Protokoll der Sitzung vom 18.12.2008

Deshalb ist unser Ziel nicht der starke Staat, sondern ist unser Ziel der starke Bürger und vor allem die starke Wirtschaft. Deshalb müssen wir uns gut überlegen, mit welchen Mitteln wir in dieser Krise reagieren.

Meine Damen und Herren, es kann jetzt nicht darum gehen, dass man möglichst schnell möglichst viel öffentliches Geld rausbläst und unter die Leute bringt, egal wie, nach dem Motto „Je mehr wir ausgeben, umso mehr zeigen wir vermeintliche Handlungsfähigkeit.“

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Eine hektische und willkürliche Konjunkturpolitik, z. B. mit Konsumgutscheinen, wie Sie es vorschlagen,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was? Wer hat das vor- geschlagen? Der Lauterbach ist doch nicht die SPD! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/ DVP: Ist Frau Nahles aus der SPD ausgetreten?)

einfach das Geld unter die Leute zu bringen und zu gucken, was dann passiert, wie Sie es fordern und wie es die SPD for

dert, kostet viel Geld, aber es ist ein Strohfeuer und verpufft ganz schnell.

Meine Damen und Herren, was die Menschen in diesem Land mehr denn je erwarten, ist Berechenbarkeit, ist Verlässlichkeit. Sie erwarten ein klares ordnungspolitisches Konzept, vor allem einen sauberen Weg, weil nur auf diese Art und Weise das Vertrauen wieder zurückkehrt. Der Ausgang der Krise war schlicht und ergreifend, dass das Vertrauen in die handelnden Akteure, vor allem auf den Finanzmärkten, verschwunden ist. Das war die Ursache. Deshalb müssen wir in diesem Bereich den entsprechenden Szenarien begegnen.

Herr Schmiedel, es ehrt mich ja, wenn Sie mich schon mit Karl Schiller vergleichen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nur der Spruch!)

Nur nebenbei gesagt: Karl Schiller ist deswegen aus der Regierung Brandt und danach aus der SPD ausgetreten, weil er genau das nicht verwirklichen konnte, was er vorgehabt hat.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Hei- derose Berroth FDP/DVP: Genau! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Aber er kam wieder zurück!)

Insofern ist es relativ bezeichnend, wenn Sie ausgerechnet Karl Schiller als Kronzeugen anführen; denn er hat schon vor 37 Jahren genau erkannt, dass mit der SPD vernünftige Ordnungspolitik nicht zu machen ist.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Er war für den starken Staat!)

Worum es im Kern geht und was der Unterschied in der Philosophie zwischen uns ist und auch immer bleiben wird, ist schlicht Folgendes: Die SPD will möglichst viel Geld einnehmen, weil sie glaubt, dass der Staat besser entscheiden kann, wie man das Geld dann unter die Leute bringt.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: So ist es!)

Wir wollen exakt das Gegenteil: Wir wollen den Leuten möglichst wenig Geld abknöpfen, weil wir der Überzeugung sind, dass die Menschen mit ihrem Geld besser wirtschaften können, als es der Staat kann. Das ist genau der Unterschied.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Hel- mut Walter Rüeck CDU: Sehr gut! Bravo! – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Ist diese These em- pirisch belegt? – Gegenruf des Abg. Thomas Blenke CDU: Das ist ein Naturgesetz!)

Deshalb sage ich Ihnen in aller Offenheit: Ich bin der Grundüberzeugung, dass es nun in dieser Krise wichtig ist – deshalb war Ihre Feststellung über die Kontinuität der Ausgaben makroökonomisch falsch, Herr Schmiedel –, dass der Staat jetzt, wenn die Nachfrage am Markt ausfällt, so weit es geht, diesen Ausfall der Nachfrage ein Stück weit ausgleichen muss. Er muss sich aber genau dann, wenn die Nachfrage von privater Seite auf den Märkten wieder einsetzt, auch wieder zurückziehen, weil es eben nicht Aufgabe des Staates sein kann, dauerhaft nachzufragen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Richtig! – Abg. Claus Schmie- del SPD: Gehen Sie doch einmal in die Hochschulen hinein!)

