Protokoll der Sitzung vom 18.02.2009

im Land, die arbeiten und dafür bezahlen, dass die Verwaltung diese Arbeit leistet. Diese Menschen haben ein Recht darauf, dass die Verwaltung so offen und transparent arbeitet, dass diejenigen, die wissen wollen, was mit ihrem Geld wo gemacht wird, auch – wie es das Informationsfreiheitsgesetz dann auch schaffen würde – einen entsprechenden Einblick haben können.

In diesem Sinne bitte ich Sie: Reden Sie nicht nur davon, dass Sie die Demokratie stärken wollen.

(Zuruf des Abg. Dieter Hillebrand CDU)

Geben Sie sich einen Ruck! Folgen Sie dem guten Beispiel anderer Länder, und stimmen Sie zu! Auch die FDP/DVP könnte aus diesem nun schlecht begonnenen Tag

(Heiterkeit bei der CDU)

dann wenigstens noch ein kleines Bonbon für sich herausholen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Ein schwarzer Tag für die Gelben! – Gegenruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wir haben heute die Koalition an anderer Stelle an unserer Seite gehabt! Jetzt müssen wir halt auch an deren Seite sein! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das wird jetzt angerechnet, das Zwiegespräch! – Unruhe)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Abg. Oelmayer das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Innenminister hat bei der Einbringung des Gesetzes Montesquieu bemüht. Ich will gar nicht so weit gehen. Ich will Ernst Bloch bemühen und Ihnen dartun, dass wir den Gesetzentwurf nach dem Prinzip Hoffnung wieder in den Landtag eingebracht haben, nachdem die FDP/ DVP-Fraktion bzw. die FDP als Partei auf ihrem Parteitag beschlossen hatte, dass man solch ein Informationsgesetz auch in Baden-Württemberg braucht. Wir haben gehofft, dass die CDU-Fraktion – anders als Kollege Wolf das dargetan hat – zwischenzeitlich begriffen hat, dass demokratische Partizipation nicht mit dem Amtsgeheimnis zu vereinbaren ist, sondern dass demokratische Partizipation heißt, den Menschen alle Informationen zuteilwerden zu lassen, die sie brauchen, um sich an Demokratie beteiligen zu können.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Ursula Hauß- mann SPD)

Deswegen, Kollege Wolf, kann ich Ihre fundamentalistischen Ausführungen zu dem Thema überhaupt nicht verstehen. Dass wir als Fraktion GRÜNE bei demokratischer Partizipation

(Zuruf des Abg. Guido Wolf CDU)

ein schwieriges Wort – keine Belehrungen von der CDU brauchen, da sind wir sicher.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Guido Wolf CDU: Da bin ich mir nicht sicher! – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Bei den Fragen, die wir im Parlament diskutiert haben – Bürgeranträge, Bürgerbegehren, all diese Möglichkeiten, die die Gemeindeordnung bietet –, müssen wir immer mit Brachialgewalt argumentieren, um Sie wieder ein Stück weit zu bewegen, an Partizipation – – Aber jede Auseinandersetzung, die wir als Bürgerinnen und Bürger mit der Verwaltung führen, setzt voraus, dass wir die Informationen bekommen, die wir brauchen, um die Auseinandersetzung führen zu können. Dass Sie dies nach wie vor verweigern, halte ich für nicht nachvollziehbar und kann ich auch nicht verstehen. Da stirbt die Hoffnung zuletzt.

Ich will trotzdem dartun, warum ich Hoffnung hatte, Kollege Wolf. Sie haben im Ständigen Ausschuss dazu leider gar nicht argumentiert.

(Abg. Ute Vogt SPD: Wie auch?)

Wir haben – ich habe mir das extra noch einmal aufgeschrieben – den Gesetzentwurf am 10. März 2008 eingebracht. Am 5. Juni des letzten Jahres war die erste Lesung hier im Parlament. Am 11. Juni wurde der Gesetzentwurf im Ständigen Ausschuss beraten. Da hat immerhin auch die CDU-Fraktion zugestimmt, dass wir einen Erfahrungsbericht einholen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei allem, was recht ist: Wenn man mit Verwaltung so umgeht und Sie von vornherein wussten, Kollege Wolf und liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion,

(Zuruf des Abg. Guido Wolf CDU)

dass Sie das Gesetz gar nicht wollen, ist doch die Frage gestattet: Warum holen Sie solch einen Erfahrungsbericht ein,

(Abg. Ute Vogt SPD: Ja!)

der im Kern positive Aussagen enthält und zeigt, dass ein solches Gesetz Sinn macht, und lehnen den Gesetzentwurf dann trotzdem ab? Das kann ich nicht nachvollziehen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ein weiterer Punkt, der noch erwähnt sein soll – auch das richtet sich an die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, aber auch an den Innenminister –: Wir haben hier im Landtag ein Landesumweltinformationsgesetz beschlossen.

