Nicht ganz so schlimm, aber hart an der Grenze, Herr Wirtschaftsminister, war das, was Sie der erstaunten Öffentlichkeit mitgeteilt haben. Sie sitzen beim Frühstück, wissen von nichts, lesen die Zeitung, sind erschrocken und schreien in die Welt hinaus: „Ich weiß nichts! Was ist hier los?“
Auch das ist hart an der Grenze, denn das erweckt den Eindruck: Wenn schon der Wirtschaftsminister nichts weiß – mein Gott, wer weiß denn dann etwas?
Deshalb sollten wir uns alle – das ist meine Bitte – bei diesem Thema mit öffentlichen Diskussionen zurückhalten. Es geht jetzt nicht darum, zu hadern und zu zagen,
sondern es geht darum, in dieser Krise zu handeln. Wir brauchen eine starke staatliche Rolle in dieser Krise: Wir brauchen sie bei der Stärkung der Landesbank, wir brauchen sie bei der Stärkung der mittelständischen Industrie in Baden-Württemberg,
wir brauchen sie beim Schutz von Arbeitsplätzen, und wir brauchen sie auch bei der Stärkung der Unternehmen, die wir zuhauf haben, die mit zukunftsträchtigen Produkten in der Warteschleife sitzen, die auf Investitionskapital warten, z. B. im Bereich der regenerativen Energien, und die aus dem Labormaßstab herauswollen in den Markt.
Herr Ministerpräsident, wir müssen mehr tun für aktiven Technologietransfer, um jetzt in dieser Krise auch eine Plattform für künftige Stärke zu schaffen. Wir müssen als Land BadenWürttemberg selbst die Investitionen verstetigen. Ich fordere Sie auf: Laden Sie die Städte und Gemeinden ein, schnüren Sie mit denen einen Investitionspakt!
In dieser Situation, in der die Energiepreise zurückgehen, in der die Betonpreise rapide gefallen sind, in der die Stahlpreise purzeln, in der die Kredite günstig sind, in der die Bauwirtschaft freie Kapazitäten hat, ist es angezeigt, Investitionen im kommunalen Bereich vorzuziehen, die für 2010/2011 ohnehin angedacht waren, und jetzt wirksam werden zu lassen. 20 % mehr öffentliche Investitionen in Baden-Württemberg sind ein wichtiger Impuls, und dieser sollte von der Landesregierung von Baden-Württemberg ausgehen.
Meine Damen und Herren, wir haben fünf strategische Ziele, die wir jetzt miteinander erreichen müssen.
Das erste Ziel ist, zu versuchen, der Krise, die wir nicht abwenden können, die Spitze zu nehmen und dafür zu sorgen, dass sie in Baden-Württemberg nicht außergewöhnlich tief einschlägt. Das zweite Ziel ist, dafür zu sorgen, dass allen Unternehmen im industriellen Bereich, auch im Dienstleistungsbereich, die eine Zukunft haben und über diese Krise kommen, nicht das Geld ausgeht.
Wir haben dafür Sorge zu tragen, dass unsere Banken stabil sind und ihre Aufgabe erfüllen. Wir haben dafür Sorge zu tragen, dass Bürgschaften bereitstehen, damit auch Unternehmen, die wackeln, eine Chance haben, noch über diese Krise zu kommen. Wir haben eine Grundlage dafür zu legen, dass wir gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, dass wir Investiti
onen tätigen, die sowieso notwendig sind, und dass wir eine Plattform für neue zukunftsträchtige Produkte schaffen, die uns in Baden-Württemberg als Industrieland eine sichere Zukunft gewähren.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vertrauen ist derzeit das wichtigste Thema. Wir alle wissen, dass das Schmiermittel unserer Wirtschaft, nämlich Kapital, derzeit nicht in ausreichendem Maß zur Verfügung gestellt werden kann, weil Vertrauen zwischen den Banken verloren gegangen und noch nicht dauerhaft wiederhergestellt worden ist.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte dieses Thema noch etwas erweitern. Wir reden heute zwar über Baden-Württemberg und unsere Landesbank, aber wir sollten auch noch einmal grundsätzlich auf die Ursachen dieser Krise zurückblicken. Ich möchte das Thema Vertrauen insofern ansprechen, als ich glaube, dass wir alle hier uns bewusst sein müssen, dass wir bei allen sogenannten vertrauensbildenden Maßnahmen darauf achten müssen, dass in der Bevölkerung nicht das Vertrauen in unser System insgesamt Schaden erleidet.
