Wir haben eine Studienabbrecherquote von 25 %. 25 % der Studenten verlassen die Hochschulen ohne Abschluss. Grund: mangelnde Beratung und Unstrukturiertheit der Studiengänge. Herr Wissenschaftsminister, Herr Ministerpräsident, das ist ein unhaltbarer Zustand. Ich kann überhaupt nicht verstehen, dass Sie das jahrelang hinnehmen. Das ist eine ungeheure Verschleuderung von Ressourcen. Ich hätte von Ihnen erwartet, dass Sie in einem so wichtigen Bereich mit so großen Maschen wirklich einmal eine mutige Ansage machen und sagen: „Ja, in fünf Jahren mit der Einführung von Bachelor und Master senken wir das auf die Hälfte.“ So
Jetzt komme ich aber noch einmal zu einem Punkt, bei dem Sie total bei Ihrem verkrusteten System bleiben. Das ist das dreigliedrige Schulwesen. Jetzt kommt die geniale 17. Variante zur Rettung der Hauptschule: Die Hauptschule soll sich aufs Praktische verstehen. Da muss man einmal fragen, wo Sie leben. Das Problem ist nicht, dass die Hauptschulabgänger das Praktische nicht könnten, sondern dass sie in den Grundqualifikationen Sprache und Mathematik oft nicht in der Lage sind, die Anforderungen eines Handwerksberufs zu erfüllen.
Man sieht das schon an dem Migrantenanteil von 60 % in der Hauptschule. Gehen Sie doch jetzt endlich einmal den Schritt aus diesem verkrusteten System heraus!
Wer ist denn mit der Kritik an unserer Seite? Der Handwerkstag, Hans-Werner Sinn vom ifo-Institut in München, Jürgen Kluge von der McKinsey-Stiftung, „The Economist“, Lothar Späth, Leute aus der Wirtschaft. Warum treten die denn dafür ein, dass wir endlich dieses dreigliedrige Schulsystem mit der Hauptschule verlassen? Weil sie wissen, dass es international nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Das ist der Grund.
Wir wissen ja alle, dass man als Landespolitiker vor den direkt gewählten Bürgermeistern und Oberbürgermeistern immer einen großen Respekt haben sollte.
Ich empfehle: Haben Sie einmal Respekt vor den Oberbürgermeistern aus dem Hotzenwald, die Sie auffordern, in ihren Gemeinden endlich die Basisschule einzuführen. Haben Sie den Mut, wenigstens dort diesen Schritt aus dem dreigliedrigen Schulsystem heraus zu tun. Ich bin überzeugt: Wenn Sie das machen, wird sich das innerhalb weniger Jahre in unserem ganzen Schulsystem durchsetzen.
Herr Oettinger, haben Sie den Mut, dort einfach einmal voranzugehen, auch wenn Ihre Traditionsbataillone da etwas hinterherkrähen.
Ich möchte das Thema Bildung mit dem Schlagwort „Kinderland“ abschließen. Das ist ja ein hochtrabender Begriff, zudem noch von uns geklaut.
Aber wir bilden bei der Betreuung von Kindern unter drei Jahren das Schlusslicht, Herr Ministerpräsident. Die Beteiligung des Landes an den Betriebskosten der Kinderkrippen liegt im Durchschnitt bei 10 %. Tagesmütter werden sowieso nur rudimentär bezuschusst. Die Betreuungsquote liegt bei 6 %. Wir wollen sie auf 20 % steigern; dazu schlagen wir eine 30-prozentige Beteiligung des Landes vor.
Jetzt bringt Ihnen die Bundesregierung mit Ihrer Familienministerin eine Steilvorlage – vielleicht weil sie weiß, dass Sie so mutlos sind.
Sie führt nämlich das Elterngeld ein. Es gibt also im ersten Jahr Transferleistungen, und selbst in dieser Situation haben Sie nicht den Mut, zu sagen: „Schluss mit dem Landeserziehungsgeld. Wir widmen die Mittel jetzt einfach für Kinderbetreuung um.“ Denn was nutzen diese Transferleistungen im ersten Jahr, wenn wir keine Kinderbetreuung haben, mit der sich Familie und Beruf vereinbaren lassen? Sie nutzen nichts. Deshalb treffen Sie doch auch hier endlich einmal eine klare Entscheidung und sagen Sie: „Ja, so machen wir das: Wir widmen das Landeserziehungsgeld jetzt für Kinderbetreuung um.“
Nirgendwo sind die globalen Herausforderungen so deutlich wie beim Klimawandel und bei der Verknappung der Ressourcen. Schon der Energiehunger der Boomländer China und Indien zeigt dies deutlich. In China wird das gigantische Wachstum von 10 % inzwischen von den Umweltkosten aufgefressen. Das heißt, die Gestaltung der Globalisierung durch ein Land wie Baden-Württemberg ist wirklich notwendig.
