Wenn wir so weitermachen, werden wir in Baden-Württemberg die gleichberechtigte Repräsentanz von Frauen, von 52 % der Wahlbevölkerung, im Jahr 2200 oder 2300 erreicht haben.
Wir sagen, um allen Vorurteilen und Missverständnissen von Anfang an entgegenzuwirken: Es gilt der alte Rechtssatz „ultra posse nemo obligatur“.
(Beifall des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Oi! – Abg. Guido Wolf CDU: Da kann ich nicht mitschwätzen!)
Auf Deutsch: Niemand muss etwas Unmögliches vollbringen. – Aber wer es vollbringen kann, weil er die notwendige Anzahl von weiblichen Kandidierenden organisieren kann, der soll es tatsächlich tun. Wer es nicht kann, muss es letztendlich nicht. Deswegen haben wir, meine Damen und Herren, z. B. die Ortschaftsräte eingedenk der Problematik, die wir da haben, von dieser Regelung ausgeschlossen.
Der Vorwurf, der diesen Vorschlägen ja immer entgegengebracht wird, es handle sich hier um eine Geschlechterzwangsparität, ist, denke ich, damit erledigt. Wenn man das ernsthaft und seriös diskutiert, kann man diesen diskriminierenden Ausdruck nicht mehr bringen.
Rechtlich, meine Damen und Herren, ist es im Übrigen eindeutig so, dass Quotenregelungen für Kandidierendenlisten zu öffentlichen Wahlen vom Gestaltungsauftrag des Grundgesetzes gedeckt sind. Wir können uns im Innenausschuss – dort werden wir weiterberaten – gern die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, aber auch des Bundesverfassungsgerichts der letzten Jahre einmal sehr ernsthaft anschauen.
Zweites Stichwort: Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Wir halten es für dringend notwendig, der nachwachsenden Generation ein attraktives Angebot zu machen. Natürlich gibt es gute Gründe, das immer wieder – und auch diesmal wieder – bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben. Nach unserer Erfahrung und auch nach der Erfahrung in vielen Kommunen – Jugendgemeinderäte, Jugendforen und sonstige Partizipation junger Menschen an kommunalen Entscheidungsprozessen – sind Jugendliche viel ernsthafter, viel interessierter und viel aufgeschlossener als der Ruf, der ihnen vorauseilt.
Wo mit 16 Jahren gewählt werden kann – und das sind fünf Bundesländer; wir machen hier also keine Experimente à la Baden-Württemberg, sondern in fünf Bundesländern gibt es bereits die Praxis –, sind die Erfahrungen positiv.
Wir haben uns die Statistiken angeschaut. Die Erfahrungen sind positiv. Die Wahlbeteiligung der jungen Menschen zwischen 16 und 18 ist zum Teil höher als die allgemeine Wahlbeteiligung.
Wir verlangen, meine Damen und Herren, von Jugendlichen heute enorm viel: Lernen schon im Kindergarten, vorgezogene Stichtage zur Einschulung, 2012 das erste Abitur nach zwölf Jahren, an der Uni nach drei Jahren der erste Abschluss. Wer früher durchblicken und Verantwortung übernehmen muss, soll auch mehr mitbestimmen. Das ist unsere zentrale Forderung.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Themen, über die wir uns hier unterhalten, kommen ja immer wiederkehrend, von der Opposition vorgetragen, in das Parlament.
Aber die Argumente, mit denen hier diskutiert wird, verehrter Herr Kollege Sckerl, werden dadurch nicht besser,
indem Sie immer und immer wieder glauben, argumentieren zu müssen, dass, wer früher wählen darf, auch früher durchblicken würde. Das ist eine Gleichung, die nur Sie, Herr Sckerl und die Fraktion GRÜNE, verstehen.
(Abg. Norbert Zeller SPD: Das gilt sogar für Erwach- sene! – Zuruf von der SPD: Da dürften manche nicht wählen!)
Meine Damen und Herren, wer eine paritätische Besetzung von Gremien gesetzlich vorschreiben will, lieber Herr Sckerl, der verübt einen Anschlag auf die Demokratie.
