Protokoll der Sitzung vom 18.03.2009

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Was meinen Sie denn konkret?)

und dann stimmt Ihre Rechnung plötzlich nicht mehr, und am Ende zahlt der Steuerzahler die Zeche.

(Beifall bei der SPD – Abg. Heiderose Berroth FDP/ DVP: Das ist jetzt aber völlig am Thema vorbei!)

Ein Zweites kommt hinzu: Das Rating der Landesbank Baden-Württemberg hängt auch davon ab, wie verlässlich die Trägerstruktur eingeschätzt wird. Da haben wir seither einen dicken Bonus, weil bisher nur öffentliche Körperschaften als Träger verankert sind.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Man sollte die Gesetzentwürfe gelesen haben!)

Jetzt öffnen Sie ohne Not den Weg für die Beteiligung privater Gesellschaften. Ich sage Ihnen: Das ist ein höchst riskantes Unterfangen. Möglicherweise zahlt nicht nur die Gesellschaft höhere Beschaffungskosten auf den Kreditmärkten, sondern die Landesbank insgesamt.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das hat jetzt keiner kapiert!)

Jetzt kommt noch ein weiterer Punkt. Sie haben einen verräterischen Satz gesagt, Herr Finanzminister. Sie haben gesagt: „Wir nehmen Geld in die Hand für Banken und Banker“.

(Abg. Ingo Rust SPD: Richtig!)

Ich sage Ihnen eines: In der Industrie unseres Landes gibt es Tausende von Schaffern, die Angst um ihren Arbeitsplatz haben. Sie befürchten, aus der Kurzarbeit in die Arbeitslosigkeit überführt zu werden. Diese Menschen sehen mit großen Augen, wie der Staat Milliarden in die Hand nimmt, um die Banken im Land zu stabilisieren, und fragen sich: Weshalb kommen denn diese Milliarden nicht bei uns an, um damit auch meinen Arbeitsplatz zu stabilisieren? Sie sehen, dass diejenigen, die mit verursacht haben, dass wir in dieser Finanzkrise sind, mit Gehältern und mit Boni ausgestattet sind, die in für Schaffer astronomischen, nicht nachvollziehbaren Größenordnungen liegen.

Deshalb haben die Bundesregierung und der Deutsche Bundestag im Finanzmarktstabilisierungsgesetz und in der dazugehörigen Verordnung für Klarheit gesorgt und klargemacht, dass die öffentlichen Gelder, die Milliarden, die jetzt in die Banken fließen, gerade nicht dazu bestimmt sind, dass sich Banker mit üppigen Boni und üppigen Gehältern ausstatten. Der Bundestag hat eine Grenze eingezogen und gesagt: Wer öffentliche Hilfe in Anspruch nimmt, ob nun durch zusätzliches Eigenkapital oder durch Abschirmung von Risikoanlagen, der muss sich auch mit einem Jahresgehalt von 500 000 € bescheiden.

(Beifall bei der SPD)

Wir können nicht verstehen, Herr Finanzminister, dass Sie sich, obwohl es sich um den gleichen Tatbestand handelt, vor dieser Auflage drücken. Das können wir nicht verstehen. Wir können jede Empörung nachvollziehen, die draußen im Land entsteht. Wir können verstehen, wenn man sagt: Jetzt schiebt man denen, die ohnehin schon sehr viel verdienen, noch Geld hinterher.

(Abg. Gundolf Fleischer CDU: Eijeijei, ist das primi- tiv! – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Ihr Zwischenruf ist nicht weniger primitiv!)

Zum Schluss ein Zitat:

Ein solcher Vorgang ist den Menschen im Land angesichts der immer schwierigeren wirtschaftlichen Lage nicht vermittelbar. Gerade ein Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung muss beim Thema Bonuszahlungen für Manager mit gutem Beispiel vorangehen.

Dieses Zitat stammt von Ministerpräsident Oettinger. Er hat es auf die Postbank bezogen, die bei 800 Millionen € Verlust gleichzeitig die Vergütungsstruktur für die Bankvorstände beibehält.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Ich sage, der Anspruch, den Herr Oettinger an die Postbank richtet – bei 800 Millionen € Verlust –, fällt auf ihn zurück, weil man nicht verstehen kann, dass bei 2,1 Milliarden € Verlust der Landesbank Baden-Württemberg nicht dieselben Ansprüche gegen die Vorstände der Landesbank gelten sollen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzendem Kretschmann das Wort.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Da habt ihr ein Pro- blem! – Gegenruf des Abg. Karl Zimmermann CDU: Ihr habt es nicht verstanden! – Unruhe)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Was sich hier so harmlos als Gründung einer Zweckgesellschaft präsentiert, ist bei Weitem das größte finanzielle Risiko für das Land seit seiner Gründung.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Ach!)

