Protokoll der Sitzung vom 18.12.2008

(Beifall bei der SPD – Abg. Stefan Mappus CDU: Sa- gen Sie auch etwas zur Finanzierung!)

Die 500 Millionen € – wenn Sie wissen wollen, wo die sind, Herr Kollege – liegen bereits im Haushalt. Das sind Mehreinnahmen aus den vergangenen Jahren. Darauf sind wir ja alle mächtig stolz. Überall hat er gespart, seine Töpfchen gebildet. Aber jetzt dieses Töpfchen noch weiter hinzuschieben und gleichzeitig über eine Bildungsoffensive zu sprechen, ist mit doppelter Zunge gesprochen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns einig: Wir stehen in den nächsten Jahren vor ganz besonderen Herausforderungen. Da bedarf es einer Regierung, die klare Ziele hat, die verlässlich argumentiert und auch verlässlich handelt.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Die haben wir in Ba- den-Württemberg! – Beifall bei Abgeordneten der CDU – Widerspruch bei der SPD)

Mein lieber Herr Kollege Herrmann! Sie werden jetzt gleich ganz ruhig.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Stefan Mappus CDU)

Denn der Ministerpräsident ist hier an diesem Pult gestanden und hat gesagt: „Ich habe nicht geglaubt, dass eine CDU/SPDRegierung weniger in die Verkehrsinfrastruktur steckt als RotGrün.“

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Das ist auch schlimm!)

Das hat er nicht geglaubt. Und das muss sich ändern.

(Beifall des Abg. Michael Theurer FDP/DVP – Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Sehr gut!)

Wir haben alle mitgearbeitet. Das ändert sich. Aber wir wollen nicht mehr in die Verschuldung. Darauf haben auch Sie hingewiesen. Also brauchen wir eine Finanzierung. Dazu ist die Maut da. Über Einnahmen aus dieser Maut wird z. B. jetzt die Autobahn nach Karlsruhe dort, wo sie noch nicht dreispurig ausgebaut ist, vorzeitig ausgebaut. 100 Millionen € für das Land Baden-Württemberg! Der Finanzminister stand bei seiner Einbringungsrede hier und hat gesagt: „Wir begrüßen die zusätzlichen Mittel, die durch die Maut jetzt im Land BadenWürttemberg investiert werden.“

Jetzt frage ich Sie, Herr Ministerpräsident: Warum haben Sie dann diese Maut im Bundesrat abgelehnt? Warum haben Sie die abgelehnt?

(Ministerpräsident Günther Oettinger: Enthaltung!)

Enthaltung. Sie wissen wie ich

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP meldet sich zu ei- ner Zwischenfrage. – Glocke des Präsidenten)

nein, ich bin jetzt beim Ministerpräsidenten –,

(Heiterkeit – Beifall bei der SPD)

dass eine Enthaltung im Bundesrat eine Neinstimme ist,

(Zurufe der Abg. Dr. Dietrich Birk und Stefan Map- pus CDU)

und trotzdem haben Sie das an einem für Baden-Württemberg zentralen Punkt getan.

Noch gravierender wird das Thema, wenn man einmal in den Bundeshaushalt schaut. Herr Ministerpräsident, Sie haben wie wir intensiv darum gekämpft, dass Stuttgart 21 jetzt im Bundeshaushalt verankert wird, und zwar so verankert wird, dass das Projekt nicht mehr infrage gestellt werden kann.

(Zuruf des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Das haben wir erreicht. Aber die notwendige Gegenfinanzierung für die Verpflichtungsermächtigungen sind die Mehreinnahmen aus der Maut. Mit der Enthaltung des Landes BadenWürttemberg an dieser Stelle haben Sie das Projekt infrage gestellt.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Völliger Quatsch ist das!)

Sie argumentieren, es sei das Zukunftsprojekt des Landes schlechthin. Wenn es aber darum geht, die Mittel dafür bereitzustellen, dann treten Sie auf die Seite, dann sind Sie gar nicht mehr da. Sie sind nicht berechenbar, Sie sind nicht verlässlich an dieser Stelle.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der FDP/DVP)

Nein, ich bin noch nicht fertig. – Im Landeshaushalt stehen 800 Millionen € Erbschaftsteuereinnahmen. Der Bundesratsminister, gefragt, ob die notwendige Erbschaftsteuerreform, die stattfinden muss, damit diese 800 Millionen € realisiert werden können, in den Vermittlungsausschuss komme: „Um Gottes willen, es geht um alles oder nichts.“ Abstimmung im Bundesrat, das Land Baden-Württemberg: Nein.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Gott sei Dank, prima! – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: An den Folgen dieser Reform werdet ihr noch lange zu knabbern haben!)

Bei entscheidenden Weichenstellungen auch für unser Land ist diese Landesregierung nicht handlungsfähig. Herr Minis terpräsident, es ist direkt lachhaft, wenn Sie von dieser Stelle aus der Bundeskanzlerin die Zusammenarbeit anbieten. Dann muss man im Bundesrat auch springen.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt verweisen Sie auf die Koalition, ich weiß schon. Aber jetzt sage ich Ihnen einmal, wie das geht.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Was sagen Sie zu Würth? – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Das Beispiel ist super! Das ist ja lächerlich!)

Das Land Berlin z. B. hat der Erbschaftsteuerreform zugestimmt, obwohl der kleinere Koalitionspartner dies nicht wollte. Herr Wowereit hat gesagt, zuerst komme das Land. Da verlange und erwarte ich auch von Ihnen, dass Sie sagen: „Zuerst kommt das Land und dann die FDP/DVP.“

(Lebhafter Beifall bei der SPD – Lachen bei Abge- ordneten der CDU – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das Land wird die Folgen dieser Erbschaftsteuerre- form noch bitter büßen! – Abg. Michael Theurer FDP/DVP meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glo- cke des Präsidenten – Unruhe)

Meine Redezeit ist gleich zu Ende. Ich muss mich noch mit Herrn Mappus unterhalten.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Ihnen laufen die Unternehmer davon, Herr Kollege!)

Herr Mappus, wir werden im Januar im Finanzausschuss in die Haushaltsberatungen eintreten.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Ich sage nur: Würth, Erbschaftsteuer! – Gegenruf des Abg. Alfred Winkler SPD: Ruhe auf den billigen Rängen!)

Im Januar wissen wir genauer als heute, was notwendig und geboten ist.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Eine Steuersen- kung, Herr Kollege!)

Meine Bitte ist, dass wir uns von Ritualen lösen, die lauten: „Die Regierungsseite weiß sowieso immer alles besser, und die Opposition hat nur falsche Vorschläge“,

(Zuruf von der FDP/DVP: So ist es aber! – Heiterkeit des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)

und uns darauf besinnen, dass wir gemeinsam in der Pflicht stehen.

Sie haben neulich auf ein Dilemma der CDU hingewiesen. Das stand im amtlichen Pressespiegel des Landtags.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Wenn Sie eine Steuersenkung vorschlagen, haben Sie meine Unter- stützung!)

Die Zeitung fragte:

Wer ist eigentlich zurzeit der wirtschaftspolitische Kopf der Christdemokraten?

(Zuruf von der CDU: Darum brauchen Sie sich nicht zu kümmern, Herr Schmiedel!)

Herr Mappus antwortete:

Eines der Probleme der Union ist, dass wir auf der ganzen Breite der wirtschafts- und finanzpolitischen Themen nicht mehr so aufgestellt sind wie in der Vergangenheit. Es fehlen Charakterköpfe.