Das ist antidemokratisch, was Sie vorhaben. Im Übrigen ist das eine Bevormundung der Wählerinnen und Wähler. Wieso trauen Sie den wählenden Frauen nicht zu, diesem von Ihnen zu Recht beanstandeten Missstand, dass zu wenig Frauen in den Parlamenten repräsentiert sind, selbst abzuhelfen? Wir wollen Deregulierung. Wir setzen darauf, dass der Wähler mündig ist und dafür sorgt, dass die Richtigen in unseren Gremien vertreten sind, meine Damen und Herren.
Der zweite Punkt, meine Damen und Herren: Herabsetzung des Wahlalters auf 16. Ich bin sehr dafür, an einem schlüssigen System unserer Rechtsordnung festzuhalten. Es ist eben nun einmal so, dass die Volljährigkeit am 18. Lebensjahr ansetzt.
Das ist auch mit vielen rechtlichen Folgen verbunden. Die elterliche Sorge endet mit der Volljährigkeit. Auch die Ehemündigkeit ist an die Volljährigkeit geknüpft, und das Gleiche gilt für die unbeschränkte Testierfähigkeit und die Prozessfähigkeit. Welche Gründe soll es geben, von diesem schlüssigen Gesamtkonzept unserer Rechtsordnung abzuweichen, meine Damen und Herren?
Demokratie ist keine Spielwiese. Deswegen muss das aktive Wahlrecht ein Mindestmaß an persönlicher Reife voraussetzen. Die Altersgrenze von 18 Jahren – das ist das Alter, in dem die Volljährigkeit erreicht wird – bietet hierfür genau den richtigen Ansatzpunkt, meine Damen und Herren.
Richtig ist – insoweit nehme ich den Ball gern auf –, sich immer wieder Gedanken darüber zu machen, was man tun muss und was man besser machen kann, um junge Menschen für Politik zu begeistern. Das ist richtig, und das ist eine Herausforderung an uns in allen politischen Parteien.
Aber, meine Damen und Herren, die Annahme, das aktive Wahlrecht befördere automatisch auch das Interesse an der Politik, teile ich nicht. Ich denke nicht, dass man Interesse an politischen Zusammenhängen und Verständnis für Politik gleichsam verordnen kann, indem man das aktive Wahlrecht verleiht. Das Wahlrecht allein weckt noch kein Interesse an der Politik, sonst gäbe es vermutlich kaum Nichtwähler, meine Damen und Herren.
Ein Letztes: Lieber Herr Sckerl, Sie verweisen auf die hervorragenden Erfahrungen, die man mit der Herabsetzung des Wahlalters in anderen Bundesländern gemacht habe. Nun kann man ja darüber streiten, was „hervorragend“ ist. Eines ist aber auch richtig: In Hessen hat man die Herabsetzung des Wahlalters wieder rückgängig gemacht,
weil man die Senkung als Flop erkannt hat. Nun ist Hessen inzwischen ja bekannt dafür, dass man auf der Zielgeraden von gravierenden Fehlentscheidungen noch einmal Abstand nimmt.
Aber ich bin sehr dafür, dass wir diesen Fehler in BadenWürttemberg nicht nachvollziehen. Halten wir fest am Wahlalter mit 18 Jahren.
(Beifall des Abg. Nikolaos Sakellariou SPD – Abg. Klaus Herrmann CDU: Er hat doch noch gar nichts gesagt! – Gegenruf des Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Vorschusslorbeeren!)
Es tut trotzdem gut. – Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir teilen die Anliegen der Grünen, was die Absenkung der Altersgrenze bei Kommunalwahlen und bei Wahlen zum Verband Region Stuttgart von 18 Jahren auf 16 Jahre angeht. Ebenso unterstützen wir auch die begehrten Änderungen beim Zählverfahren.
Eine Regelung zur paritätischen Besetzung von Listen halten wir für völlig unpraktikabel. Das können die Parteien selbst regeln. Da werden wir Ihnen nicht folgen.