Leistungsbereit sind die Baden-Württemberger allemal, und ich rufe uns und Sie alle auf: Gemeinsam wollen wir als Parlament leistungsbereit sein und in diesem Land jetzt die Aufgaben angehen, die wir uns für die kommenden fünf Jahre vorgenommen haben. Dann, glaube ich, wird die Bevölkerung auch wieder mehr Respekt vor diesem Parlament zeigen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Ich habe heute Morgen die Aussprache aufmerksam verfolgt und danke zunächst den Kollegen Mappus und Dr. Noll für die konstruktive Partnerschaft und Unterstützung der Regierungskoalition von CDU und FDP/DVP mit vielen gemeinsamen Vorhaben, mit einem klaren Programm, mit einer Koalitionsvereinbarung, die nachlesbar und nachprüfbar Baden-Württemberg weiterbringt, sowie einer Vertrauensgrundlage, die mit Sicherheit in den kommenden schwierigen Jahren wichtig sein wird. Ich danke Frau Kollegin Vogt und Herrn Kollegen Kretschmann für konstruktive und kritische Reaktionen, für Erwiderung, für Fragen und für Themen, auf die ich gerne im weiteren Verlauf eingehen will.
Die Haushaltspolitik steht im Mittelpunkt. Ich glaube, dass die Neuordnung, die Verbesserung der öffentlichen Haushalte allgemein und des baden-württembergischen Haushalts im Besonderen in den nächsten Jahren eine Chance hat, im Blickpunkt unserer Beratungen, im Mittelpunkt unserer Bemühungen zu stehen.
Wie ist die Eröffnungsbilanz dafür? Baden-Württemberg steht so schlecht, wie es manche Stimmen von links behaupten, nicht da. Wir haben in den letzten zehn Jahren in den Regierungen von CDU und FDP/DVP, aber auch schon in der großen Koalition mehr als andere Länder auf solide Haushaltsentwicklung geachtet. Dass Baden-Württemberg seit 14 Jahren eine steigende Schülerzahl hat und infolgedessen 12 000 zusätzliche Lehrerstellen schuf – in der großen Koalition und auch in den zehn Jahren der Regierung von CDU und FDP/DVP –, dass aber keine einzige Stelle neu entstanden ist, sondern durch Umschichtung, durch Streichung im allgemeinen Verwaltungsbereich Lehrerstellen und Polizeivollzugsbeamtenstellen entstanden sind, ist ein Kraftakt, den andere Länder nicht aufzuweisen haben.
Baden-Württemberg baut auch in diesem Jahr die Zahl der Lehrerstellen aus. Dass die GEW uns dafür lobt, mag ein Zeichen sein, dass unsere Bildungspolitik im Einklang mit der Haushaltspolitik so falsch nicht sein kann.
Wir haben Behördenschließungen hinter uns, wir haben Verwaltungsmaßnahmen und wir haben Reformen unserer Sonder- und Fachbehörden hinter uns gebracht, wir haben
Wir haben mit 40 Milliarden € Gesamtverschuldung genau 2,6 % der Gesamtverschuldung der deutschen öffentlichen Hand – 2,6 %, nicht weniger, aber auch nicht mehr.
Wer dann die Gründe wissen will, warum in den letzten Jahren die mittelfristige Finanzplanung zum Teil nicht eingehalten worden ist, dem möchte ich sagen, dass ich schon glaube, dass weniger die Landespolitik und mehr die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands aus dem Ruder geraten ist. Rezession und Stagnation haben die letzten fünf Jahre bestimmt. Dies war auch der Grund, warum Rot-Grün abgewählt worden ist. Deswegen ist meine Meinung: Wer in diesen Tagen aus Berlin, aus der Konkursmasse Schröder und Fischer, zu uns als Abgeordneter neu kommt, ist als Ratgeber denkbar schlecht geeignet, denn Baden-Württemberg ist besser als die Bundespolitik.
(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bra- vo! – Zurufe von der SPD)
Für dieses Jahr haben wir nach Landtagsbeschluss eine Neuverschuldung von 1,935 Milliarden € vorgesehen.
Der Finanzminister hat meine volle Unterstützung, wenn es um restriktiven Haushaltsvollzug geht, wie dies auch schon im letzten Jahr unsere Politik gewesen war. Im letzten Jahr hat der Landtag der Regierung für den Haushalt und dessen Vollzug ein Schuldenrecht von knapp 2 Milliarden € gegeben. Wir haben davon nicht einmal 1,7 Milliarden € ausgeschöpft. Ich will die Politik des restriktiven Haushaltsvollzugs auch in diesem Jahr zur Grundlage dafür machen, dass die fünf Jahre, die vor uns liegen, zu bewältigen sind.
Herr Dr. Noll hat die erste Zahl genannt: 1,935 Milliarden € neue Schulden in diesem Jahr. Wir streben eine deutliche Unterschreitung der bisher gültigen und bekannten Zahlen der mittelfristigen Finanzplanung an. Diese sieht – sie ist Ihnen bekannt – eine Neuverschuldung von 1,7 Milliarden € im nächsten Jahr und von 1,5 Milliarden € im Jahr 2008 vor. Wenn man diese Stufen sieht – 1,935 Milliarden €, 1,7 Milliarden €, 1,5 Milliarden € –, merkt man, dass es auf dem Weg zu einer Nullnettoneuverschuldung im Jahr 2011 auf den Kellertreppen relativ vertikal wird.