Denn diese Zweckgesellschaft muss im Zusammenhang mit der sogenannten Landeslösung gesehen werden. Es geht ja nicht nur um eine Bürgschaft des Landes über 2,1 Milliarden € für neues Kapital, sondern auch um weitere Verlustrisiken von mindestens noch einmal 16 Milliarden €. Das ist die Hälfte des Haushaltsvolumens von Baden-Württemberg.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Es ist doch noch gar nicht geklärt, wie das läuft!)

Wir haben daher von Anfang an dafür plädiert, keine sogenannte Landeslösung zu machen, sondern den Bundesfonds SoFFin in Anspruch zu nehmen. Was wir hier als Landeslösung mit all den Risiken präsentiert bekommen, ist nichts weiter als erstens eine verdeckte Kreditaufnahme des Landes und zweitens ein Vorhaben, das der Plünderung der stillen Reserven der Landesbank Baden-Württemberg dient. Ich werde das nachher begründen.

Zunächst ein Wort zum parlamentarischen Verfahren. Die Unterlagen, die die Landesregierung dazu vorlegt, sind einmalig, allerdings einmalig dürftig. Es gibt keinerlei schriftliche Unterlagen über die tatsächliche wirtschaftliche Situation des Unternehmens LBBW, für das wir letztlich bürgen. Wir sollen heute und morgen über Risiken entscheiden, die möglicherweise den Haushalt sprengen und die Kreditwürdigkeit des Landes massiv nach unten drücken können. Bei Salem, wo es um 60 Millionen € ging, bekamen wir geschwärzte Unterlagen, und hier, wo es um Milliardenbeträge geht, bekommen wir gar keine.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Vielleicht reicht da die Druckerschwärze nicht mehr aus! – Heiterkeit bei den Grünen)

Das ist die verquere Logik dieser Regierung.

(Beifall bei den Grünen)

Was der Vorstandsvorsitzende Dr. Jaschinski gestern im Finanzausschuss zu den Rückwirkungen der wirtschaftlichen Lage auf die Bank gesagt hat, bestätigt unsere Befürchtungen völlig.

Die Landesregierung will nun also eine Zweckgesellschaft gründen, um 2 Milliarden € von Anlegern einzusammeln: haf

tendes Kapital, das wohlgemerkt ein Verlustrisiko trägt – natürlich mit einer Landesbürgschaft. Deswegen, Herr Kößler, kann man nicht von „nur“ sprechen. Das ist ja die Bedingung. Sonst würde ja die Zweckgesellschaft keinen einzigen müden Euro bekommen. Sie bekommt das Geld ja nur, weil wir als Land dafür bürgen. Das ist nichts weiter als eine verdeckte Kreditaufnahme, Herr Finanzminister, auch wenn sie steuerlich um 74 Millionen € günstiger ist als eine Kreditaufnahme durch das Land, wenn das stimmt, was Sie berechnet haben. Aber es ist und bleibt trotzdem eine verdeckte Kreditaufnahme. Das heißt: Ende der Nullneuverschuldung.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Wo ist etwas verdeckt, wenn wir hier öf- fentlich darüber beraten?)

Außerdem, Herr Finanzminister, ist die Bürgschaft nach Maßgabe des EU-Rechts eine Beihilfe. Das bestreiten Sie auch nicht. Ob sie zulässig ist, mit welchen Auflagen und zu welchen Bedingungen, konnten Sie im Ausschuss nicht klar sagen. In der Begründung zu dem Gesetzentwurf über die Feststellung eines Nachtrags zum Staatshaushaltsplan heißt es nur, das Land erhalte voraussichtlich eine Garantiegebühr, deren Höhe noch nicht feststehe. Das ist nicht zu fassen! Wir sollen im Landtag entscheiden, aber die Prüfung durch die EU ist offenbar noch gar nicht erfolgt.

