Protokoll der Sitzung vom 29.06.2006

(Anhaltende Unruhe)

Wenn ein klein bisschen mehr Ruhe einkehren würde, wäre mir das als Redner recht.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Ich danke Ihnen.

(Abg. Ute Vogt SPD: Da muss man als Abgeordne- ter die Arbeit des Präsidenten machen!)

Ein weiteres Stichwort zur Begründung ist, dass bei uns in Deutschland mehr Jugendliche rauchen als in jedem anderen EU-Land. Das Einstiegsalter sinkt. Die Jugendlichen werden immer jünger und immer weiblicher.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Ja, natürlich! – Das Ganze geschieht zunehmend dort, wo sich Kinder und Jugendliche aufhalten, nämlich an unseren Schulen.

Erst kürzlich berichtete die CDU-Bildungssenatorin von Hamburg, dass sich dort nach der Einführung eines Rauchverbots die Zahl der rauchenden 14- bis 15-Jährigen innerhalb eines Jahres halbiert habe.

Meine Damen und Herren, das alles ist nicht grundlegend neu, und es ist auch nicht der aktuelle Grund dafür, dass wir unseren erst vor wenigen Monaten an dieser Stelle diskutierten Gesetzentwurf neu zur Abstimmung stellen. Neu

aber ist die Tatsache, dass die gesellschaftliche Debatte über dieses Thema in den letzten Monaten deutlich an Fahrt zugelegt hat und inzwischen ganz offensichtlich auch bei CDU und FDP angekommen ist. So sagt der Vorsitzende der Jungen Union Baden-Württemberg, übrigens ganz im Tenor eines Parteitagsbeschlusses der CDU Baden-Württemberg – Zitat –:

Es ist ein Skandal, dass man im Bund und in anderen Ländern über das Rauchverbot in öffentlichen Räumen spricht, aber sich die baden-württembergische Landesregierung weigert, zumindest in Schulen ein generelles Rauchverbot zu verhängen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Der Vorsitzende der FDP/DVP-Landtagsfraktion, Ulrich Noll, räumt inzwischen ein – Zitat –:

Ich muss mich der Erfahrung beugen, dass freiwillige Selbstvereinbarungen nicht immer die gewünschten Effekte erzielen.

Sozialministerin Stolz gibt dankenswerterweise eine erfrischend klare Ansage, indem sie sagt:

Wo ich die Regelungskompetenz habe, will ich das Rauchen in öffentlichen Räumen verbieten lassen.

Die sozialdemokratische Landtagsfraktion freut sich über diese Entwicklung – zumindest, meine ich, der weit überwiegende Teil dieser Fraktion.

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Der Nichtraucherteil!)

Wir möchten Ihnen in diesem Hause die Gelegenheit geben, gemeinsam einen Beitrag dazu zu leisten, die gesundheitliche Situation unserer Kinder und Jugendlichen zu verbessern, und zwar in einem Punkt, bei dem wir originär Verantwortung haben, nämlich in der Schule.

(Beifall bei der SPD)

Bei dieser Initiative geht es nicht um ein generelles Rauchverbot in allen öffentlichen Einrichtungen und Gebäuden, in Restaurants oder in Büros, sondern es geht um den zentralen Lern- und Lebensbereich Schule, und für den haben wir eine pädagogische und auch eine politische Verantwortung.

Man kann meinetwegen abwartend sein, was ein generelles Rauchverbot angeht. Man kann auch der Auffassung sein, wie ja auch verschiedentlich geäußert, dass es einer liberalen Einstellung entspricht, Erwachsenen das Recht auf Schädigung ihres Körpers zuzugestehen.

(Lachen des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Man kann es, meine Damen und Herren, vielleicht auch noch verstehen, wenn eine Lehrergewerkschaft bei ihren entsprechenden Einschätzungen auch die vermeintlichen Interessen eines Teils ihrer Mitglieder im Auge hat. Mir fehlt aber jedes Verständnis, wenn der Ministerpräsident ausgerechnet mit dem Blick auf das Suchtpotenzial bei Lehrerinnen und Lehrern von einem Rest von Liberalität und Tole

ranz spricht und dessen Erhaltung empfiehlt. Also, ganz nebenbei gefragt: Wenn es sich hier um einen Restbestand von Liberalität und Toleranz handelt, dann frage ich mich schon, wann und unter wessen Verantwortung denn der Großteil von Liberalität und Toleranz der Lehrerschaft gegenüber abhanden gekommen ist.

