Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nachdem der Bundesrat im letzten Monat das Kinderförderungsgesetz verabschiedet hat, legt nun auch die Landesregierung den Gesetzentwurf zur Änderung des Kindertagesbetreuungsgesetzes und des Finanzausgleichsgesetzes vor, aber leider nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben.
Was sind die Kernpunkte? Mit dem Gesetzentwurf soll nun die Betriebskostenförderung für die Kleinkindbetreuung geregelt werden. Es ist sehr zu begrüßen, dass die Betriebskos tenförderung für die Kleinkindbetreuung endlich auch gesetzlich geregelt wird. Aber unserer Meinung nach bleibt sie weit hinter dem Notwendigen zurück.
Insoweit schließe ich auch an die gestrige Diskussion zum Thema „Beitragsfreier Kindergarten“ an. Wenn wir tatsächlich eine Priorisierung von Ausbau und Qualität wollen, dann darf sich das nicht nur in Lippenbekenntnissen darstellen, sondern muss sich auch in Euro und Cent niederschlagen. Der Ausbau der Kleinkindbetreuung ist nur mit einem enormen finanziellen Kraftakt zu schultern, zu dem Bund und Land beitragen. Aber die Hauptlast werden die Kommunen tragen müssen. Da ist das Land in der Pflicht, sich an die versprochene Drittelfinanzierung zu halten,
aber nicht erst 2013/2014, wie es in dem Entwurf vorgesehen ist, sondern schon ab dem nächsten Jahr.
Der Ausbau ist doch jetzt schon in vollem Gange. 2013 soll ja schon der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab Vollendung des ersten Lebensjahrs kommen.
2013 soll der Rechtsanspruch ja schon gelten. Deshalb findet der Ausbau jetzt statt. Das heißt, die finanziellen Kosten für die Kommunen stehen jetzt an. Deshalb ist das Land in der Pflicht, sich an der Drittelfinanzierung zu beteiligen, und zwar schon ab dem Jahr 2009.
Ein zweiter Punkt in dem Gesetzentwurf ist die Neuregelung der Betriebskostenzuschüsse in der Kleinkindbetreuung im Rahmen der FAG-Lösung. Das ist positiv, weil dies genau unseren grünen Vorschlägen entspricht, die wir schon bei der letzten Novellierung des Kindergartengesetzes gemacht haben: Das Geld folgt den Kindern.
Das ist der richtige Ansatz, um Einrichtungen auch mit gemeindeübergreifendem Einzugsgebiet gerecht zu werden und damit auch dem Wunsch und Wahlrecht der Eltern entsprechen zu können. Diesen Systemwechsel befürworten wir.
Während die FAG-Zuweisung den belegten Plätzen folgt, ist die kommunale Förderung gruppenbezogen vorgesehen. Da hätte ich mir von der Landesregierung mehr Klarheit erhofft, wie tatsächlich mehr Nachfrageorientierung im Kindergartenwesen erfolgen kann. Die vorgesehene Lösung löst nicht den Konflikt zwischen möglichst bedarfsgerechter und wirtschaftlicher Versorgung einerseits und möglichst wohnortnaher Versorgung andererseits.
Ein dritter Punkt, der vorhin auch schon angesprochen wurde, betrifft die Erweiterung des Geltungsbereichs privatrechtlicher Träger. Der Bundestag hat im Kinder- und Jugendhilfegesetz im SGB VIII insofern eine neue Formulierung eingeführt, als die Förderung der privatgewerblichen Träger als Kannbestimmung aufgenommen wurde. Nun können die Länder entsprechende Regelungen erlassen. Wir teilen die Ansicht der kommunalen Landesverbände, dass für die Gleichstellung der privatgewerblichen Träger die Erfüllung gewisser Kriterien gelten muss. Vorhin ist ja angesprochen worden: Wenn das eine Selbstverständlichkeit ist, dann ist es wohl auch kein Problem, das so ins Gesetz hineinzuschreiben.