Deswegen wollen wir die Anstrengungen verstärken. Wir – Landesregierung und Regierungskoalition – werden dem Landtag im Herbst einen Haushaltsentwurf vorlegen, der in der Tat im Jahr 2008 statt 1,5 Milliarden € zumindest näherungsweise, wenn nicht als Punktlandung 1 Milliarde €
als Obergrenze für neue Schulden vorsieht. Wir machen Ernst damit und brauchen dafür genau die Zeit bis zum Herbst. Aber, liebe Frau Kollegin Vogt: Wir trauen uns dies zu. Die von Ihnen getragene vormalige Bundesregierung hat das in sieben Jahren nicht annähernd erreicht.
Die Frage, was die Regierungskoalition bei der Ganztagsschule tut, wurde hier mehrfach debattiert. Der Höchststand der Zahl der Lehrerinnen und Lehrer wird im nächsten Jahr erreicht. Die Zahl der Schulkinder sinkt während dieser Legislaturperiode von Jahr zu Jahr in der Gesamtbetrachtung aller Schularten, aller öffentlichen Schulen. Obwohl wir 15 Jahre steigender Schülerzahlen hinter uns haben und in diesen 15 Jahren die Zahl der Lehrer jedes Jahr erhöht haben und obwohl wir mittel- und langfristig um einen Abbau von Lehrerstellen nicht herumkommen, werden wir in den nächsten fünf Jahren den Schwerpunkt darauf legen, dass sinkende Schülerzahlen bei gleich bleibender Stellenzahl und Mittelhöhe unterm Strich zu mehr Betreuung und Bildung durch Lehrer und Jugendbegleiter und somit zu mehr flächendeckender Ganztagsschule in Baden-Württemberg führen.
Unser Ganztagsschulausbauprogramm, das seinesgleichen in Deutschland sucht, die Sicherung der Ausgaben für Lehrerstellen und Sachmittel im Betreuungs- und Bildungsbereich, im Hauptamt und im Ehrenamt, werden dafür sorgen, dass die Ganztagsschule in Baden-Württemberg ohne Ideologie entsprechend der Nachfrage, entsprechend dem Bedarf flächendeckend auch in die praktische Kinderwelt unserer jungen Generation kommt.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ur- sula Haußmann SPD: Das war kein rauschender Beifall! – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Scheint nicht populär zu sein! – Gegenruf des Abg. Werner Pfisterer CDU: Hör erst mal zu!)
Frau Vogt hat das Thema Agrarsubventionen erwähnt. Ich finde den Begriff Subventionen nicht in Ordnung, weil damit immer etwas Negatives, ein Mitnahmeeffekt, etwas Haushaltsschädliches verbunden ist. Zu einem Zeitpunkt, zu dem die Europäische Union ihre Mittel, wenn es um Agrarstrukturen geht, um einen erheblichen, zweistelligen Millionenbetrag, auf Baden-Württemberg projiziert, kürzt,
das heißt der bäuerliche Familienbetrieb und damit der ländliche Raum in Baden-Württemberg mit weniger Fördermitteln für ökologisch vertretbare Landschaftspflege und Bewirtschaftung rechnen muss, genau zu dem Zeitpunkt, zu dem sich die EU hier etwas zurückzieht, ziehen wir uns nicht zurück, damit im ländlichen Raum auch in Zukunft intakte Familienstrukturen bestehen.
Den ländlichen Raum – so verstehe ich Sie – haben Sie in der Generation nach Teßmer längst aufgegeben. Aber wir treten umso mehr dafür ein, dass Baden-Württemberg aus intakten Großstädten und einem intakten ländlichen Raum
besteht. Wer den bäuerlichen Familienbetrieb im Hohenlohischen, im Allgäu, im Schwarzwald, in anderen Regionen Baden-Württembergs will, der muss honorieren, dass hier nach klaren Kriterien für Boden, für Produkte und für Grundwasser bewirtschaftet wird.
Dies wird weiter die Politik Baden-Württembergs sein. Mittelsteigerungen schaffen wir nicht, aber Kürzungen sind nicht unsere Politik.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Bravo! – Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)
Die Beziehung zwischen Land und Kommunen wird bei allen Fragen – Bildung, Haushaltssanierung, Infrastruktur – immer eine Gratwanderung der Fairness sein. Wir haben die Interessen sowohl des Landes als auch der Kommunen im Auge. Bei manchem Redebeitrag von links scheint es mir manchmal, als wenn es Ihnen recht wäre, wir würden Landesinteressen vernachlässigen; Hauptsache, alle Forderungen der Kommunen werden erfüllt. Wir alle haben zuallererst einen Eid auf Baden-Württemberg geleistet. Die Kommunen sind ein Teil Baden-Württembergs.
Aber beide Seiten gegeneinander auszuspielen wäre der falsche Weg. Ich glaube, dass Baden-Württemberg die Gratwanderung in den letzten Jahrzehnten hervorragend bestanden hat.
Wenn man die Haushalte unserer Kreise und Gemeinden in Baden-Württemberg betrachtet, ist, glaube ich, festzustellen: Wir haben dort weniger ein Einnahme- als ein Aufgaben-, ein Standard- und ein Ausgabenproblem.
Schauen Sie sich einmal eine Gemeinde in einem durchschnittlichen Landkreis an: Sie ist durch die Kreisumlage geprägt. Und die Kreisumlage steigt, weil der Umfang der gesetzlichen Aufgaben durch die Bundesgesetzgebung in Größen geht, die kommunal nicht mehr zu verkraften sind.
Nehmen wir den Arbeitsmarkt und Hartz IV, nehmen wir Jugendhilfe, Eingliederungshilfe und anderes mehr.
Wir müssen beim Bund erreichen, dass über Standards in der Bundesgesetzgebung, die auf Gemeinde- und Kreisebene zu erfüllen und zu erbringen sind, über Aufgabendichte und -breite, über Ausgabenfülle nachgedacht wird. Nur durch einen Standardabbau auf bundesweiter Ebene werden wir bei den Kommunen dafür sorgen,