklich zur zentralen Aufgabe machen.
Ein solches Kulturverständnis ist unökonomisch. Warum? Es missachtet die gestaltende, die integrierende Kraft der Kunst und der Kultur. Es verspielt die Möglichkeit, mit Kultur und Kunst Voraussetzungen zu schaffen für jenen Bereich der Bildung, der das im Menschen freisetzt, was Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft voranbringt, nämlich Kreativität. Eine Studie des Zentralinstituts für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim bringt zutage, dass der Erfolg von Unternehmern und Managern zu einem weit geringeren Teil von deren kognitiven Fähigkeiten abhängt als von ihren Soft Skills.