(Abg. Ute Vogt SPD: Ja!)

Warum haben wir das beschlossen? Es gab natürlich Druck von der EU und vom Bund. Deswegen haben wir das beschlossen.

(Abg. Guido Wolf CDU: Ah ja!)

Die Partizipation macht dort genauso viel Sinn wie in allen anderen Politikbereichen. Jetzt können Sie doch nicht behaupten, das habe zu Chaos in der Bürokratie geführt, die Kommunen seien total überfordert und überlastet, die Kosten, die man auf die Kommunen abwälzt, seien gigantisch. Das Gegenteil ist der Fall. Die Bürgerinnen und Bürger im Land sind doch nicht vermessen. Zu den Maßnahmen, über die sie eine Auseinandersetzung führen wollen – seien es Straßen, seien es industrielle Großanlagen –, über die sie Informationen

brauchen, fordern sie auf der Grundlage dieses Gesetzes die entsprechenden Unterlagen an. Kein Mensch hat je behauptet, es sei ein Chaos ausgebrochen. Kein Mensch hat behauptet, die Kommunen könnten es nicht mehr finanzieren.

(Zuruf des Abg. Guido Wolf CDU)

Umso besser. Dann müssen Sie es anders publik machen. Das kann doch nicht als Argument dafür benutzt werden, ein solches Informationsgesetz für alle anderen Politikbereiche in Baden-Württemberg zu verweigern.

(Zuruf des Abg. Dieter Hillebrand CDU)

Die Kollegin Vogt hat es ja dargetan. Ich will das ergänzen – daran können Sie übrigens erkennen, welche Stilblüten das treibt und wie Sie das auf die Spitze treiben –: Außer Malta und Luxemburg gibt es kein anderes Mitgliedsland der EU mehr, das kein solches Informationsgesetz hat. Nur BadenWürttemberg verweigert sich dem. Sie sind antiquiert, Sie sind strukturkonservativ, Sie wollen die Partizipation auf dieser Ebene für die Bürgerinnen und Bürger nicht schaffen.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf von der CDU: Was ist denn „strukturkonservativ“?)

Das ist letztendlich der Grund, weshalb Sie da nicht mitmachen. Nach Ihrer Rede, Kollege Wolf, habe ich auch keine Hoffnung mehr, dass Sie da anders abstimmen.

Die FDP/DVP – das weiß ich, und mit dieser Bemerkung will ich schließen – ist durch den Koalitionszwang gebunden. Trotzdem, Herr Kollege Kluck – Sie kommen ja gleich an die Reihe –, hätte ich erwartet, dass Sie nicht reden wie ein Wolf, sondern vielleicht eher wie ein Schaf, und dass Sie hier etwas beugsamer und etwas duldsamer argumentieren, wenn Sie dem Gesetz schon nicht zustimmen wollen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die FDP/DVPFraktion erteile ich Herrn Abg. Kluck das Wort.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Was würde Müsli, der Esel von Herrn Kluck, sagen? – Weitere Zurufe: Aber jetzt! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das Wasser steht schon bereit!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Oelmayer, ich will ganz kurz Ihrer Bitte nachkommen und „bäh“ sagen.

(Heiterkeit – Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Das war aber zu laut!)

Aber ansonsten werden wir uns nicht wie Schafe verhalten, sondern – da kann ich Sie beruhigen, Frau Kollegin Vogt –

(Abg. Ute Vogt SPD: Demütig sollten Sie sein!)

das Informationsfreiheitsgesetz steht und bleibt auch auf der Wunschliste der Liberalen. Wir sind uns einig, dass dadurch die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger durch mehr Einsichts- und Informationsrechte in Bezug auf das Verwaltungshandeln gestärkt würden.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Sehr gut!)

Aber die FDP/DVP steht auch zum Grundsatz der Gewaltlosigkeit. Wie soll ich denn den Kollegen Wolf dazu zwingen, dass er diesem unserem Ansinnen nachkommt – etwa mit vorgehaltener Waffe?

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist ja auch verboten im Parlament!)

Das geht nicht. Sie kennen ja die Kräfteverhältnisse in diesem Parlament.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Die Kraft des Arguments muss doch auch etwas zählen!)

Ach, Herr Gall, Sie haben doch in diesem Land zehn Jahre mitregiert. Sie wissen doch ganz genau, wie das ist.