Ich halte es für interessant, dass wir heute über diese krisenhafte Entwicklung im Bankensystem diskutieren und anschließend über den Haushalt beraten. Ich muss schon sagen, dass ich aus der Bevölkerung immer wieder zu Recht höre: Ihr verlangt von uns Verzicht an der einen oder anderen Stelle, ihr habt einen strikten Konsolidierungskurs, aber wenn es um die Rettung irgendwelcher Wirtschaftsunternehmen oder Banken geht, dann ist die Dimension auf einmal so weit abgehoben, dass viele es gar nicht mehr verstehen können.
Ich will das jetzt nicht populistisch aufnehmen, aber ich glaube, wir müssen es erklären. Denn alles, was wir tun, tun wir mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Deswegen sind wir gut beraten, all das transparent darzustellen und auch die Beweggründe und Lösungen so darzustellen, dass die Menschen draußen verstehen können, was wir da tun.
An dieser Stelle ist auch über das Thema Entlastungen gesprochen worden. Lieber Kollege Mappus, da bin ich mit Ihnen tatsächlich in einem Boot. Man fragt uns in dieser Situation nämlich zu Recht: „Ihr stützt Banken und beteiligt euch an Unternehmen, die Not leidend sind, aber wo ist eigentlich die Hilfe für mich, wo ist die Entlastung für mich, der ich das alles mitfinanzieren muss?“ Ich will das an dieser Stelle nur andeutungsweise einmal sagen. Ich glaube, wir alle gemeinsam sind gut beraten, diesen Aspekt nicht aus dem Auge zu verlieren.
Im Gegensatz dazu, lieber Kollege Schmiedel: Ich weiß schon, dass das jetzt die Stunde der Etatisten ist, die versuchen wollen, mit Steuergeldern sozusagen als Spieler massiv in den
Lassen Sie mich das kurz entwickeln. – Wenn es jetzt um Schuldzuweisungen und darum geht, was eine der Ursachen für die Krise ist, muss man nur einmal schauen, welche Banken besonders tief hineingeschlittert sind. Das sind in aller Regel staatsbeteiligte Banken,
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was ist denn die UBS? – Gegenruf des Abg. Eugen Schlachter GRÜNE: Wir reden über Baden-Württemberg!)
Ich glaube, dass der Staat auch im Bankensystem dazu da ist, Regeln aufzustellen, deren Einhaltung zu kontrollieren, aber nicht selbst mitzuspielen. Genau das ist der Punkt, dass überall da, wo man selbst – übrigens ziemlich gierig, wie andere auch – als Staat mitgespielt hat, massive Risiken eingegangen wurden. Das ist massiv schiefgegangen.
Deswegen die klare Aussage: All das, was wir derzeit überlegen – auf Bundesebene haben wir das mitgetragen: Bun desschirm mit Landesbeteiligung –, muss auf Zeit angelegt sein.
All das muss auf Zeit angelegt sein und darf nicht zu einer dauerhaften Verstaatlichungswelle führen.
Aber wir bekennen uns dazu, dass es jetzt in dieser massiven Systemkrise notwendig war – um Vertrauen zu schaffen –, den Staat als Garanten im Hintergrund zu haben, der nichts anderes als Vertrauen und Sicherheit an die Banken verkaufen kann. Dafür sollte der Staat durchaus ins Spiel gebracht werden. Die Gewährträgerhaftung hingegen – und das ist der grundsätzliche Unterschied übrigens auch zu den Kollegen Mappus und Schmiedel – ist jedoch ein auf Dauer angelegtes Einmischen des Staates als Spieler in den Markt.
Lieber Kollege Mappus, dazu sage ich ganz am Schluss noch etwas, weil das ja auch thematisiert worden ist.
Genau das ist der Punkt. Wenn alle in dieser Krise eine Form der Kreditversorgung und der Finanzdienstleistungsversorgung im Land Baden-Württemberg loben, dann lobe ich auch ganz besonders diejenigen, die jetzt bereit waren, sich zu einem Landesgenossenschaftsverband zusammenzuschließen: Das sind die Genossenschaftsbanken. Da ist übrigens der politische Einfluss außen vor.
Dass darin auch „politische Menschen“ sitzen, ist überhaupt keine Frage. Wer sich jetzt zum Dreisäulensystem so klar bekennt wie wir alle, dann aber genau der Säule, die in Konkurrenz zu den Genossenschaftsbanken steht, nämlich den öffentlich-rechtlichen Banken, durch Staatsgarantien dauerhaft einen Marktvorteil verschaffen will, der zieht, glaube ich, nicht die richtigen Schlüsse aus unserer derzeitigen Krisensituation.
Beim Thema Bankenaufsicht werden gegenüber dem Staat jetzt Krokodilstränen vergossen. Die FDP hat im Bundestag seit Langem die Vereinigung der Bankenaufsicht und eine Neustrukturierung bei der Bundesbank verlangt und dazu Anträge im Bundestag eingebracht.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sie haben doch 16 Jah- re mitregiert! Warum haben Sie denn nur Anträge ge- stellt? – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)