Eines der Probleme der Union ist, dass wir auf der ganzen Breite der wirtschafts- und finanzpolitischen Themen nicht mehr so aufgestellt sind wie in der Vergangenheit. Es fehlen Charakterköpfe.
Sie haben auf dem Parteitag der CDU gesagt: „Wenn das Schiff mit Wasser vollläuft, dann muss man es ausschöpfen und darf nicht warten, bis der Kahn abgesoffen ist.“ Dieser Spruch könnte von Karl Schiller stammen
(Lachen bei der CDU – Zuruf von der FDP/DVP: Da hat er recht! – Abg. Klaus Herrmann CDU: Deshalb ist Karl Schiller auch aus der SPD ausgetreten!)
Aber im Ernst: Jetzt ist die Stunde des Parlaments. Die Regierung hat einen Haushaltsentwurf vorgelegt, der schon vor der Ersten Beratung in weiten Teilen überholt ist. Wir müssen uns im Januar zwingend an die Arbeit machen
und schauen, wie die Situation ist, um nachzujustieren. Auch der Ministerpräsident hat zugestanden, dass man da nacharbeiten muss. Wir sind dazu bereit. Ich sage Ihnen ausdrücklich zu, auch über die Eckpunkte zu sprechen – zu jeder Tages- und Nachtzeit –, bevor man in die Beratung geht. Wir knüpfen unsere Zustimmung zum Haushalt von Baden-Würt temberg im Jahr 2009 aber an drei Bedingungen.
Die erste Bedingung: Der Haushalt muss den Menschen nutzen, das heißt, er muss die Arbeitsplatzsicherheit erhöhen, die soziale Sicherheit erhöhen und Familien entlasten.
Der zweite Punkt: Wir müssen der Wirtschaft wirksam helfen. Aufträge, die wir vergeben, müssen hier bei unseren Unternehmen ankommen. Kredite, die unsere Banken zur Verfügung stellen können, müssen auch zur Verfügung gestellt werden. Dazu bedarf es neuer Instrumente.
Der dritte Punkt: Der Haushalt insgesamt muss die Innovationskraft des Landes stärken, sodass unser Land aus dieser Krise stärker herausgeht, als es heute dasteht.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten diesen Haushalt in wirtschafts- und finanzpolitisch schwieriger Zeit. Die Folgen
der internationalen Finanzmarktkrise haben Baden-Württemberg erreicht, und es ist zu befürchten, dass uns ihre Folgen im Frühjahr noch stärker erreichen werden.
Die erste Welle hat die Autoindustrie, unsere wichtigste Leitbranche, schon erfasst und in ein raues und schwieriges Fahrwasser gebracht. Noch stärker hat sie die Zulieferindustrie der Automobilindustrie erfasst. Niemand kann heute genau voraussagen, wie weit, wie kräftig und vor allem wie anhaltend der globale Strudel unsere Wirtschaft nach unten ziehen wird.
Meine Damen und Herren, die Dynamik der Ereignisse ist ohne jegliches historische Beispiel. Was sich im Moment abspielt, gibt es in keinem Lehrbuch. Es gab in der modernen Wirtschaftsgeschichte noch nie den Fall, dass weltweit, quasi synchronisiert in allen Ländern gleichzeitig die gleichen Abwärtsstrudel stattfinden. Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg erwartet der Internationale Währungsfonds für 2009 eine globale, überall gleichzeitig stattfindende Rezession.
Für das Management dieser Krise gibt es kein Lehrbuch, gibt es keine Checkliste, gibt es noch nicht einmal einen einschlägigen Musterfall. Aber, meine Damen und Herren, so, wie die se Krise über Monate hinweg nicht richtig erkannt wurde, habe ich im Moment manchmal das Gefühl, dass sich diejenigen, die sie lange nicht gesehen haben, jetzt gegenseitig bei der Beantwortung der Frage überbieten: Wie schlimm wird es denn?
Ich kann nur sagen: Gerade in Baden-Württemberg haben wir keinen Grund zu übertriebener Schwarzmalerei und Untergangsstimmung, um dies einmal klipp und klar zu sagen.
Die baden-württembergische Wirtschaft ist stark; die Unternehmen sind wettbewerbsfähig. Baden-Württemberg hat in den guten Jahren seine Hausaufgaben gemacht. Wir sind besser aufgestellt und werden schneller als andere einen neuen Wachstumspfad einschlagen. Genau das, meine Damen und Herren, muss das überragende Ziel unserer Politik gerade auch im kommenden Jahr sein.
Die Bekämpfung der Krisenfolgen verlangt von uns volle Aufmerksamkeit und höchste Konzentration. Gerade deshalb, Herr Kollege Schmiedel, brauchen wir mehr denn je ein klares ordnungspolitisches Grundverständnis und sollten wir klaren ordnungspolitischen Zielen weiter folgen und nicht alles über den Haufen werfen, was man in puncto Ordnungspolitik als richtig erkannt hat.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Da klatscht jetzt aber gerade die falsche Gruppe! – Gegenrufe der Abg. Heiderose Berroth und Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)
Ich warne davor, wegen der Übertreibungen des Kasino-Kapitalismus, wie wir ihn in der Bankenwelt erlebt haben, jetzt genau ins andere Extrem zu verfallen
und das Heil in staatlichen Allmachbarkeitsfantasien zu sehen, wie es manche in der Bundesrepublik jetzt tun.
Der Ruf nach dem starken Staat, meine Damen und Herren, wie wir ihn von Ihnen, Herr Schmiedel, vor zwei Wochen an dieser Stelle auch schon gehört haben,
Er kann und soll stabilisierend und ordnend eingreifen. Er kann Fehlentwicklungen korrigieren und notwendige Regeln formulieren.
Aber er ist auf Dauer mit Sicherheit nicht der bessere Banker, mit Sicherheit nicht der bessere Manager
Deshalb ist unser Ziel nicht der starke Staat, sondern ist unser Ziel der starke Bürger und vor allem die starke Wirtschaft. Deshalb müssen wir uns gut überlegen, mit welchen Mitteln wir in dieser Krise reagieren.