Protokoll der Sitzung vom 18.12.2008

Baden-Württemberg. Meine Damen und Herren, gut ausgebildete junge Menschen sind das wichtigste Kapital, das wir haben. Deshalb, Herr Schmiedel, ist es schlicht unseriös, wenn Sie bei 548 Millionen € für die Bildungsoffensive, solide finanziert ohne Neuverschuldung, versuchen, den Leuten zu suggerieren, es würde überhaupt nichts passieren.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Schauen Sie doch in den Haushalt!)

Was Sie machen, ist eine Verschleierung von Tatsachen. Sie müssten in der Zwischenzeit eigentlich mit Ihrem – vorsichtig ausgedrückt – leicht fehlgeschlagenen Projekt, die Eltern von G-8-Schülern gegen die Politik aufzuwiegeln,

(Heiterkeit des Abg. Reinhold Gall SPD – Abg. Rein- hold Gall SPD: Voller Erfolg!)

gemerkt haben, dass die Menschen klüger sind, als Sie vielleicht denken.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das sehen die Menschen anders!)

Herr Kollege, wenn Sie 11 % Reaktion als einen Erfolg bezeichnen, dann wissen wir, wo die SPD in Baden-Württemberg in der Zwischenzeit steht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Weltklasse! Das tut Ihnen richtig weh! Wir wissen es! Die Zustimmung, die Sie dafür erhalten haben, liegt bei 2 %!)

Wir wollen in den nächsten Jahren in Bildung investieren und die Klassen kleiner machen. Kein anderes Bundesland, schon gleich zweimal kein SPD-regiertes Bundesland, senkt den Klassenteiler für alle Schularten in den kommenden Jahren auf 28 Schüler. Herr Schmiedel, Sie wissen ganz genau, dass wir, selbst wenn wir noch so viel Geld hätten, das Ganze gar nicht auf einen Schlag machen könnten, weil wir auf dem Markt nicht innerhalb eines Jahres 4 500 Lehrer zusätzlich bekommen können. Das geht gar nicht.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Selbst verschuldet! – Abg. Reinhold Gall SPD: Selbst verschuldet! Wie bei der Polizei auch! Da finden Sie auch niemanden mehr! – Zuruf des Abg. Peter Hofelich SPD)

Insofern machen Sie auch in diesem Bereich den Menschen einfach etwas vor, und Sie wissen das. Sie sagen die Unwahrheit wider besseres Wissen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Reinhold Gall SPD: Überall selbst ver- schuldet!)

Jetzt zu den Vorschlägen der SPD. Ich möchte Ihnen gern noch die Gelegenheit geben, uns in Ihrer rhetorischen Restlaufzeit, die Sie heute noch zur Verfügung haben,

(Vereinzelt Heiterkeit)

einmal zu erklären, wie Ihre Vorschläge alle zusammenpassen. Meine Damen und Herren, ein kleiner Auszug aus dem SPD-Wunschzettel, was Mehrausgaben angeht: Sie fordern zusätzliche Ausgaben in puncto Konjunkturprogramm – zu

sätzlich zu dem, was heute verkündet wurde – in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro. Sie fordern 10 Millionen € mehr für die Filmförderung. Sie sagen, die Mittel, die für Stuttgart 21 und für die Schnellbahntrasse Stuttgart–Wendlingen–Ulm verwendet werden, müssten – das ist ein Zitat von Ihnen – in gleicher Höhe auch im badischen Landesteil inves tiert werden. Sie sagen noch nicht einmal, wo. Sie sagen nur, Sie wollten die gleiche Summe auch andernorts.

