Protokoll der Sitzung vom 07.10.2009

Noch einmal zurück zum Thema. Herr Schmiedel, Sie haben vom 27. August dieses Jahres zitiert. Wir leben im Moment, was die Wirtschaftsentwicklung anbelangt, in einer Zeit schnel ler Veränderungen. Deshalb muss man immer auf Sicht schauen, wie die Entwicklung ist.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Aber man muss schon vorwärts und nicht rückwärts schauen!)

Oh, lieber Herr Kretschmann! Was soll diese Bemerkung an dieser Stelle? Sie ist untauglich. Ich will Ihnen jetzt sagen, was aktuell ist, was Sie sicherlich noch nicht auf Ihrem Papierhaufen haben.

(Heiterkeit)

Das sind aktuelle Meldungen, nach vorne gerichtet. Die dpa meldet heute Morgen: Die Industrie in Baden-Württemberg sieht Licht am Ende des Tunnels.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Der Tunnel ist aber unten!)

Ist diese positive Meldung, die für uns alle so gut und wichtig ist, so lächerlich? Ich merke, das passt nicht ganz in das Schrägbild, das man zeichnen möchte.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: So ist es! – Un- ruhe bei der SPD)

Jetzt hören Sie einmal gut zu.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU zur SPD: Zuhören!)

Es müsste Sie interessieren, dass es aufwärts geht und eine Stabilisierung des Arbeitsmarkts erfolgen kann. Das werde ich doch als Grundkonsens noch annehmen dürfen.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Dieter Hillebrand CDU: Sehr gut!)

Seit Mai – das ist für mich ganz wichtig – stiegen die Auftragseingänge von Monat zu Monat um zwischen 3 und 5 %. Aber man rechnet damit, dass man in zwei Jahren – ich sage: immerhin – etwa das Niveau des Auftragsstands des Jahres 2007 erreichen kann. Das steht in einer Meldung vom heutigen Vormittag, herausgegeben von der Industrie in BadenWürttemberg.

(Zuruf des Abg. Dieter Hillebrand CDU)

Ich meine, das ist immerhin ein wichtiges Signal. Es hat keinen Wert, dass wir immer nur schlechtreden, sondern wir müssen sehen: Da tut sich etwas, und das hat damit zu tun, dass man wohl richtig gehandelt hat.

Jetzt noch eine zweite Meldung. Diese ist sicher auch noch nicht bei Ihnen gelandet, Herr Kretschmann, es sei denn, Ihr Büro ist so schnell wie das meine.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Meines ist vor allem kleiner als Ihres! Über die Qualität sagt das noch nichts! – Gegenruf des Abg. Karl Zimmermann CDU: Weil sie auf einer schmalen Spur fährt!)

Es ist auch immer die Frage, wie viel man arbeiten muss. Das ist je nach Büro immer unterschiedlich.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Spaß beiseite: Die Kredithürde ist insgesamt gesunken.

Im Einzelnen – man darf nicht nur die Überschrift nehmen –: Bei der gewerblichen Wirtschaft ist die Kredithürde gesunken. Die Entwicklung ist in den einzelnen Wirtschaftsbereichen unterschiedlich. Günstig ist die Entwicklung sicherlich im Handel, beim Bauhauptgewerbe ist sie unverändert, und nach wie vor ist sie im verarbeitenden Gewerbe schwierig.

(Zurufe von der SPD: Aha!)

Jetzt kommt der Punkt, wenn wir hier über Mittelstand reden. Auf den Mittelstand lassen wir hier in Baden-Württemberg wirklich nichts kommen. Er wird auch in Baden-Württemberg durch Sparkassen sowie – das füge ich hinzu – Volksbanken und Raiffeisenbanken optimal bedient. Aber die großen Unternehmen haben nach wie vor Probleme. Da gilt es anzusetzen. Wir haben jetzt viel über den Mittelstand gesprochen. Aber genauso muss uns die Situation von Bosch, von Porsche, von Daimler und den anderen großen Unternehmen im Land – ich könnte noch andere nennen – interessieren.

Zum Mittelstand gibt es interessante Ergebnisse aus Umfragen, die man hier auch einmal zu Protokoll geben sollte: Die Handwerkskammer – Stuttgart oder Freiburg – hat in einer Umfrage festgestellt: Von den untersuchten Unternehmen verzeichnen 11 % gesunkene Kosten und 73 % gleichbleibende oder geringfügig gestiegene Kosten für Kredite. Das heißt, 16 % der Betriebe klagen über erhebliche oder stark gestiegene Kosten für Kredite.

Nun weiß man natürlich, sich einen Reim darauf zu machen. Kreditvergabe bedeutet nach wie vor eine grundsätzliche Prüfung der Bonität. Das heißt, man kann keine Blindvergaben machen. Da gab es vor der Finanzkrise Prüfungen, und es gibt während und nach der Finanzkrise Prüfungen, die vielleicht auch einmal zulasten der Unternehmen ausfallen. Ich will mich also einmal vor diejenigen stellen, die laufend Kredite vergeben. Wir haben die Auskunft der Deutschen Bundesbank, wir haben dieser Tage die Auskunft des Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands Heinrich Haasis, dass in der Tat nicht von einer Kreditklemme gesprochen werden kann, sondern dass man sich müht und sich die Kreditvergaben laufend steigern.

