können Verbote zum Erfolg führen. Hier sind Elternhäuser und Schulsozialarbeit, Jugendämter und offene Jugendarbeit, Polizei und kommunale Ordnungsbehörden gemeinsam gefragt.
Aufklärung über die Folgen ungehemmten Suffs ist angesichts der zu beobachtenden Fehlentwicklungen nötiger denn je. Ich kann nur wiederholen, was ich hier schon einmal gesagt habe: Wer mit Alkohol nicht umgehen kann, soll Sprudel trinken, und wer das Saufen nicht verträgt, soll es einfach lassen.
Dem neuesten Vorstoß des Innenministers, eine gesetzliche Grundlage für kommunale Alkoholverbote auf öffentlichen Flächen zu schaffen, stehen wir mit großer Skepsis gegenüber. Wir sollten nicht schon über das nächste Gesetz reden, bevor wir dieses hier in trockenen Tüchern haben. Immer neue Gesetze mit immer neuen Verboten ändern nicht einmal an den Symptomen etwas. Wir wollen uns an einem solchen Aktionismus nicht beteiligen.
Hier ist mehrfach der Jugendschutz erwähnt worden. Meine Damen und Herren, Kindern und Jugendlichen ist schon heute – seit vielen Jahren – der Schnapskonsum in der Öffentlichkeit strikt verboten.
Weil wir Liberalen der Auffassung sind, dass Gesetze eingehalten werden müssen, fordern wir die Behörden auf, für die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes auch in Bezug auf die Alkoholabgabe und den Alkoholkonsum zu sorgen. Manchmal entsteht der Eindruck, dass man vorhandene Instrumente nur unzureichend nutzt. Wir beteiligen uns nicht an einer allgemeinen Verteufelung des Alkohols. Wir leben im zweitgrößten deutschen Weinland, in dem es auch eine Vielzahl berühmter Brauereien und Brennereien gibt. Nicht der Alkohol ist das Problem, sondern der Mensch, der mit ihm nicht umgehen kann.
(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Ernst Behrin- ger CDU – Abg. Hans Heinz CDU: Das ist wahr! Deshalb verbieten wir den Menschen das nächtliche Einkaufen von Alkohol, Herr Kluck! So einfach ist die Welt! Auch im Hinblick auf Alkohol muss man den Menschen das Einkaufen verbieten!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal will ich Montesquieu zitieren, der gesagt hat: „Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.“
Mir wäre es natürlich auch recht, wenn die Notwendigkeit, ein solches Alkoholverkaufsverbot zu erlassen, nicht bestünde. Mir wäre es auch lieber, wenn nicht vieles von dem, was gesellschaftlich schiefläuft, vor den Füßen der Polizei abgeladen würde. Verbote und Gesetze haben Menschen nach meinem Dafürhalten noch nie anders gemacht, als sie sind. Aber in dieser Gesellschaft, auch in einer freiheitlich-liberalen Gesellschaft, muss es bestimmte Spielregeln geben. Natürlich wäre es mir auch lieber, wenn diese Spielregeln eingehalten würden, ohne dass es gesetzgeberischer Maßnahmen bedarf. Ich komme gleich noch darauf zurück.
Ich will mich aber zunächst einmal für die breite Zustimmung bedanken, die dieser Gesetzentwurf im Innenausschuss erfahren hat. Die Diskussionen haben zumindest eines deutlich gemacht: Es besteht dringender Handlungsbedarf.
Wir dürfen nicht zulassen, dass es Orte gibt, an denen sich unsere Bürgerinnen und Bürger nicht mehr sicher fühlen.
Es gibt leider kein Allheilmittel gegen Alkoholmissbrauch und alkoholbedingte Straftaten. Aber eine verantwortungsvolle Politik zeichnet sich eben u. a. dadurch aus, dass sie alle Gesetzesspielräume nutzt, die zur Lösung des Problems beitragen. Das ist hier der Fall. Wir müssen alle uns zur Verfügung stehenden Mittel ausschöpfen, um unser gemeinsames Ziel zu erreichen. Dazu gehört als ein wichtiger Baustein auch das Alkoholverkaufsverbot.
Nun ist eines klar: Nicht jeder, der nach 22:00 Uhr alkoholische Getränke kauft und diese auch konsumiert,
wird anschließend ausfällig oder begeht Straftaten oder eine Ordnungswidrigkeit. Völlig klar! Das ist mir bewusst. Es ist mir auch bewusst, dass wir mit der von uns vorgeschlagenen Gesetzesregelung auch in die Freiheit von Personen eingreifen, von denen kein alkoholbedingtes Fehlverhalten zu erwarten ist. Nicht jeder, der um 24:00 Uhr Alkohol zu sich nimmt, wird zum Randalierer; keine Frage.
Aber es ist letztlich eine gesellschafts- und verfassungspolitische Frage, welche Beeinträchtigungen von einer freiheitlichen Gesellschaft hingenommen werden müssen, bevor dann in die Freiheitsrechte aller eingegriffen wird. Die Grenze des noch Hinnehmbaren ist in diesem Fall überschritten. Fragen Sie einmal die Anwohner, fragen Sie einmal die Bürger, die in der Nähe von Tankstellen wohnen, die zu solchen Szenetreffs geworden sind. Die sagen: Es ist wirklich nicht länger
Es fällt auf, dass die Gewaltbereitschaft von jungen Menschen deutlich zugenommen hat. Das gilt ganz allgemein. Mich beunruhigt jedoch besonders, dass auch die Zahl der Widerstandshandlungen, der tätlichen Angriffe gegen unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten gestiegen ist.