(Zurufe der Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Gunter Kaufmann SPD)

Sie fordern 1 € Landesgeld für jedes Schulessen in BadenWürttemberg, egal, ob ein Bedarf besteht oder nicht. Sie fordern 367 Millionen € zusätzliche Ausgaben für den Krippenausbau. Dann schweben Sie in Hockenheim ein. Seit Neuestem ist Herr Schmiedel auch Formel-1-Fan, vor allem von Bernie Ecclestone.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Er ist der Meinung, wir müssten jetzt schnellstmöglich den Hockenheimring mit Steuergeldern subventionieren.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Er ist schon dabei! Der Ministerpräsident ist schon angesprungen!)

Meine Damen und Herren, Sie fordern, fordern und fordern, aber Sie sagen nicht mit einem Wort, wie Sie das finanzieren wollen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Doch! – Abg. Reinhold Gall SPD: Natürlich!)

Herr Schmiedel, was Sie machen, ist unseriös.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Übrigens haben Sie bisher immer gesagt, die Nullneuverschuldung sei das höchste Ziel. Sie haben nicht geglaubt, dass wir sie erreichen. Seit wir sie erreicht haben, findet sie bei Ihnen gar nicht mehr statt.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das haben Sie schon einmal gesagt! Das ist eine Redundanz!)

Heute kam das von Ihnen nicht ein einziges Mal. Mit diesen Vorschlägen, die Sie landauf, landab bei Ihren Trips quer durch Baden-Württemberg als Wunschzettel verbreiten, ist das Thema Nullneuverschuldung schon lange aus Ihrer Agenda verschwunden. Meine Damen und Herren, Sie gefallen sich in der Rolle dessen, der überall alles verspricht,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Lieber On- kel!)

und glauben allen Ernstes, dass die Leute nicht merken, dass Sie das überhaupt nicht finanzieren können.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Fragen Sie einmal die Handwerker! – Unruhe bei der SPD)

Die Grünen scheinen mir in diesem Bereich ein Stück weit seriöser. Zumindest kann man nachlesen, dass Frau Eid – nicht Mitglied der Landtagsfraktion, aber immerhin bundespolitisch

tätig – einmal gesagt hat – allerdings über ihre eigenen Kollegen –, dass sie, nachdem sie seit fast 30 Jahren Mitglied der Grünen sei, in der Zwischenzeit den Eindruck habe, dass – ich zitiere – „die Dominanz einfacher Weltbilder und die Freude am Populismus“ bei Parteifreunden vorherrschten. Meine Damen und Herren, ich kann nur sagen: Das kommt nicht von jemandem aus der CDU, es kommt von einer führenden Bundespolitikerin aus Ihrer Partei. Hören Sie deshalb endlich auf, meine Damen und Herren von der Opposition, den Menschen in diesem Land das Blaue vom Himmel herunter zu versprechen, obwohl Sie genau wissen, dass Sie es nicht einhalten können.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Küm- mern Sie sich einmal um Ihren eigenen Populis- mus!)

Lassen Sie mich zusammenfassen: Baden-Württemberg war, ist und bleibt ein Modell für Wirtschaftskraft und für Zusammenhalt. Ich glaube, gerade in der Krise zeigen und beweisen wir diese Stärke, ganz abgesehen davon, dass eine Krise auch als Chance gesehen werden kann und ich mir sicher bin, dass bei unserem derzeitigen Handling dieses Land am Ende des Tages gestärkt aus der Krise hervorgehen wird. Die CDUFDP/DVP-geführte Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen sind starke Partner leistungsstarker und leistungsbereiter Menschen und einer starken Wirtschaft für unser Baden-Württemberg. Deshalb werden wir ausschließlich mit Blick auf das Land alles dafür tun, dass die solide Politik der letzten Jahre im Zuge einer Nullneuverschuldung, im Zuge eines soliden Umgangs mit den Finanzen und auf der Basis ordentlicher ordnungspolitischer Konzepte auch in den nächs ten Jahren eingehalten wird. Helfen Sie mit! Hören Sie auf mit Fundamentalkritik! Arbeiten Sie mit am erfolgreichen Konzept,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Wir haben Angebote ge- macht! Die sollten Sie schon noch annehmen!)

damit Baden-Württemberg in eine gute Zukunft geht!