Wir haben die Forschungslandschaft, und wir haben die Möglichkeiten, Forschungsergebnisse in marktfähige Produkte, Dienstleistungen und Verfahren umzusetzen. Wir haben die Möglichkeit, mit Energieressourcen und Material intelligent umzugehen. In der deutschen Wirtschaft ist diese Fähigkeit noch unterbelichtet, weil immer zu sehr auf das Personal geschaut wird, aber zu wenig auf Einsparmöglichkeiten, die wir bei Ressourcen und Energie haben. Sie sind im gewerblichen Bereich viel höher als einsparbare Personalkosten, bei großen Betrieben sowieso.
Die Ökologie als Motor von Innovationen im Energiesektor, bei Produkten und Dienstleistungen sowie der Mobilität gehört ins Zentrum der Wirtschaftspolitik.
Zentrale Voraussetzung, um sich als Hochlohnland auf den Märkten zu behaupten und die Märkte der Zukunft zu erobern, sind solche Innovationen. Ökoeffizienz wird in Zukunft ein Gradmesser für die Leistungsfähigkeit eines Be
triebs und einer Volkswirtschaft sein. Das gilt natürlich besonders für die Exportregion Baden-Württemberg. Für uns selbst wird dies eine Quelle neuer Wertschöpfung und ein Arbeitsplatzmotor sein.
All das findet sich auf einmal auch in der Rede des schwarzen Ministerpräsidenten Oettinger. Welch ein Fortschritt! Aber warum so spät?
Vier Beispiele für diese neue Diktion: Der Schlüssel einer nachhaltigen Politik liegt in einer verantwortungsbewussten Politik, die auf drei Säulen ruht: Energie sparen, Energieeffizienz erhöhen und erneuerbare Energien nutzen. Das ist 1 : 1 aus allen Grünen-Programmen der letzten zehn Jahre entnommen. „Unsere Autos brauchen zu viel Sprit. Wir haben als Exportland eine globale Verantwortung.“ 15 Jahre dauerte es, bis ein Ministerpräsident dies im Autoland Baden-Württemberg sagt. Aber wir sind froh darüber, dass der Satz von Ihnen kommt. Das wird uns in der Zukunft viel helfen, nachdem die Kollegin Carmina Brenner das in einer ersten mutigen Rede schon vor einem halben Jahr begonnen hat.
Wenn wir nicht aufpassen, entstehen heute mit Wohnund Gewerbegebieten auf der grünen Wiese die Altlasten von morgen, für die dann niemand mehr zahlen kann.
Ich muss sagen: Beim Flächenverbrauch hätten wir etwas gezögert, solch eine radikale Formulierung in unser Wahlprogramm zu schreiben.
Solche Aussagen von der CDU wären unter der Regierung Teufel nicht denkbar gewesen. Offensichtlich haben sich die Gespräche von uns Grünen mit Ihnen nach der Landtagswahl gelohnt.
Also: Anerkennung in den Zielen. Der tiefe Graben beim Atomausstieg bleibt. Ihr Vorschlag hierzu ist neben den Argumenten zur Sicherheit – die ungeklärte Frage des Mülls, die ja ganz elementar ist, hat Frau Kollegin Vogt schon aufgezählt – ganz klar nichts anderes als eine Innovationsbremse. Wer solch einen Vorschlag macht, wie Sie ihn machen, bremst in Wirklichkeit die Option, dass auf anderen Gebieten – zum Beispiel mit den regenerativen Energien beim Mittelstand – die Post abgeht. Warum soll man denn investieren, wenn Sie jetzt die Option eröffnen, dass weiterhin Atomstrom produziert wird? Das ist ökonomisch unsinnig und nimmt den Druck heraus.
Sie haben sehr anspruchsvolle Ziele, Herr Oettinger. Wo sind die Instrumente? Wo sind die Mittel, um die Ziele auch umzusetzen? Anspruch und Wirklichkeit klaffen hier weit auseinander. Wenn Sie sagen, Sie wollten BadenWürttemberg zum Spitzenreiter in Sachen erneuerbarer Energien machen, und das Ziel eines Anteils regenerativer Energieträger von 11,5 % bei der Stromerzeugung anpeilen, dann muss ich Ihnen sagen: Das ist schon jetzt der Bundesdurchschnitt. Wenn Sie das erreichen, dann sind Sie gerade auf dem mittleren Level, und von einer Spitzenstellung ist gar nicht zu reden.
Das allgemeine und das kommunale CO2-Minderungsprogramm werden sehr stark nachgefragt. Die vorliegenden Anträge werden die Fördermittel voraussichtlich ausschöpfen. Bitte stellen Sie keine weiteren Anträge.