Protokoll der Sitzung vom 04.11.2009

Minister Pfister hat bereits anlässlich der Ersten Beratung die wesentlichen Maßnahmen erläutert, mit denen wir die Ziele der Novellierung erreichen wollen.

Ich muss sagen: Mich wundern die Äußerungen der Opposition in dieser Debatte, da ich gehört habe, dass die Opposition im Ausschuss nicht gegen den Gesetzentwurf gestimmt habe.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Doch!)

Das wundert mich. Denn im Rahmen der Anhörung wurden 122 Verbände gefragt, und nur 70 Verbände haben sich überhaupt zu dem Gesetzesvorhaben geäußert. Diese 70 Verbände sind praktisch mit dem jetzigen Entwurf

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Einverstanden!)

insgesamt einverstanden.

Ich möchte daher die vorgesehenen Änderungen nur in aller Kürze nochmals ins Gedächtnis rufen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was ist mit der Feuer- wehr?)

Wichtigste Maßnahme, um eine Verfahrensvereinfachung zu erreichen, und damit Kernpunkt der Novelle ist die Einführung eines vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens. Dieses Verfahren soll gegenüber dem normalen Baugenehmigungsverfahren einen deutlich reduzierten Prüfumfang besitzen. Mit Ausnahme des streitträchtigen Abstandsflächenrechts soll die Einhaltung der Vorschriften des Bauordnungsrechts nicht mehr geprüft werden. Das vereinfachte Verfahren soll auf alle Wohngebäude bis zur Hochhausgrenze und auf kleinere Nichtwohngebäude bis zu einer Höhe von 7 m Anwendung finden.

Das vereinfachte Verfahren wird deutlich kürzer und hinsichtlich der Gebühren auch günstiger sein. Das haben die Erfahrungen in anderen Bundesländern gezeigt.

Der Verfahrensvereinfachung dienen soll auch die Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Kenntnisgabeverfahrens.

Dieses Verfahren, das nur eine Anzeige des Bauvorhabens erfordert, soll zukünftig auch auf kleinere Nichtwohngebäude bis 7 m Höhe Anwendung finden.

Eine weitere Straffung der baurechtlichen Verfahren soll durch eine Verkürzung der Frist für die Anhörung der zu beteiligenden Fachbehörden erreicht werden.

Vorgesehen ist auch eine fakultative Nachbarbeteiligung mit einer materiellen Ausschlusswirkung.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Was?)

Künftig soll die Baurechtsbehörde über die bisher vorgeschriebene Anhörung der direkten Angrenzer hinaus auch andere Nachbarn anhören können, deren geschützte Interessen von dem Bauvorhaben beeinträchtigt sein könnten.

(Abg. Walter Heiler SPD: Was heißt das jetzt?)

Sofern diese Nachbarn ihre Einwendungen nicht fristgerecht vorbringen, sollen jedoch auch sie wie bisher schon die Angrenzer mit ihren Einwendungen ausgeschlossen sein. Das dient der Planungssicherheit für den Bauherrn.

Als weitere Maßnahme zur Verfahrensvereinfachung wurde der Katalog der verfahrensfreien Vorhaben behutsam erweitert.

(Abg. Walter Heiler SPD: Aha!)

Lockerungen erfolgen insbesondere bei landwirtschaftlichen Anlagen.

(Abg. Walter Heiler SPD: Aha!)

Aber auch weitere Vorhaben wie z. B. Doppelgaragen, kleinere private Brücken und Flutlichtmasten sollen in Zukunft verfahrensfrei gestellt werden.

(Abg. Walter Heiler SPD: Flutlichtmasten! Bis zu welcher Höhe?)

Neben Maßnahmen zur Verfahrensvereinfachung sieht der Gesetzentwurf auch den Abbau unnötiger inhaltlicher Standards vor. So werden insbesondere die Regelungen über Aufenthaltsräume,

(Vereinzelt Beifall)

Wohnungen und Gemeinschaftsanlagen entschlackt.

(Abg. Reinhold Gall SPD meldet sich. – Glocke des Präsidenten)

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten?

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Gall heißt er!)

