Protokoll der Sitzung vom 11.02.2009

(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Komplexes Denken!)

sondern wir müssen einfach auch aus der Erfahrung heraus lernen – das kommt in einem Lebensraum normalerweise vor –, ob die Ausstattung der Lebensräume im Prinzip aus reicht. Daraus kann man Rückschlüsse ziehen. Wenn sie ausreicht, dann können auch die entsprechenden Tier- und Pflanzenarten vorkommen. Wenn sie einmal zufällig nicht vorkommen, dann ist vielleicht irgendetwas schiefgelaufen.

Mit dieser Lebensraumbetrachtung kommen wir weiter, weil wir damit auch den Landwirten und damit den Bewirtschaftern dieser Lebensräume – übrigens den Forstwirten genauso – eine leichtere Handhabung ermöglichen können und diese nicht nach jedem Blümchen und jeder Nisthöhle usw. im Einzelfall schauen müssen. Das muss, glaube ich, die Zielsetzung sein.

Da fordere ich Sie auf: Wenn wir Lebensraumbetrachtungen wollen, dann müssen wir gemeinsam voranschreiten, damit

wir zu größerflächigen Betrachtungen kommen. Das ist dann echte Nachhaltigkeit. Man sollte nicht auf die einzelne Pflanze oder auf das einzelne Biotop, das manchmal nur wenige Quadratmeter groß ist, schauen. Vielmehr müssen wir die Gesamtzusammenhänge betrachten und in der Summe sehen, dass wir Nachhaltigkeit über Jahre, wenn es sein muss, sogar über Jahrzehnte hinweg verfolgen, damit wir unsere Naturausstattung nicht verschlechtern. Ob das an jedem Standort dann immer gleich bleibt, wage ich jedoch zu bezweifeln. Dafür sind wir eine Kulturlandschaft und waren in allen Jahrhunderten und Jahrtausenden flexibel. Der Mensch war immer mobil, hat sich irgendwo angesiedelt, ist dann wieder umgesiedelt; das liegt letztendlich in der Natur der Sache.

(Beifall der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU – Zu- ruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Unter diesem Aspekt gibt es nicht nur haushalterische Maßnahmen, sondern auch gesetzgeberische Maßnahmen. Ich erinnere an das Ökokonto, zu dem die Anhörung stattfindet.

(Zuruf der Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE)

Das soll genau die notwendige Flexibilität bei der Frage des Ausgleichs von Eingriffen in den Naturschutz geben. Diese notwendige Flexibilität ist, meine ich, für ein dicht besiedeltes Wirtschafts- und Industrieland wie Baden-Württemberg die angemessene Antwort. Wir wollten räumlich und zeitlich mehr Flexibilität gewährleisten. Sie ist aber auch die angemessene Antwort für die gebeutelte Landwirtschaft, die häufig den doppelten und dreifachen Flächenentzug bei Eingriffen in die Landschaft befürchten musste. Wenn eine Straße oder eine Schienentrasse geplant war, war es doch immer die Landwirtschaft, die zum einen die Fläche für die Maßnahme und zum Zweiten auch noch den Ausgleich bereitstellen musste. Das wird in der Zukunft flexibler gehandhabt, sodass wir damit die Ernährungssicherung, auch die Sicherung mit regio nalen Produkten, in der Zukunft besser absichern können, als dies in der Vergangenheit der Fall war.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Bereich des Naturschutzes ist PLENUM sicherlich ein Modell. Das Biosphärengebiet ist, wenn man so will, das Großmodell PLENUM, mit dem wir wirklich ein Vorzeigeprojekt für das Land gestalten wollen: Wie kann in einem Industrieland angewandter Naturschutz mit den Menschen, mit den Kommunen und mit der Wirtschaft letztendlich funktionieren? Dafür gibt es Rezepte. Ich bin überzeugt davon, dass wir dabei auch etwas Ordentliches hinbekommen.

(Zuruf der Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE)

Das sind die Modelle, und das sind die Best-Practice-Beispiele für das gesamte Land, die dann auch übertragbar sind.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! Die kön- nen sich mehr als sehen lassen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich danke sehr herzlich den Regierungsfraktionen, namentlich der Unionsfraktion, für die Verstärkung der Mittel im Bereich des Verbraucherschutzes. Der Konsument ist, glaube ich, derjenige, der am Ende der Kette in einer arbeitsteiligen Welt steht und der eine arbeitsteilige Welt immer weniger in ihrer Gesamtheit letztendlich erfassen kann. Wir müssen ihm Hilfestellungen

geben. Wir müssen auch als Verwaltung transparenter werden. Das gilt aber für Industrie und Wirtschaft gleichermaßen. Es muss mehr informiert werden, aber Informationen müssen auch so gestaltet werden, dass sie beim Verbraucher ankommen können, damit er sie auch tatsächlich erfassen kann.

Deshalb werden wir in allererster Linie das Thema der Verbraucherbildung verstärken.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, ich darf um Ruhe bitten.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jawohl! – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Aber sofort!)

Wir wollen die Mittel dafür einsetzen, dass in unseren Schulen pädagogisch mehr geschult, gelehrt und erzogen wird, was die Fragen des Alltagslebens angeht:

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau!)

Wie vergleicht man Preise, wie vergleicht man Versicherungsverträge, Finanzverträge?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Alltagskompe- tenzen, Herr Minister!)