Diese Landeslösung, die Sie verfolgen, ist selbst eine neue Risikostrategie. Sie vermindert die Risiken nicht, sondern bringt ein bisher völlig ungeklärtes Risiko hinzu, nämlich die Frage: Unter welchen Auflagen genehmigt die EU – wenn überhaupt – diese Landesbürgschaft? Sie müssen also viel Zeit haben, sonst könnten Sie diesen Weg überhaupt nicht beschreiten.

Zweiter entscheidender Punkt: Plünderung der stillen Reserven. Man fragt sich: Warum kann eine Bank, die im Jahr 2008 über 2 Milliarden € Verlust gemacht hat, Gewinne ausschütten? Genau das ist ja vorgesehen. Das soll ja irgendwie der „Goldene Peter“ bei dem ganzen Spiel sein: Wir geben eine Kapitalspritze und verdienen daran.

Jeder Mittelständler würde doch sagen: Okay, ich habe in der Vergangenheit Fehler gemacht, deswegen habe ich Verluste erlitten, und deswegen kann ich in diesem Jahr keine Gewinne ausschütten. Aber nein, alle – die Sparkassen, das Land und die Stadt Stuttgart – wollen weiterhin Gewinne verbuchen, wollen also die Fehler der Vergangenheit unter den Teppich kehren. Warum wird diese paradoxe Ausschüttung möglich? Sie wird formal möglich, weil die Träger darauf bestehen, dass stille Reserven der Bank aufgelöst werden und so der Verlust buchhalterisch zu einem Gewinn wird. Es sind also nur Buchgewinne und keine Realgewinne. Das ist ja auch logisch; denn sonst brauchte die Bank gar keine Kapitalspritze.

(Beifall bei den Grünen)

Das heißt, die Bank erhält nun frisches Kapital, weil sie Verluste hat, und schüttet gleichzeitig Gewinne an die Eigentümer aus. Das, meine Damen und Herren, ist nichts anderes als eine Finanzblase. Nichts weiter! Diese sogenannte Landeslösung ist nichts weiter als eine Lizenz zur Plünderung der stillen Reserven der Bank. Und da redet der Stuttgarter OB von Solidarität mit unserer Landesbank! Das ist unseriös.

Völlig offen ist dann noch die Frage der weiteren Risiken von 16 Milliarden €. Die Sparkassen haben die „Immunisierung“ dieser Risiken zur Bedingung für ihre Beteiligung an der Kapitalaufstockung gemacht. Schauen Sie in Ihre Unterlagen: Kein Wort zu dieser „Immunisierung“, was auch immer diese neue Wortschöpfung bedeuten soll.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Glocke des Prä- sidenten)

Herr Abg. Kretschmann, kommen Sie bitte zum Ende.

Ich komme zum Ende. – Wir wollen keine verdeckten Kreditaufnahmen. Wir wollen auch keine neuen Finanzblasen und Gewinnlügen. Wir wollen, dass die Bank den Bundesfonds in Anspruch nimmt und sich mit einem realistischen Geschäftsmodell neu aufstellt. Denn sonst bekommt man in der Tat vom SoFFin kein Geld, und zwar, wie ich finde, zu Recht.

(Beifall bei den Grünen)

Alles andere wird letztlich den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes mit weiteren Milliarden auf die Füße fallen. Deswegen lehnt meine Fraktion diesen unseriösen Vorschlag ab.

(Beifall bei den Grünen)

Für die FDP/DVPFraktion erhält Frau Abg. Berroth das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Maxime für das heute vorgelegte Gesetz ist auch für uns der Erhalt der Handlungsfähigkeit unserer gesamten Wirtschaft in Baden-Württemberg. Das kann man nicht oft genug betonen. Wir machen das nicht, um die Bank zu retten, sondern wir machen das, um eine handlungsfähige Bankenlandschaft in Baden-Württemberg zu erhalten. Wir geben auch, Herr Kollege Kretschmann, nicht Geld, sondern wir garantieren als Land Bonität, indem wir Risiken absichern.

Die jetzt gefundene Lösung hat sich nach ausführlicher Prüfung als die geeignetste Konstruktion zur Generierung von zusätzlichem haftenden Eigenkapital durch die Träger der Bank erwiesen. Wir werden hier aktiv, weil wir Träger dieser Bank sind, und nicht deshalb, weil wir von Staats wegen handeln. Das ist zwar eine Überschneidung, es ist die gleiche handelnde Person, aber in unterschiedlichen Funktionen.