Für uns als Oppositionsfraktionen ist es auch wichtig, hier endlich zu erfahren, was Sie im Detail planen.
(Beifall bei der SPD – Abg. Volker Schebesta CDU: Frau Rastätter, Singular, nicht Plural „Oppositions- fraktionen“!)
Herr Kultusminister Rau, Sie haben nun ausgeführt, dass es das zentrale Ziel ist, das Bildungskonzept des Hauptschulbildungsgangs in der Werkrealschule zu stärken. Selbstverständlich sind wir diejenigen, denen es ganz massiv darauf ankommt, dass gerade diese Schülerinnen und Schüler, die zum Teil hohe Potenziale und Begabungen mitbringen, besser gefördert werden. Das ist unser erklärtes Ziel. Wenn Sie in einer Werkrealschule die Förderkonzepte besser ausgestalten, werden wir in dieser Richtung Druck machen. Dies ist ganz klar. Aber ich stelle hier für meine Fraktion trotzdem ganz eindeutig klar:
Wir kommen nicht weiter, weil die Situation bestehen bleibt, dass durch die verpflichtende Werkrealschulempfehlung benachteiligte Schüler und Schülerinnen – Schüler mit Migrationshintergrund – an dieser Schule zusammengefasst werden. Diese Schule bleibt weiterhin das Sammelbecken für die Schüler und Schülerinnen, die einen großen Förderbedarf haben und die nach unten durchgereicht werden.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wo durchgereicht werden? Wer wird durchge- reicht? Es wird optimal gefördert, Frau Rastätter! – Abg. Ernst Behringer CDU: Frau Rastätter, da irren Sie sich!)
Das halte ich nicht für zukunftsfähig, auch wenn Sie jetzt noch mehr Investitionen in diesen Werkrealschulbildungsgang stecken.
Frau Kollegin Rastätter, mir ist eines im Moment nicht klar. Sie sprechen von „Schüler durchreichen“. Aber in irgendeiner Schule müssen diese Schüler ja sein.
Kollege Zeller sagte vorhin, es handle sich jetzt um eine Abwertung. Das wäre dann für jede Schule, in die diese Schüler gehen, eine Abwertung. Was verstehen Sie darunter?
Ich verstehe darunter eines: Wenn Sie das Prinzip der individuellen und differenzierten Förderung wirklich ernst nehmen
und unsere Lehrer und Lehrerinnen durch Ausbildung und Fortbildung dabei unterstützen, dann können Sie auch Schüler und Schülerinnen mit unterschiedlichen Lernausgangslagen individuell fördern.
Das ergibt eine Schule, in der Kinder miteinander und voneinander lernen können und nicht mehr nach sozialer Sortierung getrennt werden müssen.
Genau das verstehen wir darunter. Denn eine Schule, in der Schüler sitzen bleiben können, die Schüler nach unten durchreicht, die Schüler aussortiert,
ist kein zukunftsfähiges Modell. Deshalb müssen wir dieses gegliederte, selektive Schulsystem auch durch pragmatische Lösungen schrittweise überwinden.
Noch ein Wort zu Sachsen, lieber Kollege Schebesta. Wir haben Thüringen besucht. Wir haben dort gesehen, dass in dem zweigliedrigen Schulsystem auch dadurch eine entlastendere Situation besteht, dass es keine Hauptschule gibt. Wir haben gesehen, dass die Mittelschule, die Regelschule in Thüringen, zunehmend integrativ ausgestaltet ist.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Reden Sie doch von Sachsen! Vorhin haben Sie von Sachsen geredet! Jetzt reden Sie von Thüringen!)
Wir haben gesehen, dass auch in den anderen Bundesländern pragmatische Lösungen dafür gefunden werden, wie man die soziale Trennung der Kinder überwinden kann.
Ich möchte auf das Beispiel Hamburg verweisen. Dort wird von CDU und Grünen ein neues Modell in die Wege geleitet. Es sieht eine sechsjährige Grundschule und zwei Säulen vor,
die aber beide einen mittleren Bildungsabschluss mit Anschluss an die gymnasiale Oberstufe gewährleisten.
extrem stark nachgefragt wird. Es bestehen bereits 55 Anträge von kommunalen Schulträgern, die genau diese Gemeinschaftsschule als Schule für alle Kinder wünschen.
Wir sehen, dass auch in Rheinland-Pfalz – dieses Land hatte ja ohnehin schon die Gesamtschule und die Regionale Schule –
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Überall mehr Schul versager als in Baden-Württemberg, überall! Mehr Schulabbrecher als in Baden-Württemberg, über- all!)
neue Modelle geschaffen werden, die von diesem Schubladendenken, das bei Ihnen weiterhin dominiert, abkommen.
(Beifall der Abg. Theresia Bauer GRÜNE – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Mehr Schulabbrecher, überall! – Zuruf des Abg. Andreas Hoffmann CDU – Unruhe)
Deshalb sage ich abschließend: Sie können sich mit diesem Vorstoß wahrscheinlich noch mit Mühe und Not über die Kommunalwahlen retten. Aber auch dieses neue Programm zur Stärkung der Hauptschule wird das gleiche Schicksal erleiden wie alle Stärkungsprogramme in den letzten Jahrzehnten.
der die Qualitätsentwicklung mit einer Weiterentwicklung zugunsten einer innovativen Schulentwicklung zusammenbringt – für wohnortnahe gute Schulen im ländlichen Raum, für gute Angebote, für eine soziale Integration der Kinder
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich mich ausdrücklich bei Frau Dr. Arnold und Herrn Dr. Noll bedanken, denn das ist heute schon etwas ganz Besonderes. Eine Woche, bevor ein Maßnahmenpaket im Kabinett vorgestellt wird, haben wir die Möglichkeit – das ist das, was wir als Parlamentarier aller Fraktionen immer beschwören –, hier aktiv mitzureden und unsere Vorschläge so rechtzeitig einzubringen, dass es am Ende auch noch aufgenommen werden kann.
Ich will auch gern den Ball von Herrn Schebesta aufnehmen und Ihnen jetzt einmal spiegeln, was Sie tun müssten, um zu erreichen, wovon Sie die ganze Zeit sprechen. Es geht um das Image der Hauptschule, und es geht darum, dass die Hauptschule ausblutet, weil aus demografischen Gründen, aber auch aus Gründen der Akzeptanz der Schülerrückgang dort deutlich höher ist als anderswo.