Dann noch eine grundsätzliche Bemerkung, meine Damen und Herren. Wir schimpfen immer wieder, lieber Michael Theurer, über „die aus der EU“.
Ich will einmal klar sagen: Von dort kam sehr viel Geld. Trotzdem wird immer kritisiert. Wir haben hier im Land auch sehr viel Geld bekommen. Ich nenne nur das ESF-Programm und das EFRE-Programm. Daraus können wir jetzt in der neuen Förderperiode viel machen, und zwar auch im ländlichen Raum.
Wir haben schon sehr viele Erfolge erzielt. Ich erinnere mich noch an die Zeit, als ich im Landesgewerbeamt die Themen ESF, berufliche Bildung, Qualifizierung, Patentberatung, Exis tenzgründungen usw. bearbeitet habe. Das gab es alles mit Beiprogrammen. Das eine oder andere Programm haben wir vielleicht auch einmal zu viel ausgekostet, aber unter dem Strich haben wir sehr viel Sinnvolles gemacht.
Ich will noch einen Punkt nennen: Es ist für mich wichtig, dass wir die Mittel, die wir jetzt bekommen, auch entsprechend kofinanzieren. Denn eines darf nicht passieren, meine Damen und Herren: dass wir auf Mittel der EU oder des Bundes wegen fehlender Kofinanzierungsmittel verzichten. Denn dann würden diese Mittel von den Bundesländern in Anspruch genommen, die sich über den Länderfinanzausgleich ohnehin von unserem Geld ernähren.
Meine Damen und Herren, wir sollten zwar vielleicht das eine oder andere Programm und Progrämmchen etwas durchleuchten, weil weniger vielleicht manchmal besser wäre, aber mir als jemandem, der 20 Jahre lang mit der Kommunalpolitik und der Wirtschaftsförderung der Landkreise befasst ist, ist vor allem wichtig, dass man dort klare Vorgaben und einfachere, schnellere Verfahren bekommt, dann aber auch Entscheidungen, bei denen man etwas mehr Kompetenz auf die Ebene vor Ort, nach unten verlagert. Subsidiarität sollte sich nicht nur in der Verwaltungsreform widerspiegeln, sondern auch im praktischen Tun der Wirtschaftsförderung und bei den Unternehmen. Das ist ein wichtiger Punkt. Diesen sollten wir noch stärker im Auge haben. Meine Damen und Herren, ich bin der Auffassung, dass die Programme und das Geld bisher gut eingesetzt waren. Da brauchen wir uns vor keinem Bundesland zu verstecken.
Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich verste he die ganze Aufregung nicht, lieber Herr Kollege Winkler. Ich stelle nur fest: Die Ärzte verlassen den ländlichen Raum, seit Ulla Schmidt regiert. Das ist ein Faktum.
Wir hatten vorher im Prinzip eine Vollversorgung bis in den letzten Winkel der Republik und auch bis in den letzten Winkel Baden-Württembergs. Seit Ulla Schmidt regiert – seit sieben Jahren ist sie an der Regentschaft –, seit dieser Zeit fehlt die Vollversorgung. Das ist die Situation.
Herr Kollege Winkler, wir unterhalten uns über das Thema Ärzteversorgung und dergleichen erst, seit Ministerin Schmidt regiert, um das klar zu sagen. Ich sagte schon einmal: Das liegt in der Natur der Sache; denn, meine Damen und Herren, sozialdemokratische Politik war immer eine zentralistische Politik.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Beifall des Abg. Gundolf Fleischer CDU – Abg. Gundolf Flei- scher CDU: So ist es!)
Das ist kein Thema. Die Sozialdemokratie war nie subsidiär aufgebaut und hat nie einen föderalistischen Kern gehabt. Ich freue mich, dass sich die baden-württembergische Sozialdemokratie in Teilen besserstellt. Das muss ich ganz ausdrücklich an die Adresse der SPD bei uns im Land sagen – Stichwort Föderalismuskommission etc. Aber für die Bundespartei gilt nach wie vor ein starker zentralistischer Ansatz,
und dieser zeigt sich in der Vereinheitlichung der Gesundheitskassen etc. Da brauchen wir uns kein X für ein U vorzumachen.
Jetzt kommen wir genau zu der Frage: Welche Antworten geben wir auf die Infrastruktur des Landes? Da bin ich der felsenfesten Überzeugung: Wir können nicht auf differenzierte Strukturen gleichförmige Antworten geben. Differenzierte Landschaften und differenzierte Strukturen erfordern vielmehr auch differenzierte Antworten. Dies gilt in allen Sektoren, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl Rombach CDU: Sehr richtig! – Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Sehr gut!)
Sie können nicht sagen: „Wir brauchen im agrarstrukturellen Bereich – nehmen wir an: für die Berggebiete des Schwarzwalds – dieselben Programme, Leistungen und Unterstützungen wie beispielsweise in der oberrheinischen Tiefebene oder in Hohenlohe.“ Das passt bei uns nicht zusammen. Das können Sie in monostrukturierten Ländern, in der norddeut
schen Tiefebene, in Mecklenburg-Vorpommern usw. sagen – gar kein Thema. Aber bei der gegliederten Topografie, wie wir sie bei uns haben, bei dem unterschiedlichen Klima, bei den unterschiedlichen landwirtschaftlichen Strukturen, bei der unterschiedlichen Raumstruktur, der unterschiedlichen Wirtschaftsstruktur unserer Regionen bedarf es differenzierter Angebote. Deshalb machen wir auch differenzierte Angebote.
Jetzt kommt natürlich ein Weiteres dazu: Das ist reine Fördertechnik. Ich habe mich gerade eben noch einmal beim Kollegen Pfister erkundigt, wie viele Sanierungsprogramme wir im Land im Bereich des Wirtschaftsministeriums haben. Wir haben ein Landesprogramm, aber wir haben vier Bundesprogramme.