Jetzt erwähnen Sie, Herr Schmiedel, die Einlassung der Landesregierung aus Anlass der Begegnung mit der Bayerischen Staatsregierung. Das war im Juli dieses Jahres. Wir haben seit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers immer eine Sorge und haben erkannt: Ohne funktionierende Kreditwirtschaft geht an der Werkbank nichts. Es kann nicht produziert und nicht Handel und Wandel getrieben werden. Seit jenen Tagen haben wir nichts anderes im Auge. All das, was an Rettungsaktionen der Politik gelaufen ist, ging in diese Richtung. Da war es richtig, dass wir damals bei unserer Begegnung – man muss wissen, es war im Juli – gesagt haben: Wir wollen, dass diese 480 Milliarden € auch dem Mittelstand zugutekommen, also für die Kreditversorgung der mittelständischen Betriebe genutzt werden. Das unterstreicht jeder. Wir haben uns auch kritisch mit Basel II auseinandergesetzt, das werden die meis ten hier unterstreichen. Wir sind auch zu der Auffassung gekommen, dass die Bewertung nach HGB richtiger wäre als die aktuellen und oft zufälligen Niedrigbewertungen, die die Bilanzen kaputt machen. Kurzum: Es waren richtige Aussagen, die die Regierungen von Bayern und Baden-Württemberg damals getroffen haben.

Ich will zum Schluss noch eines hervorheben: Entscheidend ist die Liquiditätsfrage. Wir haben dazu in Berlin sieben Positionen eingebracht, und ich bitte alle, die an den Verhandlungen beteiligt waren, daran zu denken. Denn Steuernachlass ist nicht gleich Steuernachlass im Sinne der Konjunkturförderung. Mit Steuernachlässen kann man zwar viele freudige und dankbare Gesichter erzeugen, aber wenn wir wirklich ernsthaft darüber nachdenken, wo man etwas erlassen kann, können wir das gegenüber denen, die das alles abbezahlen müssen, nur verantworten, wenn es der Konjunktur wirklich existenziell dient. Wir zählen dazu: Verlängerung oder gar Festinstallierung der Zinsschrankenregelung Baden-Württembergs, Mantelkauf, Entschärfung von Verlustabzugsbeschränkungen – das ist bereits gesagt worden – und – das füge ich ausdrücklich dazu – die Umsatzversteuerung nach vereinnahm ten Entgelten – auch das ist gesagt worden.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Ja!)

Ich füge an: Wir haben – obwohl das der Finanzminister gar nicht tun dürfte; aber ich ringe wirklich darum, was steuerent lastend und fördernd sein könnte – als letzte Position die Frage eingebracht, ob wir nicht tatsächlich bei der Forschungsförderung einsteigen könnten.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Gastronomie!)

Das ist sowieso drin, das ist ein Grundbaustein.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Ja, natürlich!)

Ich wollte jetzt einmal all das ansprechen, was möglicherweise mehrheitsfähig werden könnte – auch unter den 16 Bundesländern.

Jetzt habe ich noch eine Bitte, Herr Schmiedel: Wenn das in den Koalitionsvertrag auf Bundesebene kommen sollte – unsere Hoffnung und Zuversicht bezüglich der neuen Koalition ist groß –,

(Zuruf von der SPD: Riesig!)

bitte ich Sie nur um eines: Machen Sie, wenn es irgendwann im Bundesrat zur Abstimmung kommt, nicht irgendeinen Klas senkampf, nur weil Sie „pragmatisch“ mit Linksaußen paktieren wollen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ich sitze doch gar nicht da drin! Oder soll ich vielleicht für Sie hineinge- hen?)

Das ist wichtig, denn wenn die Steuerpolitik im Bundesrat ansteht und in „Klassenkämpfen“ untergeht, hilft das den Betrieben nicht, auch nicht den mittelständischen Betrieben.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle Debatte beendet.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Zweite und Dritte Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Feststellung eines Dritten Nachtrags zum Staatshaushaltsplan von Baden-Württemberg für das Haushaltsjahr 2009 – Drucksache 14/5110

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 14/5151

Berichterstatter: Abg. Klaus Herrmann

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Herrmann das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem dritten Nachtragshaushalt entscheiden wir über zwei haushaltsrechtlich formale Dinge. Zum einen gibt es eine Ermächtigung, dass Ausgaben im Zusammenhang mit der Impfung der Bevölkerung wegen der Schweinegrippe getätigt werden können – Ausgaben, die möglicherweise über 5 Millionen € liegen und deshalb das Notbewilligungsrecht des Finanzministeriums überschreiten. Die Kosten werden zwar weitestgehend von der gesetzlichen Kran kenversicherung erstattet, müssen jedoch formal im Haushalt aufgeführt sein.

Zum Zweiten geht es darum, dass wir ein Sofortprogramm zur Beschäftigung von Absolventen der Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik einleiten wollen

und bereits mit Beginn des Wintersemesters 2009/2010 500 Absolventen in den baden-württembergischen Hochschulen einstellen wollen. Entsprechende Mittel stehen in diesem Jahr zwar zur Verfügung, aber da logischerweise auch in den nächs ten Jahren Ausgaben anfallen, die über das Notbewilligungsrecht des Finanzministeriums hinausgehen, ist ein Nachtragshaushalt erforderlich. Beiden Punkten wurde im Finanzausschuss einvernehmlich zugestimmt.

Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit aber noch etwas zu dem sagen, was in den letzten Tagen und insbesondere auch heute in den Zeitungen zum Thema Haushalt stand. Wir haben für die Jahre 2008 und 2009 einen Haushalt ohne Aufnahme neuer Schulden vorgelegt. Nicht nur dies: Wir haben auch Rücklagen für schwierigere Zeiten gebildet.