Frage: Ist Oettinger besser als Merkel und Steinbrück? Ein wenig schon, aber leider nur ein wenig. Oettinger nimmt den Kommunen wenigstens nichts weg, aber er gibt ihnen auch nichts. Wir sagen, Herr Mappus: Nicht erst geben und dann wieder nehmen, sondern wenn man es ernst meint, dann muss man auch einmal neues Geld in die Hand nehmen. Dass das auch ohne neue Schulden geht, werde ich Ihnen nachher noch klarmachen.
Herr Stächele, das Wiedereinsammeln des Geldes nach der Landtagswahl bei den Kommunen ist nicht nur politisch fragwürdig, sondern auch wirtschaftlich höchst problematisch, weil die Kommunen zu diesem Zeitpunkt – die Entwicklung läuft bei den Kommunen ja immer etwas zeitversetzt – gerade an einem Tiefpunkt des Zyklus sind. Gerade dann jedoch sollen sie das Geld zurückzahlen. So macht man keine verlässliche, nachhaltige und planbare Politik für die Kommunen.
Partner Wirtschaft und Mittelstand: Auch in vielen Unternehmen, sowohl in kleinen als auch in größeren, ist die Erkenntnis des Wandels bereits angekommen. Viele haben das erkannt, oder sie erkennen jetzt unter Schmerzen, dass die Zukunft in ressourcen- und energiesparenden Produkten liegt. Am deutlichsten wird das jetzt bei unserer eigenen Automobilindustrie. Sie fährt in den Keller, weil ihre Produkte nicht nachhaltig und nicht zukunftsfähig sind. Dieses Thema ist auch dort angesagt. Anders kommen wir nicht aus der Krise heraus.
Die Landesregierung erweitert jetzt den Bürgschaftsrahmen für die Wirtschaft. Das ist zunächst einmal in Ordnung. Ich glaube zwar nicht, dass dieser Bürgschaftsrahmen ausreichen wird; schon jetzt haben größere mittelständische Betriebe Probleme. Aber erst einmal ist das in Ordnung. Wenn es nun tatsächlich anfängt zu klemmen, kann eine solche Maßnahme Vertrauen schaffen. Den meisten ist aber gar nicht klar, dass sie auf der anderen Seite den Kreditspielraum für den Mittelstand erheblich
beengen. Warum? Ganz einfach: Bei Ihrem Modell, die Landesbank Baden-Württemberg zu sanieren, greifen Sie auf eine eigene Kapitalspritze zurück. Da müssen die Sparkassen mitmachen. Das bedeutet für sie einen Betrag von 2 Milliarden €. Diese Summe müssen sie aus ihrem Eigenkapital erbringen – nachdem sie übrigens schon einmal eine gewaltige Finanzspritze tätigen mussten, um die Berliner Sparkasse zu kaufen.
Jetzt wollen Sie den Sparkassen weiter Kapital entziehen. Ich sage Ihnen: Der von Ihnen vorgesehene Bürgschaftseffekt kann dadurch aufgehoben werden, dass Sie denen, die unseren kleinen und mittleren Betrieben – das sind die Jobmotoren – Kredite geben, ihre Kapitalbasis schwächen. Im Saldo kann dann möglicherweise eine Null stehen.
Es macht doch keinen Sinn, den Bürgschaftsrahmen an sich zu erhöhen, denjenigen jedoch, die real die Kredite tätigen, die dazu notwendigen Möglichkeiten zu schmälern. Deswegen gibt es auf diese Frage nur eine Antwort: Gehen Sie mit der Landesbank Baden-Württemberg unter den Bundesschirm, Herr Oettinger. Das ist die richtige Antwort.
Sie haben überhaupt keine rationalen Argumente dagegen. Das Einzige, was Sie immer sagen, ist: Da wird uns vom Bund reingeredet. Blödsinn, sage ich. Natürlich wird der Bund, wenn er den Landesbanken Geld gibt, verlangen, dass sie sich restrukturieren, dass dort Geschäftsmodelle entwickelt werden, die zukunftsfähig und an der Realwirtschaft orientiert sind. Das wird zu einem Schrumpfungsprozess und zu Fusionen führen.
Das heißt, der Druck für eine Restrukturierung kommt in Wirklichkeit aus den tatsächlichen Verhältnissen und nicht aus dem Bestreben des Bundes, jemandem reinzureden. Darum geht es. Deshalb kann ich Ihnen nochmals sagen: Gehen Sie unter den Bundesschirm! Es ist richtig, Herr Ministerpräsident, dass einige Bedingungen beim Schutzschirm noch geändert werden müssen, etwa zu den Laufzeiten – da sind Sie ja offensichtlich dran –, und dann sind die Bedingungen so, dass wir unter diesen Schirm gehen können.