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie reagieren wir auf die Krise? Unsere Leitlinie heißt: Aus der Krise lernen heißt in den Wandel investieren, die Dinge durchdenken, bevor man Vorschläge macht. In der Krise muss man mehr denken als schon vor der Krise und nicht weniger.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Dietmar Bach- mann FDP/DVP)

Geht es hier um ein Konjunkturprogramm? Wer glaubt, der Staat könne die Wirtschaft wirklich materiell mit eigenen Programmen ankurbeln, der lebt nicht in der Wirklichkeit einer offenen und globalisierten Wirtschaft. Das sieht man schon an den zahlenmäßigen Dimensionen. Das Bruttoinlandsprodukt beträgt in Baden-Württemberg 350 Milliarden € im Jahr. Wie groß müsste wohl ein Konjunkturprogramm sein, das die Wirt

schaft materiell ankurbelt? 10 % davon? Das wäre schon mehr als unser Haushalt. 1 %? Das wären 3,5 Milliarden €. Also kann man dieses Gerede von der materiellen Ankurbelung der Wirtschaft durch staatliche Programme vergessen.

(Beifall bei den Grünen)

Es geht um etwas ganz anderes: Gelingt es uns, durch Vorschläge, die wir jetzt machen, in der Bevölkerung, in der Wirtschaft, in den Kommunen Vertrauen zu schaffen? Dieses Vertrauen müssen wir erreichen. Ohne Vertrauen kommt man nicht aus der Krise heraus, denn Vertrauensverlust, Misstrauen, Zukunftsängste sind der Hauptgrund, warum es überhaupt immer tiefer in die Krise geht. Deswegen müssen wir Vorschläge machen, bei denen die Menschen das Gefühl haben: Diese Vorschläge sind von uns durchdacht, und sie sichern die Zukunft. Nur darum kann es bei solchen Programmen gehen.

(Beifall bei den Grünen)

Politik in der Krise braucht nicht Hektik, sondern Weitblick, nicht noch mehr Reflexe, sondern mehr Reflexion. Wer Nachhaltigkeit will, der muss die eigene Politik nachhaltig machen.

Zweitens: Der Ort des Wandels liegt dort, wo die Menschen leben und arbeiten, wo sie investieren und konsumieren. Das ist vor Ort, in den Betrieben, im Mittelstand, in den Städten und Gemeinden. Deswegen müssen wir, Herr Ministerpräsident, Kommunen und Wirtschaft als Bündnispartner im Wandel gewinnen, denn sonst kann nichts in Gang kommen.

Wie gehen wir mit diesen Partnern um? Schauen wir zuerst zu den Kommunen. Betrachten wir einmal das Maßnahmenpaket der Bundesregierung, Herr Mappus und Herr Schmiedel. Der Deutsche Städtetag hat folgende Bilanz gezogen: Der Mittelzuwachs durch die Förderprogramme des Bundes beträgt für die Kommunen 500 Millionen €. Die Steuermindereinnahmen dagegen, die sich aus dem Paket der Bundesregierung für die Kommunen ergeben, liegen bei 1,7 Milliarden €. Bilanz: minus 1,2 Milliarden € – für die Kommunen wenig erfreulich!

(Beifall bei den Grünen – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das nennt sich dann Impulsprogramm!)

Frage: Ist Oettinger besser als Merkel und Steinbrück? Ein wenig schon, aber leider nur ein wenig. Oettinger nimmt den Kommunen wenigstens nichts weg, aber er gibt ihnen auch nichts. Wir sagen, Herr Mappus: Nicht erst geben und dann wieder nehmen, sondern wenn man es ernst meint, dann muss man auch einmal neues Geld in die Hand nehmen. Dass das auch ohne neue Schulden geht, werde ich Ihnen nachher noch klarmachen.