Deshalb ist, mit Verlaub, Ihr Vergleich, dass der Maurermeis ter jetzt keine Maschine oder keinen Kran oder was auch immer kauft, wenn er weiß, dass sich der Staat in einigen Jahren als Nachfrager wieder zurückzieht, falsch.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nein!)

Denn am Ende der Krise, wenn der Markt wieder funktioniert, wird der Private, der viel besser entscheiden kann, was am Markt läuft, diese Nachfrage wieder generieren, die wir jetzt ein Stück weit ersetzen.

Deshalb ist dieses Infrastrukturprogramm so, wie wir es jetzt machen, richtig. Deshalb ist es auch richtig, dass der Bund ein erstes Infrastrukturprogramm gemacht hat. Deshalb ist es meines Erachtens auch richtig, wenn der Bund ein zweites Infrastrukturprogramm machen wird, um das dargestellte Szenario fortzuführen.

Ich sage Ihnen auch: Ich hielte es für richtig – ich glaube, ich befinde mich in diesem Land in guter Gesellschaft –,

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: In meiner!)

wenn wir mit Blick auf das Steuersystem gerade jetzt in der Krise auch tätig würden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Jetzt müssen Sie fairerweise sagen, dass die SPD – ich will es gar nicht bewerten; ich stelle es nur fest – in Person von Herrn Steinbrück gesagt hat, in dieser Legislaturperiode sei eine Veränderung des Steuersystems mit der SPD nicht machbar.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Deshalb ist es richtig, wenn die CDU sagt: In Ordnung, eine große Steuerreform, die ohnehin einen größeren Vorlauf braucht und die man logischerweise nur zum 1. Januar eines Jahres beginnen lassen kann, wird es jetzt nicht geben. Deshalb hat es keinen Sinn, in diesem Bereich große Diskussionen zu führen.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Ich sage aber auch: Es gäbe eines, was man mit einem Federstrich machen könnte, was allerdings die SPD im Bund – das ist vielleicht hier anders – auch nicht will: Das wäre die Beseitigung der kalten Progression,

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Hel- mut Walter Rüeck CDU und Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Sehr gut!)

und zwar aus einem ganz einfachen Grund, den ich Ihnen einmal an einem einfachen Beispiel darlegen will, bei dem es mich, ehrlich gesagt, seit Langem wundert, dass Sie nicht darauf einsteigen. Meine Damen und Herren, wenn ein Gas- und Wasserinstallateur bzw. eine -installateurin, 40 Jahre, verheiratet, zwei Kinder, im Tarifgebiet Baden-Württemberg mit einem Monatsverdienst von bisher 2 300 € nun 4 % mehr

Lohn erhielte, dann würde deren Steuerlast in der Steuerprogression um 22 % ansteigen, plus steigende Sozialausgaben.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Deshalb müssen die So- zialabgaben runter!)

Diese Person hat am Ende der Gehaltserhöhung, wenn es schlecht läuft, netto weniger als vor der Gehaltserhöhung.

(Zurufe von der CDU: Richtig! – Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Winfried Kretsch- mann GRÜNE: Das sind Grenzsteuersätze, keine Durchschnittssteuersätze! Das ist grottenfalsch!)

Dieser Person erzählen wir dann noch, sie müsse für ihre Altersvorsorge Geld zurücklegen, sie müsse für ihre medizinische Versorgung finanziell vorsorgen. Gleichzeitig fordern wir aber: Leistung in diesem Staat muss sich lohnen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was sagt denn der Herr Oettinger dazu?)

Deshalb sage ich Ihnen: Die SPD muss endlich bereit sein,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: He! Was sagt denn Herr Oettinger dazu?)

dass man die unteren und mittleren Einkommen entlastet, damit sich Leistung in diesem Land wieder lohnt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Doch! Vertritt das der Herr Oettinger im Bundesrat?)

Herr Schmiedel, auch da müssen Sie richtig zitieren. Ich kann Ihnen dazu gern Zitate aus der FAZ oder anderen Zeitungen vorlegen. Der Ministerpräsident dieses Landes sagt auch: Wir brauchen spätestens in der nächsten Legislaturperiode eine Steuerreform.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zurufe von der SPD)

Wenn Sie bereit wären, hätten wir diese jetzt schon machen können. Auch das ist Tatsache.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)