Protokoll der Sitzung vom 05.11.2009

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen jetzt zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der Anträge.

Abschnitt I des Antrags Drucksache 14/3209 ist ein reiner Berichtsteil und kann daher für erledigt erklärt werden.

Das Gleiche gilt für den Antrag Drucksache 14/3736.

Abschnitt II des Antrags Drucksache 14/3209 sowie der Antrag Drucksache 14/4275 werden ersetzt durch den Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 14/5387. Diesen Antrag stelle ich jetzt zur Abstimmung. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

Wir haben nun noch über den Entschließungsantrag der Abg. Hans Heinz u. a. CDU und der Abg. Dietmar Bachmann u. a. FDP/DVP, Drucksache 14/5384, abzustimmen.

Frau Abg. Sitzmann, bitte schön.

Ich hätte gern getrennte Abstimmungen über die Ziffern 1, 2 und 3.

Bei dem Entschließungsantrag?

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Genau!)

Gut. Ich stelle also diesen Antrag zur Abstimmung. Zunächst kommen wir zur Ziffer 1 des Entschließungsantrags Drucksache 14/5384.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das geht doch gar nicht! Das ist ein Entschließungsantrag!)

Frau Sitzmann wünscht getrennte Abstimmungen. Das macht doch nichts.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Wir sind mitten im Abstimmungsverfahren.

Wer der Ziffer 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Ziffer 1 ist mehrheitlich angenommen.

Ich rufe Ziffer 2 auf. Wer dieser Ziffer 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Ziffer 2 ist mehrheitlich zugestimmt.

Ich rufe Ziffer 3 auf. Wer der Ziffer 3 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Ziffer 3 ist mehrheitlich zugestimmt.

Damit ist Punkt 7 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Das Gymnasium weiterentwickeln – G 8 grundlegend reformieren und parallele G-8- und G-9-Züge ermöglichen – Drucksache 14/3267

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Herr Abg. Dr. Mentrup, ich erteile Ihnen für die Fraktion der SPD das Wort.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich sage es gleich am Anfang, damit hier nicht wieder etwas Falsches unterstellt wird: Die SPD hat seinerzeit zähneknirschend dem G-8-Modell Baden-Württembergs zugestimmt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Begeistert haben Sie zugestimmt! Begeistert!)

Zähneknirschend deswegen, weil wir durchaus unterschiedliche Vorstellungen zur Art und Weise der Einführung und zu manchem Strukturellen und Strategischen der Gestaltung des G 8 hatten.

Das entbindet uns jetzt aber nicht von der Verantwortung, sondern setzt uns gerade erst recht in die Verantwortung, dann auch dort nachzubessern, wo wir feststellen, dass unsere damalige Kritik berechtigt war, oder wo sich andere Schwierigkeiten in der Umsetzung des G 8 auftun.

Meine Damen und Herren, die Diskussion können Sie für überholt halten, die können Sie für abgehakt halten, wie Sie wollen. Die Initiativen der „G-8-Eltern“, die fortlaufenden Umfrageergebnisse und das, was man vor Ort auf allen Podiumsdiskussionen mit jungen Leuten, aber auch mit Eltern erlebt, zeigen: Das G 8 ist in seinen Fehlern nach wie vor aktuell und bedarf dringend einer Korrektur.

(Beifall bei der SPD)

Nun hatten wir alle – auch viele Eltern im Land – nach der Brandrede des Ministerpräsidenten am berühmten Aschermittwoch 2008 gehofft, hier würde sich grundlegend etwas ändern. Wir haben Ihnen dazu auch schon vor einem Jahr eine Reihe zusätzlicher Vorschläge gemacht, haben Ihnen jetzt auch ein Jahr Zeit gelassen, sich dieser Vorschläge anzunehmen und es vielleicht selbst umzusetzen; denn das mögen Sie ja meist lieber, als unserem Antrag zu folgen.

Aber jetzt ist doch einmal der Zeitpunkt gekommen, hier Farbe zu bekennen, zu diesen einzelnen Vorschlägen Ja oder Nein zu sagen und damit ein Signal zu setzen, ob man denn diesen Protest und diesen Unmut, den es überall im Land noch gibt, ernst nimmt oder ob man das, wie Sie das bisher tun, lapidar

als unnötig abtut. Deswegen steht dieser Antrag heute noch einmal hier zur Diskussion.

Die Folgen dieses Unmuts möchte ich noch einmal kurz skizzieren. Wir haben eine steigende Anzahl von Eltern, die ihre Kinder trotz einer Gymnasialempfehlung nicht auf das Gymnasium schicken. Die Zahl nimmt von Jahr zu Jahr zu. Der Anteil lag im letzten Jahr bei 17 %. In manchem ländlichen Raum beträgt der Anteil bis zu 40 %.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist doch ein vernünftiger Weg!)