Alltagskompetenz in diesem Sektor soll vermittelt werden, und zwar nicht dadurch, dass wir ein neues Unterrichtsfach einführen, sondern dadurch, dass wir den Pädagogen Arbeitshilfen an die Hand geben. Das ist die Aufgabe der Zeit. Das machen wir in diesem Jahr. Herzlichen Dank dafür, dass der Landtag hierfür die notwendigen Mittel bereitstellt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Aber er stellt sie auch bereit, um die bereits in früheren Jahren vorgenommenen Kürzungen der sogenannten institutionellen Förderung im Bereich der Verbraucherzentrale wieder rückgängig zu machen. Auch dafür herzlichen Dank. Wir kommen damit wieder auf den Level von Anfang dieses Jahrtausends. Das ist angesichts von Personalsteigerungen auch notwendig. Mich haben viele Anfragen und Anträge auch der Grünen zur Finanzausstattung der Verbraucherzentrale erreicht. Die Verbraucherzentrale ist ja autonom, aber ich gehe davon aus, dass sie einerseits Gehaltsaufstockungen um ein paar Euro vornehmen wird, um qualifiziertes Personal zu halten oder zu bekommen, und dass sie andererseits auch die Bereiche, die besonders beratungsbedürftig sind, entsprechend ausgestalten wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend zum Thema „Ländliche Räume“ noch einige wenige Worte verlieren.

(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Bitte keine leeren Ver- sprechungen!)

Im Konjunkturprogramm des Bundes kommen ländliche Räume gar nicht vor.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Bedauerli- cherweise!)

Es ist augenfällig, dass sich die Berliner aus ihrer Sicht mit den ländlichen Räumen – da mache ich häufig nicht einmal mehr große Unterschiede zwischen Union und SPD – schon gar nicht mehr auseinandersetzen. Ich danke hier diesem Hohen Haus fast in der Gänze, dass es die ländlichen Räume immerhin hochhält und dass es uns immer noch gelingt, Wirtschaftsstruktur und Infrastruktur allüberall im Land zu entwickeln, hier in Stuttgart beispielsweise mit Stuttgart 21 und mit dem Neubau der Trasse von Stuttgart über Ulm nach München und damit der europaweiten Ost-West-Trasse.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, bitte verlegen Sie die Unterhaltungen nach außerhalb des Plenarsaals.

Das ist das eine: millionenschwere Projekte in Stutt gart.

Das andere sind eine Million oder eine halbe Million schwere Projekte in Dörfern und Gemeinden im ländlichen Raum, die einerseits die Infrastruktur für das soziale Zusammenleben unserer Dörfer und Gemeinden deutlich stärken – es ist ja unsere Zielsetzung, diese Soziostruktur, wenn man so will, zu erhalten – und die andererseits auch gewährleisten, dass die Wirtschaftsstruktur unserer Dörfer und Gemeinden im ländlichen Raum und damit in der Summe die Lebensattraktivität erhalten bleibt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jawohl! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Wir werden im Jahr 2009 in diesem Bereich zwei Schwerpunkte setzen. Der erste Schwerpunkt heißt qualifizierte innerörtliche Sanierung, Herstellung von adäquatem Wohnraum in Dörfern und Gemeinden für junge Familien entsprechend verbunden mit Arbeitsplätzen durch die Förderung von KMUs.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Da müssen Sie mehr ma- chen, sonst passiert nichts!)

Der zweite Schwerpunkt betrifft die Frage der Breitbandinfrastruktur. Da geht der Appell auch an alle Kommunen. Der Ball liegt jetzt im Feld der kommunalen Seite. Wir werden durch das Konjunkturprogramm noch einmal eine Verstärkung der Mittel erfahren. Die Förderprogramme sind mit dem Gemeindetag und mit dem Städtetag abgestimmt. Der Ball – die Entscheidung, ob er aufgenommen wird – liegt jetzt auf der kommunalen Seite. Ich kann nur sagen: Aus wirtschaftsstrukturellen Gründen, aber auch vor dem Hintergrund der Frage, wo die jungen Menschen in Zukunft wohnen werden, ist auf eine gute Breitbandinfrastruktur unbedingt Wert zu legen.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Eben!)

Das ist der absolute Schwerpunkt der Förderung.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Bravo! – Abg. Alfred Winkler SPD: Bringen Sie einen Arzt hin!)

Meine Damen und Herren, wenn Sie, Herr Kollege Winkler, kritisieren, dass das Volumen des Haushalts des MLR zurückgegangen sei, dann empfehle ich Ihnen, den Haushalt zu lesen.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Habe ich doch!)

Dann werden Sie merken, dass wir seit dem 1. Januar einen Landesforstbetrieb haben,

(Abg. Alfred Winkler SPD: Habe ich doch gesagt, Herr Minister!)

der zuvor im Haushalt brutto veranschlagt war und jetzt netto budgetiert ist.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Habe ich doch gesagt, Herr Minister! Ich bin des Lesens mächtig! – Gegen- ruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das stimmt! – Gegenruf des Abg. Alfred Winkler SPD: Und des Rechnens!)

Dann sieht das Ganze schon wieder anders aus. Ich glaube, wir setzen in diesem Bereich Akzente. Ich bitte Sie sehr, auch diese Akzente zu unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)