Ich sage Ihnen noch einmal, Herr Ministerpräsident: Sie haben die wirtschaftliche Lage ja am dramatischsten beschrieben, und wenn es wirklich noch dick kommt, haben wir dann auch noch die Reserven, um vielleicht in einem zweiten Schritt selbst etwas tun zu können, weil wir es tun müssen. Denn es ist doch klar: Wenn es stimmt, dass die Landesbank im Kern ein richtiges Geschäft gemacht hat, nämlich unsere Wirtschaft mit Krediten zu versorgen, und solche Betriebe nun in Liquiditätsschwierigkeiten kommen oder sogar in Insolvenz gehen, dann kommt es natürlich zu großen Problemen bei der Refinanzierung, und dann müssen wir noch Reserven haben, um der Landesbank zu helfen.
Ich denke, das sind alles die richtigen Argumente, die ich hier vorgetragen habe. Sie werden von sehr vielen Sparkassenvorständen geteilt. Deswegen fordere ich Sie noch einmal auf: Gehen Sie in Richtung Bundesschirm!
Nun haben alle Fraktionen Maßnahmenpakete vorgelegt. Was ist unsere Strategie? In welchen Wandel wollen die Grünen investieren?
Erstens wollen wir in den Wandel zur Wissensgesellschaft investieren. Wenn ich mir den einen oder anderen Vorschlag anschaue, bei dem sehr viele Mittel in den Straßenbau fließen sollen – die SPD will das noch einmal von 70 Millionen € auf 200 Millionen € toppen –, habe ich doch irgendwie den Eindruck, dass die Prioritäten nicht richtig gesetzt werden. Wissensgesellschaft heißt doch, in Kinder und Köpfe zu investieren statt nur in Beton und Bitumen.
Diese Investition in die Köpfe ist die beste Wirtschaftsförderung. Schauen Sie sich einmal die neue Studie des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts über Wirtschaftsförderung und Wissensgesellschaft an. Da steht vom Straßenbau nichts drin.
Meine Damen und Herren, wir haben mit dem Bildungspakt vorgeführt, wie das bei den Investitionen in Kinder und Köpfe geht, indem man nämlich die demografische Entwicklung als „Dividende“ nutzt und die Einsparungen, die aufgrund der ab 2012 zurückgehenden Schülerzahlen möglich sind, jetzt inves tiert. Davon, wovon jetzt auf einmal alle reden, dass wir Investitionen vorziehen, haben wir schon lange und rechtzeitig gesprochen, und zwar schon vor der Krise. Wir denken schon vor der Krise,
Es ist auch eine Gerechtigkeitsfrage. Denn es kann nicht sein, dass wir nur den Banken helfen. Das ist natürlich unerlässlich – daran möchte ich keinen Zweifel lassen –, aber die Menschen erwarten auch, dass auch ihnen Gerechtigkeit widerfährt. Die Grundlage der Gerechtigkeit in der Zukunft wird entscheidend über den Zugang zu Bildung, über eine Chancengleichheit in unserem Bildungssystem bestimmt. Darin müssen wir in erster Linie investieren.
Sprachkompetenz ist die Grundlage jeder Bildungskarriere und die Grundlage des beruflichen Fortkommens in der Wissensgesellschaft, wie jeder weiß, und sie beginnt im Kindergarten. Jetzt schlägt die SPD vor, die Kindergartengebühren zu streichen. Kosten für das Land: 107 Millionen €. Herr Schmiedel, ich sage dazu: Qualitätswirkung null.
(Abg. Reinhold Gall SPD: In jedem Kommunalpar- lament fordern es die Grünen! Ihr wisst doch nicht, was ihr wollt!)
Wir wollen den Eltern eine bessere Investition für ihre Kinder anbieten, einen Mehrwert für ihren finanziellen Beitrag, und nicht einfach nur Gebühren erlassen. Das wäre auch eine Art Konsumgutschein.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Claus Schmiedel SPD: Seit wann soll Bildung denn Geld kosten? Warum verlangen wir nicht Schulgebühren, wenn Kindergarten Bildung ist?)
Das ist das Entscheidende, was wir jetzt machen müssen. Über das, was Sie vorschlagen, können wir uns dann unterhalten, wenn wir die Krise überwunden haben.
Die CDU-Fraktion will die Sprachförderung über die Landesstiftung finanzieren. Herr Rau betont vor der Presse, es komme jetzt darauf an, beim Schuleingang auf Sprachkompetenz zu achten. Aber Herr Rau ist als Bildungsminister zusammen mit seinen Kabinettskollegen politisch verantwortlich für Sprachförderung. Es sind Ihre Defizite, dass die Sprachförderung im Kindergarten mangelhaft ist, dass dauernd getestet wird, aber nicht wirklich Förderung, Hilfe und Therapie stattfinden,
damit die Kinder die Sprache wirklich können, wenn sie in die Schule kommen. Die Instrumente dafür sind vorhanden. Man muss natürlich auch das Geld zur Verfügung stellen, damit es umgesetzt werden kann. Sie verhalten sich wie eine Krankenkasse, die die Diagnose, aber nicht die Therapie bezahlen kann. Das kann es wohl nicht sein.
