Ich habe jedoch kein Geld, um mein Eigenkapital zu erhöhen.“ Wir haben eine doppelte Eigenkapitalproblematik, und zwar bei den Unternehmen und bei den Banken.
Deshalb gibt es eigentlich nur einen Weg, um auch im Mittelstand die Liquidität an der Hausbank vorbei sicherzustellen. Die großen Konzerne machen das vor. Die gehen auf den Kapitalmarkt und geben eigene Anleihen heraus; das Geschäft läuft, und sie sind liquide. Sie spüren die Kreditklemme nicht.
Deshalb sagt Herr Brand zu Recht: Die Kreditklemme ist ein Thema des Mittelstands, denn Mittelständler sind zu klein, um mit einer eigenen Anleihe auf den Markt zu gehen.
Herr Ministerpräsident, Sie fahren zur gemeinsamen Kabinettssitzung nach München. Sie sagen: „Wir wollen Maßnah
men gegen die Kreditklemme.“ Ihre Forderungen zielen auf Brüssel und Berlin. In Brüssel ist nichts passiert, obwohl sich die Bundesregierung dafür eingesetzt hat. In Berlin ist nichts in Sicht. Deshalb ist meine Frage: Nehmen Sie das Thema ernst? Wollen Sie als baden-württembergische Landesregierung etwas für den baden-württembergischen Mittelstand tun und ihm helfen, dieser Kreditklemme zu entkommen?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Schmiedel, zunächst einmal war im Rahmen Ihrer Ausführungen jetzt erkennbar, worum es Ihnen eigentlich geht. Ich habe den Eindruck, das war bei der Festsetzung der Thematik der von Ihnen beantragten Aktuellen Debatte noch nicht ganz klar.
Bei der SPD muss man im Moment damit rechnen, dass sie jeden Tag neue Herausforderungen für sich und andere entdeckt.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Ganz toll! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Die haben jetzt auch eine Fin- dungskommission! Jetzt geht es besser!)
Aber das Thema, lieber Herr Schmiedel, das Sie jetzt angesprochen haben – das will ich ausdrücklich einräumen –, ist eine Herausforderung, der wir uns zu Recht, und zwar gemeinsam, stellen müssen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Oh-Rufe von der SPD – Abg. Reinhold Gall SPD: Und um nichts anderes geht es!)
Wenn ich hier als Vertreter einer Region spreche, die zu einer der wirtschaftsstärksten Regionen gehört und gerade im metallverarbeitenden Bereich in einem extrem hohen Maß von der Wirtschaftskrise betroffen ist, dann weiß ich, wovon ich rede. Ich will auch einräumen, dass manches von dem, was Sie gesagt haben, richtig ist und wir das auch gemeinsam aufgreifen müssen.
(Beifall der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch und Karl Zimmermann CDU – Abg. Alfred Winkler SPD: Kein Wort war falsch!)
Ich glaube, wir müssen in der Wirtschaftskrise jeden Eindruck verhindern, dass es uns nur um parteipolitische Profilierung geht. Wir müssen beweisen, dass wir in der Lage sind, die Probleme gemeinsam anzugehen.
In gleicher Weise falsch wäre es aber, wenn wir jetzt versuchten, die Situation schlechter zu reden, als sie ist. Es ist mir schon wichtig, darauf noch einmal hinzuweisen. Dies gilt
übrigens auch für den metallverarbeitenden Bereich. Die Hiobsbotschaften, von denen Sie gesprochen haben, sind partiell richtig. Die Signale deuten allerdings auch in eine positive Richtung.
Der ifo-Geschäftsklimaindex ist zum fünften Mal hintereinander leicht gestiegen. Das ist noch keine beglückende Nachricht; das weiß auch ich. Aber wir sollten uns davor hüten, in dieser wirtschaftlich schwierigen Situation alles noch schlechter zu reden, als es ist.
Ich höre in diesen Zeiten aus dem Bereich des Maschinenbaus, ich höre aus dem Bereich der Metallverarbeitung durchaus auch positive Signale. Dies gilt es auch hervorzuheben, meine Damen und Herren.
Thema Kreditklemme: Die Experten streiten sich, ob wir eine Kreditklemme haben oder nicht. Nach dem ifo-Institut sprechen etwa 50 % der Unternehmen von einer Kredithürde.
Ich räume ein, dass die Betroffenheit sehr unterschiedlich ist. Der Mittelstand ist stärker davon betroffen. Nun ist die Frage: Was versteht man unter einer Kreditklemme? Wir hören von vielen Bankern, es gebe sie nicht. Jeder bekomme den Kredit, es sei eine Frage der Konditionen. Da beißt sich die Katze natürlich in den Schwanz.
Wir haben in unseren mittelständischen Unternehmen eine zu niedrige Eigenkapitalquote, weil das Eigenkapital in dieser schweren Krise binnen weniger Monate gegen null gegangen ist. Diese Unternehmen haben jetzt das Problem, an bezahlbare Kredite zu kommen.
Deswegen, meine Damen und Herren, wage ich eine provokante These, die aber unser Finanzminister vor wenigen Tagen selbst so in den Raum gestellt hat. Man muss sich schon die Frage stellen, ob Basel II in dieser Wirtschaftskrise, in dieser konjunkturellen Situation, in allen Punkten die richtigen Antworten gibt.
(Beifall bei der CDU und des Abg. Fritz Buschle SPD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Vor allem wie es angewendet wird!)
hat jüngst zur Frage der Eigenkapitalausstattung der mittelständischen Unternehmen und deren Auswirkung auf Kredit
gewährung und -konditionen gesagt: „Wenn Feuerlöscher als Brandbeschleuniger wirken, sollte man sie überholen oder abmontieren.“
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist rich- tig! Bravo!)
Ich wage die Prognose, dass die Frage der Eigenkapitalausstattung derzeit für unseren Mittelstand hinderlich ist, um Kredite zu akzeptablen Konditionen zu erhalten.
Deswegen ist der Ansatz unseres Finanzministers und unserer Landesregierung der richtige, dass man hier in einer flexiblen und vielleicht krisenbedingt übergangsweisen Anwendung von Basel II Lockerungen einführen muss. Da bin ich sehr dafür. Möglicherweise gibt es da auch Überschneidungen zwischen Ihren Positionen und den unsrigen.
Aber jetzt will ich schon noch ein Zweites sagen: Lieber Herr Schmiedel, Sie stellen sich hier hin und sagen: Die Arbeitslosigkeit steigt, die Überschuldung ist gravierend. Da mag vieles richtig sein. Ich sehe es nicht so dramatisch wie Sie. Die Landesregierung setzt auf Signale des Aufbruchs. Sie begnügen sich mit Resignation.
Lassen Sie mich zwei Punkte ansprechen: Es war diese Landesregierung, die mitten in der Sommerpause eine Kabinettssitzung einberufen hat,
indem tausend Ingenieure dieses Landes die Chance einer 50prozentigen Beschäftigung an einer Hochschule bekommen sollen, damit sie nach der Krise greifbar sind,
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr gut! – Bei- fall des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)
damit wir dann nicht sofort wieder einen Fachkräftemangel beklagen müssen. Das war pilothaft in Deutschland. Diese Landesregierung muss für ihr zukunftweisendes Handeln in dieser Situation auch gelobt werden, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Richtig! Ja- wohl! So ist es!)
Morgen Abend eröffnet der Ministerpräsident einen neuen Hochschulcampus in Tuttlingen – das mag mich besonders freuen – und am Freitagabend einen in Schwäbisch Hall.