(Heiterkeit bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir empfehlen Ihnen hier ein Bündel abgestimmter Maßnahmen, um die Schulen möglichst bald zu rauchfreien Zonen zu machen, indem Sie diesem Gesetzentwurf zustimmen, ihn mit einer Übergangsfrist versehen, in der die Schulen die Möglichkeit erhalten, schuleigene Konzepte zur Umstellung auf die neue gesetzliche Regelung zu entwickeln, ein Paket von Vorschlägen, Anregungen und konkreten Angeboten zu schnüren, und indem Sie die Schulen auf ihrem Weg zu einer rauchfreien Schule begleiten und parallel dazu auch weiterhin kontinuierlich auf Aufklärungs- und Vorbeugungskampagnen setzen.

Die Zeit der ergebnisoffenen Prüfungen bei diesem Thema ist längst vorbei. Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, folgen Sie den Fachleuten Ihrer eigenen Parteien, und stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu!

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Klenk.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Bayer, über die Folgen des aktiven und des passiven Rauchens brauchen wir uns hier in diesem Hause wahrscheinlich nicht zu unterhalten. Darüber sind wir uns alle einig. Gerade deshalb schließen wir uns Ihrem Entwurf nicht an und stimmen ihm auch nicht zu,

(Lachen bei der SPD – Abg. Ute Vogt SPD: Hört, hört!)

weil wir einfach sagen: Er geht nicht weit genug.

(Abg. Ute Vogt SPD: Gut! Wo ist Ihr weiter gehen- der Antrag?)

Die Ministerin hat gesagt – und wir haben das auch in der Koalitionsvereinbarung festgehalten –: Wir wollen in allen Bereichen, in denen wir die Zuständigkeit besitzen, in Zukunft das Rauchen verbieten.

(Beifall bei der CDU – Abg. Carla Bregenzer SPD: Wo ist Ihr Gesetzentwurf? – Abg. Thomas Knapp SPD: Das ist ein richtig dummes Regierungsver- halten! Alles wird abgelehnt!)

Nein, Herr Knapp!

(Abg. Thomas Knapp SPD: Alles wird abgelehnt!)

Lieber Kollege Knapp, wir wollen kein Stückwerk machen, sondern wir wollen das über alle Bereiche hinweg ein für alle Mal regeln.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Wir haben uns heute Morgen über die Föderalismusreform unterhalten. Wir werden durch die Reform neue Zuständigkeiten erhalten. Lassen Sie uns doch die paar Tage oder Wochen noch abwarten, bis klar ist, wofür wir alles zuständig sind! Die Ministerin hat ein Rauchverbot angekündigt, und – ich sage es noch einmal – im Koalitionsvertrag steht auch, dass die Landesregierung einen Gesetzentwurf zum Nichtraucherschutz in öffentlichen Gebäuden vorlegen wird. So wollen wir das Thema dann letztendlich auch angehen.

Noch eines, Herr Kollege Bayer: Das hat mit Liberalität an den Schulen überhaupt nichts zu tun. Schon heute ist das Rauchen an den Schulen verboten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl! Richtig!)

Die Schulkonferenz kann das schon heute jedes Jahr aufs Neue festlegen.

Jetzt sage ich Ihnen einmal etwas anderes. Wir beklagen uns hier immer darüber, alles was vom Gesetzgeber reglementiert und was von ihm gefordert wird.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Sehr richtig!)

Anstatt dass jemand in der Schulkonferenz oder jemand, der das Hausrecht in einem Gebäude hat, sagt: „Bei mir wird nicht geraucht“ – nein, nein, das macht man nicht –, ruft man wieder nach dem Gesetzgeber und sagt: „Wir würden ja gerne, aber der Gesetzgeber …!“ Das ist nämlich das Thema.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Was wollen Sie eigentlich? – Weitere Zurufe von der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können die Debatte wirklich entspannt angehen.