(Abg. Birgit Kipfer SPD: Das hat doch bisher nichts genützt! – Gegenruf der Abg. Veronika Netzhammer CDU: Das kann man so nicht sagen!)
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Das hätten Sie sich sparen können, Herr Rülke! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: So, wie Sie sich alle Ihre Beiträge auch sparen könnten!)
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass die Versorgung mit Gütern, mit Dienstleistungen, mit Waren des täglichen Bedarfs einen hohen Stellenwert für uns haben muss, ist schon deshalb unumstritten, weil nur eine funktionierende Nahversorgung Lebensqualität und vor allem auch die Lebendigkeit und Funktion unserer Städte und Gemeinden garantieren kann.
Die Probleme, die sich in diesem Zusammenhang auftun und die hier genannt worden sind, will ich gar nicht abstreiten. Ich füge jedoch hinzu: Das sind keine baden-württembergischen Probleme.
Es sind auch keine Probleme, die nur im ländlichen Raum auftreten, sondern solche Probleme können ebenso in Verdichtungsgebieten auftreten.
Aber es sind Probleme, die in der Zukunft wahrscheinlich nicht leichter, sondern noch schwerer zu bewältigen sein wer
den. Ich nenne als Beispiel die demografische Entwicklung. Innerhalb der nächsten Jahrzehnte werden wir hier in BadenWürttemberg – nicht nur in Baden-Württemberg, sondern in Deutschland insgesamt – eine Situation haben, die dadurch gekennzeichnet ist, dass rund 40 % der Menschen älter als 60 Jahre sind. Gleichzeitig beobachten wir den Trend, dass ältere Menschen gern wieder in einer Stadt, in einer Gemeinde wohnen.
Die Neigung der letzten Jahrzehnte, auf die grüne Wiese hinauszuziehen, ist eindeutig gestoppt worden. Daraus wird deutlich, dass wir schon allein aufgrund der demografischen Entwicklung eine Menge tun müssen,
um die Infrastruktur in der Stadt, in der Gemeinde im Interesse der immer größer werdenden Anzahl von älteren Menschen zu garantieren. Insofern ist das richtig.
Ich nenne als Beispiel einmal die Postversorgung. Sicherlich bekommt jeder von Ihnen immer wieder einmal Briefe mit Klagen, die Deutsche Post baue ihre Filialen ab und gebe ihre Aufgaben an Agenturen weiter etc. Sie kennen diese ganze Diskussion. Ich will nur einmal auf Folgendes hinweisen: Ich glaube schon, dass wir gerade im ländlichen Raum an einer ordentlichen Postversorgung interessiert sein müssen.
Jetzt ist das Monopol der Deutschen Post seit 1. Januar dieses Jahres weggefallen. Gleichzeitig ist aber nirgendwo gesetzlich festgehalten, dass irgendein Anbieter gewissermaßen verpflichtet wäre, diese Universaldienstleistungen der Post tatsächlich vorzunehmen. Das heißt, wir haben hier eine Lücke. Diese Lücke kann meines Erachtens in Zukunft nur dadurch geschlossen werden, dass wir auch bei den Universalpostdienstleistungen ein größeres Maß an Wettbewerb zulassen. Nur so können die Lücken, die im Augenblick bestehen, in Zukunft geschlossen werden.
Ich rate Ihnen, diesen Wettbewerb im Interesse des Schließens von Lücken nicht unnötig zu behindern. Ich habe aber den
Eindruck, dass diese Lücken nicht geschlossen werden, übrigens auch deshalb, weil wir nach wie vor ein Mehrwertsteuerprivileg für die Deutsche Post haben, die die Lücke nicht schließt. Diejenigen privaten Anbieter, die in der Lage und auch willens wären, diese Lücken zu schließen, werden von diesem Mehrwertsteuerprivileg ausgeschlossen und sind deshalb nicht wettbewerbsfähig.
Einen zweiten Punkt hatten Sie, Frau Kollegin, zu Recht angesprochen. Jeder von Ihnen bekommt Briefe – ich könnte Ihnen Packen davon zeigen – von kleinen und mittleren Unternehmen, die irgendwo im Hochschwarzwald oder auf der Schwäbischen Alb sitzen. Wir sind ja froh, dass wir diese Unternehmen im ländlichen Raum haben. Sie sagen, dass der Anschluss an die Autobahn wichtig ist, dass aber der Anschluss an die Datenautobahn für sie mindestens ebenso wichtig ist.