Als Nachfrage gern. – Auch das Abstandsflächenrecht wurde überarbeitet. Es wurde nicht nur textlich deutlich gestrafft, sondern auch inhaltlich vereinfacht, beispielsweise durch den Wegfall des nicht nachbarschützenden Teils der Abstandsflächen.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf ist durch umfassende Anhörungen aller betroffenen Verbände und in vielen intensiven Beratungen vorbereitet worden. Ich möchte nochmals allen danken, die sich daran beteiligt haben und die die Entstehung des Gesetzentwurfs mit Rat und Tat gefördert haben.

Der Gesetzentwurf ist ein wichtiger Beitrag zum Bürokratieabbau im Bauordnungsrecht. Im Namen der Landesregierung bitte ich Sie daher, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Ergänzend möchte ich Sie bitten, entsprechend der Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses auch der Einfügung einer Nummer 16 a in Artikel 1 zuzustimmen.

(Abg. Walter Heiler SPD: Um was geht es da?)

Die dort vorgesehene Klarstellung des § 20 Abs. 1 der Landesbauordnung ist durch rechtliche Vorgaben der EU erforderlich geworden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf von der SPD: Hat das der Oettinger ge- sagt?)

Herr Abg. Gall, Sie können nun eine Kurzintervention vorbringen.

Herr Staatssekretär, Sie haben jetzt, wie zuvor auch schon Kollegin Fauser, mehrmals Formulierungen wie „Optimierung“, „Entbürokratisierung“ und „Abbau von Standards“ gebraucht. Allerdings gibt es auch Formulierungen, die früher im Gesetz waren, jetzt jedoch nicht mehr vorgesehen sind. So müssen z. B. nach der Änderung von § 36 Toiletten mit Wasserspülung zukünftig nicht mehr zwingend an die öffentliche Kanalisation angeschlossen werden. Der betreffende Passus in der bisherigen Fassung soll also gestrichen werden. Im Gesetzentwurf ist aber auch weiterhin die Formulierung enthalten: „Toilettenräume und Bäder müssen eine ausreichende Lüftung haben.“

(Heiterkeit)

Da Sie bei der Frage einer gesetzlichen Pflicht zum Einbau von Rauchwarnmeldern immer das Wort „Entbürokratisierung“ im Munde führen, frage ich Sie, ob Sie Todesfälle im Land Baden-Württemberg befürchteten, wenn dieser Passus gestrichen würde, oder ob man auf diesen Passus verzichten könnte.

(Heiterkeit – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Herr Kollege Zimmermann, ich würde nicht von „Scheiß“ reden; ich sage das, damit es richtig im Protokoll steht. Vielmehr geht es darum, dass wir versuchen, allein in BadenWürttemberg 50 Todesfälle im Jahr zu verhindern. So viel zu Ihrem Zwischenruf und zu der Ernsthaftigkeit, mit der Sie über dieses Thema diskutieren.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ich bin nicht gegen Rauchmelder, sondern ich bin nur gegen die gesetz- liche Pflicht!)

Richtigerweise sieht die Landesbauordnung vor, dass bei der Errichtung von baulichen Anlagen entsprechende Vorkehrungen für den Gefährdungsfall und auch vorbeugend zur Rettung von Menschen und Tieren getroffen werden müssen. Das ist völlig richtig.

Andererseits ändern Sie bei der Einteilung in Gebäudeklassen in § 2 Abs. 4 die Gebäudehöhe für die Gebäudeklasse 4 auf 13 m. Ist Ihnen bekannt, dass die tragbaren Leitern der örtlichen Feuerwehren für diese Gebäudehöhe nicht mehr ausreichen? Wenn Ihnen das bekannt ist, weshalb erhöhen Sie dann die Grenze für die Gebäudeklasse 4 auf eine Höhe von 13 m, anstatt sie bei 11 m zu belassen?

(Abg. Winfried Mack CDU: Das haben wir im Aus- schuss schon erörtert!)

Bitte, Herr Staatssekretär.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Ich war nicht im Ausschuss und erlebte deshalb die Erörterung nicht. Ich möchte aber eines feststellen: Da Herr Gall Feuerwehrkommandant ist – –

(Abg. Reinhold Gall SPD: Bin ich nicht!)

Da Herr Gall für die Kreisfeuerwehren zuständig ist, bekommt er für die Feuerwehr eine ordentliche schriftliche Antwort von uns.