Protokoll der Sitzung vom 12.02.2009

Nur, Herr Kollege Löffler, jetzt nenne ich Ihnen einmal eine andere Zahl: Wenn wir für die Stilllegung eines Projekts, in diesem Fall der Wiederaufarbeitungsanlage in Karlsruhe, die man stilllegen muss – damit wir uns da nicht falsch verstehen –, 4,6 Millionen € in diesen Haushalt eingestellt haben, insgesamt die kommenden Jahre 193 Millionen € nur vom Land für die Stilllegung dieser einen Anlage aufbringen müssen und dann für alle Projekte im Land im Bereich der erneuerbaren Energien und für die Demonstrationsprojekte 3,2 Millionen € haben, stimmen die Verhältnisse einfach nicht. Das zeigt, dass Sie die Herausforderungen, vor denen wir in Richtung Klimawandel stehen, bis heute offensichtlich überhaupt noch nicht verstanden haben. Anders kann ich mir das nicht erklären.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Ich empfehle Ihnen einmal – der Minister hat ja dankenswerterweise diesen 210-seitigen Bericht zum Haushalt vorgelegt –, einen Blick in diesen Bericht zu werfen. Darin finden Sie ganze fünf Seiten zur Energiepolitik, und es ist an Dürftigkeit wirklich kaum noch zu überbieten, was Sie dazu lesen können.

Man muss auch einmal dahin gehend schauen, was nicht im Haushalt steht. Eben ist vom Kollegen Rülke ja schon das Energiekonzept 2020 angesprochen worden. Man hat darin eine Leitlinie, die lautet: 50 : 30 : 20. Der Minister ist ganz stolz auf diese Leitlinie, auf diesen Mix von 50 % Kernenergie, 30 % Kohle und Gas und 20 % erneuerbarer Energie. Einmal abgesehen vom Streit „Atomenergie, ja oder nein?“: Sie müssen doch erkennen, dass Sie anstreben, im Jahr 2020 80 % mit Kraftwerken abzudecken, die einen Wirkungsgrad von knapp über 30 % haben, wenn wir Neckarwestheim nehmen, und von maximal 45 %, wenn wir das neue Kohlekraftwerk in Karlsruhe nehmen. Das bedeutet, bei 80 % der Kraftwerke legen Sie im Jahr 2020 einen Wirkungsgrad von unter 50 % zugrunde.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Bei Windrädern 6 %, Herr Kollege! – Gegenruf des Abg. Thomas Knapp SPD: Aber 6 % unschädlich!)

Das heißt, den größten Teil der Energie verschleudern Sie auch im Jahr 2020 noch, und das nennen Sie dann Klimaschutz.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Das Wort hat Herr Abg. Untersteller.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Herr Kollege Zimmermann, das ist das Gegenteil von dem, was man unter Effizienz versteht.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Herr Zimmermann, lassen Sie sich in Ihrer Fraktion zum energiepolitischen Sprecher wählen, dann können Sie hier reden. Immer nur diese „Zwischenbäfferei“ von Ihnen!

Jetzt nehmen wir einmal den angestrebten Anteil von 20 % erneuerbarer Energie bis 2020. Wir hatten bereits im Jahr 2007, Herr Minister, einen Anteil der erneuerbaren Energieträger an der Bruttostromerzeugung von etwa 13,5 %, und wir werden im kommenden Jahr das große Wasserkraftwerk in Rheinfelden dazubekommen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Da waren Sie doch auch dagegen!)

Das heißt, wir sind dann bei gut 15 %. Ich frage Sie: Was, bitte schön, ist daran ambitioniert, wenn wir einen Zuwachs von lediglich 0,5 % pro Jahr haben? Glauben Sie allen Ernstes, dass wir als eines der technologisch führenden Länder Europas damit einen relevanten Beitrag leisten, wenn es um die Frage geht, den Klimawandel in den Griff zu bekommen? Ich sage Ihnen: Das ist nicht der Fall.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Niemals!)

Ein Letztes – aufgrund der wenigen Zeit, die ich noch habe –: Werfen Sie einmal einen Blick in dieses Energiekonzept 2020. Sie bleiben bei allen relevanten Kenndaten hinter den Anforderungen zurück, die der Bund an sich selbst stellt. Ich nenne Ihnen einmal ein paar:

Den Primärenergieverbrauch will der Bund bis zum Jahr 2020 um 15 % senken, Sie wollen nur um 10 % senken. Beim Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung will der Bund eine Steigerung auf 25 %, Sie nur auf 20 %. Bei den erneuerbaren Energien will der Bund den Anteil bis zum Jahr 2020 auf 30 % steigern,

(Minister Ernst Pfister: Mit Offshore!)

Sie geben sich mit 20 % zufrieden. Bei der Stromeinsparung sagt der Bund 11 %, bei Ihnen findet man in Sachen Stromeinsparung überhaupt keine Zahlen.

Das heißt, Sie bleiben bei allen relevanten Kenndaten, die in den kommenden Jahren eine Rolle spielen, hinter denen zurück, die sich der Bund gesetzt hat. Ich sage Ihnen: Ein Land wie Baden-Württemberg, das zu Recht den Anspruch erhebt, technologisch führend zu sein, blamiert sich damit und wird den Aufgaben, vor denen wir stehen, im Grunde genommen nicht gerecht.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Pfister.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage, auch in Baden-Württemberg, und deshalb zunächst einmal ganz ehrlich gemeint: Herzlichen Dank für Vorschläge, für gut gemeinte Ratschläge, die dabei helfen können, möglichst schnell wieder aus dieser krisenhaften Situation herauszukommen.