Ich möchte Ihnen zum Vergleich einmal eine Tendenz skizzieren: Während bei Delikten, die nicht gegen unsere Polizei gerichtet sind, jeder dritte Tatverdächtige unter Alkoholeinfluss stand, liegt dieser Anteil bei Widerstandshandlungen – ich sage bewusst: bei Angriffen, bei Tätlichkeiten gegen unsere Polizei – bei mehr als zwei Dritteln. Mehr als zwei Drittel dieser Tathandlungen werden also unter Alkoholeinfluss begangen.
Aber es ist nicht nur die Gewalt, die mir Sorge bereitet. Insbesondere junge Menschen wissen oft gar nicht, was sie ihrer Gesundheit, was sie ihrem Körper antun, wenn sie sich volllaufen lassen und das mit einer erschreckenden Regelmäßigkeit tun. Die Zahl der wegen Alkoholkonsums im Krankenhaus behandelten Menschen hat in Baden-Württemberg in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Akute Alkoholintoxikationen sind die häufigsten Vergiftungen überhaupt. Dem können und dürfen wir nicht tatenlos zusehen.
Gewerbe und Einzelhandel lehnen unser Gesetz weitgehend ab. Das ist nachvollziehbar. Erst vor Kurzem hat mich der Baden-Württembergische Brauerbund noch einmal gebeten, das Gesetz zurückzunehmen, um – ich darf zitieren – „nicht weiter zur Existenzgefährdung der baden-württembergischen Brauereien beizutragen“. Für das Anliegen habe ich angesichts rückläufiger Absatzzahlen durchaus Verständnis; das ist nachvollziehbar. Aber die aktuelle wirtschaftliche Situation darf nicht dazu führen, dass wir unsere Augen vor anderen wichtigen Problemen verschließen. Wir können die Bekämpfung von Gewalt und den Schutz der Gesundheit doch nicht von der Ertragslage im Gewerbe und im Einzelhandel abhängig machen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es! – Glocke der Präsiden- tin)
Herr Minister Rech, Sie haben gerade von jungen Menschen gesprochen. Das Hauptproblem ist doch, dass junge Menschen, also Menschen unter 18 Jahren, an harte Alkoholika kommen, was sie eigentlich nicht dürften, weil es verboten ist. Inwiefern trägt der vorliegende Gesetzentwurf dazu bei, dass Jugendliche unter 18 Jahren zukünftig auch vor 22:00 Uhr nicht mehr an harte Alkoholika kommen?
gabe des Elternhauses, und es ist möglicherweise auch Aufgabe der Gesellschaft insgesamt. Es geht mir darum, dass die Polizei nicht jeden Abend, in den Nachtstunden und bis hinein in die frühen Morgenstunden mit diesem Problem alleingelassen wird.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der SPD – Abg. Dr. Klaus Schüle und Abg. Thomas Blenke CDU: So ist es!)
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Stimmt! – Zuruf von der CDU: Sehr richtig! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Also geht es gar nicht darum, den Alkohol- missbrauch von Jugendlichen einzudämmen? Das ist dann nicht das Ziel? – Gegenruf des Abg. Hans Heinz CDU)
Wissen Sie: Es ist eines der Ziele. Aber das Hauptproblem ist, dass auch 17-Jährige um Mitternacht an Wodka kommen, weil Alkohol an der Tankstelle und an anderen Verkaufsstellen rund um die Uhr verfügbar ist.
In Kneipen haben wir eine gewisse soziale Kontrolle. Dort gibt es hoffentlich einen verantwortungsbewussten Wirt, der das ernst nimmt.
(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Es gibt doch jetzt den Gassenausschank! Wo ist denn da die soziale Kon- trolle?)
Frankreich hat hervorragende Erfahrungen gemacht, und die Schweiz auch. Wenn der Preis auf der anderen Seite so schreck lich hoch wäre – – Aber das ist er ja nicht. Lassen Sie uns die se Geschichte deswegen erst einmal mit Vernunft und in aller Gelassenheit umsetzen. Ich bin überzeugt, dass wir genau wie Frankreich und die Schweiz gute Erfahrungen machen werden – einfach nach dem Motto „Der Alkohol, der Wodka, den es um 24:00 Uhr an der Tankstelle nicht gibt, der wird auch nicht gesoffen“. Punkt, aus.
Noch einmal: Es geht mir nicht darum, den 14-Jährigen, den 16-Jährigen davon zu überzeugen, dass es gescheiter wäre, er würde mit seinen Kumpels an der Tankstelle keine nächtlichen Partys veranstalten. Natürlich wollen wir genau dies verhindern. Aber die Erziehungsaufgabe liegt in anderen Händen. Das Problem wird jedoch allnächtlich vor den Füßen unserer Polizei abgeladen. Allein darum ist es schon gerechtfertigt, zu sagen: Jetzt schieben wir dem einmal einen Riegel vor.
Sie haben der Presseberichterstattung in den letzten Tagen möglicherweise entnommen, dass man sich in der Schweiz erst vor Kurzem mit den Inhabern von Bahnhofsgeschäften und -gaststätten auf ein Alkoholverkaufsverbot ab 22:00 Uhr verständigt hat, einfach um die zunehmende Zahl von Alkoholgelagen an Bahnhöfen in den Griff zu bekommen.