Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, Sie haben auch ein Glaubwürdigkeitsdefizit. Auf der ei
nen Seite wird mit einem Alkoholverkaufsverbot zwischen 22:00 Uhr und 5:00 Uhr die Verfügbarkeit eingeschränkt. Auf der anderen Seite wollen Sie aber die Sperrzeit auf eine einzige Stunde verkürzen, das heißt die Verfügbarkeit von Alkohol verlängern.
(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Eben! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Aber kontrolliert, in Loka- len!)
Dazu sagt der sozialpolitische Sprecher der FDP/DVP, Ulrich Noll: „Ich halte diesen Deal nicht für glücklich.“ Ich würde dazu sagen: Ich halte diesen Kuhhandel für unerträglich.
Ein weiterer Punkt ist das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs zum Alkoholverbot in Freiburg, das am Dienstag gefällt wurde, das die Bestimmungen der Polizeiverordnung der Stadt Freiburg für unwirksam erklärt hat. Der VGH führt in der Begründung aus, dass das Alkoholverbot zu pauschal und daher rechtswidrig sei; es sei „von der Generalermächtigung des Polizeigesetzes nicht gedeckt“.
Ich glaube, es ist wichtig, sich die Auswirkungen des Urteils des VGH Mannheim auf den vorliegenden Gesetzentwurf anzuschauen und zu überlegen, welche Konsequenzen dieses VGH-Urteil für den Gesetzentwurf hat.
Das Ziel des uns vorliegenden Gesetzentwurfs stimmt mit dem Ziel überein, das die Freiburger Polizeiverordnung hat. Das ist zu pauschal.
Ich sage nur Folgendes: Man muss untersuchen, welche Auswirkungen das Urteil des VGH Mannheim auf den vorliegenden Gesetzentwurf haben könnte, und das Gesetz eventuell entsprechend weiterentwickeln.
Fazit: Verbote allein bringen nichts – das haben wir ja vorhin gehört – und verhindern das Rauschtrinken und das Komasaufen nicht. Die Einschränkung der Verfügbarkeit ist ein wichtiger Bestandteil der Suchtarbeit. Aber eine Einschrän
kung der Verfügbarkeit, die einen reinen Feigenblattcharakter hat, bringt auch nichts und macht das Gesetz unglaubwürdig.
(Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: „In der Tat“! Das ist nett!)
Was noch wichtig ist: Verbote allein bringen nichts, um Rauschtrinken und Komasaufen zu verhindern. Wir müssen uns Handlungsansätze und Maßnahmen überlegen, die wir Jugendlichen in der Freizeit als Alternative anbieten können.
Komasaufen ist ein gesellschaftliches Problem. Wir müssen hinterfragen, weshalb Jugendliche Rauschtrinken veranstalten, und müssen dann entsprechende Alternativen – Sportangebote, Angebote im erlebnispädagogischen Bereich – auch anbieten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eine klare gesetzliche Grundlage haben wir schon. Im Jugendschutzgesetz steht:
In Gaststätten, Verkaufsstellen oder sonst in der Öffentlichkeit dürfen Branntwein, branntweinhaltige Getränke oder Lebensmittel, die Branntwein in nicht nur geringfügiger Menge enthalten, an Kinder und Jugendliche, andere alkoholische Getränke an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren weder abgegeben noch darf ihnen der Verzehr gestattet werden.
Schnapskonsum – das ist unser Problem – in der Öffentlichkeit ist Kindern und Jugendlichen also strikt verboten. Wir Liberalen sind der Auffassung, dass Gesetze eingehalten werden müssen. Wir fordern die Behörden deshalb auf, für die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes auch in Bezug auf Alkoholabgabe und Alkoholkonsum zu sorgen.
Da das offensichtlich nicht in ausreichendem Maß geschieht, liegt uns heute ein weiterer Gesetzentwurf vor.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, die Unterhaltungen nach außerhalb des Plenarsaals zu verlegen.
Der Gesetzentwurf löst bei Liberalen logischerweise keine Begeisterungsstürme aus. Wir befassen uns aber ernsthaft mit ihm, weil es ein Problem mit dem Alkoholkonsum junger Erwachsener in der Öffentlichkeit gibt. Da hier die Jugendschutzbestimmungen nicht greifen, brauchen wir eine zusätzliche Regelung. Sie ist vor allem notwendig, weil es offenbar immer mehr Leute gibt, die mit Alkohol nicht umgehen können.
Der übermäßige Alkoholkonsum – das ist schon gesagt worden – spielt unbestritten eine wichtige Rolle beim stetigen Anstieg der Zahl der Gewaltdelikte, der in den letzten Jahren entgegen dem sonstigen Trend der Kriminalstatistik zu verzeichnen ist. Aufklärung über die Folgen ungehemmten Suffs ist angesichts dieser Entwicklung nötiger denn je. Entsprechende Maßnahmen, die wir nach wie vor als einen unverzichtbaren Bestandteil sowohl der Sucht- als auch der Gewaltprävention ansehen, zeigen aber offenbar nicht die erhoffte Wirkung. Das belegen die vielen unschönen Szenen, die sich vor allem an den Wochenenden zu später Abendstunde oder früher Morgenstunde in vielen Innenstädten abspielen.
(Beifall der Abg. Dr. Ulrich Noll und Dr. Hans-Ul- rich Rülke FDP/DVP – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP)
Der Vorschlag der Regierung für ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot zielt darauf ab, die Nachschubwege für Vorglühen und Komasaufen zu behindern.
Wenn dieses Gesetz in Kraft tritt, wird es nicht nur in Tankstellen, sondern etwa auch in Supermärkten und an Kiosken nach 22:00 Uhr keinen Alkohol zu kaufen geben. Ich glaube, dass die „normal lebenden“ Menschen, also Lieschen Müller und Otto Normalverbraucher, nicht so betroffen sind. Die können sich vorher oder am nächsten Vormittag ihren häuslichen Alkoholvorrat auffüllen, wenn sie das wollen. Deswegen ist es hinnehmbar.
Außerdem sorgen Ausnahmeregelungen dafür, dass Stadtfeste, Vereinsfeiern und Ähnliches nicht tangiert sind. Alkoholgenuss bei gesellschaftlichen Ereignissen und in Gaststätten sorgt in der Regel eher für Verbrüderung