Ich möchte aber sagen, dass ich insbesondere bei Ihrer Rede, Herr Dr. Prewo, den Eindruck hatte, im falschen Film zu sein. Jedenfalls konnte ich nicht feststellen, dass Sie über das Land Baden-Württemberg geredet haben. Sie haben über alles geredet, nur nicht über das Land Baden-Württemberg.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es! – Abg. Heiderose Berroth FDP/ DVP: Mit Wirtschaftskraft hatte das nichts zu tun!)

Das gilt übrigens ausdrücklich auch für die Mittelstands- und Ordnungspolitik. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass gerade zu Beginn dieser Woche von einem bekannten Meinungsforschungsinstitut in Allensbach eine Studie zur Mittelstands- und Ordnungspolitik in Baden-Württemberg bekannt gegeben wurde. Darin wird beispielsweise festgestellt, dass mehr als 80 % der Mittelständler in Baden-Württemberg mit der Mittelstandspolitik dieser Landesregierung außerordentlich zufrieden sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Hei- derose Berroth FDP/DVP: Ja! Bravo! – Abg. Rein- hold Pix GRÜNE: Wer war das?)

Wenn es Sie genau interessiert: Ernst & Young.

(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: In wessen Auftrag hat Ernst & Young gehandelt?)

In dieser Studie wird z. B. weiter festgestellt – das ist hochinteressant –, dass kein anderes Land so wenig Subventionen für den Mittelstand gewährt, aber gleichzeitig trotzdem kein anderes Land einen solch hohen Effekt für den Mittelstand erzielt.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Das ist es!)

Das ist übrigens ordnungspolitisch dadurch bedingt, dass in Baden-Württemberg im Vergleich mit anderen Bundesländern die einzelbetriebliche Förderung deutlich zurückgedrängt ist, dagegen aber stark investiert wird, etwa in die Infrastruktur, die ja auch der mittelständischen Wirtschaft dient. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen. Wenn Sie das gelesen hätten, lieber Herr Kollege Dr. Prewo, würden Sie solche Reden, wie Sie sie heute gehalten haben, nicht halten.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Gejam- mer!)

Auf solche Katastrophengemälde, die Sie da an die Wand gemalt haben, sollten Sie bitte verzichten.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Alle haben draußen ge- sagt, dass es eine gute Rede war! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aber nur die, die draußen waren!)

Sie sprechen über jedes Land, nur nicht über Baden-Würt temberg.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Jawohl, Herr Minister!)

Ich will das Stichwort Existenzgründung gern aufgreifen, Herr Kollege. Das ist uns beiden und uns allen ein wichtiges Anliegen. Das betrifft insbesondere auch die Frage der Unternehmensnachfolge.

(Abg. Gustav-Adolf Haas SPD: Unser Thema!)

Das ist ein ganz wichtiges Thema. Denken Sie daran, dass beispielsweise in den nächsten fünf Jahren rund 60 000 Betriebe in Baden-Württemberg vor der Frage stehen, wie es mit dem Unternehmen weitergeht, weil z. B. der Seniorchef bzw. die Seniorchefin in den Ruhestand geht und der Sohnemann

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Oder die Toch- ter!)

oder die Tochter – oder auch ein Externer nicht erklären, dass sie bereit sind, das Unternehmen zu übernehmen. Da geht es um 600 000 Arbeitsplätze. Hier einen günstigen Rahmen zu finden, ein günstiges Klima zu finden, damit wir wieder mehr junge Leute finden – ich gebe das zu: mehr junge Leute finden –, die den Mut und die Verve haben, den Sprung in die Selbstständigkeit zu wagen, das ist schon eine Anstrengung wert. Da muss aber auch das Umfeld stimmen.

Wir haben in Baden-Württemberg – das können Sie im Internet nachlesen; ich kann es Ihnen aber auch geben – ein ganz aktuelles Zwölfpunkteprogramm – vom Coaching über die Finanzierung bis zu Bildungseinrichtungen – auf den Weg gebracht, mit dem wir über Beratung und vieles andere, auch fi

nanzielle Hilfen, alles tun, was in unseren Möglichkeiten steht. Es ist ein Schwerpunkt liberaler Wirtschaftspolitik,

(Abg. Dr. Rainer Prewo SPD: Bauen Sie bessere Stra- ßen!)

dafür zu sorgen, dass junge Leute den Sprung in die Selbstständigkeit schaffen. In diesem Zwölfpunkteprogramm sind die Maßnahmen zusammengefasst, mit denen wir erreichen wollen, dass die Möglichkeiten für eine Unternehmensnachfolge in Baden-Württemberg verbessert werden. Denn es geht, wie gesagt, darum, dass 600 000 Arbeitsplätze in BadenWürttemberg gehalten werden müssen.

Aber natürlich müssen auch die Rahmenbedingungen stimmen.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Erzählen Sie heute einem jungen Mann, der bereit wäre, ein solches Unternehmen zu übernehmen, beispielsweise nur einmal, was im Zusammenhang mit der Erbschaftsteuerdiskussion von ihm verlangt wird.