Deshalb ist das Thema Breitbandverkabelung nicht nur ein technisches Thema. Das ist kein Thema für ein paar Freaks, die möglichst schnell im – –
(Abg. Birgit Kipfer SPD: Im Internet sein wollen! – Minister Ernst Pfister nimmt einen Schluck Was- ser.)
Es ist also keine Angelegenheit für ein paar verrückte Internetfreaks, sondern das ist für unsere mittelständische Wirtschaft ganz entscheidend.
Sie haben gefragt, was wir konkret tun, was wir machen können. Ich spreche jetzt vom ländlichen Raum. Was können wir machen, damit der ländliche Raum auch für Unternehmen attraktiv wird und bleibt? Denn das ist die Voraussetzung dafür, dass Arbeitsplätze vorhanden sind. Das ist auch die Voraussetzung, damit das Aussterben von Städten und Gemeinden gestoppt werden kann.
Es war eine wichtige Initiative, dass jetzt, wenn Sie alles zusammen nehmen, über 50 Millionen € Landesmittel – Konjunkturpaket und vieles andere mehr – auf den Weg gebracht worden sind, um auf diese Art und Weise Lücken, die wir noch heute haben – schätzungsweise 20 bis 25 %, bezogen auf die gesamte Fläche Baden-Württembergs –, jetzt peu à peu zu schließen und damit einen Attraktivitätsschub für den ländlichen Raum auf den Weg bringen zu können, der dazu führt, dass der ländliche Raum in Zukunft auch für mittelständische Unternehmen interessant ist.
Dann stellt sich die Frage der Versorgung mit Nahrungsmitteln und allem, was dazugehört. Kollege Rülke hat zu Recht
darauf hingewiesen, dass wir Landesplanungsgesetze mit Steuerungsmöglichkeiten haben. Er hat zu Recht darauf hingewiesen, dass in allererster Linie natürlich der großflächige Einzelhandel in den Mittel- und Oberzentren gefragt ist. Aber wir haben jetzt aktuell im neuen Planungsrecht Wert darauf gelegt, dass in Zukunft auch überall da, wo es sich nicht um ein Mittelzentrum, sondern um ein Unterzentrum oder um eine nicht prädikatisierte Gemeinde handelt, im Zweifelsfall, wenn die Nachfrage vorhanden ist, ein solcher großflächiger Einzelhandel angesiedelt werden kann. Das heißt, wir haben schon einen Beitrag geleistet, damit die Nahversorgung mit Lebensmitteln in ländlichen Räumen in Zukunft besser garantiert werden kann.
Bleibt noch das Thema Städtebau. Städtebau gilt nicht nur für Städte wie Freiburg oder Stuttgart, sondern auch für kleine Gemeinden. Ich halte das Städtebausanierungsprogramm für eines der erfolgreichsten Programme, die wir in der Vergangenheit auf den Weg gebracht haben, und dies nicht nur deshalb, weil es eine konjunkturbelebende Wirkung hat. Ich werde am nächsten Montag Städtebausanierungsmaßnahmen in der Größenordnung von 270 Millionen € auf den Weg bringen.
Wenn Sie sich vorstellen, dass es den berühmten Faktor 8 gibt, dass also jeder Euro, den das Land Baden-Württemberg in die Städtebausanierung gibt, das Achtfache an Investitionsvolumen auslöst, können Sie sich bei 270 Millionen € leicht ausrechnen, welche konjunkturbelebende Wirkung das hat.
Aber es geht nicht nur um die konjunkturbelebende Wirkung, sondern es geht vor allem auch darum, dass wir mit diesen Mitteln die Schwerpunktbildung – das steht ausdrücklich so drin: Schwerpunktbildung – Kernstadtbelebung, Innenstadtbelebung, Zentrenbelebung vornehmen können, um auf diese Art und Weise unsere Städte so attraktiv zu machen, dass beispielsweise Einzelhändler ein attraktives Umfeld vorfinden und deshalb gar nicht auf die Idee kommen, auf die grüne Wiese zu gehen oder in eine Großstadt zu ziehen, sondern in der Gemeinde bleiben wollen. Ich halte das für ein wichtiges Instrument.