Im agrarwirtschaftlichen Sektor, im landwirtschaftlichen Sektor und im Bereich der Entwicklung der ländlichen Räume haben wir es mit drei Geldgebern zu tun. Wir haben einerseits die Europäische Union.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die Bundesrepublik ist auch differenziert! Da kann man nicht mit einem Pro- gramm für unterschiedliche Landschaften kommen! Kein Einheitsbrei! – Gegenruf des Abg. Gundolf Flei- scher CDU: Jetzt haben wir es! Sehr gut!)
Sehen Sie, Herr Schmiedel, d’accord! Da sind wir doch einer Meinung: kein Einheitsbrei, sondern differenzierte Antworten auf differenzierte Strukturen. Dann kritisieren Sie doch nicht unsere differenzierten Antworten!
Aber jetzt sage ich noch einmal: Im Bereich der ländlichen Räume und der Agrarförderung haben wir es mit drei Geldgebern zu tun. Das ist einerseits die Europäische Union, und dies in der Vergangenheit gespeist aus unterschiedlichen Fonds mit unterschiedlichen Abrechnungsmodi. Der zweite Geldgeber ist die Bundesrepublik Deutschland. Wesentlicher Sektor ist die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“,
Jetzt finanzieren wir bestimmte Bereiche lediglich aus Landesmitteln, weil dafür überhaupt keine anderen Mittel zur Verfügung stehen. Wir sagen aber: Die Finanzierung ist trotzdem notwendig. Dann gibt es Bereiche, die durch das Land und die Europäische Union finanziert werden, es gibt Bereiche, die das Land und der Bund finanzieren, und es gibt Bereiche, die das Land, der Bund und die Europäische Union gemeinsam finanzieren.
Damit ist eines klar: In diesem Sektor ist ein guter Teil dessen, was wir tun, in der Fördertechnik fremdbestimmt. Das heißt, wir haben zunächst einmal gar keinen Einfluss darauf, wie welche Programme im Detail letztendlich abgewickelt werden. Das ist die Ausgangssituation.
Ich sage: Am Ende des Tages gilt es eine Kosten-Nutzen-Analyse zu machen. Wenn die Kosten-Nutzen-Analyse positiv
ausfällt, dann bedeutet das für die Verwaltung und für die Regierung: Wir lassen – bei der Kosten-Nutzen-Analyse geht es vor allem um Verwaltungskosten – keinen Euro stehen, sondern wir nehmen mit, was wir kriegen können – um das klar zum Ausdruck zu bringen. An Baden-Württemberg darf kein Euro vorbeifließen. Das ist die Maxime, die gilt – immer unter Berücksichtigung der Verwaltungskosten.
Ich glaube, damit sind wir unterm Strich gut gefahren. Denn, meine Damen und Herren, wir sind Nettozahler in der Bundesrepublik Deutschland – um auch das klar zu sagen. Als Nettozahler sollten wir sehen, dass wir möglichst viel auch tatsächlich wieder hereinbekommen.
Meine Damen und Herren, wir haben ein paar Bereiche zusammengefasst. Ich will beispielhaft nur zwei, drei Bereiche nennen.
Bei der Ausgleichszulage Landwirtschaft wollten wir mit den Sockelbeträgen deutlich nach oben fahren. Bei der Genehmigung durch die Europäische Union ist uns dies leider Gottes gestrichen worden, weil das Mittelvolumen von der EU vom Bund und vom Land gedeckelt war. Das Ergebnis war, dass wir eine lineare Kürzung um 14 % vornehmen mussten, wie Sie es im Schwarzwald mitbekommen haben. Das geschah aber nur deshalb, weil wir ursprünglich deutlich höhere Sockelbeträge wollten.
Wir haben die Bagatellgrenze von 50 €, von der Sie gesprochen haben, Herr Kollege Winkler, nur in einem einzigen Fall, nämlich dann, wenn Vereine in ehrenamtlicher Tätigkeit Naturschutzarbeit vor Ort leisten. Nur für diesen einzigen Fall gibt es überhaupt Auszahlungen von 50 €. Ansonsten liegen die Auszahlungsbeträge im Bereich Wald bei 150 €, im Übrigen bei 200 respektive 250 € als Bagatellgrenze nach unten. Ich sage Ihnen ganz klar: Mir ist das Ehrenamt im Land so viel wert, dass ich im Zweifelsfall auch in Zukunft solche Beträge, die von Ihnen als Bagatellen angesehen werden, an Ehrenamtliche leisten will. Wenn sich Ehrenamtliche im Naturschutz betätigen und dort wertvolle Dienste leisten, dann ist das auch eine staatliche Anerkennung wert.
Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, sage ich abschließend noch einmal: Der Kernsatz heißt: Differenzierte Landschaft, differenzierte Strukturen, differenzierte Förderung, und dies alles mit möglichst geringem Verwaltungsaufwand. Wir nehmen jede Gelegenheit dazu wahr, auch jetzt wieder den Health Check der EU, was das Thema Bürokratieabbau angeht. Unsere Vorschläge liegen seit Langem in Berlin und in Brüssel. Wir verfolgen diese auch mit Verve. Aber ich bitte einfach um Nachsicht und Verständnis, dass wir in diesem Fall an strikte Formvorgaben der EU gebunden sind, sodass wir dorthin gemeinsam unsere Anstrengungen richten müssen. Dann sind wir mit Sicherheit auf dem richtigen Weg.
antragt, den Antrag zur weiteren Beratung an den Landwirtschaftsausschuss zu überweisen. – Sie stimmen dem zu. Es ist so beschlossen.