Protokoll der Sitzung vom 13.05.2009

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Bevor ich jetzt weiter das Wort erteile, will ich noch bekannt geben, dass Punkt 11 der heutigen Tagesordnung, die Große Anfrage der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/2311, mit Zustimmung aller Fraktionen abgesetzt wurde, sodass die heutige Sitzung nach der Beratung von Tagesordnungspunkt 10 beendet wird.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Oh! Das fehlt uns richtig!)

In der Debatte erteile ich jetzt Frau Kollegin Bormann für die CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am 1. Januar 2009 trat das neue Personenstandsgesetz des Bundes in Kraft. Durch dieses Gesetz wird die Zuständigkeit für die Begründung und Beurkundung von Lebens partnerschaften den Standesämtern als Aufgabe übertragen. Das Gesetz zur Ausführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes wird an die bundesrechtlichen Vorgaben angepasst. Das Lebenspartnerschaftsgesetz enthält jedoch in § 23 eine Öffnungsklausel für die Länder. Demnach ist eine Abweichung von der Zuständigkeit der Standesämter dann erlaubt, wenn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens, also am 1. Januar 2009, bereits eine andere Zuständigkeit gegeben war. Das Land macht von dieser Öffnungsklausel Gebrauch und belässt es bei der bisherigen Regelung.

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Hat sich bewährt!)

In Baden-Württemberg sind seit Juli 2002 in den Landkreisen die Landratsämter und in den Stadtkreisen die Gemeinden als untere Verwaltungsbehörden für die Beurkundung von eingetragenen Lebenspartnerschaften zuständig. In Stuttgart – um ein Beispiel zu nennen – wurden im letzten Jahr 47 Lebenspartnerschaften beurkundet. In meinem Wahlkreis Tübingen waren es zehn.

(Zuruf des Abg. Günther-Martin Pauli CDU)

Der Verwaltungsaufwand für die Beurkundung eingetragener Lebenspartnerschaften wird durch Gebühren finanziert. Die Gebührenhoheit liegt nach § 4 Abs. 3 des Landesgebührengesetzes bei den unteren Verwaltungsbehörden. Die Stadtkreise legen die Gebühren durch Satzung, die Landkreise durch Rechtsverordnung selbst fest. Dabei fließen unterschiedliche Kostenfaktoren in die Gebührenberechnung ein.

Ich habe einmal zu den Gebühren recherchiert und dabei festgestellt, dass die Gebühren in den Stadt- und Landkreisen sehr unterschiedlich sind. Sie liegen zwischen 89 € und 240 €.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Böse Landräte!)

Stuttgart hat vor Kurzem die Höhe der Gebühren für die Beurkundung von Lebenspartnerschaften den Gebühren für Eheschließungen angepasst. Sie betragen einheitlich 40 €. Auch wenn die Festlegung der Gebühren Teil der kommunalen Selbstverwaltung ist, empfinde ich persönlich diese Bandbreite als sehr unbefriedigend und nur sehr schwer vermittelbar.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Die Unterschiede betragen teilweise bis 150 %. Ich schlage daher vor, das Gespräch mit den Landräten zu suchen und eine Überprüfung der Gebührensätze anzuregen.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Jawohl! – Abg. Gün- ther-Martin Pauli CDU: Wir sind immer gesprächs- bereit! – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Wenn sie das machen!)

Die CDU-Fraktion unterstützt die bisherige Praxis, die Beurkundung der eingetragenen Lebenspartnerschaften bei den Stadt- und Landkreisen zu belassen. Damit will sie auch deutlich machen, dass die Ehe unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung steht – so, wie es in Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes festgelegt ist, wo es heißt:

Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

Diese Verfassungsbestimmung enthält eine Institutsgarantie für die Ehe und bestätigt damit eine Grundsatznorm. Dem fühlen wir uns als Union verpflichtet.

(Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Ehe und Familie bilden das Fundament unserer Gesellschaft. Daher haben Ehe und Familie für die Union einen hohen Stellenwert, der sich auch in einem besonderen rechtlichen Status niederschlägt.

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Das ist gut so!)

Bestrebungen, die dazu führen, alle Unterschiede zwischen Ehe und Lebenspartnerschaften aufzuheben, sehen wir in Widerspruch zu Artikel 6 des Grundgesetzes.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut!)

Durch landesrechtliche Regelung ist sicherzustellen, dass Beurkundungen fortlaufend dokumentiert werden. Mitteilungspflichten, die das Personenstandsgesetz voraussetzt, müssen erfüllt werden.