Wir haben – auch wenn Sie das immer bestreiten – einen steigenden Anteil von Kindern, vor allem Jungs, die während der Gymnasialzeit auf die Realschule wechseln. Aus beiden Tendenzen heraus haben wir zum Teil völlig überfüllte Realschulen, die teilweise gar nicht mehr wissen, wie sie ihren Unterricht organisieren sollen, und schon gar nicht, wie sie jetzt auch noch die Klassenteilersenkung umsetzen sollen, weil es hinten und vorn an Räumen und Lehrkräften mangelt.

Dieser Entwicklung weiter zuzuschauen ist der eine Weg. Jetzt das Gymnasium so attraktiv und auch so annehmbar zu machen, dass möglichst alle Kinder, denen man nach der Grundschule eine solche Befähigung bescheinigt, diesen Weg versuchen und auch mit Erfolg abschließen können, sollte unser gemeinsames Ziel sein. Denn am Ende sollten alle diese Kinder möglichst ein Jahr früher zur Hochschulzugangsberechtigung kommen – das war ja einmal das Ziel – und sollte damit auch das Alter der Studienanfänger gesenkt werden. Wenn wir aber immer mehr Schülerinnen und Schüler haben, die die Hochschulreife nicht über das allgemeinbildende Gymnasium erwerben – im letzten Jahr war zum ersten Mal die Zahl derer, die die Hochschulzugangsberechtigung nicht über das allgemeinbildende Gymnasium erworben haben, größer als die der anderen Hochschulzugangsberechtigten –, dann verlieren Sie unser gemeinsames Ziel aus dem Auge.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Das Ziel verfehlt! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das zeigt die Durchläs- sigkeit!)

Das zeigt vielleicht die Durchlässigkeit, Herr Röhm. Aber es ist nicht fair. Es entspricht auch nicht dem Ziel, das wir uns vorgenommen haben. Jeder Schulwechsel – das wissen Sie als Schulleiter auch – bringt oft nochmals einen zusätzlichen Zeitverlust oder zumindest einen Verlust an Selbstvertrauen mit sich. Das, denke ich, kann man, wenn man unsere Vorschläge umsetzt, vielen Schülerinnen und Schülern im Land ersparen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

Daher fordern wir Sie auf, unseren Vorschlägen hier zuzustimmen. Ich will sie nicht noch einmal im Einzelnen erläutern. Lediglich bei den Vergleichsarbeiten sind Sie uns ja im letzten Jahr entgegengekommen und haben deren Bedeutung deutlich reduziert, sodass sie zwar noch ein Element der Qualitätsentwicklung bleiben,

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

aber kein Anlass einer persönlichen Frustration sind.

Wir bleiben dabei – Sie haben es dargestellt –: Die Bildungspläne lassen schon jetzt eine Flexibilität zu.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist richtig!)

Nur: Solange Sie das nicht so umsetzen, dass es vor Ort jeder verstanden hat, nutzt es nichts. Deswegen müssen Sie hier noch einmal nachbessern. Wir haben insbesondere an den Gymnasien nach wie vor einen hohen Unterrichtsausfall. Die Zahl von 1 250 Krankheitsstellvertretungen bei insgesamt 100 000 Lehrkräften hat sich seit Jahren als zu wenig herausgestellt. Über die angehobenen Mittel zur Finanzierung kurzfristiger Vertretungen bekommen Sie eben viele Löcher nicht gestopft. Selbst der Philologenverband hat kürzlich noch einmal darauf hingewiesen, dass er sogar dafür plädiert, an jeder Schule im Durchschnitt 1,4 Deputate zusätzlich unterzubringen, damit man auch vor Ort innerhalb des Kollegiums einfach schneller auf drohenden Unterrichtsausfall reagieren kann.

Unser Vorschlag ist, mit der zweiten Fremdsprache erst in der sechsten Klasse zu beginnen. Auch das hat etwas mit Durchlässigkeit zu tun, Herr Röhm.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Nein!)

Es ist schon schwer genug, wenn man innerhalb Baden-Würt tembergs von einer Stadt in die andere umzieht, ein Gymnasium mit vergleichbarem Profil zu finden. Aber spätestens dann, wenn es um den Beginn der zweiten Fremdsprache geht, ist es noch einmal schwieriger. Auch das ist eigentlich nicht zumutbar.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Schauen Sie es sich bei uns einmal an!)

Die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler – das hängt auch mit der Unterrichtsversorgung zusammen – hat sich an keiner Stelle wesentlich verbessert.

Als zweiten großen Reformschritt schlagen wir Ihnen wieder einmal vor, dass es dort, wo es gewünscht wird, möglich sein sollte – wie wir das in der Modellphase des G 8 in BadenWürttemberg erfolgreich erprobt haben –, auch eine neunjährige Gymnasialzeit anzubieten. Wir wissen am Beispiel Mosbach, aber auch aus anderen Städten, dass dies von vielen Eltern deutlich bevorzugt würde und man damit auch mehr Eltern auffordern würde und deren Interesse daran wecken würde, ihr Kind bei einer Gymnasialempfehlung auch tatsächlich für das Gymnasium anzumelden.