Der vierte Punkt – es sind ja unglaublich viele Punkte, die in diesem Gesetz geregelt werden sollen –, den ich noch ansprechen möchte, ist die Zuständigkeit für die Kindertagespflege. Im Unterschied zur Förderung der institutionellen Kindertagesbetreuung soll die Zuständigkeit für die Kindertagespflege zukünftig beim örtlichen Jugendhilfeträger, also bei den Stadt- und Landkreisen liegen.
Wir haben eine Anhörung zu diesem Thema durchgeführt. Alle Träger bzw. Verantwortlichen, die daran teilgenommen haben, halten dies unisono für falsch,
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist auch falsch! – Abg. Winfried Scheuermann CDU: Das ist Bundes- recht!)
da es nicht konsequent und praxisgerecht ist, da auch die Kindertagespflege ja Teil der örtlichen Bedarfsplanung ist und viele Städte bereits ein gut funktionierendes Konzept für die Kindertagespflege entwickelt haben.
Auch der Landkreistag lehnt dies übrigens in seiner Stellungnahme ab und weist darauf hin, dass eine gemeindliche Zuständigkeit aus einem Guss viel besser geeignet ist, auf die örtlichen Gegebenheiten und Bedarfslagen Rücksicht zu nehmen.
Abschließend, Frau Präsidentin: Der Gesetzentwurf regelt nur die Verteilung der Mittel von Bund und Land. Was er nicht macht, was aber dringend notwendig wäre, ist eine Verbesserung der Qualität, eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Kindertagespflege. Seit Jahrzehnten haben wir die gleichen Rahmenbedingungen für die Kindergärten. Die Ansprüche an Kindertageseinrichtungen und deren Aufgaben haben sich verändert. Aber die Rahmenbedingungen, die die Qualität der Arbeit bestimmen – bestehende Gruppengröße, Personalschlüssel –, sind seit zig Jahren die gleichen.
Wenn wir eine Novellierung des Kindertagesbetreuungsgesetzes vornehmen, dann wäre es auch richtig, das Kindertagesbetreuungsgesetz in allen Bereichen zu novellieren, vor allem auch in dem Bereich, der eine Qualitätsverbesserung für die Einrichtungen mit sich bringt.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Um das gemeinsame Ziel von Bund, Ländern und Kommunen, für 35 % aller Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze einzurichten, zu erreichen, sind viele Eckpunkte vereinbart, Beratungsrunden durchgeführt und Finanzvereinbarungen geschlossen worden.
Ich glaube, heute ist ein wichtiger Tag, um das, was zwischen Land und Kommunen vereinbart ist, umzusetzen. Ich weise schon noch einmal darauf hin, dass die Summen, die jetzt fließen werden, zwischen dem Land und den kommunalen Landesverbänden vereinbart sind.
(Beifall bei der CDU und des Abg. Michael Theurer FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Ihr habt sie ja gezwungen!)
Langsam. – Nun zu der Frage, warum das nicht schneller gehen konnte. Auch die Mittel des Bundes, die mit drinstecken, nämlich die 99 Millionen €, werden nicht schon ab dem nächsten Jahr in vollem Umfang fließen.
Vielmehr wird uns auch der Bund – wo Sie von der SPD Verantwortung tragen – diesen Anteil aus dem Umsatzsteueraufkommen in Schritten bringen.
Letzte Bemerkung: Wer glaubt, dass die Kommunen faktisch überhaupt in der Lage wären, auf einen Schlag so viele Betreuungsplätze zur Verfügung zu stellen – –
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die sind schneller! Die warten doch nicht auf den Herrn Schüle, die legen los!)
Wenn es da tatsächlich Verschiebungen geben sollte, wir aber insgesamt im Kostenrahmen bleiben, dann, glaube ich, wird
das nicht das Problem sein. Wir sollten nur nicht so tun, als könnten wir tatsächlich schon im nächsten Jahr die 99 Millionen € des Bundes – die vom Bund ja noch nicht fließen – und die 165 Millionen € des Landes mit einem Schlag umsetzen.