Die Tatsache, dass das Gesetz rückwirkend zum 1. Januar 2009 in Kraft tritt, hat keine nachteiligen Folgen für die Bürger. Die Rückwirkung betrifft nur nachzuholende Dokumentations- und Mitteilungspflichten. Lebenspartnerschaften, die von Deutschen im Ausland begründet wurden, können auf Antrag von den zuständigen Behörden nachbeurkundet werden. Durch die jetzige Vorgehensweise entstehen keine höheren Kosten. Sollten sich allerdings aus der bundesrechtlichen Vorgabe der Mitteilungspflichten höhere Kosten ergeben, müssten diese durch Anpassung der Gebühren aufgefangen werden.

Das neue Personenstandsgesetz verpflichtet die Standesämter auch zur Führung von Lebenspartnerschaftsregistern. Diese müssen spätestens ab dem 1. Januar 2014 in elektronischer Form geführt werden. Da Baden-Württemberg von der Öffnungsklausel Gebrauch macht, wird diese Bestimmung zum jetzigen Zeitpunkt nicht umgesetzt.

Meine Damen und Herren, der vorgelegte Gesetzentwurf trägt den Vorgaben des Bundes Rechnung. Die CDU-Fraktion stimmt dem Gesetzentwurf zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Stickelberger das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es fällt mir natürlich schwer, Frau Kollegin Bormann, nach Ihrer charmanten und sachlichen Rede

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Unsachlich zu werden!)

Ihnen widersprechen zu müssen.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sie müssten eigentlich nicht, Sie wollen! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Können Sie das überhaupt? Sie sind ein guter Mensch!)

Die Haltung der SPD ist schlicht und einfach zu formulieren: Dieses Gesetz ist überflüssig wie ein Kropf.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Dieses Gesetz regelt, für Lebenspartnerschaften die an sich standesamtlichen Verfügungen beim Landratsamt anzusiedeln. Das gibt es in Baden-Württemberg ja schon seit einigen Jahren als Sonderregelung. Wir halten das nicht mehr für zeitgemäß. Es ist Zeit, diese amtlichen Feststellungen ganz normal

beim Standesamt vornehmen zu lassen, wie das für Eheschließungen und andere Personenstandssachen auch der Fall ist.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Ich bin Ihnen dankbar, Herr Minister, dass Sie den Gesetzentwurf eingebracht haben, ohne diesen ideologischen Ballast, der in den vergangenen Jahren häufig die Diskussionen zu diesem Thema geprägt hat, hier heranzuziehen. Da bin ich Ihnen sehr dankbar.

Gleichwohl ein Satz zum Schutz von Ehe und Familie: Das Bundesgesetz sieht die Regelzuständigkeit der Standesämter vor. Dieses Gesetz mit der Regelzuständigkeit, auf das wir uns jetzt beziehen, stammt keineswegs von Rot-Grün. Es ist ein Gesetz der Großen Koalition und unterschrieben von Bundespräsident Köhler und der Bundeskanzlerin, Frau Merkel. Sie werden, Frau Kollegin Bormann, sicher nachvollziehen können, dass ein Gesetz, das Ihre Bundeskanzlerin unterschreibt, nicht gegen den Schutz von Ehe und Familie verstößt. Da sind wir uns doch sicher einig.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Wir glauben auch nicht, dass, wenn Lebenspartnerschaften ganz normal beim Standesamt eingetragen werden, dadurch das Institut der Ehe in irgendeiner Form gefährdet sein könnte. Die Ehe unterliegt ganz anderen Anfechtungen, wie wir alle wissen. Sie unterliegt aber nicht der Anfechtung, wenn Standesämter für die Lebenspartnerschaften ausschließlich zuständig sind.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Die Sonderregelung, die wir in Baden-Württemberg haben, ist auch sachlich nicht notwendig.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Die gibt es weder in Bayern noch in NRW! – Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es!)

Das, was die Landratsämter jetzt machen – Herr Landrat Pauli wird mir das sicher bestätigen können –, ist genau das, was die Standesbeamten bei den Standesämtern auch tun, nämlich Personenstandsangelegenheiten zu beurkunden.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Aber er macht es mit Leidenschaft!)

Das glaube ich. Er macht alles mit Leidenschaft.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Das ist der große Un- terschied! – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Diese Standesbeamten sind dafür ausgebildet. Sie machen – so will ich es einmal ausdrücken – die „Partnerschaftssachen“ so nebenher zu ihrem normalen Geschäft, während die Landratsämter dies mit zusätzlichem Aufwand erledigen müssen. Ich halte das nicht für sachgerecht. Wir haben volles Vertrauen in die Standesbeamten, dass sie auch diesen Gesetzesvollzug ordnungsgemäß und souverän bewältigen werden.