Ein weiterer Punkt. Weitblick statt Hektik, Reflexion statt Reflex heißt auch, wir müssen erst einmal über die Maßnahmen reden, bevor wir nur über Geld reden. Denken ist durch Geld nicht zu ersetzen, und auch mit noch so viel Geld kann man eine Kuh nicht zum Fliegen bringen. Der Trend, einfach nur mit Geld nach den Problemen zu werfen, kann nicht funktionieren. Inzwischen ist die Maßeinheit 1 Milliarde, und das ge
Aber wer meint, jedes strukturelle Defizit nur mit Geld kompensieren zu können, der kommt aus den Defiziten niemals heraus.
Wie kann man den Wandel mit weniger Geld beschleunigen? Wie kann man vermeiden, dass man mit Geld womöglich nur alte Strukturen finanziert? Dazu vier Beispiele.
Erstens: Energiecontracting. Ein einfaches Prinzip, das so funktioniert: Ein privater Investor macht die energetische Sanierung eines Gebäudes, und das Ganze finanziert sich über die spätere Energieeinsparung. Nach Schätzungen sind in öffentlichen Gebäuden 40 % Energieeinsparung möglich. Da wäre ein riesiges Potenzial vorhanden. Man muss nur 20 Leute in der Hochbauverwaltung so schulen, dass sie etwas vom Contracting verstehen, und es auch umsetzen. Dann werden riesige Investitionssummen freigesetzt, ohne dass wir dazu staatliches Geld in die Hand nehmen müssen.
Zweitens: Rahmenbedingungen für die Windkraft. Hier steht die Landesregierung seit eh und je mit dem Bleifuß auf dem Bremspedal. Um hier einen riesigen Investitionsstau in Milliardenhöhe zu beseitigen, muss man nur die Barrieren und die bürokratischen Hürden, die Sie im ganzen Land aufgebaut haben, endlich schleifen und den Kampf gegen die Windkraft aufgeben. Herr Kollege Mappus, wenn wir nur den Bundesdurchschnitt des Stromverbrauchs durch Windkraft erreichen würden, nämlich 7 % statt wie bei uns 0,6 %, dann hätte das Investitionen von 3 bis 4 Milliarden € in Baden-Württemberg zur Folge. Dafür muss der Staat keinen einzigen Cent ausgeben; er muss nur die Hürden beseitigen. Da sind Sie endlich einmal gefragt.
Beispiel 3: Schulbauförderung bei Ganztagsschulen. Es hat überhaupt keinen Sinn, jetzt nur mehr Geld in die Schulhausrenovierung zu stecken auf der Basis einer Schulbauförderrichtlinie, die immer noch auf dem Bild der Halbtagsschule beruht. Das ist eine Struktur, die immer noch darauf basiert, dass individuelles Lernen nicht die Überschrift ist. Es geht um etwas ganz anderes: Wir müssen erst einmal schauen, was wir wollen und wie solche Schulen aussehen sollen.
Erstens sollen es richtige Ganztagsschulen sein und nicht das, was Sie machen: Halbtagsschulen mit Nachmittagsverwahrung.
Zweitens muss das Konzept des individuellen Förderns schon beim Schulhausbau mitgedacht werden. Dabei braucht man keine Unterrichtsräume wie das gestrige Klassenzimmer, sondern man braucht ganz andere Unterrichtsräume. Nur in solchen kann dann auch ein zukunftsorientierter, wegweisender Unterricht, dessen Leitziel individuelle Förderung ist, stattfinden.
Wenn wir stattdessen einfach Geld in das nicht reformierte Schulsystem stecken, dann zementieren wir Strukturen in pä
dagogischen Altbauten. Man sieht also: Wenn man nicht richtig nachdenkt, bevor man investiert, kann das negative Effekte haben. Deshalb ist es ganz wichtig, erst einmal diesen veralteten Investitionsbegriff zu überwinden.
In einer Ganztagsschule kommt es erst einmal darauf an, genügend Lehrerinnen und Lehrer zu haben. Man muss sich von dem Glauben verabschieden, das könne man mit Ehrenamtlichen machen. Das Kultusministerium könnte doch auch einmal Ehrenamtliche als Politikbegleiter einstellen. Das wäre vielleicht ein Vorschlag, der sinniger wäre, als zu glauben, man könne damit Ganztagsschulen betreiben.